Der deutsche Bürgerkrieg

Das links-grüne und das konservative Lager driften immer weiter auseinander und bekämpfen einander mit zunehmender Gereiztheit — das kann böse enden.

Nur um Ohresbreite sind die USA am 13. Juli 2024 an einem Bürgerkrieg vorbeigeschrammt. Hätte Präsidentschaftskandidat Donald Trump nämlich nicht intuitiv seinen Kopf weggewendet, hätte das seinen Tod bedeuten können. Und das endgültige Ende eines ohnehin brüchigen Friedens in einem Land, in dem das „rechte“ und das „linke“ Lager zunehmend gereizt und unversöhnlich aufeinander losgehen. Ein Land, in dem ein beachtlicher Prozentsatz der Bürger bewaffnet ist und sich soziale Spannungen verschärfen, könnte so zum Pulverfass werden, und ein kleiner Funke würde genügen … Aber in Deutschland? Ist in unserer eher schläfrigen, gut domestizierten Heimat nicht alles ganz anders? Nicht unbedingt. Ob Rechtsextremisten, Antifa oder Migranten-Clans — überall sinkt die Hemmschwelle für Gewalt. Und die Staatsgewalt, die das Wort schon in ihrem Namen trägt? Sie bereitet bewusst oder unbewusst den Boden für eine Eskalation, um Gewalt dann, wenn sie doch ausbrechen sollte, entrüstet zu verurteilen und sich selbst als Ordnungshüterin ins Spiel zu bringen. Niemand, dem an Menschlichkeit gelegen ist, will Gewalt. Sie signalisiert das ultimative Versagen der Kommunikation, die Zerstörung menschlicher Körper als letzte Verzweiflungstat angesichts zerstörter Lebenshoffnungen. Gewalt entsteht, wenn Druck unerträglich wird und die Ausgänge versperrt werden, durch welche er entweichen könnte. Sie entsteht, wo eine andere Meinung nicht als Einladung zu gegenseitiger Ergänzung verstanden wird, sondern als ultimative Bedrohung der eigenen Existenz. Nicht Partei A oder Partei B würden von diesem deutschen Bürgerkrieg profitieren, der verbal schon längst und immer mehr auch physisch im Gang ist — lachende Dritte sind es, Repressions-Hardliner, die bewusst die Spaltung vorantreiben und aus dem Chaos Profit zu schlagen suchen.

„Das ist eine Art von Missverständnis hier“, sagt der Familienvater beschwichtigend zu dem schwer bewaffneten Uniformierten, der ihn bei einer Straßenkontrolle aus dem Auto gezogen hat. „Wir sind Amerikaner, okay?“ Der Bewaffnete: „Okay. Aber was für eine Art von Amerikaner?“ Als keine befriedigende Antwort kommt, richten sich mehrere Gewehrläufe auf den harmlosen Bürger. Diese Szene aus dem Film „Civil War“, welcher das Schreckensszenario ausufernder Gewalt zwischen verschiedenen „Lagern“ innerhalb der USA zeichnet, zeigt in wenigen Worten, was Spaltung bedeutet.

Auch in Deutschland wird uns die bohrende Frage in der einen oder anderen Weise gestellt. „Sie sind Deutscher, ja, aber was für eine Art von Deutscher? Geimpft oder ungeimpft? Links oder rechts?“ Ob wir respektvoll oder auch nur gewaltfrei behandelt werden, richtet sich auch nach solchen Kriterien.

Die USA sind ein gutes Beispiel dafür, wie es laufen könnte. In Deutschland stehen wir am Abgrund; unsere großen Vorbilder, die US-Amerikaner, sind uns immer schon einen Schritt voraus.

„Sie zerstören unser Land, aber wir werden das niemals zulassen“, sagte Donald Trump über seine politischen Gegner. Und im Grunde sagen Anhänger der Demokraten über Trump dasselbe. Käme er noch mal an die Macht, wäre das nicht nur ein bedauernswerter, letztlich aber zu respektierender Wahlausgang, es wäre die ultimative Katastrophe, das, was somit um keinen Preis geschehen darf.

Der Attentatsversuch gegen den Kandidaten und Altpräsidenten am 13. Juli war nur die vorerst letzte Eskalationsstufe einer Entwicklung, die sich schon lange andeutete.

Eine vertikale Spaltung

In einem sehenswerten Video stellt der Kriegsreporter und Video-Blogger Konstantin Flemig die aktuelle Entwicklung in einen historischen Kontext. Die USA seien so stark gespalten wie noch nie zuvor seit dem Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert, behauptet er. Ausnahme vielleicht: die Rassenunruhen in den 1960ern-Jahren. Heute aber verlaufe die Spaltung auch quer durch die Eliten und sei nicht in erster Linie als Konflikt zwischen den Rassen oder auch den sozialen Schichten zu verstehen. Stattdessen diagnostiziert Flemig eine „vertikale Spaltung“, jene zwischen Links und Rechts, was meist verknüpft ist mit einer Identifikation mit einer der beiden großen Parteien. Beide Lager seien in ihrer Ideologie so gefestigt und in ihrer feindseligen Haltung so ineinander verhakt, dass politische Beobachter schon von „Tribes“ (Stämmen) sprächen. Ob man Demokrat oder Republikaner sei, sei wichtiger als alles andere — selbst religiöse Zugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit.

Früher sei es üblich gewesen, politische Gegner auch im Fall scharfer Meinungsdifferenzen zu respektieren. Der Republikaner John McCain habe dem Demokraten Barack Obama 2008 noch zu seinem Sieg gratuliert: „Obama ist jetzt auch mein Präsident.“ Donald Trump dagegen haben Joe Bidens Sieg bis heute nicht akzeptiert. Die Delegitimierung einer demokratischen Entscheidung birgt Sprengstoff. Gegen einen „Diktator“ erscheint Gewalt legitim. Nun ist das Attentat gegen Donald Trump offenbar vom „linken“ Lager ausgegangen. Ein umgekehrtes Szenario wäre jedoch keineswegs ausgeschlossen.

Das Miliz-Phänomen

In den USA, so Konstantin Flemig, gebe es ein „Miliz-Phänomen“. Nicht nur bewaffnete Einzelne, auch Verbände, die auf Übungsplätzen hantierten und paramilitärische Übungen durchführten, seien ein vertrautes Bild. Dies hängt offenbar mit dem Gründungsmythos der USA zusammen. Der Unabhängigkeitskrieg 1776 war im Grunde ein bewaffneter Kampf gegen die Obrigkeit — damals die englische Monarchie —, die als Unterdrückerin wahrgenommen wurde.

Der bewaffnete Kampf gegen die Regierung erscheint demnach unter bestimmten Umständen ehrenhaft. Diese These, so Flemig, sei quasi in der „DNA“ der USA vorhanden; ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Regierung sei dort weitaus verbreiteter als in Deutschland. Im rauen Alltag der Siedler während der amerikanischen Gründerzeit verteidigte sich der freie Mann selbst, manchmal auch gegen übergriffige Potentaten. Die meisten Milizen sind weiß und rechts. Auch links gibt es jedoch paramilitärische Zusammenschlüsse in der Art der Antifa. Als Drittes existieren auch militante „Selbsthilfegruppen“ von Schwarzen, etwa eine Vereinigung mit dem schönen Namen „Not fucking around coalition“.

Kriegsreporter Flemig versucht, die verschiedenen Gruppierungen innerhalb der USA nicht moralisch zu verurteilen, sondern sich in ihre Denkweise einzufühlen. Über die Gründe für das Trump-Attentat stellt er folgende Mutmaßungen an:

„Stellt euch einfach mal vor, ihr seid aufgewachsen mit der Erzählung, dass euer Land das freieste Land der Welt ist, in dem ihr tun und lassen dürft, was ihr wollt, und dass dieses ganze Land überhaupt erst entstanden ist dadurch, dass sich mutige Männer zusammengetan haben und nicht darauf gehört haben, was eine unrechtmäßige Regierung ihnen vorschreibt. (…) Und dann kommt es dazu, dass euch jemand erzählt, der jetzige Präsident ist ein unrechtmäßiger Präsident. Der hat keine Legitimation. Und der Einzige, der wirklich dafür kämpft, dass es wieder eine Demokratie gibt, dass es wieder Freiheit gibt, der wurde jetzt gerade fast erschossen. Eine unfassbar gefährliche Mischung.“

Wie könnte ein moderner Bürgerkrieg aussehen? Jedenfalls wohl nicht so wie der amerikanische Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert. Mehr oder minder war es ein Krieg auf Augenhöhe zwischen Truppen der Union und abgespaltenen Staaten, der in großen Feldschlachten wie Gettysburg ausgetragen wurde. Heute erscheint es unwahrscheinlich, dass sich Einzelstaaten der USA aus dem Verbund lösen oder dass Teile der Armee sich gegen die Regierung wenden könnten. In einem Bürgerkrieg wäre das regierungstreue Lager immer militärisch besser gerüstet.

Denkbar wäre aber ein asymmetrischer Konflikt. Milizen der Aufständischen könnten im urbanen Raum Anschläge gegen Repräsentanten des Staates verüben, warnt Flemig. Oder sie könnten sich in Rambo-Manier im Wald verschanzen und von dort aus angreifen. Mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen in den USA sind Befürchtungen im Umlauf, der Bürgerkrieg, der durch das Scheitern des Attentats auf Trump nur knapp vermieden wurde, könnte „nachgeholt werden“, falls der Verlierer der Wahl im kommenden November den Eindruck hätte, etwas gehe nicht mit rechten Dingen zu.

Reaktionen in Deutschland: „Voll daneben“

Was das alles mit Deutschland zu tun haben könnte, zeigen einige Reaktionen auf das Trump-Attentat hierzulande. So lautete eine taz-Schlagzeile „Voll daneben“, was suggeriert, der Scharfschütze hätte einfach besser schießen sollen, dann wären wir Trump jetzt los. Der Kabarettist Florian Schröder twitterte: „Scheiße, nur das Ohr!“

„El Hotzo“, ein Vertrauter und Texter von Jan Böhmermann, der satirischen Allzweckwaffe des Establishments gegen jede Opposition, ließ verlauten: „Leider knapp verpasst. (…) Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“

Vergessen dürfen wir nicht, dass AfD-Chef Tino Chrupalla im Herbst 2023 auf offener Bühne zusammenbrach. Es wurde eine Einstichstelle gefunden, jedoch offenbar keine eingespritzte Substanz. Seine Co-Vorsitzende Alice Weidel musste im September einen Auftrag wegen „Sicherheitsbedenken“ absagen und zog sich mit ihrer Lebensgefährtin vorübergehend nach Mallorca zurück.

Julian Reichelt kommentierte das Trump-Attentat als einen auch für Deutschland relevanten Beleg für die Brutalität linker Rhetorik. „Aus Worten werden Taten. Das ist es, was Linke ständig predigen. Nun sind ihre eigenen Worte und düsteren Wünsche wahr geworden.“ Reichelt zitiert Joe Biden mit den Worten: „Amerikaner wollen einen Präsidenten, keinen Diktator.“ Er sieht die Verantwortung für den Anschlag eindeutig beim Wahlkampfgetöse der Demokraten:

„Sie haben Donald Trump Jahre lang zum legitimen Ziel erklärt und das klare Signal gesendet: Ein Mordanschlag auf Donald Trump ist Widerstand.“

Reichelt „übersieht“ dabei Donald Trumps eigene verbale Brutalität. Erst unlängst sagte dieser auf einer Wahlkampfveranstaltung:

„Die Demokraten sind böse Menschen. Und wir sollten sie besser schlagen, oder wir werden kein Land mehr haben.“

„Nazis“ darf man töten

In Deutschland scheint die größere Aggressivität derzeit von „links“ auszugehen — was nicht bedeutet, dass es „rechts“ keine gäbe. Joe Bidens Versuch, einen Konkurrenten, der zu diesem Zeitpunkt in Umfragen vorne lag, als „Diktator“ abzukanzeln, erinnert stark an die Rhetorik von Ampel- und Unionspolitikern gegen die in Ostdeutschland vermutlich bald siegreiche AfD. Speziell führt Julian Reichelt in seinem Clip an, dass Medien und Politiker keine Gelegenheit ausließen, um Mitglieder und Wähler der AfD als Nazis zu beschimpfen, was ich auch in meinem Artikel „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ beschrieben habe. Reichelt klagt an:

„Nicht nur ist das eine haarsträubende Relativierung von Nazigräueln, es ist auch eine Aufforderung, zur Tat zu schreiten. Denn es gibt einen weltweiten, in der Geschichte gewachsenen Konsens: Nazis dürfen bekämpft werden. Nazis darf man angreifen. Nazis darf man sogar töten.“

In der Tat geht der Hitler-Vergleich deutschen Medienschaffenden in Bezug auf Donald Trump flott über die Lippen. Christoph von Marschall vom Tagesspiegel machte in einer Diskussionsrunde im Presseclub am 14. Juli 2024 auf die Mythenbildung rund um Trumps wundersames Überleben aufmerksam.

„Wir wollen jetzt nicht schräge Vergleiche mit der deutschen Geschichte (…), nur, wir kennen das ja. Wir kennen das aus der deutschen Geschichte, dass angebliche göttliche Vorsehung bestimmte Entwicklungen, Dynamiken der Geschichte eingeleitet hat. Das ist was Gefährliches.“

Ein Attentat überlebt zu haben — was ja zum Beispiel auch auf Oskar Lafontaine und Wolfgang Schäuble zutrifft — reicht in diesem Fall aus, um das Opfer in die Nähe von Hitler zu rücken.

Unsere Vorfahren in den 1930er- und 40er-Jahren hatten offenbar noch Glück. In ihrer Epoche gab es nur einen Hitler, in unserer gibt es Dutzende: Wladimir Putin, Björn Höcke, Donald Trump …

„Sie hassen dich!“

Immer ungenierter projizieren Kritiker der AfD auch Eigenschaften auf die Mitglieder dieser Partei, die ganz offensichtlich ihre eigenen sind. So stufte ein Verfassungsschutzbericht in Thüringen die AfD als „kämpferisch-aggressiv“ ein — als könne man dies nicht ebenso gut über den „Kampf gegen rechts“ sagen; als würden Mainstreammedien nicht immer wieder „kämpferische Reden“ etablierter Politiker bejubeln.

Ein geradezu groteskes Beispiel für Schattenprojektion lieferte unlängst die ehemalige Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx in einer Debatte über das Pro und Contra eines AfD-Verbots. In dieser kämpft sie überwiegend gegen ihre eigenen Klischeevorstellungen von „Rechten“ an.

„20 Prozent — und im Osten viel mehr — finden das wählbar (…). Lassen wir das geschehen? Sagen wir: Pfff, ja, wir nehmen das hin, bis es zu spät ist? Sagen wir: O.k. mein Lieber, du wirst das Familienoberhaupt. O. k., meine Liebe, du gehst in die Küche, kriegst Kinder — viele, Krieger, Kämpfer.“

Buyx setzt dabei ein diabolisches Grinsen auf, das an den Film „Joker“ erinnert — nur dass Joaquin Phoenix ein weitaus besserer Schauspieler ist. Zähnefletschend und in bedrohlichem Tonfall, als wolle ein Mädchen in Schultheater einen typischen Bösewicht mimen, stößt Buyx am Ende ihrer Rede hervor: „Aber vertu dich nicht! Sie hassen dich! Die Zeit ist jetzt. Verbieten!“ Man fragt sich unwillkürlich, wer da eigentlich wen hasst.

Deutsche Milizverbände

Es gibt ihn bis jetzt überwiegend in verbaler Form: den deutschen Bürgerkrieg. Vielleicht sind es aber auch nur die schärferen Waffengesetze in Deutschland, die uns bis jetzt vor Schlimmerem bewahrt haben. Andererseits gibt die Lage gewiss schon jetzt mehr Anlass zur Besorgnis, als es den meisten bewusst ist, denn Gewalt wird überwiegend in den Medien gezeigt, wenn sie von rechts kommt, und verschwiegen, wenn sie von anderen Gruppierungen ausgeht. Zum Beispiel geht die Antifa in ihrem Auftreten teilweise brutal vor und versucht, die Herrschaft über öffentliche Plätze zu erringen, indem sie Kundgebungen missliebiger Gruppen stört und Teilnehmer verbal sowie teilweise auch körperlich angeht. Manova hatte schon ausführlich über das Phänomen berichtet.

Bürgerkriegszustände könnten ferner durch Migrantengewalt und die Reaktionen von gewaltbereiten „Biodeutschen“ auf diese ausgelöst werden. Eine Neuauflage von Pegida könnte dabei noch die harmlosere Variante dessen sein, was uns in naher Zukunft droht. Bisher friedliche Familienväter könnten zu dem Schluss kommen, ihre Frauen und Kinder seien in Deutschland nicht sicher — in der Folge könnten sich Bürgerwehren formieren, die zur Selbsthilfe greifen. Zumal eine Überforderung der Polizei schon jetzt absehbar, ja mancherorts schon Realität ist. Speziell in „Brennpunkten“ klagen viele darüber, dass sie sich nachts nicht mehr in bestimmte Straßen und Parks oder gar nicht mehr aus dem Haus trauen.

„Das Pack erschießen“

Weiter ist natürlich auch rechte Gewalt nicht bloß eine Erfindung „woker“ Kreise. „Die Opferberatungsstellen in Deutschland haben im vergangenen Jahr eine deutliche Zunahme rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt verzeichnet“, meldet die Tagesschau. „Der Verband der Beratungsstellen (VBRG) registrierte für 2023 insgesamt 2.589 derartige Angriffe — gut ein Fünftel mehr als im Vorjahr.“ Statista gibt für 2023 mehr rechtsextrem als linksextrem motivierte Gewalttaten an. Genauer: 1.148 (rechts) im Vergleich zu 727 (links). Linke „führen“ jedoch bei Brandstiftungen und Sachbeschädigungen. Die AfD kann für rechte Gewalttaten in der Regel nicht verantwortlich gemacht werden.

Allerdings ist es auch nicht gerade hilfreich, wenn Ampelkritiker diese Partei jetzt als verfolgte Unschuld inszenieren. So sagte AfD-Mitglied Dieter Görnert auf der Social-Media-Plattform reddit: „Das Pack erschießen oder zurück nach Afrika prügeln.“

Und Marcel Grau, Mitarbeiter einer AfD-Abgeordneten, laut einem geleakten Chatprotokoll: „Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde.“ Solche Stilblüten findet man im Internet in großer Zahl.

Ein weiteres Thema ist natürlich Polizeigewalt, die wir speziell auf Corona-Demonstrationen der Jahre 2020 bis 2022 massiv beobachten konnten. Die Frankfurter Rundschau schreibt darüber:

„Das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches größer als das Hellfeld von 2.790 behördlich bekannten Ermittlungsverfahren gegen Beamtinnen und Beamten wegen rechtswidriger Gewalt im Jahr 2021 ist. Von den 3.300 Befragten, mit denen die Forschenden gesprochen haben, gaben lediglich 14 Prozent an, dass ein Strafverfahren stattgefunden habe.“

Gewalt, die von Staatsorganen ausgeht, ist besonders perfide, da es gegen sie kaum eine rechtliche Handhabe und auch wenig moralische Unterstützung aus der Bevölkerung gibt. So schlimm das ist: Wenn ein Polizist entscheidet, Sie zu misshandeln, hat er gute Chancen, damit davonzukommen.

Auseinanderdriftende Welten

In einer Gesellschaft, in der die Gewaltschwelle kontinuierlich zu sinken scheint, sieht es nach einem Kampf aller gegen alle aus. Die Fronten sind jedoch ziemlich klar. Rechtsextreme gehen auf Migranten los, gewaltbereite Migranten oft ziemlich wahllos auf alle, von denen sie sich provoziert fühlen. Die Antifa ist — man ahnt es — gegen rechts. Staat und Staatsmedien bagatellisieren und verschweigen gern Antifa- und Migrantengewalt und richten den Scheinwerfer fast nur auf rechte Gewalt. Dabei bleiben strukturelle Staatsgewalt und auch ganz direkt ausgeübte Polizeigewalt oft im Schatten.

Der Staat ist nicht an allem schuld, die Regierung ist aber auf verschiedenen Ebenen mitschuldig daran, dass Deutschland ein unsichereres Land geworden. Sie organisiert für immer mehr Mittelständler einen schmerzhaften sozialen Abstieg, treibt die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten durch Inflation und hohe Steuern voran, fördert und duldet Migration völlig unabhängig von der organisatorischen und emotionalen Aufnahmekapazität der Bevölkerung, schafft nicht zuletzt auch ein hohes Grundlevel an Aggressivität, indem sie Bürger demütigt, verhöhnt und beschimpft, wie wir es unter anderem in den Coronajahren aber auch im „Kampf gegen rechts“ gesehen haben.

Die „linke“ Mitte trägt immer eine besondere Verantwortung, schon weil sie in aufdringlicher Weise moralische Überlegenheit für sich beansprucht, gleichzeitig aber wesentlich mehr Macht als normale Bürger besitzt, die Dinge in ihrem Sinne zu lenken. Es besteht die akute Gefahr, dass eher konservative, am traditionellen Familienbild und an der nostalgisch verklärten „alten Bundesrepublik“ hängende Menschen zusammen mit Donald Trump zu dem Schluss kommen: „Sie zerstören unser Land, aber wir werden das niemals zulassen.“

Die Realitäten der „progressiven“ politisch-medialen Blase und die des eher konservativen Bevölkerungsanteils driften auseinander wie zwei Luftballons, die von aus verschiedenen Richtungen wehenden Winden erfasst wurden.

Das Video „You have to calm down“ von Taylor Swift stellt die Unterschiede zwischen beiden „Milieus“ in satirisch überzeichneter Form recht witzig dar.

Wähler kann man nicht „beseitigen“

Die Erbitterung, mit der „Rechte“ bekämpft werden, nimmt zu — hinsichtlich der Wortwahl wie auch in der Brutalität der Maßnahmen. Man denke etwa an das Compact-Verbot durch Nancy Faeser. Gleichzeitig scheint die Zeit für „rechts“ zu arbeiten, weil nach Ansicht vieler die Realität deren Narrative bestätigt hat. Man denke nur an die eskalierende Entwicklung bei den Migrationsfolgen, an das Platzen der Corona-Blase — auch wenn diese Tatsache noch nicht überall angekommen ist —, an die immer absurder werdenden Auswüchse von „Wokeness“ und auch an die steigende Kriegsgefahr. Michael Kretschmer (CDU) sagte in einem Interview Anfang Juli bei Maischberger:

„Stellen Sie sich vor, dieser Trump wird gewählt, und der sorgt dann dafür, dass der Krieg beendet wird. Wie stehen wir dann da?“

Der sächsische Minister will also offenbar ukrainische und russische Soldaten in der Ukraine weiter sterben lassen, um „gut dazustehen“. Er denkt nicht nur klammheimlich, sondern verkündet offen, dass er gegen eine Beendigung dieses Krieges ist.

Das ist nur eine besonders gefährliche von unzähligen Fehlleistungen, die sich auf Regierungs- und Unionsseite häufen. Zu überzeugten Anhängern von AfD, BSW, Freien Wählern und einigen Kleinparteien kommen unter solchen Umständen natürlich Tausende andere, die diese Parteien schlicht aus Verzweiflung oder aus Angst wählen.

Diese Menschen sind ratlos, weil jene politischen Kräfte, die ihnen die Medien als die „seriösen“ und „demokratischen“ verkaufen wollen, schlicht nicht mehr bei Sinnen zu sein scheinen.

Schon jetzt würden wirklich demokratische Verhältnisse schon sehr bald zu einer Beteiligung der AfD an Regierungen zumindest in Ostdeutschland führen. Die Beliebtheit dieser Partei wird von den Etablierten jedoch nie anders als in Kategorien einer gefährlichen Verblendung oder Nazi-Nähe analysiert, die es den Betroffenen durch eine Verschärfung von Propaganda und Verfolgung auszutreiben gelte. Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf sagte bei Markus Lanz am 25. Juli, es sei im Fall eines AfD-Verbots klar, „dass damit natürlich nicht die Anhängerschaft beseitigt ist“.

Etablierte in der Trotzphase

Sicher meint das die Dame nicht so, aber eine Verrohung des Diskurses ist im Zuge einer Mobbing-Kultur gegen die AfD doch festzustellen. Der Versuch von „links“, einen Landgewinn von „rechts“ um keinen Preis zu dulden und ihn selbst mit unlauteren, im Grunde undemokratischen Mitteln zu verhindern, schürt die Eskalation, weil die vermeintlichen Feinde „unserer Demokratie“ dann mit Recht sagen können, dies sei eigentlich gar keine Demokratie mehr, vielmehr müsse die eigentliche Demokratie vor ihren „Beschützern“ gerettet werden.

„Links“ gleicht insofern einem trotzigen Kind, das mit dem Fuß aufstampft und schreit: „Ich will aber, dass die AfD weg ist!“ — was diese natürlich nicht zum Verschwinden bringt.

Eine beim Wähler ungemein erfolgreiche Partei, die sich um ihren Sieg betrogen sieht — dieses Szenario könnte für die radikaleren unter ihren Anhängern Gewaltfantasien schüren, die an die Mentalität vergleichbarer US-amerikanischer Milieus erinnern.

Gewalt könnte ausbrechen, wenn die Gesamtsituation von immer mehr Menschen als unerträglich empfunden wird, jedoch alle gewaltfreien Wege von der Regierung selbst versperrt werden. Für viele, die die AfD eigentlich nicht mögen, über die Politik der Etablierten jedoch verzweifelt sind, erscheint heute das Bündnis Sahra Wagenknecht als eine Lösung, die es ihnen erlauben würde, von einer „wirklichen Veränderung“ zu träumen, ohne das eigene Selbstbild als linker, weltoffener Mensch verraten zu müssen. Was aber wird vermutlich in naher Zukunft mit dem BSW geschehen? Es wird sich in Koalitionen mit der Union, eventuell auch noch mit der SPD hineindrängen lassen. Diejenigen unter Wagenknechts Wählern, die sich als Fundamentaloppositionelle verstehen, werden das als Verrat empfinden. „Wer BSW wählt, wählt am Ende Altparteien — nichts ändert sich wirklich.“ Diese Dynamik wird nur einer Partei nützen: der AfD.

Die Unfähigkeit, zuzuhören

Die AfD konnte gemessen an Wahlumfragen von Anfang 2024, die sie bei 20 Prozent sahen, etwas zurückgedrängt werden. Allerdings gibt es gegenläufige Effekte, die diesen Trend wieder aufheben. Es gibt unter Jungwählern einen Trend nach rechts. Es gibt sich aufbauenden Trotz und Hass aufgrund der fortwährenden Beleidigungen, dem AfD-Anhänger im öffentlichen Raum ausgesetzt sind. Es gibt eine schwindende Anziehungskraft von Linken aufgrund ihres schlechten Benehmens — was zum Verlust an Glaubwürdigkeit durch schlechte Politik noch hinzukommt.

Es gibt den Effekt, dass Menschen schließlich in jener Ecke stehen bleiben, in die man sie hineingestellt hat: „Na gut, dann bin ich eben ein Rechter — was soll's?“

Und: „Rechte“ sind auch nicht alle dumm. Sie werden Strategien entwickeln, um die andauernden Angriffe zu parieren, um Verbote zu umgehen und Gegenöffentlichkeit zu organisieren.

Was also tun, um den inländischen Clash of Cultures zu verhindern, ihn zumindest zu entschärfen? Hier rächt es sich, dass die Regierung nie ernsthaft erwogen hat, gesellschaftliche Spannung durch Entgegenkommen und Zuhören zu entschärfen. Was ist an der Kritik von rechts vielleicht berechtigt? Was davon könnten wir in unser Handeln integrieren? Wo sind gesellschaftliche Kompromisse möglich? So könnte man fragen. Dafür sind sich die momentanen Inhaber der Meinungsführerschaft jedoch zu schade. Beschimpfen und Ausgrenzen sind die gängigen Strategien. Das sind Nazis, die sollen das Maul halten. Auf diese Weise wächst den Etablierten ein Heer von sich radikalisierenden Gegnern heran.

Ein Land der Hassenden

Die wachsende Anzahl der Enttäuschten ficht „links“ aber nicht an. Die vor Jahren eingespielten Schallplatten werden einfach wieder und wieder aufgelegt. Wird das Feld der Kritiker größer, so werden die Kampfmaßnahmen, die diese Kritik deckeln sollen, einfach immer noch eine Spur härter. Unverhohlene Unterdrückung ersetzt nach und nach den Versuch, Repression noch demokratisch zu bemänteln.

Je mehr Gegner auf den Plan treten, desto schlechter verfängt natürlich die Strategie, diese zu dämonisieren und Maulkörbe zu verteilen. Dass 10 Prozent der Bevölkerung Monster sind, kann man sich vielleicht noch vorstellen, bei 20, 30 oder 40 Prozent wird es schwierig, nicht an der Wahrnehmung der Monsterjäger zu zweifeln. Auch Pressekampagnen wirken nicht mehr automatisch in der gewünschten Weise, weil immer mehr Menschen sich von den Leitmedien abwenden.

Propaganda als „Revolutionsprophylaxe“ (Rainer Mausfeld) könnte somit zunehmend durch staatliche Gewalt in ihrer nackten und rohen Form ersetzt werden. Dieses Land würde zu einem Land der hassverzerrten Gesichter, der zerbrochenen Körper, der traumatisierten und durch eigene Schulderfahrung verdunkelten Seelen werden.

„Sie sind Deutscher, ja, aber was für eine Art von Deutscher?“ Diese Frage wird uns schon jetzt in der einen oder anderen Form gestellt. Es ist nichts Neues, dass Spaltung letztlich der Finanz- und Konzernoligarchie dient, die aus jeder denkbaren Wendung des Geschehens als Siegerin hervorgehen dürfte: Scholz, Merz und Weidel treiben ihre Anhänger ja nur aus verschiedenen Richtungen in denselben langen Tunnel, als der sich unser aller Zukunft erweisen könnte. Oppositionelle Gewalt, die der Staat aus überlegener Position mühelos parieren könnte, würde diesen Prozess nur beschleunigen, würde somit den repressionsaffinen Kräften in die Hände spielen.

Zu den totalitären Tendenzen des Jahres 2024 käme dann noch der „Geist von 1977“. Jedes journalistische Wort, das sich um das Verständnis der Hintergründe bemüht, könnte dann als Hassrede von „Terrorsympathisanten“ delegitimiert werden. Mit nichts kann man eine Gesellschaft ja wirksamer terrorisieren als mit der Angst vor Terrorismus.

Wir sind mit gutem Grund gegen den Krieg — helfen wir also auch, einen deutschen Bürgerkrieg zu vermeiden!