Das Land der Moralisten
Wie kommen wir aus dieser ideologischen Sackgasse bloß wieder heraus? Raymond Unger und Charles Fleischhauer geben im Einheizpodcast Antworten.
Moral und Hypermoral dominieren seit einigen Jahren unsere Gesellschaft und haben diese massiv polarisiert. Dabei ist es für den aufmerksamen Beobachter offensichtlich, wie vor allem Politik und Medien auf unhinterfragte Hypermoral setzen, um indirekt die wirtschaftlichen Interessen von globalistisch agierenden Konzernen durchzusetzen. Der Pöbel frisst das ihm vorgesetzte Mahl in der Regel noch unhinterfragt und darf den Zahlmeister spielen. Warum funktioniert das besonders in Deutschland so gut — das in der Vergangenheit bereits so brillante Köpfe wie Friedrich Nietzsche oder Arnold Gehlen hervorgebracht hat, die sich, wie heute der Philosoph Alexander Grau, mit der „Lust an der Empörung“ auseinandergesetzt haben? Sollten wir es nicht gerade deshalb besser wissen, als es der irre Zeitgeist hergibt? Darum geht es in dieser illustren Runde.
In der April-Ausgabe des Einheizpodcasts sprechen Sven Brajer und Aron Morhoff mit dem Autor und Maler Raymond Unger und dem Privatgelehrten und Heilpraktiker Charles Fleischhauer über unsere (hyper)moralische bundesrepublikanische Gesellschaft, die an vielen Stellen schlichtweg Rationalität durch Dogmatismus ersetzt hat. Die vier Diskutanten stellen auch die Frage, wie wir aus diesem Dilemma wieder herausfinden können.
War Deutschland bis in die 2010er-Jahre als rationales, marktwirtschaftlich orientiertes Land mit einer reichhaltigen historischen Kultur- und Wissenschaftstradition weltweit bekannt, so lässt sich seit einigen Jahren ein massiver Niedergang in allen Kernbereichen beobachten: Moralinsaure Politiker ohne Qualifikationen und von ihnen angetriebene Medien bestimmen den politischen Diskurs, gesellschaftlich und wirtschaftlich desaströse Agenden werden auf Biegen und Brechen durchgezogen. Als Begründung wird dabei stets eine Hypermoral aufgeboten, die an spätrömische Dekadenz erinnert und nur in einer Gesellschaft funktionieren kann, der es lange Zeit offenbar viel zu gut ging, die verlernt hat, Wohlstand zu schaffen, und die ihre ureigensten Interessen maximal vernachlässigt.
Zäsuren dieser Entwicklung kann man je nach Gusto 2015/2020 oder 2022 setzen. Vielleicht auch schon 2001 beziehungsweise 1999? Was ist passiert? Der Philosoph Alexander Grau beschreibt das Phänomen so:
„Moral ist zur Leitideologie und zum Religionsersatz unserer postreligiösen Gesellschaft mutiert. Moral ist absolut geworden, sie duldet keine anderen Diskurse neben sich. So wird aus Moral die Tyrannei der Werte: Minderheitenkult, Kränkungsfetischismus, Gleichheitsideologie. Politik, Wirtschaft, Kunst — alles wird auf moralische Fragen reduziert.“
„Richtig“ und „falsch“ sind zu unhinterfragten Absolutheiten geworden, eine politisch-mediale Kaste, unterstützt von Konzernen und bundesrepublikanischen Institutionen, bestimmt, was „gut“ und was „schlecht“ ist. Oder wie es der beste Wirtschaftsminister aller Zeiten vor Kurzem auf den Punkt brachte: „Der Staat macht keine Fehler.“ Basta!