Das unsichtbare Massensterben

Von anderen Themen wurde das Insektensterben aus den Schlagzeilen verdrängt – mit einer Art Landwirtschaftswende kommt es nun wieder auf die Tagesordnung.

Das Insektensterben ist ein Kollateralschaden der verfehlten Energiewende. Es hat sich in Deutschland seit 2004 mit dem Betrieb von über 9.000 Biogasanlagen, den damit verbundenen Maismonokulturen und der Entsorgung von großen Mengen stickstoffhaltiger Biogas-Gülle erheblich verstärkt. In den nächsten Jahren soll das Problem anscheinend nach der Methode „Kurieren am Symptom“ durch die Stilllegung von 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen behoben werden. Das ist nicht das erste Mal, dass die Nachhaltigkeit grüner Projekte schon bei der Planung unter die Räder kommt.

Zum Insektensterben

Die starke Verringerung der Insektenzahl in der Luft kann jeder von uns seit Jahren als Rückgang der Verschmutzung auf der Windschutzscheibe seines Autos beobachten. Viele haben sich deshalb auch schon gefragt: Welche Ursachen hat das Insektensterben, und warum hat es sich in den letzten Jahren erheblich beschleunigt?

Bei Wikipedia liest man dazu, dass die Ursachen den Insektenkundlern noch nicht ganz klar sind: Pestizide können einen Einfluss haben, großflächige Monokulturen und fehlende Feldraine, aber vor allem der vermehrte Stickstoffeintrag in den landwirtschaftlich genutzten Flächen. Ein Beispiel dazu: „Eine der Ursachen für den Rückgang der Zahl der Schmetterlingspopulationen ist, dass Raupen eine Pflanze vor allem dann befressen, wenn sie Stickstoffmangel hat.“ Der Klimawandel wird bisher nicht verantwortlich gemacht: „Die Auswertung von Daten aus deutschen Naturschutzgebieten deutet darauf hin, dass die steigenden Temperaturen dem beobachteten Trend zu abnehmender Insektenbiomasse dort bislang eher entgegengewirkt haben.“

Der bekannte Biologe Professor Josef Reichholf wies beispielweise in einem Keynote-Vortrag beim Tag der Insekten am 19. September 2019 in Aarau darauf hin, dass schon ab den 1970er Jahren mehr Stickstoff gedüngt wurde als nötig, aber:

„Die Produktion von Bioenergie verursachte den bisher größten Schub beim Artenschwund in Deutschland.“

Es wird auch schon länger diskutiert, ob die elektromagnetische Strahlung der Handynetze die Insekten schädigt, insbesondere die 5G-Mobilfunkstrahlung.

„Das Insektensterben mit dem Ausbau des Mobilfunks in Verbindung zu bringen, ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar. Das Insektensterben hat schon vor dem Beginn des Netzaufbaus begonnen.“ „Bislang gibt es lediglich Hinweise darauf, wie und in welchem Umfang elektromagnetische Felder die Körpertemperatur (Anm. Insekten sind wechselwarme Tiere), Fortpflanzung oder Orientierung von Insekten beeinflussen. Die wissenschaftliche Datenlage und Beweiskraft sind aber eher schlecht. Viele Studien haben die Effekte im Labor, nicht aber die reale Belastung in Freiluftexperimenten untersucht. Die Gefahr ist groß, aus diesen Ergebnissen falsche Schlüsse zu ziehen.“

Weitere Gegenargumente kann Professor Reichholf nennen: Er zählt seit 1981 in München und im südostbayerischen Umland die Häufigkeit der nachtaktiven Insekten. Sie ist innerhalb Münchens nicht rückläufig, ganz im Gegensatz „zum Land“, trotz der höheren Intensität der Handystrahlung in der Stadt und der hohen Lichtintensität in der Nacht. Der Münchner Durchschnitt dieser Insekten von 2002 bis 2010 übertraf die Ergebnisse in Südostbayern um etwa das Doppelte, was Artenvielfalt und Häufigkeit der Insekten betrifft (1). Das spricht ziemlich klar gegen eine Schädigung der Insekten durch Handystrahlung.

Die tiefere Ursache des rasch zunehmenden Insektensterbens seit 2004 ist offenbar die völlig unnötige Klimahysterie. Sie hat zu einer Kette von Kollateralschäden geführt, die mit der unnötig hektischen Energiewende und einer Flut von Biogasanlagen beginnt.

Biogasanlagen erzeugen als Abfall große Mengen Biogasgülle, und verstärken damit das Insektensterben.

Die circa 9000 Biogasanlagen in der BRD sind – neben enormen Subventionen und einer neuen Generation riesiger Traktoren und Anhänger – mit Maismonokulturen und stark erhöhtem Stickstoffeintrag in die landwirtschaftlichen Anbauflächen verbunden.

Zum schädlichen Einfluss der Biogasanlagen

Die hektische Energiewende war eine Folge der anfänglichen Spekulationen vor 20 bis 30 Jahren zum Klimawandel wegen der Emission von CO2 durch die Industriegesellschaft. Damals sollte es im laufenden Jahrhundert um bis zu 5°C wärmer werden. Inzwischen ist die Klimasensitivität des CO2, die sich bei einer Verdoppelung seiner Konzentration in der Atmosphäre ergibt, bei den Klimarealisten auf maximal 1°C geschrumpft, und beim IPCC auf 3,4°C. Einer der Gründe ist, dass die Temperatur der Erde nicht proportional mit dem CO2-Gehalt der Atmosphäre zunimmt, sondern sich ab etwa 300 ppm stark verringert .

Die Klimahysterie ist ein Beispiel dafür, wie man ein Problem ideologisch aufblasen und dann mit falschen Kennzahlen eine Hysterie und einem falschen Lösungsansatz dauerhaft teure und schädliche Nachbesserungen verursachen kann. Das ist heutzutage relativ einfach, wenn man die Medien als Propaganda-Sprachrohre auf seiner gesinnungsethischen Seite hat.

Zur Einstimmung zunächst ein paar Worte zum Nutzen des Stickstoffdüngers für die Ernährung der Weltbevölkerung am Beispiel der Ammoniaksynthese (2): Ihre Ernährung durch landwirtschaftliche Produkte war bis Ende des 19. Jahrhunderts nur für circa 1,5 Milliarden Menschen ausreichend. Ein großer Engpass war dabei die Versorgung der Nutzpflanzen mit Stickstoff, den die Pflanzen verwerten können, weil der Chilesalpeter in Südamerika zu Ende ging. Durch die Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens zur Synthese von Ammoniak und seine industrielle Anwendung konnte dieser Engpass beseitigt werden. Heute ist etwa jedes dritte Stickstoffatom in unserer Nahrung durch die Ammoniaksynthese industriell erzeugt worden.

Man kann aber, wie bei anderen technischen Möglichkeiten, auch bei der Stickstoffdüngung zu viel des Guten tun: Zum synthetischen Stickstoffdünger und der Gülle von Rindern und Schweinen kommt seit 2004 mit dem massenhaften Bau von Biogasanlagen noch die Biogas-Gülle hinzu. Ein paar Fakten dazu:

  • Von 2004 bis 2014 wurden aufgrund des EEG in der BRD mehr als 9000 Biogasanlagen gebaut und in Betrieb genommen, die unter anderem mit dem Mais von circa 500.000 ha Anbaufläche betrieben werden, und deren etwa 70 Millionen Tonnen Gärreste als Gülle in der Landwirtschaft entsorgt werden müssen.
  • Der Stickstoffgehalt der Biogas-Gärreste ist mit circa 5 Kilogramm pro m3 höher als der von Rinder- und Schweinegülle mit circa 3 bis 4 Kilogramm pro m3 . Die Gärreste der Biogasanlagen erhöhen den Stickstoffeintrag in der BRD um etwa 50 Prozent über die landwirtschaftliche Gülle hinaus!
  • Der Maisanbau ist auf „… Maßnahmen zurückzuführen, die bewusst von der Politik veranlasst wurden, um regenerative Energie zu fördern“ . Er wird in Form riesiger Monokulturen angebaut, die den Insekten kein artgerechtes Leben ermöglichen und andere Umweltschäden verursachen. Außerdem werden diese landwirtschaftlichen Flächen dem Anbau von Nahrungsmitteln entzogen.
  • „In Biogasanlagen sind erhebliche Volumina allgemein wassergefährdender Stoffe in Form von Gülle, Substraten oder Gärresten vorhanden. Trotz dieses Risikopotenzials sind bisher keine ausreichenden und rechtsverbindlichen Anforderungen zum Schutz von Umwelt und Nachbarschaft für die Errichtung und den sicheren Betrieb von Biogasanlagen festgelegt.“ „... ein nicht unerheblicher Anteil von durchschnittlich etwa 5 Prozent, des in Biogasanlagen produzierten Methans entweicht unkontrolliert in die Atmosphäre.“ Methan ist aber ein hochwirksames Treibhausgas! Fazit : „Biogasanlagen sind eine Gefahr für Mensch, Klima und Umwelt" .
  • Biogas ist eine Sackgasse der regenerativen Energieerzeugung, denn Photovoltaik-Anlagen und sogar Windräder mit dem vorgeschriebenen Abstand erzeugen pro ha und Jahr 20 bis 30 Mal mehr elektrische Energie als Biomasse pro ha Anbaufläche. (3)

Die enormen Subventionen von circa 6 Milliarden Euro pro Jahr und die negative Umweltbilanz der Biogasanlagen habe ich hier noch nicht einmal erwähnt. Das kommt noch hinzu.

In zwei Artikeln zum Insektensterben glaubt die „Naturgärtnerin“ und Journalistin Beatrix Mühlethaler sogar nachgewiesen zu haben, dass das Ammoniak-Gas, das von gegüllten Feldern in die Luft entweicht, die „natürliche“ Düngung benachbarter nicht gedüngter Magerflächen von 0,5 Kilogramm je Hektar auf 3 Kilogramm und mehr („bis über 25 Kilogramm “) verstärkt, und „...der über die Luft eingetragene Stickstoff auch jene besonders artenreichen und bunten Magerwiesen, die nicht direkt gedüngt werden, in grasreichere, eintönigere Flächen ...“ verwandelt. Damit begründet sie die Aussagen einer Studie, dass innerhalb eines Zeitraums von 27 Jahren, von 1989 bis 2016, die Masse an Insekten nicht nur innerhalb von landwirtschaftlich genutzten Flächen, sondern auch in den benachbarten Naturschutzgebieten stark gesunken ist .

Das „Bienensterben“

Die Honigbienen haben unter den Insekten eine Sonderstellung wegen ihrer erfolgreichen Symbiose mit den Menschen. Darum ist ihr Bestand von der Zahl der Bienenvölker und damit von der Zahl der Imker abhängig.

Das Bienensterben war aber vor allem ein „Imkersterben“.

Die Zahl der Imker in der BRD hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg von circa 182.000 (1950) bis auf circa 92.000 (2013) fast halbiert, weil die Nachkriegs-Imker älter geworden und ihre Stöcke aufgegeben haben oder sogar gestorben sind. Ein vergleichbar großes „Imkersterben“ gab es auch nach dem Ersten Weltkrieg: von circa 238.000 auf circa 100.000. Inzwischen ist die Zahl der Imker wieder auf etwa 120.000, Stand 2018, gestiegen. Ich habe diese Entwicklung im Bereich meines Wohnorts im ländlichen Niederbayern in den letzten 25 Jahren selbst beobachten können.

Natürlich werden die Bienenvölker und die Imkerei auch durch die Varroa-Milbe geschädigt, die aber nach dem Ersten Weltkrieg noch keine Rolle gespielt hat, weil sie erst 1977 aufgrund der globalisierten Bienenverschickung in die BRD einwanderte. Es gibt jedoch erste positive Untersuchungsergebnisse zur Zucht Varroa-resistenter Bienen .


Quellen und Anmerkungen:

(1) Josef Reichholf, persönliche Mitteilung 2023
(2) Jürgen Renn et al.: Ammoniak und seine Synthese – Wie eine epochale Erfindung das Leben der Menschen (...) verändert, Naturwissenschaftliche Rundschau Nr. 832, 2017
(3) Günter Dedié: Gesellschaft ohne Ideologie – eine Utopie? tredition 2019