Das Ende des WAAnsinns
Die Geschichte des Protests gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf, zeigt, dass auch eine uneinsichtige, brutal vorgehende Staatsmacht nicht unbesiegbar ist.
Die Lage schien völlig aussichtslos, denn die Staatsmacht war wild entschlossen, das Projekt WAA Wackersdorf durchzuziehen — koste es, was es wolle. Es herrschten diktatorische Zustände, die an die Jahre 2020 bis 2022 erinnerten. Es gab Massenverhaftungen, Polizeibrutalität, politische Justiz in großem Umfang, Beschimpfungen der Demonstranten durch Politiker und eingebettete Presse, neue Sprechhülsen, mit denen die Widerständigen dämonisiert werden sollten ... Dennoch wurden die Arbeiten an der Wiederaufbereitungsanlage 1989 für immer eingestellt. Wir haben es mit einem der seltenen Fälle einer gut dokumentierten Niederlage des Staates gegen entschlossenen Bürgerwiderstand zu tun. Wie konnte es dazu kommen, obwohl die Aussichten anfangs düster schienen? Und was können wir aus diesem historischen Vorfall für heute lernen?
Vor über 30 Jahren wurde die Tragödie eines übermächtigen Staates schon einmal in der oberpfälzischen Provinz inszeniert. Die Bilder der Polizeieinsätze glichen dem staatlichen Furor unserer Tage. Die Lage schien für die Bürger und die Vernunft ebenso aussichtslos wie heute. Der zuständige Landrat bezeichnete die geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) in Wackersdorf als „ein einziges Lügenpaket von Anfang bis zum Ende“. Die angeblich alternativlose erste und einzige WAA gibt es bis heute nicht. Wie kam es, dass die Lobbyisten mit ihren politischen Handpuppen kapitulierten?
Heute ist der für die WAA vorgesehene Kiefernwald der „Innovationspark Wackersdorf“. Ein klingender Name für einen BMW-Standort mit angeschlossenen Zulieferern, der Wackersdorf zu einer wohlhabenden Kommune gemacht hat. Es gibt dort mehr Arbeitsplätze, als die WAA im positivsten Fall geboten hätte. Ein Happy End für eine Entgleisung der Staatsorgane, die schon unter dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß von einer Industrielobby gekapert und zu Befehlsempfängern degradiert worden waren.
Strauß hatte den Betreibern eine „rasche und ungestörte Realisierung des Projekts“ dank einer „industriegewohnten Bevölkerung“ versprochen. Tauscht man die Betreiber gegen die heutigen Covid-Regisseure und ersetzt „industriegewohnt“ durch „medizinhörig“, dann könnte dies der Zusage des derzeitigen Ministerpräsidenten für eine Durchimpfung entsprechen.
Ein fatalistischer Untertanengeist schien nach dem Ende des Oberpfälzer Braunkohlereviers 1982 sichergestellt. Die Arbeitslosenquote lag in Wackersdorf über 20 Prozent. Der größte Teil des 130 ha großen Baugeländes befand sich im Besitz des Freistaats.
Allerdings hatte die bayerische Staatsregierung die Rechnung ohne die widerspenstigen Oberpfälzer gemacht. Schon im Oktober 1981 gründete sich eine Bürgerinitiative gegen die WAA. Der Protest kam aus der gesellschaftlichen Mitte, was den WAA-Befürwortern eine Diffamierung erschwerte, die wie bei „Covid“ sofort einsetzte. Franz Josef Strauß behauptete, dass die WAA „kaum gefährlicher als eine Fahrradspeichen-Fabrik“ sei und nur „Gspinnerte“ etwas gegen die Atomfabrik haben könnten. Der Konflikt verlief schon damals quer durch Familien und Freundeskreise.
Der Protest griff auch auf das angrenzende Österreich über. Die Bischöfe der benachbarten österreichischen Diözesen deponierten ihre Ablehnung. Wien erlebte 1987 seine erste Opernballdemo aus Protest gegen die WAA und den Besuch von Franz Josef Strauß. Etwa 600 Ärzte aus Deutschland und Österreich marschierten teils in weißer Dienstkleidung vom Wackersdorfer Marktplatz zum WAA-Gelände. Das hätte man sich bei „Covid-19“ gewünscht!
Die Staatsregierung reagierte wie eine Militärdiktatur. Projektgegner wurden zu gewalttätigen Staatsfeinden erklärt. Erstmals warfen Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes Tränengas-Kartuschen (heute verharmlosend: „Pfefferspray“ genannt) in die demonstrierende Menge. 44 Wasserwerfer verspritzten mit Reizgas vermengtes Wasser. Die Polizei erhielt neue Einsatzmittel gegen die Demonstranten: Blendschockgranaten und Gummischrotgeschosse.
Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verstärkte sich der Protest gegen die WAA. Wackersdorf blieb kein regionaler Unruheherd. Eine berüchtigte Berliner Polizeieinheit ging mit dato unbekannter Brutalität auf friedliche Demonstranten los. Auf beiden Seiten gab es immer wieder Hunderte von Verletzten, mindestens zwei Demonstranten starben.
Während der acht Jahre dauernden Auseinandersetzungen wurden 4.000 Kernkraftgegner festgenommen und über 2.000 verurteilt. Meist zu Geldstrafen, jedoch auch zu Haft teils ohne Bewährung. Dank einer „Lex Wackersdorf“ konnten bereits damals Demonstranten bis zu 14 Tage festgesetzt werden. Von 400 Strafanzeigen gegen Polizeieinsatzkräfte kam es nur in 21 Fällen zu Ermittlungsverfahren. Alle wurden eingestellt.
Auch damals versuchte die Politik, die Gerichte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Im August 1987 lehnte der Bayerische Verfassungsgerichtshof den Antrag von 40.000 Kernkraftgegnern für ein Volksbegehren gegen den Bau der WAA ab. Der damalige Durchgriff war jedoch begrenzter als bei „Covid-19“. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hob im gleichen Jahr die erste Teilerrichtungsgenehmigung auf. Dennoch wurde stets weitergebaut. Die zweite Teilerrichtungsgenehmigung erfolgte trotz 881.000 Einwendungen.
Allerdings hatte sich ein arbeitsloser Nebenerwerbslandwirt trotz eines Millionenangebots geweigert, sein Grundstück an die WAA-Betreiberfirma zu verkaufen. Als einziger von acht Anliegern der WAA hatte er seine Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof deponiert, der Ende Januar 1988 den ganzen Bebauungsplan der WAA für nichtig erklärte. Wenige Monate später verstarb Franz Josef Strauß.
1989 verkündete der Energiekonzern VEBA (heute E.ON) als wichtigster Anteilseigner der Betreibergesellschaft den Ausstieg aus dem Projekt. Angeführt wurden die Kosten von zehn Milliarden Mark, der unablässige Widerstand vor Ort und die juristischen Probleme, die eine Inbetriebnahme frühestens 1998 hätten erwarten lassen. Am 31. Mai 1989 wurde der Bau eingestellt.
Was können wir heute daraus für Schlüsse ziehen? Was hat die Politiker bewegt, ihre Bekämpfung der Bürger einzustellen? Es war — wie so oft — kein einzelner Faktor, sondern ein Mix an Vorgängen, der die kritische Masse für den Triumph der Bürger bereitstellte:
Verzögerungen durch den Widerstand vor Ort, gerichtliche Auseinandersetzungen und Einsprüche gegen Verfügungen der Behörden. Dies erhöhte Kosten und Risiken der Betreiber. Jeder Zeitverzug begünstigt zudem Alternativszenarien, die die ursprünglichen Pläne zu Fall bringen.
Der Tod des staatlichen Hauptakteurs. Die nachgeordneten Politiker und Instanzen hatten wohl mehr gehorcht, als das Projekt aktiv betrieben.
Der Mut eines einzigen Grundstückseigentümers, sein Land nicht zu veräußern und einen Rechtsstreit zu riskieren.
Der Reaktor-GAU in Tschernobyl, der die Stimmung gegen die Atomnutzung verstärkte.
Es wird also auch beim „Great Reset“ ein langer Atem nötig sein. Der Faktor Zeit bekommt jedem Lügengebäude schlecht, da Widersprüche zunehmen und die Glaubwürdigkeit zersetzen. Zeit erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass unplanbare Ereignisse eintreten, die die Karten neu verteilen. Aber auf diese Ereignisse sollte man nicht passiv warten, selbst wenn die Situation hoffnungslos und der Staat übermächtig erscheint. Ein günstiges Urteil ergeht nur, wenn jemand ein Klagerisiko auf sich nimmt. Bertolt Brecht formulierte:
„Die Morgenröte einer neuen, besseren Zeit kommt aber nicht, wie das Morgenrot kommt, nach durchschlafener Nacht.“