Der neue Dreißigjährige Krieg

Deutschland ist in der Hand von Fanatikern in der Politik und in den Redaktionsstuben, die das Land in den Abgrund führen. Exklusivauszug aus „Propaganda-Presse“.

Die Medien als vierte Gewalt und Kontrolleure staatlichen Machtmissbrauchs? Schön wär’s! Tatsächlich sind sie zu einer Art Propagandaabteilung der Kriegstreiber verkommen. Dienstbeflissen und auch infolge persönlicher russlandfeindlicher Ressentiments versuchen sie die Kriegsstimmung immer weiter anzuheizen. Menschen, die das Krisengebiet nie selbst besucht und keine Vorstellung davon haben, was Krieg bedeutet, stoßen Anfeuerungsrufe in Richtung der ukrainischen Soldaten aus, die an der Front zu Tausenden verheizt werden. Teilweise ist es Presse und Fernsehen damit sogar schon gelungen, den natürlichen Selbsterhaltungstrieb einer Mehrheit in der deutschen Bevölkerung auszuschalten, die normalerweise eher zu dem Motto „Leben und leben lassen“ tendiert, nicht zum Töten und Sterben. Natürlich gibt es Gegenkräfte — Menschen, die sich von der allgemeinen Kriegsstimmung nicht mitreißen lassen. Aber hier nutzen die Medien ihre ganze Macht, um diese Bewegung zu beschimpfen und zu delegitimieren. Nicht nur jene Russen und Ukrainer, die ihre Kugeln abfeuern, haben Blut an ihren Händen — auch die Medien, die dieses Sterben propagandistisch vorzubereiten helfen.

Die Synkrisis des deutschen Journalismus mit der Propaganda der NATO ist bestürzend, nicht nur im Blick auf die Primitivität der Tiefenindoktrination und ihre postfaktische Struktur, sondern mehr noch durch die blinde Unterwerfung unter ihren betont unduldsamen Ausschließlichkeitsanspruch. Aber dies zeigt nur das Maß der Selbstgleichschaltung, die von Talkshow-Moderatoren zu Intendanten, von Funkhausdirektoren zu Sitzredakteuren, von Auslandskorrespondenten zu Wald-und-Wiesen-Reportern reicht.

Beim Verzicht auf nüchterne Recherche und vernunftgeleiteten Verstand gleichermaßen unterscheiden sie sich lediglich in der Ausformung ihrer Aggressivität von anderen akademischen „Kopflangern“ (Bertolt Brecht). Falsifikatorischen Killerinstinkt entwickeln sie lediglich bei der Ächtung von Dissens. Dies entlarvt die Würdelosigkeit der Medienmacher (214).

Im Ergebnis werden wir von Fanatikern in Redaktionen desinformiert, die ihre eigenen Ressentiments mit der Wirklichkeit verwechseln. Sie wirken nahtlos zusammen mit ebenso transatlantisch korrumpierten Fanatikern in der Politik. Zusammen betreiben sie die Verstetigung der Kämpfe in der Ukraine und führen Europa in einen neuen Dreißigjährigen Krieg (215).

Was der italienische Philosoph Antonio Gramsci für die Intellektuellen insgesamt dargelegt hat, charakterisiert auch die Rolle der Journalisten:

„Die Intellektuellen haben die Funktion, die gesellschaftliche Hegemonie einer Gruppe und ihre staatliche Herrschaft zu organisieren (…). Sie repräsentieren nicht mehr das kulturelle Selbstbewusstsein, die Selbstkritik der herrschenden Klasse; sie sind wieder zu unmittelbaren Agenten der herrschenden Klasse geworden.“

Ihre „Daseinsweise ist die ‚Redegewandheit‘ als Triebkraft der Affekte“ (216). Lohnschreiber, die bezahlt werden für die Mobilisierung der Affekte, für Kriegshetze als Voraussetzung für „Kriegstüchtigkeit“ und den „Willen zum Kampf“ (217).

Damit ist der deutsche Journalismus auf dem Niveau einer Propaganda-Kompanie der Kriegstreiber angekommen. Dies zeigt sich vor allem im strategischen Framing: Bestimmte Fakten und Bewertungen werden wiederholt, andere unter den Teppich gekehrt: „Lügen durch Weglassen“. Ich habe 3sat und dem MDR 25-seitige Forschungsberichte geschickt, damit diese Leute einmal einen Begriff von den historischen Ursachen des Ukrainekriegs bekommen. Das hat die nicht interessiert. Der Fokus lag auf Skandalisierung und Denunzierung. Aber hinter diesen freien Mitarbeitern, die Stücklohn erhalten und sich in finanzieller Abhängigkeit befinden, stehen leitende Redakteure, die sich wiederum transatlantischen Organisationen oder transatlantisch korrumpierten Parteien verpflichtet sehen und in der Deckung bleiben. Deshalb habe ich einem solchen aus dem Hintergrund gelenkten Mitarbeiter des MDR mit auf den Weg gegeben:

„Wenn Lügen kurze Beine haben, dann sollte der MDR-Redakteur Martin Dietrich Rollsplitt meiden. Er könnte sich die Genitalien verletzen“ (218).

Upton Sinclair zitiert in seiner Studie zur Presse in den Vereinigten Staaten von 1919 den langjährigen Redakteur und späteren Herausgeber der New York Tribune, John Swinton, der bei einem Bankett einen Toast auf die „unabhängige Presse“ so beantwortete:

„So etwas wie eine unabhängige Presse gibt es in Amerika überhaupt nicht, ausgenommen vielleicht in ländlichen Orten. Sie wissen das und ich weiß das. Es gibt niemanden unter Ihnen, der das Risiko auf sich nimmt, seine ehrlichen Überzeugungen zu schreiben, und wenn Sie es täten, wüssten Sie im Voraus, dass es niemals in Druck gehen würde. (…) Das Geschäft des New Yorker Journalisten ist es, die Wahrheit zu zerstören, unverblümt zu lügen, zu verdrehen, zu diffamieren, dem Mammon die Füße zu küssen und sein Geschlecht und sein Land für sein tägliches Brot zu verkaufen. Sie wissen es und ich weiß es, und wie dämlich es ist, anzustoßen auf die ‚freie Presse‘. Wir sind Werkzeuge und Knechte reicher Männer hinter den Kulissen. Wir sind ihre Hampelmänner; sie ziehen die Strippen und wir handeln danach. Unser Talent, unsere Möglichkeiten und unser Leben gehört anderen. Wir sind intelligible Nutten“ (219).

Dies ist bis heute so geblieben.

Gemeinsam ist diesen Journalisten-Darstellern, dass sie nie in einem Kriegsgebiet waren, weder die Ukraine noch Russland aus eigener Betrachtung kennen, sich nie mit diesen Ländern beschäftigt haben und in vollendeter Untertanen-Mentalität das schreiben, was der Chef lesen möchte.

Mit ihrem dummen Geplapper aus der Behaglichkeitszone fallen sie Reportern im Kriegsgebiet in den Rücken und setzen sie zusätzlichen Gefahren aus. Denn die Richtkanoniere können den Internet- oder Mobilfunkverkehr jener anpeilen, die — unter Druck gekommen — sich telefonisch oder per Mail um anwaltliche Hilfe an der „Heimatfront“ bemühen müssen. Pointiert darf man sagen: Transatlantisch korrumpierte Schreibtischtäter in Redaktionen geben Reporter im Kriegsgebiet zum Abschuss frei.

Dies zeigt, in welchem Maß im heutigen Journalismus ethische Maßstäbe missachtet werden, wie weit sich die Berichterstattung von der Realitätsprobe vor Ort hin zum postfaktischen Skandalisieren verschoben hat und wie tief die Berichterstattung der Mainstream-Medien, auch der öffentlich-rechtlichen, in das Propagandasystem der NATO verstrickt ist. In der ganzen Welt sind die geostrategischen und wirtschaftlichen Kriegsgründe bekannt. Nur die Kinder des gehobenen Bürgertums in deutschen Redaktionen wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen.

Dieses „Lügen durch Weglassen“, das offensichtliche Primat der Propaganda, vertieft die Legitimationskrise sowohl der Konzern- als auch der öffentlich-rechtlichen Medien. Die allzu offensichtliche Einseitigkeit der Berichterstattung führt dazu, dass sie Marktanteile verlieren. Denn viele Menschen wenden sich den sogenannten alternativen Medien zu. Je mehr sie wirtschaftlich unter Druck geraten, desto aggressiver werden die traditionellen Medien.

Je stärker der Westen im Stellvertreterkrieg in der Ukraine militärisch unter Druck gerät, je mehr die Sanktionen gegen Russland Europa auf wirtschaftliche Talfahrt schicken, desto aggressiver reagieren die staatsnahen Propaganda-Medien. Nicht Russland, sondern der Westen hat sich durch den Krieg in der Ukraine weltweit isoliert.

Die Nervosität der Politik schwappt über in den medialen Propaganda-Komplex. In der Folge erleben wir eine zunehmende Spaltung der Öffentlichkeit. Der Trend zur Zensur- und Denunziationsöffentlichkeit verstärkt sich. Denn dem zunehmenden Legitimationsverlust versuchen Staaten und supranationale Organisationen mit Zensur gegenzusteuern. Dabei greift man auch auf die repressiven Staatsapparate zurück: Die Justiz wird instrumentalisiert, um den Propaganda-Medien in Gerichtsurteilen eine „Lizenz zum Lügen“ zu erteilen. Die Zensur wird teilweise auf Konzerne übertragen und damit privatisiert. Die AGB werden dadurch wichtiger als die Grundrechte.

Damit erleben wir einen neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit. Die „Involution“ der Öffentlichkeit geht dabei über eine „Refeudalisierung“ (220) hinaus. Denn der öffentliche Raum wird in der Plattform-Ökonomie privatisiert und damit demokratischer Regulierung entzogen. Die Produktion von Öffentlichkeit findet nicht mehr auf Märkten statt; in der digitalen Ökonomie sind die Produzenten selbst der Markt. Die Privatisierung der Zensur wird zum Kernelement bei der Eskamotierung demokratischer Öffentlichkeit. Die Zerschlagung der demokratischen Öffentlichkeit geht der Zerschlagung der Demokratie voraus. Die Presse selbst ist in diesem Prozess nach innen das wichtigste Zensurorgan und nach außen der wichtigste Kriegstreiber geworden. Der postfaktische Journalismus ist auch ein postdemokratischer Journalismus.

Wenn aber die Medien selbst zum gefährlichsten Kriegstreiber mutieren und damit das Friedensgebot des Grundgesetzes verletzen, wenn die Medien selbst dissidentische Positionen unterdrücken, somit wie das schärfste Zensurorgan wirken und damit die Meinungs- und Informationsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz (GG) zerstören — dann werden jene zu Verteidigern der grundgesetzlichen Meinungs- und Informationsfreiheit, die sich mit dieser antidemokratischen Presse nicht mehr einlassen und alternative Medien aufbauen und nutzen.

Die mediale Kapitalisierung von Ressentiment führt zu einer kontinuierlichen Hysterisierung der Öffentlichkeit. Sie mündet in Rassismus und Russophobie. Damit einher geht ein „Rückfall der Aufklärung in Mythologie“ (221). Wir befinden uns in einem Zeitalter der Gegenaufklärung, der Infantilisierung und Moralisierung der öffentlichen Debatte. Das „Zeitalter der medialen Massenverblödung“ (222), so Peter Scholl-Latour, in dem Europa seine Zukunft verspielt, hat längst begonnen. Das Ressentiment wird zur Triebkraft der Öffentlichkeit im digitalen Kapitalismus. Dies ist, wie Joseph Vogl meint, „das Ferment einer neuen Vorkriegszeit“ (223). Anders ausgedrückt: Es ist die psychologische Vorbereitung neuer Kriege. Die Kriegstreiber in Politik, Medien, Akademien und Wirtschaft hetzen die Menschen in Deutschland immer tiefer in einen Krieg hinein, der leicht hätte verhindert werden können, wenn die NATO dies gewollt hätte.

Doch der Westen hat die Friedensbemühungen der ukrainischen Führung im Februar (224), im März (225) und im August (226) 2022 torpediert. Deshalb schüttelt die gesamte restliche Welt den Kopf über die Parole vom „unprovozierten Angriffskrieg“, verachtet die NATO-Länder für diesen Krieg und ihre antirussische Propaganda.

Kriege werden aber nicht mit Propaganda und Vorurteilen gewonnen. Deshalb ist die Kriegsbeteiligung der NATO zu einer Falle für den Westen geworden (227). Ein Blick auf die ökonomischen und militärischen Eckdaten genügt: Der Krieg in der Ukraine endet im politischen, militärischen, moralischen, ökonomischen und medialen Bankrott Europas (228). Die russophoben Schreibtisch-Krieger in den Redaktionen sind mitverantwortlich für den Tod Hunderttausender Menschen in der Ukraine. Sie müssen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, denn sie haben Blut an ihren Händen.



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