Das neue Dorf
Naturschutz und eine Agrarreform erfordern Menschen, die sich konkret engagieren, und zwar dort, wo sie leben.
Was Mensch und Tier für ein artgerechtes Leben brauchen, ist gar nicht kompliziert: saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Lebensmittel, die auf lebendigen Böden wachsen können. Die Politik steht immer mehr oder weniger unter dem Einfluss von Konzernen oder Beraterfirmen. Die beste Beraterin jedoch ist die Natur selbst. Dezentrale Strukturen, idealerweise nach dem Genossenschaftsmodell, dürften unerlässlich sein, wenn wir über effektive ökologische Perspektiven für diese Welt reden wollen. Dies wäre eine gemeinsame Vision für die Gesellschaft.
Eines der wesentlichen Ziele von Umweltbewegungen war und ist ein Wandel im Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Wertschätzung und Achtsamkeit sowie ein Verständnis für synergetische Wechselwirkungen sind dafür eine notwendige Grundlage . Die Ursprünge umweltschützerischen Engagements reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück und lassen sich etwa zeitgleich mit dem Beginn der Industrialisierung ansiedeln. Letztere führte dazu, dass technische Neuerungen stets dazu dienten, die Arbeitseffizienz zu erhöhen. Die industrielle Leistungsfähigkeit von Nationen hatte wesentlichen Einfluss auf deren Machtstatus; sie ging aber auch mit Konflikten einher, denn Konflikte entstehen immer dort, wo es ein Machtgefälle gibt.
Die Industrialisierung führte sukzessive dazu, dass Menschen sich von autarken Strukturen lösten und immer mehr in Abhängigkeiten von global agierenden Konzernen begaben. Damit einher ging eine Abkopplung von den natürlichen Rhythmen der Natur.
Eine Entwurzelung im buchstäblichen Sinne des Wortes gehört heute mehr denn je zu einigen der zahlreichen Folgen. Der weltweite Einsatz von Pestiziden, Herbiziden und Monokulturen, Artenarmut und Umweltverschmutzung gehören zu weiteren Schattenseiten dieser Entwicklung.
Nachhaltigkeit unter der Lupe
Das Jahrzehnt zwischen 1970 und 1980 wurde in Westdeutschland durch Umweltaktionen geprägt. Doch während sich Proteste rund um Umweltthemen heute überwiegend um das Klima und in dem Zusammenhang um die Reduzierung von CO2-Emissionen drehen, bleiben viele andere umweltrelevante Themen häufig auf der Strecke. Dazu gehören der Flächenschwund durch industrielle Nutzung und Bebauung, die weltweit rapide nachlassende Qualität der Böden und der Trinkwasserressourcen. Auf der Website des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) ist zu lesen:
„Die Qualität der Trinkwasserressourcen ist maßgeblich von den Nutzungen auf den jeweiligen Flächen abhängig. Bei der Abwägung der Flächennutzung hat der Schutz von Trinkwasserressourcen häufig keinen Vorrang vor rein wirtschaftlichen Interessen. Angesichts der elementaren Bedeutung des Gutes Wasser für die Daseinsvorsorge ist eine solche nachteilige Behandlung sehr problematisch“ (1).
Dass längst nicht alles nachhaltig ist, was der Öffentlichkeit als Nachhaltigkeit präsentiert wird, legt auch der Flussökologe Ulrich Eichelmann in dem Dokumentarfilm „Climate Crimes“ dar (2). Darin wird beschrieben, wie atemberaubende Landschaften, seltene Arten und indigene Ethnien, die im Einklang mit der Natur leben, im Namen des Klimaschutzes bedroht werden. Wasserkraftwerke, Biodiesel- und Biogasproduktion seien für die letzten Naturschätze der Erde eher ein Fluch als ein Segen und „Grüne Klimaschutzzertifikate“ seien oftmals nur ein fataler Etikettenschwindel.
Ein neuer Hype, mit dem einige Lebensmittelketten „nachhaltige Produkte“ wie beispielsweise Tomaten bewerben, basiert auf dem Anbau von Gemüse auf Steinwolle mittels Nährlösungen. Dieser Trend, Vertical Farming genannt, wird als Modell für die zukünftige Ernährung angepriesen. Er hat allerdings ebenfalls einige Schattenseiten.
Nährstoffreiche und resistente Feldfrüchte brauchen vitale Böden, die über ein intaktes Bodenleben mit vielfältigen Organismen und Mikroorganismen verfügen. Substrate auf Steinwolle hingegen werfen einerseits die Frage auf, wer diese Substrate und die Steinwolle zur Verfügung stellt, und andererseits, ob die geernteten Produkte in Bezug auf ihre Ökobilanz und ernährungsphysiologische Qualität überhaupt ein Ersatz für biodynamisch angebautes Gemüse und Obst sein können. Eine auf Steinwolle mit Substraten gezogene Tomate sieht vielleicht noch nach Tomate aus, aber ob sie nach Tomate riecht und schmeckt, obliegt der Urteilskraft der Konsumenten.
Die Einschätzung, ob derartige hydro- und aquaponische Systeme ökologisch und auch ethisch vertretbar sind, erfordert also eine differenziertere Betrachtung. Im von der Schweisfurth Stiftung herausgegebenen „Kritischen Agrarbericht“ (KAB) wird das Vertical Farming durchaus kritisch beleuchtet. Bemängelt wird darin beispielsweise, dass gemeinnützig organisierte Stadtgärten und solidarisch-landwirtschaftliche Betriebe teilweise hochtechnologisierten Unternehmen weichen müssten (3).
Eine Frage, die die Autorin Nora Klopp und Professor Dr. Hans-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, im KAB stellen, lautet: „Inwieweit kann eine solche anorganische Lebensmittelproduktion zu einer nachhaltigen, agrar- und umweltethisch vertretbaren Lebensmittelversorgung beitragen?“ Vertical Farming bedeute nämlich, dass neben Nährlösungen und Steinwolle auch auf die Beleuchtung durch LED- und UV-Lampen, smarte Temperaturregelung und künstliche Behälter zurückgegriffen werde. Natürliche Synergiemechanismen der Natur werden dadurch weitgehend, wenn nicht ganz, außer Kraft gesetzt. Wasser, Energie und Nährsubstrate müssen also zunächst bereitgestellt werden, um derartige aquaponische und hydroponische „Gärten“ kultivieren zu können.
Als Mineralwolle gehört Steinwolle zu den künstlichen Mineralfasern (KMF). Steinwolle-Marktführer ist das Unternehmen Rockwool mit derzeit 42 international platzierten Produktionsstätten und Verkaufsgesellschaften in 37 Ländern. In einem Artikel mit dem Titel „Tödlicher Sand“, der am 20. Juni 2019 in Zeit online erschien, wird über die lukrativen, aber ökologisch brisanten und teilweise kriminellen Geschäfte mit Sand, einem Ausgangsstoff für Steinwolle, berichtet (4). Auch hier dürfte die Ökobilanz von Produktionsformen und Produkten nicht immer zu den schönen Werbebotschaften passen.
Die Natur ist das Vorbild
Der Schutz der Böden, des Trinkwassers, die Reduzierung von toxischen Einträgen in die Umwelt sowie der Anbau möglichst unbelasteter und nährstoffreicher Lebensmittel funktionieren nicht mit den bisherigen Konzepten industrieller Landwirtschaft. Das Vertical Farming dürfte ebenfalls keine wirklich nachhaltigen Lösungen anbieten. Die Qualität der Böden ist aber nicht nur für eine gesunde Nahrungsmittelproduktion wichtig, sondern auch ausschlaggebend für den Hochwasserschutz.
Agrarwende als gesamtgesellschaftlicher Auftrag
Der Agrarwissenschaftler Dr. Erwin Scheller schreibt in seinem Buch „Grundzüge einer Pflanzenernährung des ökologischen Landbaus“, dass lösliche Nährstoffvorräte immer nur eine tagesaktuelle Momentaufnahme seien. Pflanzen könnten sich über das Zusammenwirken mit dem Bodenleben Nährstoffe zum Teil selbst erschließen. Damit hat er der Düngungsfrage im System des ökologischen Landbaus ein erklärendes Fundament gegeben, das er in zahlreichen Vorträgen und Seminaren im In- und Ausland vor Praktikern darstellte.
Für gesunde Böden ist die Humusschicht ein entscheidender Faktor. Im Gegensatz zur anorganischen Steinwolle ist Humus naturgemäß ein organisches Substrat, für dessen Erhalt und Förderung Mikroorganismen essenziell sind.
Humusverlusten, die durch intensive Landnutzung entstehen können, lässt sich durch mehrere Maßnahmen entgegenwirken: Grünlandumwandlung in Ackerflächen reduziert die Humusschicht. Erhalt und Förderung von Grünlandarealen sind daher sehr bedeutsam für eine nachhaltige Landwirtschaft. Biologisch aktive Böden brauchen ein vitales Bodenleben. Das wiederum sorgt für eine intakte Humusschicht. Solche natürlichen Wechselwirkungen sind unerlässlich für nährstoffreiches Obst und Gemüse. Ein weiteres Element ist die Kompostierung von organischen Abfällen.
Diese und andere Faktoren erfordern insbesondere dezentrale Strukturen, die es Menschen vor Ort ermöglichen, jenseits von reglementierenden und oft konzernfreundlichen Verordnungen handlungsfähig zu sein. Wenn über Klimaschutz und Nachhaltigkeit diskutiert wird, darf die Bodennutzung als entscheidendes Element also nicht unter den Tisch fallen, und eine Agrarwende in Richtung biologisch-dynamischer Landwirtschaft ist zwingend erforderlich, wenngleich auch nicht im Interesse global agierender Agrochemiekonzerne.
Organisationen wie „Wir haben es satt“, das Gen-ethische Netzwerk e.V. und viele der traditionellen Umweltverbände, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) und der Naturschutzbund NABU, treten seit Langem für neue Wege in der Agrarwirtschaft ein, die in erster Linie gentechnikfrei, ressourcenschonend und nachhaltig sein sollen. Der BUND fordert beispielsweise die Umlenkung von Agrarsubventionen in die ökologische Landwirtschaft, einen gesetzlich verankerten Bodenschutz, die Begrenzung von Flächenabbau sowie die Bereitstellung von zehn Prozent pro landwirtschaftlich genutzter Fläche für den Artenschutz (5).
Klar ist: Die ökologischen Probleme sind bekannt. Darum ist es wichtig, tatsächlich innovative und langfristig nachhaltige Konzepte öffentlich zu diskutieren und politisch zu fördern. Eines dieser Konzepte geht auf Professor Dr. Ralf Otterpohl zurück.
Das neue Dorf
Vielfalt leben, lokal produzieren, mit Natur und Nachbarn kooperieren — so lautet ein rundum nachhaltiges Konzept, das Ralf Otterpohl, Leiter des Instituts für Abwasserwirtschaft an der Technischen Universität Hamburg, engagierter Naturschützer und Initiator der Seite „Gartenring“, in seinem Buch "Das Neue Dorf" näher erläutert (6).
Dezentralisierung und Kooperation, innovative Abwasserkonzepte, die Produktion von Volldünger und Bodensubstraten und das Rainwater-Harvesting sind Säulen dieses Modells. Dessen breite Realisierung könnte nicht nur für mehr Autarkie in ländlichen Regionen sorgen, landschaftliche Räume für Mensch und Tier aufwerten, kleine und mittelständische Betriebe fördern, sondern auch Kläranlagen erheblich entlasten — und das prinzipiell sogar global.
In der Konsequenz hieße das: mehr Mischbiotope, mehr Artenvielfalt, weniger Belastungen für das Grundwasser, eine dauerhafte und wirklich nachhaltige Versorgung mit hochwertigen Produkten, weniger Chemikalien und eine artgerechtere Tierhaltung. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? Es ist machbar, wenn viele Menschen sich dazu entschließen, neue Wege wie diese zu gehen.
Ökolandwirtschaft braucht eine Lobby
Eine neue Agrarpolitik braucht viele engagierte Menschen, um die gegenwärtig noch existierenden Hürden überwinden zu können. Zu einigen dieser Hürden, die gerade kleine Ökobetriebe betreffen, äußert sich ein junger Ökolandwirt aus Norddeutschland, der vor einigen Jahren einen Bauernhof aus dem Familienbesitz übernehmen konnte, jedoch anonym bleiben möchte.
„Hürden gibt es jede Menge. Das geht beim Personal schon los, denn es ist nicht so einfach, verlässliche Leute zu finden beziehungsweise überhaupt Personal aufzutun. Es ist nämlich keineswegs so, dass landwirtschaftliche HelferInnen kein Know-how besitzen müssen, denn das selbstständige Ausführen von Tätigkeiten und eine gewisse Umsicht sind notwendig, aber auch die Bereitschaft, nach Anweisung zu arbeiten. Eine weitere Hürde sind die behördlichen Anforderungen.
Um einen bio-zertifizierten Hof führen zu können, ist man mit sehr strengen Regeln und Kontrollen konfrontiert. Die sind sicherlich in weiten Teilen berechtigt, aber streckenweise auch kaum nachvollziehbar. Es ist zuweilen schwer, den Behörden verständlich zu machen, dass kleinräumigere wilde Bereiche auch Produktionsflächen sind. Dort lassen sich ideal Obstbäume ansiedeln oder Agroforstflächen, die wiederum als Naherholungsgebiet und ökologische Nische fungieren.
Alle reden über Vielfalt, doch die muss auch umsetzbar sein, was die Ökolandwirtschaft angeht. Gerade die kleinräumigen unterschiedlich bewirtschafteten Flächen machen die Vielfalt ja erst aus, aber als landwirtschaftliche Nutzflächen werden kleinräumige Wildbereiche wegen entsprechender Verordnungen nicht aufgenommen. Für kleinräumige Mischkulturen gibt es in den Anträgen quasi keinen Schlüssel. Das ist dann gerade für kleinere Höfe problematisch. Nicht zuletzt deshalb sträuben sich viele landwirtschaftliche Betriebe, auf ‚bio‘ umzustellen, denn kontrolliert wird bis an die Zähne, während das bei konventionellen Betrieben, die mehr am Tropf der Industrie hängen, nicht so ausgeprägt ist. Man muss da schon viel Ausdauer und Improvisationstalent haben.
Noch ein Beispiel sind kleinere Folientunnel für die Zucht von verschiedenen Arten. Kritisieren kann man daran natürlich das Folienmaterial, aber wenn auf Folientunnel verzichtet wird, muss eben mehr aus dem Ausland importiert werden. Dazu muss man die Ökobilanz im Blick haben, um sich ein Urteil erlauben zu können. Leider gibt es für Folientunnel keine Zuschüsse seitens der Landwirtschaftskammer, denn dafür sind keine Deckungsbeiträge vorgesehen. Für die solidarische Landwirtschaft gibt es keine entsprechenden Kostenrechnungen, über die man Unterstützung beantragen kann. Gerade die Betreiber von kleineren Höfen müssen da meist sehr gut kalkulieren können, um wirtschaftlich nicht gegen die Wand zu fahren. Banken sind da auch nicht unbedingt wohlwollend. Wenn sie ein Darlehen vergeben, bestehen sie darauf, dass die Grundschulden auf alle Flächen eingetragen werden. Das ist wie ein Knebelvertrag, denn sollte es mal irgendein finanzielles Problem geben, haben die Banken dann alle Möglichkeiten, um den ganzen Betrieb plattzumachen.
Ein nicht zu unterschätzendes Problem sind außerdem die Wölfe. Wer gegen Massentierhaltung mit allen dazugehörigen Problemen ist, muss sich vor Augen halten, dass Weidehaltung von Tieren wie Kühen und Schafen nicht im friedlichen Zusammensein mit Wölfen funktioniert. Wölfe reißen nun einmal Schafe und Kühe. Es gibt Fälle, und die sind keine Seltenheit, wo Wölfe sogar Kälber aus dem Leib der Mutterkuh rissen. Wolfzäune bieten da keine Lösung. Hochwasser- und Deichschutz passt einfach nicht zu einer Wolfsschutzpolitik. In Weidegebieten haben Wölfe also nichts zu suchen. Manche Schäfer geben wegen der Bedrohung für die Schafe schon auf, denn Wölfe vermehren sich völlig ungeniert und reißen dann immer mehr andere Tiere. Wer meint, vom Schreibtisch aus entscheiden zu können, dass Wölfe um jeden Preis zu schützen sind, kann sich ja mal auf die Weide stellen und sich selbst einem Wolfsrudel aussetzen.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man sich Gedanken darüber macht, woher die Nahrung stammt. Um ein Tier zu füttern, verbraucht man natürlich viel mehr Futter im Vergleich zu dem, was man selbst braucht, um von Gemüse und Getreide satt zu werden. Man kann daher so argumentieren, dass die Menschen sich nur noch vegetarisch oder vegan ernähren sollten. Doch auch das hat Schattenseiten, denn nicht nur für die industrielle Fleischproduktion wird immer mehr Wasser und Fläche benötigt, sondern auch für die Sojaproduktion.
Im Rahmen einer gut funktionierenden Gemüseproduktion ist es auch sinnvoll, Tiere zu halten. Die traditionelle Weidehaltung ist für die Bodenqualität auf jeden Fall nützlich. Dabei ist der Dung der Tiere nur ein wichtiges Element für das Bodenleben. Gerade in Norddeutschland ernähren sich die Kühe auf der Weide überwiegend von Gras. Gras ist kein Lebensmittel für Menschen. Daher nehmen die Tiere uns nichts weg, und Grünlandflächen sind ackerbaulich nicht unbedingt anders nutzbar. Wer einen Hof mit alleiniger Gemüseproduktion aufbauen will, wird im kleinen Maßstab jedoch quasi keine Fördermittel erhalten, muss also autodidaktisch und eigenfinanziert vorgehen.
Die größte Milchfarm der Welt steht übrigens in Dubai in der Wüste. Da zählt nur noch der Ertrag. Der Trinkwasserverbrauch dieser absurden Entwicklung steht auf einem anderen Blatt, denn die Kühe müssen dort nicht nur viel trinken, sondern regelmäßig besprüht werden, damit sie das Klima überhaupt ertragen können. Wäre es da nicht besser, kleineren Betrieben weniger Steine in den Weg zu legen und die Solidarische Landwirtschaft zu fördern?
Oder denken wir an Biogasanlagen, die ja im Zuge der ‚Energierevolution‘ stark angepriesen wurden. Ursprünglich konnten Kotfermente, Speisereste und Fette aus der Industrie vergoren werden, also Abfälle, die es ohnehin schon gab und die als Dünger bestens geeignet waren. Doch genau das wurde behördlicherseits verboten. Es sollten finanzielle Anreize geschaffen werden, um den, wie ich es nenne, Öko-Wahnsinn des Maisanbaus voranzutreiben. Das ist verfahrenstechnisch sicherlich leichter zu handeln, aber mit welchen Konsequenzen? Profiteure davon sind wiederum die global agierenden Konzerne. Einige Landwirte mit Biogasanlagen lassen ihre Tiere auch kaum noch auf die Weide, weil sie ja die Gülle für die Anlage brauchen.
In unzähligen Bereichen wurden also Strukturen geschaffen, die kleinen Betrieben mit ökologisch ambitionierten Menschen Steine in den Weg legen. Die große Frage ist wirklich: Was wollen wir? Hilfreich wäre ein Verhalten der Menschen weg vom Konsumentenmodus hin zur Teilnahme an der Produktion, also in Richtung gemeinschaftlicher Bewirtschaftung von Land oder in Form von Genossenschaften. So etwas könnte man mit umweltpädagogischen Angeboten kombinieren, darüber Lern- und Erholungsräume gestalten und das Miteinander fördern. Davon hätten alle etwas. Dezentrale Strukturen, idealerweise nach dem Genossenschaftsmodell, dürften im wahrsten Sinne notwendig sein, wenn wir über effektive ökologische Perspektiven für diese Welt reden wollen.
Doch trotz all der Hürden — aus meiner Sicht gibt es nichts Schöneres als die Arbeit mit der Natur in der Natur im Rhythmus der Jahreszeiten.“
Fazit: Die Politik steht immer mehr oder weniger unter dem Einfluss von Konzernen oder Beraterfirmen. Die beste Beraterin jedoch ist die Natur selbst. Für echten Naturschutz und eine ökologisch sinnvolle Agrarreform braucht es Menschen, die sich konkret engagieren, und zwar dort, wo sie leben! Und globale Konzerne haben nur deshalb so viel Einfluss auf die Politik, weil ein sehr großer Teil der Menschheit freiwillig für diese Unternehmen arbeitet. Doch wie der Löwenzahn sich den Weg durch die Ritzen im Asphalt bahnt, organisieren sich schon immer mehr Menschen, um neue Modelle in die Tat umzusetzen. So findet vom 7. bis 10. Oktober in Leipzig ein „Humus-Event“ statt. (7) Die Veranstalter schreiben: „Die Seminare des Manifests der Neuen Erde gehen jeweils auf die verschiedenen Themenbereiche des Manifests ein. Hier vernetzen sich Gleichgesinnte, hier werden Antworten gegeben. Hier kann sich jeder gebührend Wissen aneignen, um selber zur Lösung zu werden und konkret an der Erschaffung unserer Neuen Erde mitzuwirken.“
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.dvgw.de/themen/wasser/wasser-impuls/vorrang-der-oeffentlichen-wasserversorgung/
(2) https://riverwatch.eu/de/climate-crimes
(3) https://www.kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-2018/KAB_2018_303_308_Klopp_Gottwald.pdf
(4) https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-06/indien-sandminen-journalisten-green-blood-project
(5) https://www.wir-haben-es-satt.de/
https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/
https://www.bund.net/landwirtschaft/
(6) https://gartenring.org/
(7) https://thenewearthmanifesto.com/
Literaturtipps:
Clemens G. Arvay: Der Heilungscode der Natur: Die verborgenen Kräfte von Pflanzen und Tieren entdecken, 2018, Goldmann
Clemens G. Arvay: Der Biophilia-Effekt: Heilung aus dem Wald, 2016, Ullstein
Toby Hemenway: Gaias Garten - Mit Permakultur nachhaltig gärtnern - Die perfekte Anleitung für Selbstversorger, 2020, Unimedica
Marco Bischof: Salutogenese — Unterwegs zur Gesundheit, 2010, Drachenverlag
Jens Brehl: Für unsere Zukunft: Wie Bio-Pioniere die Welt verändern, 2020, oekom
Gertrud Franck, Brunhilde Bross-Burkhardt: Gesunder Garten durch Mischkultur, 2019, oekom
Zoé Unakim: Mutter Baum, 2020, Trainer Verlag
Dominik Eulberg: Mikroorgasmen überall: Von der Raffinesse und Mannigfaltigkeit der Natur vor unserer Haustür, 2020, Eichborn
Jorge Poveda Arias: Bio-Dünger in der Landwirtschaft: Pflanzenwachstum fördernde Mikroorganismen, 2021, Verlag Unser Wissen
Vandana Shiva: Eine andere Welt ist möglich: Aufforderung zum zivilen Ungehorsam, 2019, oekom