Der Corona-Blues

Der Staatsterrorismus, den wir in den letzten drei Jahren erleben mussten, basiert auf einem defizitären Menschenbild.

Die meisten Menschen haben sich längst der Wissenschaft unterworfen und schauen gläubig zu ihr auf. Unter den Disziplinen wiederum schwingen die Naturwissenschaften das Zepter. Wenn es nun der Politik gelänge, ihrerseits die Naturwissenschaften zu unterwerfen und nach ihrem Gusto zu steuern, was dann ...? Wir konnten ein solches Szenario in den Coronajahren beobachten. Blanker Materialismus, angewandt auf das Thema Krankheit und Gesundheit, setzte sich überall durch. Die Folgen waren verheerend, denn wo sich der Mensch in einem scheinbar sinnentleerten Universum seiner eigenen Würde nicht mehr bewusst ist, kann es leicht passieren, dass er sich entwürdigen lässt. Und entsprechend menschenverachtende Machthaber finden sich immer. Der Autor räumt ein, dass er erst in späten Jahren — durch die Corona-Ereignisse — politisiert wurde. Dabei half ihm aber eine schon zuvor erlernte Fähigkeit: auch solche Prämissen zu hinterfragen, die allgemein als unantastbar gelten. Ein sehr persönlicher und dabei philosophisch-tiefsinniger Rückblick auf die Corona-Ära.

Der faule Konsens

Die Coronakrise hat sich zunächst einmal sang- und klanglos verabschiedet. Daran ernsthaft noch rühren möchte wohl nur eine Minderheit. Schwamm drüber also. Oder? Nur keine Aufarbeitung, die alte Wunden aufreißen könnte und die die Mitläufer und Jasager an ihre eigene Blindheit und Feigheit erinnert. Das scheint erstmal mehrheitlich Konsens zu sein. Es gibt auch andere Stimmen, aber die dringen nicht durch.

Doch sich jetzt moralisch überlegen zu fühlen, dass man es „schon damals gewusst hat“, bringt wenig. Mir geht es hier um anderes. Ich will einige meiner Eindrücke der letzten drei Jahre umreißen, denen ich auch repräsentativen Charakter zuschreibe, und Schlüsse daraus ziehen.

Worum ging es eigentlich?

Als der Corona-Wahn anfing, fühlte ich mich überrumpelt, so dass ich eine Weile brauchte, um das Terrain zu ordnen und ansatzweise zu begreifen, was hier eigentlich geschieht. Was ist das? Wer führt hier Regie? Worum geht es in der Substanz? Wie soll ich mich dazu stellen, persönlich und dann auch öffentlich? Was rollt da auf uns zu? Dass es nicht um Gesundheit ging, war schnell klar. Aber worum dann? Waren es die Superreichen, die Großkonzerne, die Pharmaindustrie, manipulierte und gekaufte Politiker, bösartige und geldgierige Mächte, die die Krise raffiniert lancierten und steuerten, um uns zu ruinieren und zu unterjochen? Fragen dieser Art brachen auf, und ich versuchte mich ihnen zu stellen.

Politisierung

Hier muss ich anmerken, dass ich Anfang 2020 als Philosoph primär unpolitisch dachte. Ich hatte lange eine starke Abwehrhaltung gegen alles Politische. Und dies aus einem tiefen Misstrauen heraus. Die Studentenbewegung, deren Zeuge ich in Berlin an der Freien Universität wurde, hat mich 23/24-Jährigen damals nicht im üblichen Wortsinn politisiert. Ich blieb irgendwie draußen, sah mir das Ganze an, ohne in der Tiefe davon tangiert zu sein. Anders war es dann beim Mauerfall und der Wiedervereinigung. Das packte mich sofort, forderte mich heraus und mobilisierte in mir Handlungsenergien, die ich vorher kaum gekannt hatte. Ich wollte einwirken, gestalten, mitmachen im umfassenden Sinne.

Das wurde sicher auch verstärkt durch meine Freundschaft mit Rudolf Bahro, dem bekannten DDR-Dissidenten, der Ende der Siebzigerjahre in den Westen abgeschoben wurde und nun auch hier politisch tätig wurde, im weiten Sinne ökologisch motiviert, getrieben von dem Grundimpuls, über die ökologische Krise einen kompletten Umbau der Gesellschaft ins Werk zu setzen, der auch spirituelle Züge hatte. Das fand ich in erster Lesart und in der Grundlinie damals richtig, trotz Einwänden im Einzelnen und auch im Prinzipiellen. Wir haben viel darüber gesprochen und diskutiert. Ich begann im Herbst 1990 an der Humboldt-Universität zu lehren. Zunächst Sozialökologie, dann zunehmend Naturphilosophie und Wissenschaftskritik. Irgendwann erlosch mein politischer Elan. Ich zog mich wieder auf die Philosophie zurück.

Farbe bekennen

Erst Corona hat mich dann erneut und sozusagen grundsätzlich politisiert. Mir war klar, dass es jetzt, also im oder ab Frühjahr 2020, darum ging, klar Farbe zu bekennen, zu begreifen, was hier eigentlich läuft, und daraus auch ganz konkrete, sich im Handeln niederschlagende Schlüsse zu ziehen, was auch geschah. Und dies naturgemäß im Rahmen meiner philosophischen Aktivitäten und Forschungen. Ich fühlte mich als Philosoph sozusagen in die Pflicht genommen. Zunehmend wuchs in mir der Impuls, mit kühlem Kopf das zunehmend massiver, bedrohlicher und auch grotesker werdende Corona-Schauspiel geistig zu durchdringen und meine Stimme zu erheben, ohne direkten Politaktionismus, den ich für verfehlt hielt.

Manipulativer Zahlenzauber und die Ohnmacht der Intellektuellen

Die absurden Zahlen der Computermodelle, mit denen Politik gemacht wurde, zeigten mir schnell, dass die Machthaber sich an der herrschenden abstrakten Naturwissenschaft orientierten, und dies in schwindelerregender Ahnungslosigkeit, was die tieferen Zusammenhänge dieser Zugangsweise zur Welt überhaupt anbelangt. Das breite Publikum nahm alles ergeben hin. Das verwunderte mich nicht.

Der Kotau — nicht nur der Intellektuellen — vor den Naturwissenschaften und der Mathematik war mir seit vielen Jahren vertraut. Verblüffend und auch neu war für mich nur, dass diese Wissenschaftshörigkeit nun eins zu eins ins politische Handeln rückte und das Schicksal von Millionen von Menschen bestimmte.

Alle Irrtümer und Fehler der abstrakten Naturwissenschaft wurden ohne den Hauch einer kritischen Reflexion übernommen. Die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen der allenthalben vorgetragenen abstrakten Modellrechnungen und -prognosen wurden zunächst gar nicht und dann nur ganz vereinzelt kritisch ins Bild gerückt. Sie erwiesen sich durchgängig als falsch. Nichts stimmte, was lautstark behauptet und propagiert wurde und worauf die politischen Coronamaßnahmen beruhten.

Völlige Fehlanzeige in dieser Hinsicht bei den meisten sogenannten Intellektuellen, die fromm und ergeben jeden Wahn aus dieser Richtung hinnahmen, als müsste es so sein. Ich empfand das als ein unwürdiges und peinliches Spektakel. Die meisten waren auf diesen Punkt gar nicht ansprechbar, wiesen alles von sich. Sie vertrauten mehrheitlich dem, was ihnen als Wissenschaft vorschwebte beziehungsweise ihnen als alternativlos präsentiert wurde. Und hier meine ich nicht nur die politische Vereinnahmung der Wissenschaft, also ihre Manipulation im Dienst der Mächtigen — die trat offen genug zutage —, sondern diese Wissenschaft selbst als abstraktes Erkenntnisprinzip, welches im Grundansatz Leben und Bewusstsein ausklammerte und damit die Vorstellung beziehungsweise Illusion eines toten und sinnlosen Weltalls zementierte.

Der makellose Himmel

Der erste Lockdown in Deutschland — um diesen fragwürdigen Begriff aus dem Strafvollzug zu verwenden — ab dem 22. März 2020 wirkte auf mich gespenstisch. Von meiner Wohnung aus kann man einen Spielplatz sehen, der immer voller Leben war. Nun herrschte lähmende Stille. Kein Kinderlachen mehr. Das ganze Gelände war abgeriegelt wie militärisches Sperrgebiet. Damals herrschte übrigens, woran sich viele erinnern werden, über Wochen hinweg ein sozusagen makelloser Himmel. Eine unvorstellbare und zauberische Klarheit. Ein krasses Gegenbild zu dem kollektiven Irrsinn, der zunehmend die Gesellschaft erfasst hatte. Und dieser Irrsinn, wie sich dann zeigte, gewann nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Staaten die Oberhoheit.

Angst und Macht

Meine Nächte wurden zunehmend schwierig. Ich lag oft lange wach und grübelte über das alptraumartige Geschehen, das nun alles zu bestimmen schien. Corona morgens, Corona abends. Corona als Dauerthema. Die Medien überschlugen sich. Die kollektive Angst vor dem Virus war spürbar. Blind taumelten die Menschen in einen von den Herrschenden inszenierten Horrorfilm. Die Maske wurde zum religiösen Symbol. Der sich ihr Verweigernde geriet zunehmend in Bedrängnis. Die Polizei machte sich zum Büttel der herrschenden Politik und agierte vielerorts mit beispielloser Brutalität und Dumpfheit.

So gesellte sich zu der Angst vor einem Killervirus, das bald Millionen von Menschen dahinraffen würde, beziehungsweise der Angst vor der Ansteckung durch dieses winzige Monster, und vor dem Mitmenschen als Virusträger und Virusschleuder, die Angst vor der brutal blind agierenden Staatsmacht.

Argumente kritischer Art, die da und dort auftauchten, vor allem in den alternativen Medien, fanden in der gleichgeschalteten Öffentlichkeit keinen Widerhall, sondern stießen auf beinharten Widerstand. In meinem Tagebuch notierte ich schon am 8. März 2020: „Die Front rückt näher.“

Immer und immer wieder, über Wochen hinweg, dieser klare Himmel, dieses Licht in kosmischer Majestät, ein Himmel, der eine von Angst und Wahn bestimmte Gesellschaft überwölbte, als ob es ein Dämon darauf angelegt hätte, uns alle in den Untergang zu peitschen, in die Vernichtung. Oder was war es? Wer mischte uns schmerzhaft hinein? Und dies in planetarem Maßstab. Ich empfand es als einen Feldzug gegen das Genuin-Menschliche und Lebendige zugunsten von dämonischen und tötenden Prinzipien. Warum, so grübelte ich, lassen die Menschen das mit sich machen? Weil sie es akzeptieren, für richtig halten, oder weil sie dazu gezwungen werden, egal wie sie dazu stehen?

Der einzig relevante Tod

Die Angst vor dem Virus, dies begriff ich zunehmend, geriet zur Urangst vor dem Tod überhaupt. Corona war der Tod selbst. Corona war der Sensenmann. Diese Fiktion hatte unzählige Menschen voll im Griff. Als ich im Herbst 2020, wie so häufig ohne Maske, in der S-Bahn saß, rief mir eine weibliche Person zu, als sie den Zug verließ: „Viel Spaß auf der Intensivstation!“

Es gab irgendwann nur einen relevanten Tod, den durch Covid. Alle anderen Tode zählten kaum noch. Die eigentlich seit vielen Jahren bekannten Coronaviren gerieten zu alles beherrschenden und tückischen Ungeheuern. Der berühmte PCR-Test zauberte sie immer wieder neu herbei. Der Test-Positive galt nun als verseucht und damit krank. Und alles musste getan werden, um die Gemeinschaft vor ihm zu schützen. Jeder konnte der unbewusste Mörder des Anderen sein. Daher: Masken auf, möglichst überall.

Eine transzendenzlose Religion der Masken, der Staatsgläubigkeit und eines ungebremsten Maßnahmenfetischismus entstand. Der Unmaskierte und damit widerborstige Zeitgenosse war der egoistische und unsoziale Schädling, den jeder Depp rüde zur Rede, ja zur Anzeige bringen konnte, ja sollte. Ich fühlte mich wie in einer offenen Psychiatrie. Oder wie im Freilandgefängnis. „Im falschen Film“ sowieso.

Masken als Sinnstifter

Was die Masken betrifft, so hatte ich früh beobachtet, dass diese von vielen mit einer gewissen Inbrunst getragen wurden, wie bei Angehörigen einer Sekte, und geradezu als sinnstiftend empfunden wurden. Endlich hatte das Leben einen Sinn, auf den hin man sich ausrichten, den man spüren konnte, der sich in das Gesicht eindrückte und das Atmen erschwerte, was selbst für Maskenfans gelegentlich unangenehm wurde. Aber: Das Leiden gehörte offenbar dazu. Ich trage Maske, also bin ich. Ich leide, aber ich helfe anderen, ich diene der Menschheit. Ich bin solidarisch. Dazu muss ich mein Gesicht verbergen und damit meine Individualität. Du bist nichts, Corona ist alles, muss alles sein, denn nur so können wir Erfolg haben und das Monstervirus besiegen.

Hinter oder unter der Maske, auch das beobachtete ich oft, tickte die Angst, die panische Angst vor der Ansteckung mit all ihren Folgen. Da den Menschen das unermüdlich eingeredet wurde, kann man es nicht per se verurteilen. Die Panik wurde schamlos und perfide erzeugt. Die Angstmaschine lief fast pausenlos.

Dazu kam der politische Druck. Der Staat griff brutal zu, wo sich Widerstand gegen die Maßnahmen zeigte. Viele Mitmenschen mutierten faktisch zu Coronapolizisten, die schroffe und dumpfe Befehle aussprachen. Das habe ich immer wieder erfahren.

Polit-Sektierer im Machtrausch

Ich fragte mich, mit dem italienischen Philosophen Giorgio Agamben: „An welchem Punkt stehen wir?“ (Das war der Titel eines Essays von Agamben vom 20.3.2020.) Spätestens als ich dann verstand, dass das herrschende Narrativ vom Killervirus und von der Notwendigkeit massiver Einschränkungen mittels drastischer Maßnahmen offenbar von der Mehrheit der Menschen akzeptiert und getragen wurde und rationale Argumente dagegen einen gegen null gehenden Effekt hatten, wurde mir vieles klar, verschärfte sich meine Aufmerksamkeit. Ich sah, dass das Groteske und Banale flächendeckend als Sieger auftrat und sich breitspurig bemerkbar machte, und dass alles darauf angelegt schien, aus Deutschland eine kulturelle und geistige Wüste zu machen, in der maskierte Sektierer das Sagen hatten, die sich als Retter und Menschenfreunde gerierten.

Die offiziellen Lügen wurden immer dümmer und massiver. Zwar brachen zunehmend Pfeiler des herrschenden Wahnsinns zusammen beziehungsweise wurden von klugen Köpfen zerlegt — etwa der PCR-Test oder die absurden Inzidenzen —, aber das hatte zunächst kaum größeren Einfluss. Lange wurde wie der Teufel getestet.

Die Impfdrohung

Dann kam der nächste Schritt: Die Propagierung und Einführung der sogenannten Impfung. Es drohte die allgemeine Impfpflicht. Wie auch andere Ungeimpfte machte ich mir Gedanken, wie ich mich verhalten sollte, wenn ich mit brutalem Zwang konfrontiert würde, mich impfen zu lassen. Ich ventilierte die verschiedensten Möglichkeiten. Keine erschien mir gegen jeden Zweifel erhaben. Dann fiel die Impfpflicht.

Als Ungeimpfter und Nicht-Autofahrer hatte ich in der sogenannten 2G-Regelung Mühe, mein engstes Wohnfeld zu verlassen Ich durfte kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen. Natürlich habe ich es trotzdem getan. Wo es ging, ohne Maske. Gelegentlich war die Maske erforderlich, um den Corona-Greiftrupps keinen Anlass zu geben, mich zu kontrollieren und gegebenenfalls aufzufordern, den Zug zu verlassen. Ich kam fast überall durch, was ich irgendwie erstaunlich fand. Mit normalem Fahrschein, aber ohne Mitfahrerlaubnis. Im Notfall nahm ich mir ein Taxi. Oder ich konnte mir Nahestehende bewegen, mich an meinen Zielort zu transportieren. Da die meisten Autofahrer sind, haben sie oft gar nicht über meine Situation nachgedacht. Darauf hinzuweisen war mir fast peinlich.

Die Impfkampagne habe ich als besonders widerlich und demütigend empfunden. Zunehmend kamen ja auch die verheerenden Schäden dieser sogenannten Impfung ans Licht. Noch immer ein heikles und weitgehend tabuisiertes Gebiet, wie man weiß.

Es ist noch nicht vorbei

Corona-Blues. Eher eine milde Formel, wenn man an diesen Alptraum denkt, der uns noch immer irgendwie atmosphärisch umgibt, der noch giftig in der Luft liegt. Noch immer sind die vielen Coronalügen nicht umfassend entlarvt. Das kollektive Schweigen, gerade über die sogenannten Impfungen, ist tückisch und vergiftend. Ich wünsche mir manchmal eine Art Welttribunal. Und das gilt nicht nur für Corona. Es gilt im Grunde für den ganzen mörderischen Wahnsinn auf diesem geschundenen Planeten. Corona ist nur eine der jüngsten Manifestationen dieses Wahnsinns.

Oft stand ich auf dem S-Bahnhof und hatte Mühe zu begreifen, dass ich der schlichten Freiheit beraubt war, in den nächsten Zug einzusteigen.

Ich sah die Menschen ein- und aussteigen und fragte mich, ob ihnen bewusst war, dass sie nun eine Art Privileg hatten, das mir und etlichen anderen Ungeimpften genommen wurde. Ich vermute, dass es den meisten völlig gleichgültig war. Und das war das Erschreckende. Das war nicht tragisch, eher schaurig trivial. Man konnte das ja einige Schritte weiterdenken. Und das tat ich gelegentlich. Wo würde der Spuk enden? Wie weit würden die Herrschenden gehen?

Der dünne Firnis der Zivilisation

Der Corona-Irrsinn wirkte zunächst wie ein Zivilisationsbruch, war aber bei Licht gesehen „nur“ die logische Weiterführung und Steigerung von Tendenzen, die seit langem schon unterwegs waren. Schon vorher war deutlich, dass die so oft beschworenen kulturellen und zivilisatorischen Werte einer echten Belastungsprobe nicht würden standhalten können.

Ich habe schon vor Jahrzehnten den Firnis der bürgerlichen Welt für sehr dünn gehalten. Eine kleine Drehung nur, und er würde zerbrechen.

Und das würde, so dachte ich, verheerende destruktive Energien freisetzen. Spätestens seit der Hölle des Ersten Weltkrieges müsste dies eigentlich jedem aufmerksamen Betrachter der geschichtlichen Abläufe bewusst sein.

Und doch, und doch: Corona war ein kaum zu überschätzender Einschnitt, ein Einhieb sozusagen, der vieles zerschlug und für unmöglich Gehaltenes zutage förderte. Grundlegende soziale Übereinkünfte wurden jäh gekippt. Und dies in verblüffender Schnelligkeit …

Schlussfolgerungen und Hypothesen. Ein Epilog

Was ich von der Coronakrise verstanden zu haben glaube, lässt sich wie folgt umreißen: Auch halbwegs friedliche und verträgliche Zeitgenossen können rasend schnell zum Mob werden, der brachial und fanatisch diffamiert, verunglimpft und ausgrenzt, und, wo es für geboten erachtet wird, auch zuschlägt, wenn sich aufmüpfige Subjekte ihm in den Weg stellen. Der Absturz auf eine quasi archaische Bewusstseinsstufe, auf der aus dem Rudel heraus agiert wird, ist als Möglichkeit bei der Mehrheit der Menschen gegeben. „Ist mir aber was nicht lieb, weg damit ist mein Prinzip“, heißt es dann wie bei Wilhelm Busch.

Menschen kann man fast alles einreden und plausibel machen, auch wenn es absurd ist, wenn es überzeugend genug und von staatlichen und wissenschaftlichen Autoritäten vorgetragen wird. Das klingt zynisch, doch kann es nicht ernsthaft bestritten werden. Selbst denken hat Seltenheitswert.

Vernunft zählt in der Krise wenig. Wissenschaft wird von den Herrschenden wie eine Monstranz hochgehalten, während faktisch quasi-religiöse Dogmen das Feld bestimmen, noch dazu sanktioniert durch eine Jasager-Moral, die keine Abweichungen duldet.

Was macht es mit einem nachdenklichen, sensiblen Menschen, wenn er erkennt, dass er in einem Wahnsystem lebt, das die meisten um ihn herum für die Realität halten?

Staatsterrorismus, wie ihn die Coronaregime praktizierten, basiert in der Regel auf einem defizitären Menschenbild; Der Mensch wird, grob materialistisch, zum bloßen Körper degradiert und seiner metaphysischen Substanz beraubt, in der letztlich seine Menschenwürde wurzelt. Zugleich wird alles Spirituelle und als „esoterisch“ Bewertete verunglimpft und politisch dem „rechten Spektrum“ zugeordnet.

Ein Zurück zum Vor-Corona-Zustand wird es nicht geben. Corona hat erschreckende Mentalitäten freigelegt, auch die Lust der Herrschenden am Autoritären ihres Handelns und die Apathie der Menge.

Erfreulich in den Coronajahren waren für mich die vielen neuen und lebendigen Kontakte, die sich in der „Dissidentenszene“ einstellten; hier traf ich wache und kritische Menschen, denen ich ohne Corona nie begegnet wäre. Das hatte etwas Ermutigendes. Eine Art Konsenszwang hat sich daraus nie ergeben.

Schlussfrage: Haben wir noch eine Chance, oder sind wir verloren?

Das habe ich mich oft gefragt, auch schon vor Corona. Ich glaube nach wie vor an ein unzerstörbares schöpferisches Potential im Menschen, auch wenn dies meist verschüttet liegt. Irgendwann könnte — und wird — sich das Dunkel lichten. Ohne den geistig- kosmischen Faktor allerdings, um das einmal so zu nennen, wird es nicht gehen. Die Mensch-Kosmos-Frage, die mein Denken seit mehr als einem halben Jahrhundert bestimmt und vorantreibt, verlangt nach einer Antwort. Die abstrakte Naturwissenschaft kann diese Antwort nicht geben, auch die Religionen können es nicht. Ich ringe um diese Antwort.

Der erste Schritt, so meine ich, wird und muss darin liegen, zu erkennen, dass wir in einer rundum lebendigen Welt leben, und dass das „Du-bist-nicht-gemeint-Universum“ der monströsen Leere und Sinnlosigkeit eine Illusion darstellt, die uns ruiniert.


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