Der Regierungsrausch
Ein Menetekel für weitere und schlimmere Verwerfungen könnte die Cannabis-Legalisierung sein, denn mit ihr lässt sich der zu erwartende gesellschaftliche Widerstand im betäubenden Grasdunst ersticken.
Jedes (Profit-)Regime hat seine jeweiligen Drogen, um seine Untergebenen bei der Stange zu halten. Die Kriegsregime des 20. Jahrhunderts nutzten Tabak, um zu verhindern, dass die Soldaten während der entbehrungsvollen Zeiten in den Schützengräben durchdrehten. In den wirtschaftlich florierenden, westlichen Gesellschaften der Nachkriegszeit diente in erster Linie der Alkohol als Aufstands-Prophylaxe. Gerne wird dem Deutschen nachgesagt, er halte die Füße selbst angesichts der größten Missstände weiterhin still, solange das Bier noch gekühlt ist. Ab der neoliberalen Konterrevolution der 1980er-Jahre wurde der politisch genehme Alkoholismus um den Koffeinkult erweitert, der Erstgenannten wirkungsvoll ergänzte. Das Koffein hielt die Arbeiter unter der Woche produktiv und der Alkohol am Wochenende „dumm“, um sicherzustellen, dass sich das Hamsterrad weiterdrehte und nie infrage gestellt wurde. Das Kiffen allerdings war weder in der Nachkriegszeit noch in der neoliberalen Epoche politisch erwünscht. Diese Profitregime bedurften der entsprechenden (Wo)Man-Power an Industriesoldaten und Bürohengsten. Ruhiggestellte Kiffer waren nicht im Sinne des Systems. Mit der vierten industriellen Revolution verkehrt sich dieser Umstand nun in sein Gegenteil. Robotik und künstliche Intelligenz machen den Hamster im Hamsterrad zunehmend obsolet. Jetzt ist dem neuen Agenda-2030-Profitregime daran gelegen, dass die Kragen unter den Hamsterbacken nicht platzen und dass sich die damit einhergehende Veränderungsenergie nicht gegen die Schaltstellen der Macht richtet. In diesem Zusammenhang sollte die hiesige Cannabis-Legalisierung im diesjährigen April betrachtet werden.
„Mein Tipp ist derzeit eine Kombination aus Drogen und Computerspielen als Lösung für (die meisten). Das geschieht bereits (...). Unter verschiedenen Titeln, verschiedenen Überschriften sind immer mehr Menschen zu sehen, die immer mehr Zeit damit verbringen, ihre inneren Probleme mit Drogen und Computerspielen zu lösen, sowohl mit legalen als auch mit illegalen Drogen ...“, so Word-Economic-Forum-Sprachrohr Yuval Noah Harari im September 2022 in Bezug auf die Frage, was man mit all den „nutzlosen Menschen“ machen solle.
Der Ruf nach massenhafter Narkotisierung nimmt hierzulande Gestalt an. Am 1. April 2024 wurde am helllichten Tage in München vor der CSU-Parteizentrale gekifft. Vor der Höhle des Löwen(bräus), der strikt gegen Drogen ist, solange es sich nicht um Alkohol handelt. Ein cannabinoider Mauerfall, wenn man so möchte.
Nach dem Wegfall der gesetzlichen Hürden zum Cannabis-Konsum dürfte ein enormer Zustrom an Neu-Kiffern zu erwarten sein. Wenn nun innerhalb gewisser Mengengrenzen auf den Besitz und Konsum von Cannabis keine Strafe mehr steht, ist diese Verbotsaufhebung durchaus dazu geeignet, die Neugierde des einen oder anderen zu wecken, der bislang zum „Runterkommen“ ausschließlich zum Feierabendbier griff. Das gilt insbesondere im Zuge der sich immer weiter verschärfenden (a)sozialen Lage hierzulande und im Westen allgemein.
Deindustrialisierung mit einhergehenden Stellenverlusten, Energie-Unsicherheit, (schwere) gesundheitliche Folgen durch die giftigen modmRNA-Genspritzen, subjektiv wahrgenommenes Überfremdungsempfinden unterschiedlichster Art, Realitätskernschmelze durch die Woke-Agenda, politische Umerziehung durch Gendern, Regenbogenfahnen und Political-Correctness-Propaganda im öffentlichen Raum, immer schmälere Meinungskorridore und pizzaschnittartige Spaltungsgräben kreuz und quer durch die Gesellschaft — all das potenziert den Wunsch von immer mehr Menschen, der Realität in irgendeiner Weise zu entfliehen.
Von Ge- und Verboten der Ampel
Bevor wir uns der politisch genehmen Betäubung durch Cannabis zuwenden, sollten wir zunächst einmal einen Blick auf die bizarre Politik der Ampel werfen, was Gebote und Verbote anbelangt. Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da wurde im Bundestag allen Ernstes darüber abgestimmt, ob Menschen in diesem Land gegen ihren Willen eine potenziell tödliche und je nach Charge in vielen Fällen schwer krank machende modmRNA-Spritze verabreicht werden soll, deren desaströses Schadenspotenzial heute niemand mehr abstreiten kann. Insbesondere nach Veröffentlichung der Pfizer-Files und der RKI-Protokolle. Es ist die gleiche Regierung, die vor zwei Jahren über das Verbot der Nicht-Einnahme einer Substanz abstimmen ließ, die nun das Verbot einer vergleichsweise noch harmlosen Rauschmittelsubstanz aufhebt.
Kurzum, unter der Ägide der Ampel mussten Bürger fürchten, gegen ihren Willen mit einer potenziell tödlichen Substanz gespritzt zu werden, während sich ebendiese Regierung zwei Jahre später so liberal geriert, dass sie Cannabis in einem gewissen Rahmen rechtlich freigibt.
In beiden Fällen stand das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper zur Disposition, unter jeweils umgekehrten Vorzeichen. Im einen Fall sollte es den Menschen verboten werden, ohne eine Substanz im Körper zu sein, im anderen Fall wurde ihnen verboten, sich selbst eine Substanz zuzuführen. Die biopolitische Selbstverständlichkeit und Anmaßung, dass der Staat über die Körper seiner Bürger verfügen, ihnen vorschreiben darf, was diese sich zuzuführen haben und was nicht, ist in den Köpfen sehr vieler Menschen bereits fest internalisiert.
Rauschmittel stellen in geopolitischen Machtkämpfen schon lange eine probate Waffe dar. Entweder, um die eigene militärische Schlagkraft zu erhöhen: Man denke an Medikationen zur Senkung von Angst und Müdigkeit oder der Steigerung von Aggression bei Soldaten — wie etwa Pervitin, das im Zweiten Weltkrieg den Wehrmachtssoldaten verabreicht wurde. Das gilt allerdings auch umgekehrt, etwa in Form sedativer Rauschmittel, mit deren Überflutung feindliche Gebiete geschwächt werden können. Das prominenteste Beispiel hierfür dürften die britisch-chinesischen Opiumkriege des 19. Jahrhunderts gewesen sein, bei denen Großbritannien die Öffnung des chinesischen Marktes für Opium militärisch erzwang, um mit dem Drogenimport das Kaiserreich zu destabilisieren.
Etwa 200 Jahre später besitzt Deutschland das globale Alleinstellungsmerkmal, dass es sich entweder selbst destabilisiert oder sich widerstandslos destabilisieren lässt. Funktionierende Kraftwerke werden abgebaut, die kriegerische Zerstörung essenzieller Energieinfrastruktur (Nord-Stream II) wird billigend hingenommen, außenpolitische Auftritte im Ausland verkommen mittlerweile zuverlässig zu Clown-Shows und das eigene kulturelle Erbe wird durch kommerziell erfolgreiche Klamaukfilme verächtlich gemacht. In diesen Zeitlupen-Unfall, in dem sich Deutschland befindet, fügt sich die Cannabis-Legalisierung ideal ein.
Der britische General Hastings Ismay formulierte das Vorgehen der Alliierten mit dem besetzten Deutschland so: „Keep the Russians out, the Americans in, and the Germans down“ (Halte die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten). Die Deutschen kommen jetzt endgültig runter. Wer kifft, kommt runter. Auch wenn er eigentlich „high“ ist. Aber in einer orwellschen Welt ist nun mal oben unten und unten oben.
Das alte und neue Drogen-System
Jedes Profitregime hat sein eigenes Drogen-System. In den Leistungsgesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg ging es im Speziellen darum, die notwendige (Wo)Man-Power an Industriesoldaten, Bürohengsten und Karrierefrauen zu mobilisieren. Mit der neoliberalen Konterrevolution etablierte sich der Wechsel-Mechanismus eines doppelten Drogen-Systems, welches darauf ausgelegt war, die „Human Ressources“ — also Menschen — unter der Woche produktiv zu halten und am Wochenende in einen Zustand der Frust-Entladung zu versetzen, bei dem sich der Frust nicht gegen die Machtknoten richtet.
Konkret gemeint ist der wechselhafte Einsatz von Koffein an den Werktagen und Alkohol an den Wochenenden. Um beides wurde je ein Kult generiert, der beide Substanzen zu einer heiligen Flüssigkeit hochstilisierten. Beide Kulte wollen wir im Nachfolgenden skizzieren, um mit Blick auf diese im Rückspiegel den sich nun vor uns entwickelnden Kult um Cannabis und andere Narkotisierungsmöglichkeiten zu betrachten.
Koffein-Kult
Mit der Jahrtausendwende machte der Kaffee als solcher einen Wandel durch: weg von einem Genussmittel hin zu einem mehr recht als schlecht wachmachenden Gebräu, das sich die immer geschäftigeren Menschen in Ermangelung der immer weniger werdenden Zeit hastig und im Gehen aus Coffee2Go-Bechern in die Rübe kippten.
Der Kaffee steht symbolisch für die Erschöpfungsgesellschaft, wie sie Byung-Chul Han in seinem gleichnamigen Büchlein skizziert hat. Das Getränk wird in dieser Gesellschaft zu einem Lebenselixier erklärt, ohne das ein Tag nicht überstanden werden kann.
Die neoliberale Agenda treibt den Menschen dazu an, sich selbst zu verwirklichen, das heißt, sich selbst auszubeuten und dies als Freiheit zu verstehen. Herrscher und Unterdrücker fallen in ein und dieselbe Person (1). Die Erschöpfung wird speziell im Koffein-Kult nicht auf eine Macht geschoben, die einem zu viel abverlangt, sondern schlicht auf den Mangel an Kaffee. Es gäbe also nicht zu viel zu tun, sondern nur zu wenig Kaffee. Und dieser Missstand ließe sich mit dem Gang zum Kaffeeautomaten ändern, der in Großraumbüros und Betrieben zu einem Mekka der Angestellten wird.
Der Koffein-Kult hat sich mit dem aufkommenden 21. Jahrhundert so tief in die DNA unserer Kultur verwoben, dass er als solcher teilweise gar nicht mehr wahrgenommen wird.
Beispiele gibt es hierfür zahlreich. Zu nennen wäre hier etwa die aufwendige Herzform-Sprühverzierung des Cappuccino-Schaums, der weder zum Genuss noch zur Wirkung des Koffein-Getränks beiträgt. Man könnte das nun lobend hervorheben, dass hier etwas so schön und liebevoll verziert wird, abseits von jedem Nutzen-Kalkül.
Doch ganz ohne Nutzen ist diese Verzierung eben nicht. Vielmehr trägt sie zu dem bei, was Karl Marx den „Fetischcharakter der Ware“ bezeichnete. Die Ware wird abseits ihres bloßen Nutzwertes mit ästhetisierenden Gimmicks aufgewertet und damit das Begehren der Konsumenten nach der Ware gesteigert. Das Herz im Cappuccino-Schaum hat also keinen Mehrwert für Geschmack und Wirkung. Doch wie häufig wurde eine solche Verzierung zum Eyecatcher für das alles nach Instagram-Tauglichkeit abscannende Auge, dessen Besitzer mit dem Handy dann ein Foto von ebendiesem Cappuccino machte, um es auf besagter Plattform aller Welt als etwas Besonderes zu präsentieren. Der Koffein-Kult findet seinen Ausdruck eben auch im Foodporn.
Der „Fetischcharakter der Ware“ umfasst nicht nur den Kaffee selbst, sondern zunehmend auch die Maschinen, mit denen er hergestellt wird. Silberne Kaffeemaschinen, meist italienische Fabrikate, zählen bereits seit Jahren zusammen mit Autos, Einrichtungsgegenständen, Thermo-Mixern und Armbanduhren zu der Kategorie der prestigeträchtigen Waren, mit denen sich angeben und der eigene Wohlstand (auf Pump) nach außen hin protzend präsentieren lässt.
Gleichzeitig wucherten mit dem aufkeimenden Koffein-Kult jene sündhaft teuren Kaffee-Ketten aus dem Boden, in deren global gleichaussehenden Filialen sich wirtschaftlich besser gestellte Hipster, Studenten und Start-up-Fuzzis für teures Geld billigen Kaffee ausschenken ließen — in Bechern, auf deren Außenseite passend zur Hyperindividualisierung der jeweils eigene Name draufgeschrieben wurde.
Zudem entwickelte dieser Kult auch schon eigene Testimonials, etwa George Clooney, der sein bekanntes Gesicht und seine Stimme an Nespresso verlieh. Wohlbemerkt pries die Werbung den Kaffee als Genuss an, was mit der Lebensrealität der meisten Kaffeetrinker — wie oben ausgeführt — nur sehr wenig zu tun hat.
Nicht unerwähnt bleiben sollten die unzähligen „Me without Coffee“-Memes, Share-Pics und Kalendersprüche im Netz und Aufdrucke auf Tassen, die im Kern Eines aussagen: „Ohne meinen Kaffee bin ich nichts.“
Eine klassische Koffein-Kult-Tasse. Foto: Nicolas Riedl
Bemerkenswert ist die farbliche Ähnlichkeit von Öl und Kaffee. Der Kaffee fungiert gewisserweise als Treibstoff für den Menschen in der Leistungsgesellschaft.
So wie das Öl die Maschine schmiert und am Laufen hält, so ist der Kaffee zentraler Antriebsgeber für den Batterie-Menschen im Hamsterrad. Vervollständigt man das Bild, indem man sich vergegenwärtigt, dass Kaffee die ... Verdauung anregt, dann zeigt sich, wie der Mensch im Koffein-Kult der Maschine immer ähnlicher wird. Es wird eine Art braunes Öl für den Maschinenmenschen eingespeist, damit dieser schneller funktioniert, und am Ende kommen wie bei einem Maschinenauspuff Abgase heraus.
Niemand sprach diese stoffliche Zweckbeziehung zwischen Koffein und Mensch so ehrlich an wie der Energie-Drink-Hersteller Powerrade in einer Werbe-Kampagne anlässlich des Kinostarts von „Matrix Reloaded“ im Jahr 2003. In diesem Clip sitzt Mr. Smith — der Agent der Matrix — in einem kahlen Raum und spricht zu uns Zuschauern, so wie er wie im ersten Matrix-Teil zu Neo gesprochen hat. Er befehligt uns/Neo: „Trinken Sie Powerrade! Sie sind eine Batterie. Und Batterien müssen aufgeladen werden.“
Bei der Rezeption der Matrix-Trilogie wurde selbige häufig verstanden als Allegorie für unsere Hamsterrad-Arbeitswelt, in welche wir alle mehr oder weniger eingebunden sind, um finanziell über die Runden zu kommen. So wie der Mensch in der Maschine aus Matrix als Batterie eingekapselt ist, so ist der Mensch in „unserer Welt“ als „Batterie“ in Betrieben, Konzernen und Ämtern eingespannt. Dort gibt er seine Arbeitskraft und seine Lebenszeit, während der Betrieb die erbrachte Leistung abschröpft und als Ausgleich nur einen kleinen Teil der erbrachten Leistung als Lohn auszahlt, von dem sich wiederum der Staat einen gewichtigen Teil als Steuer und Sozialabgabe abzwickt. Insofern ist Koffein als elementarer Bestandteil des Batterie-Aufladens zu verstehen.
Zur Abrundung dieser Kult-Skizze dürfen die zahlreichen Energie-Drinks nicht unerwähnt bleiben. Die wohl bekannteste unter ihnen — RedBull — wurde in der Blütezeit des Neoliberalismus gegründet: 1987. Der österreichische Wachmacher, der seinen Kunden versprach, Flügel zu verleihen, mauserte sich mit der Zeit durch ein bislang präzedenzloses Mega-Marketing zu einem Global Player, der nun schon seit Jahrzehnten mit Extremsport-Events assoziiert wird.
Zahlreiche Nachahmer traten in die Stapfen des roten Stiers. Die politisch korrekte Gutmenschen-Studi-Kola Fritz Kola versprach mehr Wachheit und damit implizit die geringere Notwendigkeit zum Schlafen. Monster Energy regte seinen Kunden an, das Biest in ihnen zu wecken, ein Biest, das sich in einigen dramatischen Fällen selbst zugrunde richtete.
Black 28 verheißt wiederum eine Zeitdehnung des Tages von 24 auf 28 Stunden, was nichts anderes bedeutet, als sich selbst die notwendigen Stunden der Schlafenszeit gewaltsam durch den Energie-Drink zu rauben. Der Hersteller von K-ffee sorgte 2004 für Aufsehen durch eine Schockwerbung im TV. In einer ruhigen Einstellung über eine friedliche Landschaft bei Sonnenuntergang springt dem Betrachter urplötzlich und mit einem lauten Schrei eine Zombiefratze in der Mattscheibe entgegen. So wach sei man noch nie gewesen, versichert dann die Einblendung des Herstellers. Um den Kult ums Wach-Werden und -Bleiben voranzutreiben, schien nichts mehr heilig zu sein.
In den 2010er Jahren waren Energie-Drinks schon ein so integraler Bestandteil der Jugendkultur, dass der Schweizer Hersteller Vemma ein Schneeballsystem entwickelte, das junge Menschen damit köderte, viel Geld aus dem Nichts durch Nichts zu verdienen. Selbstredend profitierten nur wenige Menschen an der Spitze des pyramidalen Systems.
Das Geschäftsmodell steht damit metaphorisch für den Wesenszug von Energie-Drinks. Es wird Energie — auch Geld kann als Energie verstanden werden — aus dem geschöpft, wo eigentlich nichts mehr ist. Weder hat bei diesem Schneeballsystem das versprochene, schnelle und große Geld einen wirtschaftlichen Gegenwert, und genauso wenig hat die Energie aus dem Zuckerschock des Energie-Drink-Trinkens eine natürlich vorhandene Ressource.
Es kommt zu einer energetischen Kontoüberziehung, die sich darin zeigt, dass man wenig später nach dem Genuss des Getränks noch erschöpfter ist als zuvor. Die gewaltsam herbeigeführte Reduktion des Schlafes rächt sich irgendwann auf gesundheitlicher Ebene.
Ob Kaffee oder Energie-Drinks: Die Kultivierung und Hochstilisierung von beiden trägt folgende Kernbotschaften in sich: „Schlafen kann man, wenn man tot ist. You only live once (YOLO). Deine Zeit ist begrenzt, dehne sie aus, indem du die nutzlose und unproduktive Schlafenszeit verkürzt.“ Die hintergedankliche Ähnlichkeit mit dem nach Lebensverlängerung strebenden (technischen) Posthumanismus ist augenfällig. Koffein ist nämlich der entscheidende Treibstoff einer Gesellschaft, die Zeit mit Geld gleichsetzt, der zugleich das Transzendentale abhandengekommen ist und die deshalb verzweifelt danach trachtet, die angenommene Einmaligkeit des Daseins zwanghaft zu verlängern.
Das erzeugt selbstredend einen immensen Druck, der nach einem Ablassen ruft. An diese Stelle tritt die zweite Säule des alten Drogen-Systems: der Alkohol-Kult.
Alkohol-Kult
Das alte Profitregime ist zeitlich charakterisiert durch die sich wiederholende Taktung der Wochen, eingeteilt in Werk- und Wochenendtage. Selbstverständlich nur für die Arbeitnehmer, die keiner Schichtarbeit, sondern einem sogenannten „Nine-to-five-Job“ nachgehen. Zur Veranschaulichung dieses Doppelmechanismus betrachten wir nur den Arbeitsrhythmus jener, die von Montag bis Freitag arbeiten und sich am Wochenende „regenerieren“.
Am Wochenende greift eben die zweite Säule des Drogen-Systems, der Alkohol. Anders als man es auf den ersten Blick vermuten könnte — um in der Batterie-Allegorie zu bleiben — dient der Alkohol am Wochenende nicht dazu, die Akkus wieder aufzuladen, sondern diese abzukühlen. Die Temperatur der jeweiligen Getränke spricht eine jeweils eigene Sprache: „Vorsicht! Heiß!“ heißt es auf den Deckeln der Coffee2Go-Becher.
Auf Eis wiederum wird wiederum meist der Alkohol gegossen oder eben in entsprechender Kühle serviert, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Der Mensch soll sich selbst als „heißgelaufene Batterie“ abkühlen, aber eben auch seine kochende Wut über die bestehenden Verhältnisse.
Wie oft versiegte bereits potenzielle Veränderungsenergie an den Stammtischen? Viele Arbeiterkämpfe endeten schon an Bartresen, „Boazn“-Tischen und Bierkästen. Das alte Profitregime kanalisierte die Veränderungsenergie in die Gläser, in die allzu viele oftmals allzu tief blickten. Auch das gelang dem Regime mit der Schaffung eines Kults rund um alkoholische Getränke.
Den alkoholischen Getränken wurde ebenfalls der „Fetischcharakter der Ware“ zuteil. Durch aufwendige Werbekampagnen wurden etwa Biere ästhetisiert. Insbesondere mit der Sehnsucht nach unberührter Natur, Geselligkeit und Entspannung wurde in den Marketing-Abteilungen operiert.
Entweder wurden die Bierflaschen in extremen Nahaufnahmen gezeigt, wie sie in Bergquellbächen gekühlt werden und die Tropfen an dem Glas herunterrinnen, während das Gegenlicht der Sonne das Gebräu in goldenen Farben erstrahlen lässt. Pils wurde bildsprachlich zumeist mit unberührten Nordseedünen assoziiert. Mischgetränke waren wiederum verknüpft mit jungen Menschen, die sich ihres Lebens erfreuen und in den Blauen Stunden der Abend- oder Morgendämmerung auf Rooftops ihr Dasein zelebrieren.
Wie sich Alkohol-„Genuss“/-Konsum in aller Regel in der Realität ausnimmt, kann man an Hauptbahnhöfen, in heruntergekommenen Dorf-Diskotheken, zwielichtigen Eckkneipen, unter Brücken oder in Wohnzimmern mit Fliesentischen beobachten. Von all den Versprechungen der Werbung bleibt hier relativ wenig übrig — vielmehr erweist sich das Nervengift als Frustbetäubungsmittel, das dazu geeignet ist, Veränderungsenergie versacken zu lassen.
Auch dieser Kult hat seine Testimonials. Das, was George Clooney für den Kaffee war, das ist Fußballtrainer Jürgen Klopp für den Alkohol: „Weißbier ist Wochenende“ lernen wir von dem „Erdinger“-Werbeplakat mit der Fußball-Ikone.
Nicht unerwähnt bleiben sollte die ganze Koma-Sauf- und Ballermannkultur, die sich über die Jahrzehnte entwickelt hat. Mallorca ist die zentrale Abkühlstelle für den Batterie-Menschen made in Germany. Die Insel bietet den kurzzeitigen Freigang für uns Hamsterrad-Hamster, ehe es dann zurück in die betrieblichen Rennspeichen geht.
Wie sehr sich dieser Kult schon zementiert hat — und mit ihm der Wochentag-Rhythmus, der das Metronom für den Wechselhebel-Mechanismus des Drogen-Systems darstellt —, zeigen unter anderem nachfolgende Beispiele. Mitte der 2010er Jahre sprach beziehungsweise brüllte in einem unfreiwillig viral gegangenen YouTube-Video ein Arbeiter vielen Werktätigen der Nation aus der Seele. Am Steuer seines Autos, offensichtlich ins Wochenende fahrend, schrie der Arbeiter: „Wochenendeee! Saufeeen! Geil! (…) Diese ganze Scheißarbeit! Saufeeen! Saufeeen!“.
Es kommt nicht von ungefähr, dass dieses Video so viral ging — so viral, dass ein auf Clubmusik spezialisiertes Label daraus sogar eine „Cover-Version“machte. Es traf einen Nerv.
Oder denken wir an den Smash-Hit „Hoch die Hände, Wochenende“ von Hans-Entertainment, der ebenfalls Mitte der 2010er-Jahre rauf und runter gespielt wurde und den Alkohol-Kult passgenau in musikalischer Form ausbuchstabierte. Dort heißt es im Refrain: „Hoch die Hände! Wochenende! Abrissparty ohne Ende!“ Die Lüge innerhalb des Refrains springt einem förmlich entgegen. Es gibt an einem Wochen-ende keine Abrissparty ohne Ende, denn jedes Wochenende hat ein Wochenende-Ende: Zumeist in Form eines verkaterten Sonntags und der ernüchternden Aussicht auf eine weitere Woche, die es — wiederum mit Koffein — bis zum darauffolgenden Wochenende zu überstehen gilt.
Dieses Doppel-Drogen-System, bestehend aus Koffein und Alkohol, ist der stoffliche Taktgeber für das Leben im Hamsterrad der neoliberal geprägten Leistungsgesellschaft bis 2020.
Selbstredend führt das schadstoffinduzierte Martern der zu leistungserbringenden Batterien degradierten Menschen zu einem Verschleiß von Körper, Geist und Seele. Daher nimmt es auch kein Wunder, dass Menschen nach dem Ausscheiden aus dem Hamsterrad im Rentenalter schnell erkranken und nicht allzu selten frühzeitig versterben.
Zu allem Überdruss genügt seit geraumer Zeit nicht einmal mehr die Rente, sodass selbst das Restleben zu einem Überleben wird. Der blanke Zynismus des Drogen-Systems in Form des Alkohol-Kults findet dann final seinen Ausdruck darin, dass er Rentner, die ihren Ruhestand wohlverdient hätten, in Form von Pfandflaschensammeln weiterhin und ökonomisch zwanghaft im Hamsterrad hält.
Die noch brauchbaren Batterie-Menschen ertränken den Frust ob ihres (selbst) Ausgebeutet-Werdens im Alkohol, und die Gefäße ebendieses Alkohols dienen den altersbedingt für den „Produktions- und Verwertungsprozess“ nicht mehr brauchbaren Batterie-Menschen als überlebensnotwendige Brotkrumen, weil sie von den Früchten ihrer damaligen und eigenen Arbeitskraft im Hamsterrad nur einen unverschämt kleinen Teil erhalten, der ihnen kein Überleben im Alter sichert.
Das war das alte Drogen-System. Mit dem Anbruch der neuen Abnormalität, der vierten industriellen Revolution, der Zeitenwende und der allgegenwärtigen Umkehrung aller Werte bricht zugleich ein neues Drogen-System an, welches wir uns im Nachfolgenden ansehen werden.
Kiffen2Go in der unendlichen 7-Tage-Wochenendlosigkeit
Wenn es sein muss, dann kann ein Hamsterrad doch stillstehen. Zumindest bestimmte Rädchen, die „nicht systemrelevant“ sind oder als solches bezeichnet werden. Die Lockdowns haben gezeigt, dass ein Stillstand eben schon möglich ist — was vorher immer bestritten wurde —, wenn es politisch gewollt ist und unter einem bestimmten Deckmantel daherkommt (Gesundheitsschutz).
Für eine gewisse Schicht der arbeitenden Bevölkerung — bei weitem nicht alle (!) — entwickelten sich neue Formen des Arbeitens: Home-Office, Kurzarbeit oder auch ... gar keine Arbeit. Der Wochentakt des alten Profit- und Drogen-Systems war in den Jahren 2020 bis 2022 weitestgehend dahin. Für Büroangestellte war die Arbeit mit einem Male theoretisch im Pyjama vor dem Laptop zu verrichten. Für die vielen, die zu Arbeitslosigkeit oder Untätigkeit gezwungen wurden, verschwamm der Wochenrhythmus vollständig. Ist heute Dienstag, Freitag oder Sonntag? Schwer zu sagen.
Die Zeit zerfloss in sich zusammen, auch an Werktagen waren so viele Geschäfte dicht wie an einem Sonntag, und die Regierung erklärte einen zum Helden, wenn man zuhause blieb und das Sofa hütete. Für was noch Kaffee trinken, wenn die ganze Welt gelockdowned war? Zugleich schoss weltweit der Alkoholkonsum in die Höhe und blieb nicht mehr länger auf das Wochenende beschränkt.
Die Fake-Pandemie war hierbei nur der Auftakt für das Zerfließen des alten Regimes. Der Blick auf Deutschland liefert hierzu wieder einmal ein besonders anschauliches Beispiel:
Nach der PCR-Test-Pandemie entwickelten sich Robotik und Künstliche Intelligenz exponentiell in Riesenschritten weiter. Das hatte unweigerlich zur Folge, dass das Hamsterrad zunehmend keine Hamster mehr benötigte.
Wenn wir in der Batterie-Allegorie und in der zynischen Denke des Systems bleiben, dann sehen wir, dass die Mega-Maschine sich zunehmend unabhängig vom Batterie-Menschen macht. Die Menschen, für die das System zunehmend weniger Bedarf hat, sind aber nach wie vor noch da.
Zunehmend wird mit aggressivem Depopulismus der Bevölkerungsreduktion das Wort gesprochen. Das modMRA-Spritzen-Regime hat mit diesem milliardenfach verabreichten Gift bereits die Übersterblichkeiten in die Höhe schnellen lassen. Mit dem Klima-Kult wird das Kinderkriegen verteufelt und zur Schandtat an der Erde und dem Klima erklärt. Die aggressive Translobby redet über die Bildungseinrichtungen jungen Menschen ein, sich im falschen Körper zu befinden, und treibt diese ohne Rücksicht auf Verlust, Leid und den elterlichen Willen in Umoperationskliniken, um dort irreversible Geschlechtsumwandlungen durchzuführen, die — mal ganz abgesehen von dem unbeschreiblichen Leid der jungen Menschen — selbstredend Einfluss auf die weltweite Fortpflanzung haben.
Doch — um in der zynischen Sichtweise zu bleiben, die nicht die meine ist — leben auf der Welt immer noch so viele von den „nutzlosen Menschen“, wie Yuval Noah Harari sie bezeichnet. Sie erinnern sich an das Zitat zu Textbeginn? Mit diesen muss das neue Profitregime nun irgendwie fertigwerden, in einer Art, die keinen Aufstand evoziert, welcher der Macht gefährlich werden könnte. Cannabis eignet sich hierbei als überaus geeignetes Narkotikum zum Zweck der Aufstands-Prophylaxe.
Wenn es den rennenden Hamster im Hamsterrad nicht mehr braucht, dann ist den System-Profiteuren sehr daran gelegen, dass der Hamster bekifft in der Ecke sitzt, statt sich einen eigenen Weg zu bahnen, der am Ende womöglich noch zu den Knotenpunkten der Macht führt. Das erklärt die zwar schon jahrelange vorbereitete, aber nun doch sehr ruckartig gekommene Akzeptanz von Cannabis.
Auch Cannabis genießt schon seit Jahrzehnten Kultstatus, welcher diese Substanz trotz ihres Verbots tief in das kulturelle Bewusstsein verwoben hat. Gerade in der Hiphop-Kultur sind die Lobpreisungen der grünen Pflanze unzählig. Ebenso gibt es eine Vielzahl an Testimonials — von Snoop Dogg über Hans Söllner bis zu Marsimoto.
Der 20. April wird bis heute vielfach als „Kiffertag“ zelebriert. Vielfach entsagten viele Arbeitende auch dem Alkohol-Kult und wendeten sich stattdessen lieber dem Cannabis-Kult zu. In weiten Teilen erfüllt das Cannabis eine ähnliche Funktion für den Batterie-Menschen wie der Alkohol, nur potenziell eben auch mit dem für das alte Profitregime undankbaren Nebeneffekt, dass die an Werktagen erforderliche Leistungsbereitschaft nicht vorhanden sein könnte. Aber es ist eben auch diese Leistungsbereitschaft, die angesichts Robotik und KI immer weniger benötigt wird. Und vor diesem Hintergrund muss die neueste Entwicklung in Sachen Cannabis betrachtet werden.
Freilich stellt die Legalisierung hierzulande in vielerlei Hinsicht ein Aufatmen dar. Niemandem muss länger der Angstschweiß herunterrinnen, wenn ihm oder ihr im Beisein von Gras-Gramm-Päckchen in der Jackentasche Polizisten entgegenkommen. Irrsinnige Strafverfolgungsprozesse finden ihr Ende, die Menschen wegen wenigen Gramm Gras die Existenz ruinierten. Das grüne Gold kann nun in aller Öffentlichkeit genossen werden, ohne die Furcht, bei etwas Verbotenem erwischt zu werden.
Grundsätzlich sollte es einem Staat nicht zustehen, den Menschen vorzuschreiben, was diese einzunehmen haben und was nicht. Wenn der Staat allerdings einen Stoff legalisiert, den er zuvor jahrelang verboten hat, dann sollte man als wacher Bürger hellhörig werden.
Dass politisch nichts zufällig geschieht, sollte jedem bewusst sein, der mit halbwegs kritisch ausgerichteten Antennen durch die Welt geht. Wenn Cannabis legalisiert wird, hat der Staat offenkundig ein Interesse daran, dass dieses vermehrt konsumiert wird. Zu fragen wäre, ob der Staat direkt oder über Umwege auch bestimmte Formen von Cannabis mit bestimmten Wirkungen in den Umlauf bringt? Nachdem die Regierung — wie Karl Lauterbach selbst zugab — mit den modmRNA-Spritzen billigend über Leichen ging, ist dieser alles zuzutrauen.
Besieht man sich die langfristig beruhigende, einschläfernde und gleichgültig machende Wirkung von Cannabis, kann einem schnell dämmern, was diese Legalisierung, eingebettet im „Big Picture“, bedeutet. Zu erwarten sind wirtschaftliche und soziale Verwerfungen, die die derzeitigen um ein Vielfaches übertreffen. Das zu erwartende Aufstandspotenzial ist vermutlich bereits eingepreist, sodass das Land vorsorglich mit grünen G(r)as-Granaten überzogen wird.
Statt auf der Straße — außer wenn es um „das Richtige“ geht — möchte der Staat seine Bürger in Bong-Zimmern sehen. Sollten diese dort via Social Media Faxen machen, greifen die mittlerweile unzähligen Zensur-Abkommen und Gesetze, die den digital Aufmüpfigen entweder „shadowbannen“ oder direkt strafrechtlich für seine Gedankenverbrechen belangen.
Hybrider Eskapismus aus stofflichen und nicht-stofflichen Drogen
An dieser Stelle sollten wir uns abermals das Eingangszitat von Yuval Noah Harari vergegenwärtigen. Sein Vorschlag für den Umgang mit den „nutzlosen Menschen“ besteht in einer Kombination aus Drogen und … Computerspielen. In diesem Zusammenhang stach im April eine Litfaßsäulenwerbung von Saturn/MediaMarkt dem kritischen Fußgänger ins Auge:
Foto: Nicolas Riedl
Dieses Werbeplakat ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, denn es vereinigt auf seiner detailarmen Oberfläche viele Bestandteile der neuen Normalität. Es beginnt ganz oben mit der Fusion von Marktmacht. Wir sehen den Zusammenschluss aus MediaMarkt und Saturn. Wo ist hier eigentlich das Kartellamt?
Weiter geht es mit der Textbotschaft: „Vom Alltag gestresst? In 90 Minuten taucht ihr ab.“ Die beiden Elektronikmärkte greifen ein real immer größer werdendes Bedürfnis nach Stressentlastung auf. Glaubt man einer Trendstudie zur „Jugend in Deutschland“, dann leidet gerade mehr als die Hälfte der jungen Menschen unter einer starken mentalen Belastung, ausgelöst durch mannigfaltige Zukunftsängste und wirtschaftliche Sorgen. Welcher Drang liegt da näher als der, der Realität zumindest kurzzeitig zu entfliehen? Genau das verheißt das Werbeplakat für die Virtual-Reality-(VR)-Brille.
Zynischerweise wird das Abtauchen in diese virtuelle Welt, die laut dem Vermerk auf „Meta Quest“ auch mit dem Metaverse kompatibel ist, mit dem Ausruf beworben: „Erlebt, was geht. Let’s go!“ Das Virtuelle, das nicht erlebt werden kann, weil es nur auf Nullen und Einsen basiert, wird zu etwas Lebendigen, etwas Erlebbaren erklärt. Der Ausruf „Let’s go!“ ist besonders blanker Zynismus, denn mit dieser Brille „geht“ man besser nicht, möchte man nicht stolpern. In aller Regel verharrt man regungslos an einem Platz sitzend, während man lediglich den Kopf bewegt.
Das Abtauchen vom stressigen Alltag — dies noch als Randbemerkung — gilt selbstredend nur für die potenziellen Kunden, nicht aber für die uber-Auslieferer, die den Realitätsflucht-Apparat binnen 90 Minuten liefern müssen. Selbsterklärend eine stressige Aufgabe.
Betrachtet man diese Entwicklung im Verbund mit der Cannabis-Legalisierung, dann fusioniert sich beides zu der von Harari ersonnenen, menschenverachtenden Sedierung des als nutzlos erklärten Menschen. Bekifft und mit VR-Brille auf dem Gesicht sollen die Batterie-Menschen in ihren Wohnbatterien endgelagert werden. Die uber-Fahrer sollen früher oder später dann wohl durch Drohnen ersetzt werden, damit sie selbst in den „Genuss“ dieses „Lebens“ kommen.
Nüchterner Widerstand
Zumeist liegt der Reiz immer dem Verbot inne. Wird etwas vormals Verbotenes nicht länger verboten, verliert es naturgemäß seinen Reiz. Doch ein wegfallender Reiz geht nicht zwangsweise damit einher, dass das vorher Reizvolle weniger in Anspruch genommen wird. Stattdessen beginnt es sich zu normalisieren. Es ist nicht absehbar, dass der Cannabis-Konsum sich absenken wird, nur weil dieser jetzt legal ist. Vielmehr wird sein Geruch nun Teil der alltäglichen Düfte werden. Schon jetzt liegt der Geruch in der Luft von Orten, an denen das zuvor undenkbar gewesen wäre.
Forderte das alte Regime von uns Leistungsfähigkeit, Ausdauer und den Willen zur Selbstausbeutung, so ist dem neuen Profitregime wohl daran gelegen, uns in jedweder Hinsicht zu vernebeln und zu narkotisieren. Folglich ist es in solchen Zeiten mehr denn je ein Akt des Widerstandes, sich einen klaren Geist zu bewahren und eine weitestgehende Autonomie von den vielen stofflichen wie nicht-stofflichen Suchtmitteln unserer (Post-)Leistungsgesellschaft zu gewinnen. Eine Sucht ist meist eine geronnene Suche. Und nach was suchen wir denn, wenn wir zur (lustigen) Zigarette, zum Bier oder ganz anderen Mitteln greifen? Was raubt uns die Energie, die wir mittels Koffein erzwingen?
Zwischen dem Ausgesondert-Werden aus dem Hamsterrad und der „Endlagerung“ öffnet sich ein Spalt, ein „Fenster der Möglichkeiten“ wie Klaus Schwab sagen würde. Dieser Spalt gibt uns die Möglichkeit zu fragen, wie wir unser Leben und letztlich die Gesellschaft um uns herum gestalten möchten. Die starren Strukturen der letzten Jahrhunderte lösen sich langsam auf und drohen zugleich, von neuen Strukturen der Unfreiheit abgelöst zu werden, wenn dieses Fluchtfenster nicht genutzt wird. Dass die breite Masse der zunehmend entrechteten und enteigneten Menschen sich aufmacht, um ihr eigenes, selbstbestimmtes Leben in mentaler und finanzieller Autonomie zu führen, das ist nicht im Sinne des neuen Profitregimes.
Vor diesem Hintergrund muss die Cannabis-Legalisierung gesehen werden. Sie ist einer der Steine, mit denen der Weg gepflastert ist, hin zu einer Harari-Höhle, einer Dystopie, bei der das Gros der Menschen Bürgergeld-abhängig und bekifft mit Meta-kompatibler VR-Brille in kleinen Wohnungen dahinvegetiert, sich von uber-Drohnen synthetische Laborschnitzel, östrogenhaltigen Insekten-Eistee und andere Brave-new-World-Kulinarik liefern lässt und von regelmäßig injizierten Big-Pharma-Spritzen ruhig, heiter und steril gehalten wird.
Doch so zu „leben“ — das sollten wir uns klarmachen — ist eines Menschen unwürdig! Dann nämlich kämen wir dem Batterie-Menschen aus „Matrix“ wirklich erschreckend nahe.
Die Süchte und Ablenkungen erfüllen naturgemäß auch immer die Funktion, uns von unseren Schmerzen fernzuhalten. Dabei sind es gerade die Schmerzen — wie es Byung-Chul Han in „Palliativgesellschaft“ eindrücklich ausbuchstabiert hat —, die ein lebendiges Leben mit Höhen und Tiefen erst möglich machen.
Die Fähigkeit, Schmerzen zuzulassen, sie nicht zu betäuben oder durch Ablenkung zu vertreiben, versetzt uns Menschen erst in die Lage, Wahrhaftigkeit zu erkennen und auf dieser aufbauend einen Veränderungsprozess anzustoßen, aus Altem auszubrechen, weil wir bar der Betäubung dessen Unerträglichkeit spüren — und dann nicht mehr anders können als in die Handlung zu kommen (2).
Schlussendlich soll es aber auch nicht um die pauschale Verteufelung gehen — weder um die von Cannabis noch von Koffein oder Alkohol. Werden die genannten Stoffe bewusst genossen statt achtlos konsumiert, können sie dem Leben die wünschenswerte Süße und Würze geben. Erst der Missbrauch, zu dem uns das System vermittels Werbung, Politik und Social Engineering anstiftet, macht das Gift.
Die Frage ist: Haben wir — wenn überhaupt — den Joint in der Hand oder hat der Joint uns in der Hand? Und wenn uns die Regierung in Gestalt des Gesundheitsministers den Joint „gepassed“ hat, dann sollten wir unbedingt ablehnen. Jeder zahnlose und vercrackte Gnom aus dem Görlitzer Park ist ein vertrauenswürdigerer Dealer als Karl Lauterbach.