Der Gefürchtete

Die Freiheitliche Partei Österreichs liegt in allen Umfragen weit vorn, aber gegen eine Kanzlerschaft von Herbert Kickl wird das Establishment noch alle Register ziehen.

Der Vorsitzende der rechtspopulistischen FPÖ hat sich in allen zentralen Fragen gegen das globalistische Parteienkartell positioniert: Er ist ein scharfer Kritiker der Corona-Maßnahmen. Er lehnt die Sanktionen gegen Russland ab. Er bekämpft die neoliberale Massenmigration nach Europa. Und er stellt sich gegen die Klima-Ideologie der Herrschenden. Dass er damit alle Umfragen überlegen anführt, sorgt im politischen und medialen Mainstream für immer mehr Panik. Bis zur EU- und Nationalratswahl im nächsten Jahr werden die Herrschaften alle Hebel in Bewegung setzen, um einen Wahlsieg und vor allem eine Kanzlerschaft Kickls zu verhindern.

Als der langjährige Wahlkampfleiter und Klubobmann Kickl im Juni 2021 die Parteiführung der FPÖ übernahm, reagierten die Systemmedien höhnisch. Kickl habe nicht das Charisma wie seine Vorgänger Jörg Haider und Heinz-Christian Strache, er sei nicht locker genug, spreche nur eingefleischte FPÖ-Wähler an und werde die Partei zu einer Stagnation bei 15 bis 18 Prozent führen.

Schon damals war bei diesen vom System gut subventionierten Medien der Wunsch der Vater des Gedanken. Heute ist diesen Journalisten das Lachen längst vergangen, denn unter Kickls Führung liegt die FPÖ seit Monaten stabil im Bereich 28 bis 30 Prozent, nach der jüngsten Umfrage des linksliberalen Nachrichtenmagazins „profil“ sogar bei 32 Prozent — mehr als Haider oder Strache jemals hatten.

Was sind die Ursachen für Kickls Erfolg? Und wie wird das System darauf reagieren? Welche Dynamik ist in den nächsten Monaten zu erwarten?

Zustand der Alpenrepublik

Die Preissteigerungen in Österreich liegen im europäischen Spitzenfeld: Von August 2022 bis April 2023 schwankten sie um die 10-Prozent-Marke, seitdem gingen sie etwas zurück, auf zuletzt 7,4 Prozent im August 2023. Für das besonders schlechte Abschneiden Österreichs bei der Inflation ist die Regierungspolitik verantwortlich. Sie beschränkte sich auf kosmetische Zuschüsse an Haushalte, Zuschüsse, mit denen man politisch lenken kann.

Besonders die Grünen blockierten jegliche Preisdeckel — wohl deshalb, weil hohe Energiepreise ohnehin ihre Agenda sind. In dieser Logik wurden auf Betreiben der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler auch noch zusätzliche Klimasteuern eingeführt, die die Inflation weiter anheizten. Eine Folge ist, dass die Arbeitswege für viele Lohnabhängige aus dem ländlichen Raum noch teurer geworden sind, dass immer mehr Familien die Raten für ihre Häuser oder Wohnungen nicht mehr zahlen können, dass immer mehr Menschen zwischen Heizen und Essen entscheiden müssen.

Das Bruttoinlandsprodukt hat eine Zeit lang stagniert, ist im zweiten Quartal 2023 sogar gesunken. Viele Industriebetriebe kämpfen mit den explodierten Energiekosten, Schließungen und Kündigungen stehen im Raum. Die Zahl der Firmenpleiten hat zugenommen, 2023 haben etwa die Handelsketten Forstinger, Kika/Leiner, Delka und Salamander dicht gemacht, tausende Beschäftigte ihre Jobs verloren.

Die österreichische Bundesregierung aus Christdemokraten (ÖVP) und Grünen hat die westliche Sanktionspolitik gegen Russland unterstützt. Angesichts der Stimmung in der Bevölkerung hat sie einen NATO-Beitritt bisher nicht gewagt, bewegt sich aber mit der Teilnahme an „Sky Shield“ in diese Richtung. In der Energiepolitik ist die Regierung voll auf der verheerenden Linie der EU-Kommission und der Globalisten. Sie fahren damit die Ökonomie an die Wand und bringen immer größere Teile der Bevölkerung in existenzielle Probleme.

Dazu kommt die wieder massiv angestiegene Zuwanderung, die stark unter dem Label „Asyl“ läuft. Im Jahr 2022 wurden über 112.000 Asylanträge gestellt, mehr als im bisherigen Rekordjahr 2015 mit gut 88.000. Die Mainstreammedien versuchen das zwar so wenig wie möglich zum Thema zu machen, aber die Lebensrealität und die Erfahrungen der Menschen im öffentlichen Raum, in Schulen, in Freibädern und so weiter sind eindeutig. Geringe Erwerbsquoten, religiöse Arroganz und überproportional hohe Gewalt- und Sexualkriminalität von „Asylanten“ sprechen eine eindeutige Sprache und können durch nette mediale Geschichten über das eine oder andere sympathische und in der Schule erfolgreiche Flüchtlingsmädchen immer weniger übertüncht werden.

Und schließlich ist das Corona-Regime eher ausgesetzt als beendet. Die Medien fahren bereits wieder die Drohkulisse einer „neuen Welle“ hoch.

Gleichzeitig haben die 26 Prozent der Österreicher, die die Gen-Injektionen verweigert haben, der Regierung den Beschluss der Impfpflicht nicht vergessen — und zahlreiche widerwillig „Geimpfte“ nicht den Eingriff in ihre körperliche Integrität. Bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und Salzburg hatte die FPÖ dort besonders gute Ergebnisse, wo die Impfquote besonders niedrig war.

Systemparteien

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Situation ist die Regierung seit langem schwer angeschlagen. Umfragen in den letzten Monaten sehen die ÖVP zwischen 21 und 23 Prozent, die Grünen zwischen 9 und 10 Prozent — jeweils herbe Verluste. Damit hätten beide Regierungsparteien zusammen in etwa so viel Zuspruch wie die FPÖ alleine und wären von einer Mandatsmehrheit weit entfernt. Sie liefern sich überdies ständige Gefechte um die Migrations- und Klimapolitik. Zusammengehalten wird die Regierung nur noch, weil beide Partner panische Angst vor dem Absturz bei Neuwahlen haben.

Die liberalen NEOS liegen laut Umfragen ebenfalls bei 9 bis 10 Prozent und so wie die Sozialdemokratische Partei (SPÖ) voll auf Linie der globalistischen Agenda — bei Corona und Klima ebenso wie bei Migration und Sanktionen. Die SPÖ hat im Juni mit einem peinlichen Auszählungsdesaster am Parteitag ihre frühere abgehobene und erfolglose Vorsitzende ersetzt und versucht seitdem, neu in die Spur zu finden. Das scheint nicht zu gelingen, denn sie liegt weiterhin in Umfragen zwischen 21 und 23 Prozent.

Der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler war zuvor Bürgermeister einer sozialdemokratisch dominierten Stadt mit 19.000 Einwohnern und gilt als „Traditionalist“. Er spricht Dialekt und bemüht die Arbeitertradition der Sozialdemokratie. Er kommt aus der Sozialistischen Jugend und hatte dort in führender Position der sogenannten „Stamokap“-Strömung angehört, die stets den Ruf hatte, weit stalinistischer zu sein als die Kommunistische Partei (KPÖ) — bis hin zum Bejubeln der Moskauer Prozesse. Von ehemaligen Mitgliedern der SJ sind Auftritte Bablers überliefert, bei denen er sich etwa bei seinem Reisebericht aus Nordkorea begeistert über die Erfolge des dortigen „Sozialismus“ zeigte.

Einige Beobachter mit Einblick in die SPÖ gehen davon aus, dass das Parteiestablishment und das politische System insgesamt Babler völlig „an den Eiern“ hat, dass er aufgrund von pikanten Dokumenten aus seiner Vergangenheit vollkommen steuerbar ist. Bablers langjähriger Stamokap-Kumpel David Stockinger wurde im April 2023 zum Rücktritt von seiner Position als SPÖ-Chef einer 16.000-Einwohner-Stadt gezwungen, nachdem Fotos, die ihn in weißrussischen Uniformen zeigen, öffentlich gemacht wurden. Vielfach wurde der Abschuss von Stockinger als Warnschuss für Babler gesehen.

Babler, von dem Zitate bekannt wurden, in denen er die EU als schlimmer militaristisch als die NATO bezeichnete, ist seit seinem Amtsantritt auch brav zu Kreuze gekrochen und hat seine Loyalität zu EU und NATO bekundet. Mehr noch: er hat zu Protokoll gegeben, dass er garantieren werde, dass bei einem neuerlichen Auftritt des ukrainischen Präsidenten im österreichischen Parlament kein SPÖ-Abgeordneter mehr abwesend sein würde. Damit hat er sich auch in diesen Fragen als verlässlicher Diener des globalistischen US-Imperiums porfiliert. Bei Migration ist er ohnehin für einen sehr liberalen Kurs, bei Klima fordert er — gegen die Interessen der vielen Pendler aus der Arbeiterklasse — Tempo Hundert und bei der „Plandemie“ stand er dem ZeroCovid-Lager nahe.

„Links“ von der SPÖ gab es im letzten Jahr etwas Bewegung. Der Musiker und Fanatiker der Corona-„Impfung“ Dominik Wlazny, alias Marco Pogo, hatte bei der Bundespräsidentschaftswahl 8,3 Prozent der Stimmen erzielt und mit einem weiteren politischen Projekt geliebäugelt. Die KPÖ, die lange Zeit nur in der Steiermark im Landtag war, schafft das im April auch in Salzburg — dort allerdings, anders als in der Steiermark, mit einem sehr grünen Programm. Durch die Wahl des „linken“ Bablers zum SPÖ-Vorsitzenden dürfte das Feld für Wlazny und KPÖ eng geworden sein.

Aufstieg der Kickl-FPÖ

Angesichts dessen, dass ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS sich nur in Nuancen unterscheiden und in allen Grundfragen — Corona, Klima, Migration und Sanktionen — den Vorgaben aus Brüssel und Davos folgen, konnte Herbert Kickl die FPÖ erfolgreich als die einzige „echte“ Opposition positionieren. Und sie nimmt ja auch tatsächlich in all den genannten Fragen Gegenpositionen ein.

Über die Entwicklung der FPÖ und das politische Profil Kickls habe ich an anderer Stelle ausführlich geschrieben (1). Hier nur so viel: Die FPÖ war über Jahrzehnte eine kleine deutschnationale Honoratiorenpartei des Burschenschaftsmilieus. Mit Jörg Haider wurde sie ab den 1980er Jahren zu einer rechtspopulistischen Partei mit über 20 Prozent. Zwei Regierungsbeteiligungen als Juniorpartner endeten jeweils in Krisen der Partei.

Nach der letzten Parteikrise 2019-20 übernahm Kickl das Ruder. Er stammt aus einer Kärntner Arbeiterfamilie, hatte weder mit den Burschenschaften, die traditionell das Kaderreservoir der FPÖ bildeten, noch mit den jungen, vom Erfolg angezogenen Karrieristen etwas zu tun. Kickl stand innerparteilich lange in der zweiten Reihe, galt immer schon als extrem intelligenter und asketischer Einzelgänger.

Manche Parteifreunde bezeichneten ihn auch als „Sozialist“, weil er der sozialen Frage stets große Bedeutung zumaß. Kickl hatte auch den Begriff „soziale Heimatpartei“ als Trademark der FPÖ erfunden.

Kickl steht für eine restriktive Migrationspolitik nach dem australischen Modell und hat als Innenminister von 2017 bis 2019 entsprechende Schwerpunkte gesetzt. Aber unter seiner Führung ist die FPÖ längst keine „Single-Issue“-Partei mehr. Große Bedeutung hat dabei die Positionierung gegenüber dem Corona-Regime, die Kickl auch Sympathien bei Menschen gebracht hat, die früher nie FPÖ gewählt hätten.

Immerhin hat Kickl nicht nur demonstrativ die „Impfung“ verweigert, sondern sich auch an den großen Mobilisierungen gegen die Zwangsmaßnahmen beteiligt. Vor Zehntausenden Menschen hielt er Brandreden gegen die Corona-Politik der Regierung und skandierte Slogans mit der Menge. Das erschreckte das politische und mediale Establishment zutiefst und die Hetze gegen die Bewegung wurde mit einer gegen Kickl kombiniert.

Der ließ ich aber weder einschüchtern noch von seinem Kurs abbringen. Nach seiner Designierung als FPÖ-Obmann wurde er in einem ORF-Interview erneut anklagend auf die Demos angesprochen. Kickl antwortete, er werde weiter den Kontakt mit der Bevölkerung suchen, nicht mit dem Finger auf die Leute zeigen wie die ORF-Redakteurin, nicht unterscheiden zwischen den feinen Leuten im politischen Establishment und den schmuddeligen Leuten auf den Demos (2).

In den Fragen der antirussischen Politik der EU und der Sanktionen war Kickl von Anfang an sehr klar. Er hat die Heuchelei des westlichen Establishments angeprangert, auf die Beteiligung der USA an der Eskalation in der Ukraine hingewiesen und auf diverse US-Angriffskriege verwiesen. Er hat die antirussischen Sanktionen als gegen die europäischen Interessen gerichtet abgelehnt und die österreichische Neutralität verteidigt.

In der Frage der Klima- und Energiepolitik ist Kickl vor einem Jahr noch vorsichtig aufgetreten und hat lediglich Skepsis gegenüber dem herrschenden Narrativ formuliert. Mittlerweile ist seine Ablehnung der grünen EU-Linie auch in dieser Frage deutlich kantiger geworden.

„Volkskanzler“ Kickl

Bei Migration und Sanktionen/Neutralität hat Kickl diese große Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Und auch bei Corona und Klima ist der Anteil derer, die den Kurs des globalistischen Parteienkartells nicht unterstützen, noch größer als die 30 Prozent, die aktuell der FPÖ vorausgesagt werden. Mit diesen Alleinstellungsmerkmalen hat Kickl das Potential, die aktuelle Unterstützung in der Bevölkerung zumindest zu halten, wenn nicht sogar noch weiter auszubauen.

Kickl mit der Bevölkerung gegen das Establishment und gegen die „Eliten“ — so ist auch die Selbstdarstellung der FPÖ angelegt. Er wolle ein „Kanzler aus dem Volk für das Volk“ werden, nicht einer „aus dem System für das System“, sagte er im ORF-Sommergespräch am 21. August 2023 (3).

Die Mainstream-Medien versuchen diesen Anspruch lächerlich zu machen, indem sie darauf verweisen, dass die FPÖ seit Jahrzehnten im Parlament sitze und Kickl seit Jahren politische Funktionen einnehme. Damit können sie aber kaum jemanden täuschen, denn die allermeisten Menschen verstehen sehr gut, dass diverse andere Parteien mit der EU, der NATO, den Medien an einem Strang ziehen — die FPÖ aber Gegenpositionen einnimmt.

Kickl erzählte dem parteieigenen Sender FPÖ-TV unlängst folgende Anekdote aus seiner Zeit als Innenminister:

„Wir haben damals den Ratsvorsitz gehabt und da ist es europaweit auch um das Thema Asyl, Asylmissbrauch und so weiter gegangen. Und wir waren damals auf einer Reise in die USA. Also die Europäische Union trifft die Vereinigten Staaten. Und damals hat dann am Vorabend der Konferenz mich der damalige EU-Kommissar Avrampoulos, der für diese Frage zuständig war, zu einer Art Privatissimum gebeten. Und dort sind dann lauter solche Beamte der Europäischen Kommission gesessen und haben versucht mich zu bearbeiten und haben mir erklärt, was ich alles nicht tun kann.

Und ich hab’ ihnen erklärt, was ich alles tun muss, um den Interessen meiner Bevölkerung gerecht zu werden und dass ich als Innenminister nur für die Sicherheit dieser Menschen zuständig bin und kein Erfüllungsgehilfe für die Wünsche der Europäischen Union. Also diese Herrschaften kennen mich schon und ich glaube, dass auch deshalb die Allergie oder die Abwehrhaltung so groß ist“ (4).

Als Bergsteiger und Triathlet verfügt Kickl über persönliche Eigenschaften wie Selbstdisziplin, Ausdauer, Widerstandsfähigkeit und Entschlossenheit. Das hat auch politische Bedeutung. Er ist offensichtlich ziemlich unempfindlich für den Druck von Medien und politischem Establishment. Er will den Mainstream-Journalisten nicht gefallen, sondern versteht, dass es nicht um sie geht und dass er vieles richtig macht, wenn sie ihn hassen.

Und wie ich bereits vor zwei Jahren eingeschätzt habe (5), biedert sich Kickl nicht bei den „besseren Kreisen“ an, ihre Anerkennung interessiert ihn — anders als seine Vorgänger H.C. Strache oder Norbert Hofer — einen Dreck, er sieht sie als die Profiteure des Regimes — und in seiner Freizeit will er ohnehin nichts mit solchen Leuten zu tun haben, sondern lieber in den Bergen unterwegs sein. Im Sommerinterview mit der Kronenzeitung, der auflagenstärksten Zeitung des Landes, sprach er diesen Aspekt nun auch selbst an: Es zeige sich, „was das Problem der anderen Parteien mit mir ist: Sie können mich nicht kaufen. Sie können mir mit ihren Eitelkeiten nicht schmeicheln. Das alles bedeutet mir nichts“ (6).

EU und Tiefer Staat

Der Chefredakteur der rot-grünen Wochenzeitung „Falter“ hat Mitte September auf Twitter/X angekündigt:

„Wir rüsten uns journalistisch für die nächste NR-Wahl. Und wir werden bald eine neue Stelle ausschreiben. Wir werden besonders zur Kickl-FPÖ recherchieren. Dazu brauchen wir Euch. Nehmt euch ein Abo.“

Andere Mainstream-Journalisten äußerten sich aber zuletzt in Kommentaren besorgt, dass Kickl nicht über sich selbst stolpern werde. Das Establishment dürfte genau wissen, dass sie bei ihm weder NS-Bezüge (wie bei Haider) noch Korruption (wie bei Strache) finden werden.

Dennoch werden Systemparteien und -medien versuchen, Kickl mit irgendwelchen Kampagnen noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Vor allem aber kündigten verschiedene Funktionsträger des Staates an, auch einen Wahlsieger Kickl keinesfalls ins Kanzleramt zu lassen. Der von allen Kartellparteien unterstützte grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen stellte in den Raum, Kickl auch bei einer ausverhandelten Regierungsmehrheit nicht anzugeloben. Und neben den anderen Parteichefs hat auch die ÖVP-Führung gelobt, Kickl nicht zum Kanzler zu machen.

Kickl antwortet auf diese Statements wie folgt: Aussagen der ÖVP brauche man nicht ernst zu nehmen — immerhin hätte die ÖVP lange versprochen, es werde keine Corona-Impfpflicht kommen, und sie kam; immerhin hätten diverse ÖVP-Minister ihren Abgang angekündigt, sollte Sebastian Kurz zum Rücktritt gezwungen werden, und sie sind alle noch im Amt. Und außerdem könne die gegenwärtige ÖVP-Führung nach einer Wahlniederlage sehr schnell Geschichte sein.

Und dem Bundespräsidenten werde eben noch Demokratie beizubringen sein, wenn er gegen den Usus die stimmenstärkste Partei nicht mit der Regierungsbildung beauftragen würde. Je stärker die FPÖ bei der Wahl sei, umso schwieriger sei eine Blockade durch das Establishment. Auch ohne den Präsidenten seien Parlamentsmehrheiten und Gesetze möglich. Eine Verfassungskrise habe dieser zu verantworten, wenn er Parteien, die sich auf eine Koalition geeinigt haben, die Angelobung verweigere.

Kickl macht auch in dieser Frage erfolgreich die Frontstellung „das Volk und Kickl“ gegen die undemokratischen Eliten auf. Aber auch wenn sein Wahlsieg so fulminant sein sollte wie die aktuellen Umfragen, wird sein Weg ins Kanzleramt mit schweren Hindernissen konfrontiert sein.

Teile das Großkapitals werden wieder, wie schon 2017, mit Betriebsschließungen drohen. Die EU wird die ÖVP massiv unter Druck setzen, auch gegen den Willen ihrer Basis eine Koalition mit der FPÖ zu verweigern und stattdessen eine Dreierkoalition mit der SPÖ und vor allem mit Grünen, dem Rammbock der globalistischen Agenda, einzugehen.

Und schließlich könnten der Tiefe Staat, Geheimdienste und Justiz gemeinsam mit globalistischen Netzwerken und EU-Strukturen Verschiedenerlei inszenieren, um Kickl loszuwerden — angefangen von fingierten Vorwürfen und Strafverfahren bis hin zu einem Autounfall. Zuzutrauen ist manchen Leuten sicherlich einiges.

Im Juli war in einigen alternativen Medien davon die Rede gewesen, dass ÖVP, angepasste Politiker der FPÖ und ein ausländischer Geheimdienst daran arbeiten würden, Kickl nach seinem Wahlsieg innerparteilich wegzuputschen, um eine Koalition mit der ÖVP zu ermöglichen und Österreich auf pro-NATO-Kurs zu halten. Angesichts der Beliebtheit Kickls bei Funktionären und Parteibasis wäre ein solcher Schritt sicherlich nicht einfach. Denkbar ist aber, dass sich Kickl für eine Koalition mit der ÖVP mit der Funktion des Innenministers begnügt und das Kanzleramt einem engen Vertrauten überlässt, etwa der Juristin Susanne Fürst.

Schwäche der FPÖ

So weit ist es aber noch nicht. Bis zu den EU-Wahlen im Juni und den Nationalratswahlen, die regulär im September 2024 stattfinden, aber womöglich ins Frühjahr vorgezogen werden könnten, stehen noch einige politische Auseinandersetzungen an. Einige Dynamiken werden auch von internationalen Entwicklungen wie dem Fortgang des Ukraine-Krieges, der Energiekrise, der Tiefe der Wirtschaftskrise in Europa und dem Ausmaß von Friktionen in der EU abhängen. Die meisten österreichischen Parteien sind jedenfalls jetzt bereits im Wahlkampfmodus.

Dabei läuft es gegenwärtig gut für die FPÖ. Kickl wirkt für sehr viele Menschen authentisch. Er spult nicht von Politikberatern empfohlene Marketingphrasen ab, sondern sagt in einer einfachen, griffigen und bildhaften Sprache das, was er denkt. Darüber, dass Kickl nicht käuflich ist, sind sich Freund und Feind einig. Dass er wie Giorgia Meloni in Italien nach erfolgreicher Wahl erst recht das tut, was das globalistische Establishment will, erwartet niemand. Und inhaltlich hat er die FPÖ in den aufgezeigten Fragen erfolgreich als einzige wirkliche Opposition positioniert.

Bei verschiedenen Wahlen und nach verschiedenen Umfragen stimmen 80 bis 90 Prozent der Arbeiter für die FPÖ. Die Arbeiter wenden sich der FPÖ zu, weil diese als die einzige Kraft erscheint, die sich mit dem Establishment anlegt, die vom Establishment dafür gehasst wird und mit deren Wahl man sichtbar eine Ablehnung gegenüber der herrschenden Politik, die die Lebensbedingungen der Lohnabhängigen immer weiter verschlechtert, artikulieren kann.

Dennoch ist die soziale Frage die Schwäche von Kickl und der FPÖ. Kickl steht zwar für einen „sozialpatriotischen“ und keinen neoliberalen Kurs. Die FPÖ hat immer wieder soziale Themen bespielt, aber sie tut das nicht konsequent.

Zuletzt verlangten die Freiheitlichen Preisdeckel bei Energie und Lebensmitteln. Gleichzeitig verwehrten sie sich gegen neue Steuern und dabei auch gegen Vermögenssteuern. Die Politik von Globalisten, EU und insbesondere den Grünen zur tendenziellen Enteignung von Facharbeitern und Mittelschichten, die ein Einfamilienhaus besitzen, ist sicherlich abzulehnen. Bezüglich der großen Konzerne, Vermögensverwalter und Stiftungen, die hinter den Globalisten stehen, ist das aber etwas anderes. Hier ist die FPÖ nicht differenziert genug.

Letztlich erscheint die Ablehnung des Establishments durch die FPÖ zu oberflächlich. Sie beklagt negative Erscheinungsformen des Systems, etwa die totalitäre Entwicklung des Corona-Regimes oder die verheerenden Folgen der herrschenden Klimapolitik. Aber sie ist dennoch keine antikapitalistische Partei. Kickl attackiert vielleicht mal den Turbokapitalismus oder die Globalisierung. Kritisiert werden damit Auswüchse des Kapitalismus, aber nicht der Kapitalismus als solcher, der diese Auswüchse durch seine Expansionsdynamik hervorbringt (7).

Dementsprechend verteidigt die FPÖ demokratische Grundrechte oder auch die Souveränität von Nationalstaaten gegen ungewählte Cliquen der Globalisten und sie fordert mehr direkte Demokratie. Aber sie stellt nicht die Verfügungsgewalt der Großkapitalisten über die Wirtschaft in Frage, sie fordert nicht die Enteignung von Big Pharma, von Big Tech, von BlackRock, die Enteignung der Milliardärsstiftungen, der Banken und all der anderen großen Konzerne. Ohne eine solche Enteignung wird die Macht der Globalisten niemals gebrochen werden können. Und deshalb sind die teilweise richtigen Forderungen der FPÖ inkonsequent und unzureichend.

Ein Ausdruck der nur oberflächlichen Kapitalismuskritik der FPÖ ist auch ihre Haltung gegenüber den Lohnabhängigen. Sie vertritt zwar etliche soziale Forderungen und hat die Sympathie der allermeisten einheimischen und aus Osteuropa stammenden Arbeiter, aber sie baut kaum betriebliche oder gewerkschaftliche Interessensvertretungen der Beschäftigten auf, um ihre Position im Kampf mit den Managements zu verbessern, sie organisiert die Arbeiter nicht als Arbeiter um ihre Interessen, sondern als Staatsbürger um Interessen von Staat und Nation. Sie ist eben letztlich eine Partei, die für den Kapitalismus eintritt, lediglich in einer weniger globalisierten und mehr sozial- und nationalstaatlich regulierten Art und Weise.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Eric Angerer: Der Corona-Buhmann: https://www.manova.news/artikel/der-corona-buhmann
(2) Herbert Kickl im Interview im ORF-Report: https://www.youtube.com/watch?v=Q2IZxuT4baI
(3) Herbert Kickl im ORF-Sommergespräch: https://youtu.be/HCNGHZ54Yjo
(4) Herbert Kickl im Interview mit FPÖ-TV: https://youtu.be/eR1S6P6dlLQ
(5) Eric Angerer: Der Corona-Buhmann: https://www.manova.news/artikel/der-corona-buhmann
(6) Herbert Kickl im Interview mit Krone-TV: https://youtu.be/SljdaGNopTY
(7) Eric Angerer: Der Corona-Buhmann: https://www.manova.news/artikel/der-corona-buhmann