Der tiefe Staat und die kognitive Dissonanz der Linken
Auch die US-Linke blendet Fakten aus, die nicht in ihr Weltbild passen.
Die linke Autorin Caitlin Johnstone, die sich selbst "abtrünnige Journalistin" (rogue journalist) nennt und auf medium.com (1) vor allem über amerikanische Politik schreibt, hat in den letzten Wochen mit ihren Plädoyers Aufsehen erregt, dass die US-Linken nicht scheu sein sollten (2), mit "Anti-Establishment" Rechten und Libertären zusammenzuarbeiten - gegen die Fake News der Großmedien, gegen die kriegstreibenden Neocons, gegen die Geheimdienste und den "tiefen Staat", die Trumps außenpolitischen Kurswechsel mit dem substanzlosen "Russiagate"-Märchen sabotieren. Nachdem dann einem der führenden Kriegstreiber und "regime changer", Senator John McCain, ein Gehirntumor diagnostiziert wurde und Johnstone ihm einen schnellen Tod wünschte (3), wurde die Kritik an dieser "unseriösen" Journalistin noch lauter. Selbst ein blutrünstiges Monster, das ein halbes Dutzend Kriege mit Millionen von Opfern vorangetrieben hat, darf man als "Qualitätsjournalist" eben nicht ins Grab wünschen.
Jeffrey St.Clair, der Herausgeber des "seriösen" linken Magazins "Counterpunch", das schon mehrere kritische Artikel über Caitlin Johnstone veröffentlichte, nahm sich der Sache nun noch einmal selbst an:
"For the conspiratorial Left, the Deep Staters seem to have eclipsed the 9/11 Truthers as the heralds of a new political Theory-of-Everything. This is a welcome shift of emphasis as far as I’m concerned. Who really needs to read yet another belabored story on the demolition of WTC7? (...) The origin myth of leftwing Deep State theory is, of course, the assassination of JFK, an act of internal regime change by a CIA hit-team orchestrated by Allen Dulles in retaliation for the president’s alleged plan to break-up the agency and yank US troops out of Vietnam. From that moment on, according Deep State theorizers, the secret government was firmly in control and no political transgressions against its agenda would be tolerated. As an omnipotent force, the existence of a Deep State satisfies the Left’s desire to rationalize its own sense of perennial powerlessness. Of course, I remain an unrepentant Magic Bullet man, fully persuaded that Lee Harvey Oswald, as an ardent devotee of the Cuban Revolution, had a more personal motive to kill the anti-communist Kennedy (the first neoliberal) than did fussy old Allen Dulles. With a couple miraculous shots from his Carcano Rifle, Oswald demonstrated that regime change could be a two-way street."
Red State, Blue State; Green State, Deep State
Hier haben wir, wie ich finde, die kognitive Dissonanz (4) der Linken, die sie zwingt, nicht in ihr Weltbild passende Fakten auszublenden und zu verdrängen, wie in einer Nussschale versammelt. Etwa die seit der Wahl Trumps offensichtliche Tatsache, dass die eigentlich dem Präsidenten verpflichteten Geheimdienste und Polizeibehörden Informationen und "Erkenntnisse" permanent an die Presse durchstechen.
Diese hat sich von ihrem Zwei-Quellen-Prinzip - ein Gerücht wird erst zur Nachricht, wenn es von zwei zuverlässigen Quellen unabhängig bestätigt wird - verabschiedet und sägt mit ihren anonymen Tippgebern und "senior officials" der Geheimdienste am Stuhl des Präsidenten. Wenn das kein Indiz für einen "tiefen Staat" ist, der mit undemokratischen Mitteln einen Coup von innen betreibt, was dann ? Jeffrey St. Clair begrüßt, dass in der "verschwörungstheoretischen Linken" die "deep staters" nun die "9/11 truthers" offenbar ablöst hätten - denn wer will schon noch vom WTC 7 hören?
Das wollte die "seriöse" Linke schon nicht, als die Bush-Regierung in ihrer Pseudo-Ermittlung zu 9/11 den Einsturz von WTC 7 nicht einmal untersuchte, und ließ sich bereitwillig den Bären von Osama und den 19 Teppichmessern als Alleintäter aufbinden. 9/11 ist für "seriöse" Linke indiskutabel und tabu und wer auf Aufklärung besteht, wird als "truther" und "Verschwörungstheoretiker" abqualifiziert, als dümmlicher Vertreter einer "Theorie of Everything".
Diesen beigesellt werden nun auch die "deep stater", die den Mord an JFK (5) nicht dem Einzeltäter Lee Harvey Oswald anlasten, sondern einem Team von CIA-gedeckten Scharfschützen. Nicht weil sie irgendwelchen wirren Theorien über alles anhängen, sondern weil Dutzende harter Fakten gegen den Einzeltäter sprechen - allen voran der Zapruder-Film (6) der deutlich zeigt, dass der tödliche Schuss rechts von vorne kam und nicht von hinten, wo Oswald lauerte. Auch diese kognitive Dissonanz ist für den linken St.Clair nicht auszuhalten, weshalb er sich nur halb-ironisch als Anhänger der Glaubensgemeinschaft der "magischen Kugel" (7) outet. Nicht ohne freilich zuvor diejenigen, die diesen Quatsch nicht glauben, zu psychiatrisieren: als rationalisierenden Ausgleich für ihre andauernde Machtlosigkeit würden diese Linken einen übermächtigen Tiefenstaat halluzinieren.
Es fragt sich aber, wer hier wirklich rationalisiert und halluziniert: diejenigen, die weder die Höhlengeschichte von 9/11 noch den magischen Meisterschützen Oswald akzeptieren und jetzt auch die offizielle Story von übermächtigen russischen Hackern, die Trump auf den Thron hievten, als Propagandamärchen erkennen. Oder diejenigen, die sämtliche Fakten und Beweise, die gegen diese offiziellen Märchen sprechen, zwanghaft ausblenden müssen, um ihr "seriöses" Weltbild nicht zu gefährden. Um dann davor zu warnen, dass auch Rechte einen deep state am Werke sehen und dass sich mit denen, die gern auch rassistischen Weltverschwörungstheorien anhängen, natürlich niemand, der bei Verstand ist, einlassen sollte.
Wohl wahr - aber weder bei der Forderung nach Aufklärung des JFK-Mords noch der 9/11-Verbrechen geht es um "rechts" oder "links" - und niemand, der die gefährliche Liaison von Geheimdiensten und Massenmedien (8) in der Gerüchteküche "Russiagate" kritisiert, ist deshalb Trump-Fan oder Rassist. Sowohl in den historischen Fällen als auch aktuell geht es allein darum, ob und inwieweit hier Netzwerke aktiv waren oder sind, die jenseits der rechtsstaalichen, demokratisch abgesegneten Machtstrukturen operieren. Wem es um den Erhalt eines demokratischen Rechtsstaats geht, der MUSS solchen Einflussnahmen und Strukturen entegegentreten, ganz gleich, welcher politischen Orientierung er oder sie anhängt. Und das auch dann, wenn diese illegalen Operationen gegen einen Donald Trump gerichtet sind, dessen Abgang sich viele so dringend wünschen wie Caitlin Johnstone den Exitus von McCain.
Dass bei diesem Advokaten der Bewaffnung islamistischer Terroristen und dem Aufbau von ISIS nun der Sensenmann in just derselben Woche anklopft, in der Trump das Ende dieser Unterstützung (9) verkündet hat, passt sehr gut zusammen. Wenn es denn nun endlich was wird mit dem Exitus von ISIS und einem Ende des Kriegs in Syrien kann der frisch operierte McCain gern noch ein Weilchen vor sich hindämmern, bevor er defintiv zur Hölle fährt. Die "seriösen" Linken, die Trump bei dieser Ankündigung und ihrer Umsetzung nicht unterstützen, kann er meinetwegen gleich mitnehmen...
Quellen:
(1) https://medium.com/@caityjohnstone
(2) https://medium.com/@caityjohnstone/lefties-need-to-stop-being-shy-about-working-with-the-anti-establishment-right-40c27a9dc98e
(3) https://medium.com/@caityjohnstone/good-600a38e0c75d
(4) http://www.broeckers.com/2017/06/12/freie-rede-zum-fall-jfk-bleibt-erlaubt/
(5) http://www.broeckers.com/2017/05/15/100-jahre-jfk-6-regime-change-von-innen/
(6) http://www.broeckers.com/2017/06/12/freie-rede-zum-fall-jfk-bleibt-erlaubt/
(7) http://www.broeckers.com/2013/11/04/jfk-und-die-glaubensgemeinsachaft-der-magischen-kugel/
(8) https://swisspropaganda.wordpress.com/das-american-empire-und-seine-medien/
(9) http://original.antiwar.com/justin/2017/07/20/trump-ends-syrian-regime-change-campaign/