Das Feindbild Islam
Der Hass auf Muslime wurde über Jahre geschürt.
CDU und CSU inszenieren derzeit medienwirksam eine Show zu der Frage, wie wir Deutschen mit Flüchtlingen und Migranten umgehen sollen. Aber die Genese des Feindbilds Islam geht weit vor den aktuellen Konflikt zwischen Merkel und Horst Seehofer zurück — und folgt klar erkennbaren Mustern der Meinungsmanipulation.
Die Argumente der Politiker spiegeln die beiden Positionen innerhalb der Bevölkerung wider (1). Je nach Sichtweise stehen sich „naive Gutmenschen“ und „empathielose Rechte“ (2) emotional hoch aufgeladen gegenüber.
Könnte es sein, dass beide Seiten einer Meinungsmanipulation zum Opfer fallen? Ist das ein weiterer Ausdruck des Prinzips „Teile und herrsche“?
Partielle Manipulationsresilienz
Glauben Sie an humanitäre Kriege? Glauben Sie an Pässe von Terroristen, die aus brennenden Flugzeugen fallen? Glauben Sie an die Islamisierung des Abendlandes?
Ich bin mir fast zu 100 Prozent sicher, dass Sie die beiden ersten Fragen mit „Nein, natürlich nicht!“ beantworten. Inzwischen hat sich herum gesprochen, dass die meisten Zeitungsmeldungen aus vorgefertigtem Material der großen Presseagenturen entstehen.
Bei einem Thema glauben viele kritische Bürger allerdings unreflektiert allen Berichten der Zeitungen: bei der Darstellung „der Muslime“. Ein erstaunliches Phänomen von partieller Manipulationsresilienz. Immer wenn einer Gruppe pauschal negative Eigenschaften zugeschrieben werden, sollten wir misstrauisch werden. Das kennen wir noch aus dem Dritten Reich oder aktueller von den Forschungen Professor Mausfelds.
Techniken der Meinungsmanipulation
Prof. Rainer Mausfeld schildert in seinem Vortrag „Die Angst der Machteliten vor dem Volk“ die Konzepte der „Mentalvergiftung“ (3) und der „Indoktrination“ (4). Hier seine Definitionen dieser beiden Begriffe:
Affektive Mentalvergiftung
„Beruflicher Stress, gesellschaftliche Versagensängste und Ängste vor sozialem Abstieg“ werden bewusst geschürt und in Form von Hass auf einen Sündenbock projiziert. „Falsch-Identitäten verstärken diesen Prozess. Dadurch ist sichergestellt, dass sich Empörungsenergie und Veränderungsbedürfnisse nicht gegen die Zentren der Macht richten.“
Kognitive Mentalvergiftung
Orwellsche Wörter, die uns vorgaukeln, weil ein Wort existiert, müsse auch der Sachverhalt existieren.
Aktualindoktrination
Tagesaktuelle Medienberichte mit bestimmten impliziten oder expliziten Vorurteilen. Sie erzeugen durch ständige Wiederholung die „Tiefenindoktrination“ und können jederzeit gesteuerte Assoziationen wieder aktivieren.
Tiefenindoktrination
Langfristige Wiederholungen bestimmter Denkmuster.
Feindbildgenese am Beispiel „gefährlicher Islam“
Über Jahrzehnte wurde in den Massenmedien die Frage diskutiert, wie gefährlich „der Islam“ sei. Häufig wurde dabei Muslimen, Arabern und/oder Türken unterstellt, besonders gewaltbereit zu sein.
Zum Beweis brachten die Zeitungen regelmäßig Meldungen von einzelnen geeigneten Straftätern, mit der sie ihre These untermauerten. Über friedliche, arbeitende Muslime berichtete niemand. Die Medien schreiben natürlich lieber über Sensationen, denn die meisten Journalisten richten sich nach dem Leitsatz: „Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.“
Durch diese „Tiefenindoktrination“ entfaltet die „Aktualindoktrination“ ihre Wirkung im Kopf des Lesers. Tagesaktuelle Medienberichte über einzelne Gewalttaten erzeugen unausgesprochen eine Assoziation, die Gewaltbereitschaft läge an der kulturellen Herkunft des Täters. Allein schon das Wort „Terror“ aktiviert den Frame „gefährlicher Islam“, ohne dass der Verfasser der Berichte die Vorurteile explizit nennen muss.
Zeitungen kochen einzelne harmlose Situationen als Präzedenzfälle von politischer Relevanz hoch, zum Beispiel, dass Aktfotos in einem Rathaus abgehängt werden (5), oder pubertäre Provokationen Jugendlicher. Augenzeugen mit den medial vorgegebenen Deutungsmustern im Kopf berichten von ihren – durch diese negative Brille gefilterten – Wahrnehmungen der Situationen und verleihen so der Indoktrination eine Scheinseriösität, (6), siehe auch die kurze Feindbildanalyse in (6).
Um jetzt das unterschwellige Gefühl von Gefahr als persönliche Bedrohung zu empfinden, braucht es die „Mentalvergiftung“. Soziale und wirtschaftliche Ängste werden auf den Sündenbock „Wirtschaftsflüchtling“ (7) oder „eine Kultur, die nicht zu uns passt“ (8) projiziert. Negative Identitäten wie „Arbeitsloser“ oder „ausgebeuteter Leiharbeiter“ (9) können durch positive „Falsch-Identitäten“ wie „deutsch“ in Abgrenzung zum Sündenbock ersetzt werden.
Unterstützt wird diese Ablenkung der Empörungsenergie mit Phrasen wie die „Islamisierung des Abendlandes“.
Feindbildaktivierung
Seit dem Mauerfall 1989 wurde „Der Muslim“ wie schon vorher „Der Russe“ kontinuierlich als neues Feindbild aufgebaut.
Die Spezies „Der Muslim“ wurde als „irrational“, „gewaltbereit“, „intolerant“ und „frauenfeindlich“ beschrieben. Regelmäßige Berichte von geeigneten Einzelfällen festigten dieses Bild, so dass es nach Jahrzehnten mit einer Gewissheit in den Köpfen verankert ist, die auch durch Fakten und Logik nicht mehr in Frage gestellt wird. (10)
Das Feindbild kann nun in verschiedenen Eskalationsstufen aktiviert werden:
Erste Stufe: Die Anderen sind anders.
Zweite Stufe: Wir haben die höher stehende Kultur. Die Anderen sind weniger entwickelt.
Dritte Stufe: Wir sind tolerant. Die Anderen wollen uns ihr Weltbild aufzwingen.
Vierte Stufe: Wir sind friedlich. Die Anderen sind gewalttätig.
Fünfte Stufe: Die Anderen hassen uns.
Sechste Stufe: Die Anderen wollen uns töten.
Vorgegebene Reiz-Reaktions-Ketten
Denkmuster in dermaßen konditionierten Köpfen können nach einfachen Reiz-Reaktions-Schemata aktiviert und wieder deaktiviert werden.
Als Beispiel für Aktivierung betrachten wir das Cover eines bekannten Magazins mit bedrohlichen schwarzen Schatten über dem bluttriefenden Wort „ISLAM“, für Deaktivierung das Bild eines auf der Flucht ertrunkenen Jungen. Das „Empörungsmanagement“ soll von innenpolitischen Missständen ablenken, aber nicht in unkontrollierten Gewaltausbrüchen münden.
Die Debatte über Asyl, die die Medien beherrscht, aktiviert ein Gefühl der Bedrohung und lenkt unter anderem von der Erhöhung der Rüstungsausgaben ab. Die Menschen werden jedoch nicht nur abgelenkt, sondern darüber hinaus in einen labilen Gefühlszustand gebracht, in dem sie Aufrüstung – wenigstens unbewusst – tolerieren, wenn nicht sogar gut heißen.
Selbst viele in Deutschland ansässige Muslime reagieren in der gewünschten Weise.
Gleichzeitig finden zwei Prozesse statt: Zum einen werden die Deutschen in verschiedene Lager gespalten und eine Solidarisierung von Deutschen und Migranten wird verhindert. Dabei vereint alle das gleiche Interesse, sich von dem zerstörerischen weltweiten Monopol-Wirtschaftssystem und dem Militarisierungszwang zu befreien.
Folgende Reiz-Reaktionskette geben Politiker und Medien vor:
Fremde wollen in großer Zahl zu uns...
- Das ist gefährlich für unser Land.
- Es muss verhindert werden.
- Wir müssen unsere Grenzen schützen.
- Wir müssen die Militärausgaben erhöhen. Der letzte Punkt bleibt meist unausgesprochen.
Eine andere Reiz-Reaktionskette ist durchaus denkbar, wird medial jedoch kaum verbreitet:
Fremde wollen in großer Zahl zu uns...
- In ihren Ländern gibt es Krieg und Armut.
- Wir müssen mehr Geld und Mühe investieren, damit Kriege und Armut schnell beendet werden.
Rationale Erklärungsmuster des Feindbildes
Die geschilderten Feindbildstufen „Die anderen hassen uns und wollen uns eventuell sogar töten“, werden rational unterschiedlich begründet. So ist zur Indoktrination eines jeden etwas Passendes dabei.
Empathische Erklärung
„Kriegsflüchtlinge müssen uns hassen, da wir als Kriegsbeteiligte eine Mitschuld an ihrem Elend tragen.“
Diese Vermischung von eigenen Schuldgefühlen und einer Angst vor Vergeltung wird auf die Opfer projiziert, die in Wirklichkeit sehr gut zwischen den Entscheidungen der Mächtigen und der Machtlosigkeit der Bevölkerung unterscheiden können.
Teilweise Entmenschlichung
„Die Kriegsflüchtlinge sind traumatisiert und dadurch irrational und gewaltbereit.“
Diese Sichtweise wird getragen durch eine Aktualindoktrination mit Berichten über Gewaltausbrüche in Flüchtlingsheimen, wo Asylbewerber über Monate in Enge und mit Zukunftsängsten zur Untätigkeit gezwungen werden. Wie aber unsere Erfahrungen in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg zeigt, als die gesamte Bevölkerung traumatisiert war, führt Traumatisierung nicht zu Angriffen auf Nachbarn. (11)
Vollständige Entmenschlichung
„Die Kriegsflüchtlinge sind aufgrund ihrer kulturellen Sozialisation gewaltbereit und gefährlich.“ Dieses Feindbild kann nur durch direkten Kontakt mit Menschen der stigmatisierten Herkunft aufgelöst werden. Indoktrinierte lehnen das aus diffusen Angstgefühlen allerdings meist ab. Die deutsche Erfahrung mit dem „Feindbild Jude“ zeigt, dass diese Stufe der Entmenschlichung schwer zu überwinden ist und in Gewalt gegen Unschuldige gipfeln kann.
Die Kapitalisierung des Morgenlandes
Die „westliche Wertegemeinschaft“ hat mit Libyen, Afghanistan, Irak und Syrien immer wieder islamische Länder angegriffen und dort das politische und gesellschaftliche System zerstört. Gründe dafür kennen wir viele, beispielsweise Erdölvorkommen, geostrategische Lage oder ein unabhängiges Finanzsystem.
Selten wird betrachtet, dass gläubige Menschen und solche, die in ihrer Gemeinschaft verwurzelt sind, weniger anfällig sind für die Ersatzbefriedigungen des Konsums. Sie kochen lieber selbst, als bei McDonalds zu essen. Sie trinken lieber einen Kaffee beim Nachbarn als bei Starbucks. Zerstört man die heiligen Stätten und historischen kulturellen Zentren oder vertreibt die Menschen aus ihrer Heimat, so erzeugt dies eine Entfremdung und tiefe kollektive Traumatisierung.
Die Opfer und ihre Kinder werden ihrer Abwehrkräfte beraubt. Somit werden sie willigere Konsumenten, die der Kapitalismus mit seiner ewigen Wachstumsdoktrin dringend als neue Absatzmärkte erschließen muss.
Ein anderer Aspekt ist, dass im Islam ein zinsbasiertes Geldsystem, das kontinuierlich Eigentum von Arm nach Reich verschiebt, verboten ist. Auch Glücksspiele um Geld, wie Derivatehandel, verbietet der Islam. Dieses Verbot behindert eine weltweite Ausdehnung und Absicherung des Geschäftsmodells des FIAT-Geldsystems, das wie ein Goldesel für einige Profiteure ständig mehr Reichtum und Macht erzeugt.
Anstelle einer „Islamisierung des Abendlandes“ findet die „Kapitalisierung des Morgenlandes“ schon längst statt. Damit dieser Prozess weniger auffällt, behaupten Meinungsmanipulatoren einfach das Gegenteil (12).
Fazit
Seit Jahrzehnten wurde in Deutschland medial das „Feindbild Islam“ erfolgreich in den Köpfen der Bevölkerung implantiert, so dass es heutzutage durch einfache Reize aktiviert werden kann.
Geeignete Medienberichte erzeugen kollektive Gefühlslagen und stellen diese zwischen Unwohlsein und existenzieller Bedrohung ein. Einzelne Straftaten werden als moralische Schwäche ganzer Kulturen hochstilisiert.
Die Täterschaft der eigenen politischen Führung, die in islamische Länder Gewalt und Eroberungswillen hineintragen, werden unsichtbar gemacht, indem man den Opfern genau diese Absichten perfide unterstellt. Ein großer Teil der heimischen Bevölkerung reagiert reflexartig mit dem Wunsch nach Verteidigung. Sie ist bereit, hohe Verteidigungsausgaben zu tolerieren und die Angriffe auf islamische Staaten als legitim zu empfinden.
Gleichzeitig wird verhindert, dass sich Deutsche untereinander, aber auch Deutsche und Migranten solidarisieren. Dabei sind die Einblicke vieler Migranten in die Tiefen und Untiefen des Weltwirtschaftssystems es Wert, darüber zu diskutieren.
Quellen und Anmerkungen:
(1) siehe auch „Spiegeltechnik“ in https://www.rubikon.news/artikel/hier-ist-das-voegelchen
(2) „Rechter“: ursprünglich neutraler politischer Begriff für „Konservativer“. Heute abwertend als Synonym für „Rassist“ benutzt. Zugleich ein Kampfbegriff, um Menschen willkürlich als gefährlich zu deklarieren und gesellschaftlich auszuschließen. Die Gesinnung „Rechter“ gilt als hochgradig ansteckend. Auch nur oberflächlicher Kontakt mit Infizierten sollte unbedingt vermieden werden (vgl. auch: Lepra). Falls Sie in Ihrer Umgebung auffallend viele gefährliche „Rechte“ wahrnehmen, sollten Sie Ihr Gehirn einmal auf Mentalvergiftung testen lassen.
(3) https://www.uni-kiel.de/psychologie/mausfeld/pubs/Mausfeld_Die_Angst_der_Machteliten_vor_dem_Volk.pdf, S.11/12
(4) S. 17 in (2)
(5) https://www.bz-berlin.de/berlin/treptow-koepenick/aktfotos-im-rathaus-verbannt-das-ist-die-unterwerfung-von-koepenick
vgl. dazu auch die neutrale Version: https://www.tagesspiegel.de/berlin/streit-um-kunstfreiheit-rathaus-koepenick-haengt-nacktfotos-ab/13483788.html
(6) http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/integration/schule-und-integration-das-gift-der-muslimischen-intoleranz-1594843.html
Man beachte, wie die Autorin durch ihre Wortwahl ihre Sichtweise als allgemeine Wahrheit darstellt. Sie beruft sich zuerst auf die GEW und verdreht dafür deren Aussagen ins Gegenteil. Diesem folgt dann allerdings eine Kritik an der Veröffentlichung der GEW. Da die Autorin selber im Besitz der Wahrheit sei, leiden Andersdenkende offensichtlich an Realitätsverweigerung.
Sie baut durch emotionale Begriffe ein Szenario auf, das beim Leser Abscheu und ein Gefühl der Bedrohung gegenüber Muslime auslöst. Schüler werden dämonisiert. (Feindbild-Eskalationsstufen 4 und 5, Erklärungsmuster: Totale Entmenschlichung)
(7) „Wirtschaftsflüchtling“: abwertender Begriff für Menschen, die ihr Land nicht aufgrund von Krieg verlassen, sondern weil sie dort (ver)hungern würden oder anderweitig keine Zukunftsperspektive haben. In der affektiven Mentalvergiftung werden sie als Sündenbock für die Verarmung der unteren Schichten missbraucht, um von den wahren Ursachen, dem Finanz- und Wirtschaftssystem, abzulenken. Ein unter akuter Mentalvergiftung leidender Patient ist überzeugt, dass der Wirtschaftsflüchtling kein Recht habe, sein Land zu verlassen und dort freiwillig (ver)hungern solle.
(8) „Kulturen, die nicht zu uns passen“: durch Tiefenindoktrination erzeugtes mentales Konstrukt, das zu kognitiver Mentalvergiftung führt. Sammelbegriff für alle Ängste und Vorurteile, die der Indoktrinationsbetroffene mit sich herumschleppt.
(9) „ausgebeuteter Leiharbeiter“: beschreibt allgemein einen Arbeiter, der von einem Parasiten (Leiharbeitsfirma) befallen ist, der regelmäßig einen Teil seines Arbeitslohns abzieht.
In diesem Artikel sind alle Arbeiter gemeint, die durch ihre wirtschaftliche Lage dazu gezwungen werden, regelmäßig eine ihnen unangenehme Arbeit zu verrichten, ohne dass sie dafür mit ausreichend Schmerzensgeld entschädigt werden. Das Gefühl, seine Lebenszeit sinnlos zu verschwenden, wird durch das Ideal der „Pflichterfüllung“ unterdrückt, ist aber als schwelender Ärger oder Wut vorhanden. Damit dieser „Dampfdrucktopf“ nicht explodiert, muss dem Ärger immer wieder mal Ausdruck verliehen werden. Dieser Protest sollte in für das System unschädliche Bahnen gelenkt werden und sich darum auf Sündenböcke richten, die sich nicht wehren können.
(10) Google -Suche: „Spiegel Cover Islam“
(11) https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/was-ist-eine-posttraumatische-belastungsstoerung-ptbs/
(12) siehe auch „Angriffs- und Ausweichtechnik“ in (1)