Das Ende der unipolaren Welt
Der Westen hat den Höhepunkt seiner globalen Dominanz überschritten — Putins „Ungehorsam“ ist ein Symptom für das wachsende Selbstbewusstsein der Gegenkräfte. Teil 2.
„Das amerikanische Jahrhundert“ — ja, vielleicht kann man die weltweite Hegemonie der USA zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Zeit unmittelbar nach der Auflösung des Warschauer Pakts wirklich so bezeichnen. Viele scheinen aber noch nicht bemerkt zu haben, dass wir nicht nur kalendarisch inzwischen das 21. Jahrhundert erreicht haben. Die Zeit, in der das Imperium „unipolar“ fast schalten und walten konnte, wie es wollte, ist vorbei. Die Niederlagen wie etwa in Syrien häufen sich, China bietet dem Westblock wirtschaftlich Paroli, und Putin betreibt Großmachtpolitik auf Augenhöhe. Schon bahnt sich ein Zusammenschluss der globalen Rivalen an, und selbst die Herrschaft der USA über das Geldsystem mithilfe der Leitwährung Dollar gerät ins Wanken. An das Märchen von einer angeblichen moralischen Überlegenheit der „Freien Welt“ glaubt ohnehin nur noch der für seine Anspruchslosigkeit bekannte europäische Mainstream-Medienkonsument.
Seit die Russen bei ihrem Vormarsch geheime Biolabore entdeckt haben, die im Auftrag des Pentagon arbeiteten — und deren gegen die Biowaffen-Konvention verstossende Existenz die USA jahrelang abgestritten hatten — sind jetzt vielfach Warnungen vor einem russischen Chemiewaffenangriff laut geworden. Wozu eine Armee, die nach zwei Wochen schon das halbe Land und den gesamten Luftraum unter Kontrolle hat eine derartige Attacke durchführen soll, wird dann aber nicht weiter erklärt — dem Ultrabösen ist eben einfach alles zuzutrauen.
Falls so etwas jetzt passiert können sie getrost ihr letztes Hemd darauf wetten, dass es sich um eine False Flag handelt — als letzten Versuch mit einer verdeckten Operation Pentagon und NATO-Generäle doch noch dazu zu bringen, aktiv in der Ukraine einzugreifen.
Doch diese wissen spätestens seit dem vergangenen Wochenende, dass Russland nicht blufft: am Freitag hatte ein Sprecher des Verteidigungsminsteriums angekündigt, dass Russland den Transport von Waffen und von Söldnern in die Ukraine unterbinden wird, am Sonntag früh wurde ein Trainingscamp in Yavoriv nahe der polnischen Grenze, in dem die NATO Truppen ausbildete, von 30 Cruise Missiles zerstört. In dem Camp mit dem schönen Namen „Peacekeeping und Security Center“ wurden Legionäre und Freiwillige geschult, um dann im Osten gegen die Donbass-Republiken eingesetzt zu werden, was sich für etwa 200 ihnen jetzt erledigt hat, denn sie wurden ohne Vorwarnung im Schlaf erwischt — und die Überlebenden schauen jetzt, dass sie schleunigst wieder nach Hause kommen. Dass kein Alarm ausgelöst wurde, weil die niedrig und langsam fliegenden Lenk-Raketen offenbar weder vom Radar noch von der ukrainischen Luftabwehr erfasst wurden, dürfte eine ziemliche Schockwirkung im NATO-Kommando ausgelöst und klar gemacht haben: Russland meint es ernst mit der „De-Militarisierung“ und wir können es von diesem Ziel nicht abbringen.
Ein Chefberater der Zelenski-Regierung, Oleksiy Arestovyc, hat in einem unterdessen aufgetauchten Video-Interview schon 2019 klar gemacht, dass Kiew es auf eine solche Intervention anlegt hat — und sie “für 2020-22” vorausgesagt: “Unser Preis für den NATO-Beitritt ist ein großer Krieg mit Russland.”
„One of the most insane videos they'll never show you on @CNN:
2019 interview with Oleksiy #Arestovych, adviser to the Head of the Office of the President of #Ukraine:
‚Our price for joining #NATO is a big #war with #Russia.‘
So who wanted this in the first place, @ZelenskyyUa?“
Noch haben sie einen wirklich „großen“ Krieg mit Russland nicht angezettelt, weil die russischen Truppen nach wie vor ihrem Operationsziel „De-Militarisierung“ folgen, nur Militäreinrichtungen zerstören und weder — a la „Operation Desert Storm“ — Wasser“erke, Stromversorgung und zivile Infrastruktur angreifen, noch die Zivilbevölkerung bombardieren. Aber deutlicher als Herr Arestovych kann man nicht ausdrücken, dass das Regime in Kiew diesen Einmarsch provozieren und erzwingen wollte, was spätestens die von den Russen erbeuteten Einsatzpläne der ukrainischen Armee für einen Großangriff auf die Donbass-Region bestätigt haben, der für Mitte März in Vorbereitung war.
Dass die Land und Leute schonende russische Kriegsführung zeitaufwendiger ist als die US-üblichen zerstörerischen Bombardements als Overtüre einer Invasion, hat schon zu schwachsinnigen Artikeln über das Versagen und Scheitern der russischen Operation geführt, doch „on the ground“ kann davon keine Rede sein. Schon vor vier Tagen forderte der Kommandeur des Asov-Regiments in Mariupol per Selfie Nachschub und Munition an, die aber genauso wenig kommen können wie für die im Osten nahezu eingeschlossenen Offensivtruppen der ukrainischen Armee (etwa 70.000 Mann), denen angeblich sogar schon das Benzin ausgegangen sein soll.
Wer da noch vom sicheren Schreibtisch aus irgendeinen „heldenhaften“ ukrainischen Widerstand anfeuert, tut nichts anderes als betrogene Vasallen zur Schlachtbank zu treiben.
Die Russen haben sowohl die ukrainische Luftwaffe wie auch die Seestreitkräfte nahezu komplett ausgeschaltet und schon über 3.000 Militäreinrichtungen zerstört. Und sie werden mit dieser systematischen De-Militarisierung erst aufhören, wenn dem traurigen Komiker Zelensky von seinen CIA-MI6-Regisseuren erlaubt wird, mit der weißen Fahne die Niederlegung der Waffen zu verkünden.
Da Russland weiß, dass ein zermürbender Krieg samt Häuserkampf und Zerstörung der Städte die Falle ist, in die es gezogen werden sollen, muß es einen Plan haben, ihr zu entgehen. Darüber kann man im Moment nur spekulieren, klar scheint nur zu sein, dass sich die Truppen erst wieder zurückziehen, wenn die „Entrussifizierungs“-Kräfte im Osten ausgeschaltet und mit dem „De-Militarisierungs“-Programm auch alle Einrichtungen, Waffendepots und Gerätschaften in der West-Ukraine funktionsuntüchtig gemacht worden sind. Daran wird NATOstan nichts ändern, denn die „No Fly Zone“, deren Einrichtung neokonservative Kriegstreiber in den USA noch immer fordern, existiert ja längst, weil Russland sie eingrichtet hat und mit S-500-Argusaugen bewacht — weshalb die Idee im Pentagon auf eisernes Kopfschütteln stößt:
„Luftunterstützung für die Proxies und ‚moderate‘ Terroristen leider nicht machbar … Waffen und Munitionslieferung dauerhaft garantiert, aber nur bis Grenze … Eingreifen am Boden unmöglich, sonst Krieg mit Russland, zu dem wir nicht bereit sind. Ende der Durchsage.“
So ähnlich dürften die knappen Kommentare aus dem Generalstab lauten… während die Chefin der Demokraten, Nancy Pelosi, den Präsidentendarsteller Zelenski im US-Kongreß mit dem Schlachtruf des Nazi-Kollaborateurs Stefan Bandera begrüßt: „Ruhm der Ukraine!“ — und wie einst von Breszinksi fanatische Islamisten gegen „gottlose Russen“ jetzt rassistische Hakenkreuz-Fanatiker gegen „russische Untermenschen“ hetzt.
Dass es sich bei diesen Kombattanten nicht um eine unbedeutende radikale Minderheit handelt, sondern um den harten Kern der Zelenski-Regierung und ihrer Medien wurde gerade auf dem News-Kanal „Ukraine 24“ wieder deutlich, wo ein Moderator im Namen von Adolf Eichmann zum Mord an russischen Kindern aufrief. Willkommen im Freiheitskampf der demokratischen Ukraine, deren Endsieg wir mit allen Mitteln unterstützen müssen …
„Ukraine 24 presenter goes full Nazi, endorses Adolf Eichmann to call for genocide of Russians.
‚By killing children, they will never grow up and the nation will disappear … and I hope that everyone will contribute and kill at least one Muscovite.‘“
Ja aber Zelenski ist doch jüdischer Abstammung, der kann doch nicht mit solchen Hardcore-Rassisten zusammenarbeiten … das mit den „Nazis“ ist doch nur ein Vorwand Putins, die Ukraine zu erobern. So habe ich es jetzt schon oft gehört, aber es ist leider falsch. Auch der Mäzen und „Erfinder“ von Zelenski, der Oligarch, Ex-Gouverneur und Medienmagnat Ihor Kolomoisky, ist Jude … und schon seit 2014 einer der Finanziers der Nazi-Milizen — sowie der Partei „Diener des Volkes“, die er nach dem auf seinen Kanälen gepushten Erfolg der gleichnamigen TV-Serie startete, den beliebten Hauptdarsteller Zelenski als Präsidentschaftskandidaten engagierte, den Wahlkampf finanzierte und seinen „Diener“ an die Regierung brachte — wo man ihm seitdem, wenig überraschend, kompetente Kameraden des Rechten Sektors an entscheidender Stelle zur Seite stellte.
Schließlich ist der gute Wolodomir ja nur Schauspieler. (Macht aber nix, schließlich war der mit 50.000 im Monat honorierte Aufsichtsrat in Kolomoiskys Gaskonzern „Burisma“ ja auch nur ein Crack-Junkie, aber er war eben auch Hunter Biden und es hat sich gerechnet — sein Papa hat dem Laden den Korruptions-Staatsanwalt vom Hals gehalten …)
Während sich nach Karl Marx‘ berühmten Diktum die Tragödien der Geschichte als Farce wiederholen, haben wir es hier offenbar mit einem Dreiteiler zu: die Tragödie einer fremdgesteuerten Oligarchenrepublik, in der ein Putsch und ein blutiger Bürgerkrieg in der Farce münden, dass eine Komiker zum Chef einer Marionettenregierung aufgebaut wird, der diese lokale Farce wiederum zu einer noch größeren Tragödie bis an die Schwelle eines atomaren Weltkriegs anheizt.
Sein Skript sieht offenbar weiterhin vor, hamlet-artig aus dem Füherbunker mehr Waffen zu fordern, die NATOstan auch verspricht und liefert. Auf die Zusage, „Freiheit und Werte“ des Westens bis zum letzten Ukrainer zu verteidigen, will man in Washington, London und Berlin nichts kommen lassen …
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Notizen vom Ende der unipolaren Welt (4) “ auf dem Blog von Mathias Bröckers.
Quellen und Anmerkungen:
Notizen vom Ende der unipolaren Welt -3 (16.03.22)
Notizen vom Ende der unipolaren Welt — 2 (14.03.22)
Notizen vom Ende der unipolaren Welt — 1 (13.03.22)
Das Kriegsmotiv (08.03.22)
Was spricht eigentlich gegen eine militärisch neutrale Ukraine? (6.3.22)
Warum ich noch immer Putinversteher bin (25.02.22)
Das Jugoslawien Russlands in der Ukraine — und NATOstan muss wütend zuschauen (24.02.22)
Die Geduld des Bären ist zu Ende(23.02.22)
Wir sind schon wieder die Guten (17.02.22)
Drei Riesen und die “neue Ära der Multipolarität” (12.02.22)
Frisch aus dem Archiv: Ansichten eines Putinverstehers (18.02.22)
Return of the Kremlmonster: Kuba-Krise reloaded (18.01.22)
Mathias Bröckers/Paul Schreyer: Wir sind IMMER die Guten — Ansichten eines Putinverstehers oder wie der kalte Krieg neu entfacht wird, Westend Verlag (2019)