Comeback der Menschenwürde
Statt uns zurück in die „alte Normalität“ zu sehnen oder die fürsorgliche Entmüdigung durch den Staat hinzunehmen, sollten wir für eine Welt kämpfen, die besser ist als das Bisherige.
Will überhaupt noch jemand zurück ins „alte Normal“? — Was für ein fürchterliches Wort! Gut, die vollständige Wiederherstellung unserer Freiheitsrechte wollen fast alle. Jede/r will selbstverständlich wieder „nach seiner Fasson selig werden“ dürfen. Und wohl kaum jemand möchte weiter ausharren in der staatlich verordneten Griesgrämigkeit, in Depression und Entwürdigung. Dafür müssen wir uns alle schnellstens von dem fremden Blick auf uns Menschen durch das Elektronenmikroskop verabschieden — einen Blick, durch den wir reduziert werden zu Virenschleudern im Mikrobenmaßstab. Jede/r muss (wieder) als Individuum mit freiem Willen in Erscheinung treten können — ganzheitlich als Mensch mit all seinen Kompetenzen, Ressourcen und Facetten, in natürlicher Pracht — als „Ebenbild Gottes“. Eine persönliche Betrachtung zu dem anstehenden Umbruch, seinen Herausforderungen und Chancen, illustriert mit Fotos von freien Menschen bei der „Ende der Pandemie“-Demo am 1. August 2020 in Berlin.
In unser altes politisches System möchte ich nicht mehr zurück, weil die Coronakrise zeigt, wie fragil diese Demokratie ist. Die Grundpfeiler der Gewaltenteilung sind erschüttert, sie haben sich als unstabil erwiesen. „Unsere“ Führung hat sich im Machtrausch des „Notstandes“ selbst demaskiert. Weitreichende Entscheidungen wie der Lockdown werden von einer handverlesenen „Elite“ getroffen. Dazu ermächtigt von der sich selbst amputierenden Not-Legislativen. Auf das Gegenwicht durch die Judikative warten wir noch. Und die Mainstream-Medien sind zum Gegenteil von Kontrolle geworden. Im Gleichklang fungieren sie als Sprachrohr der Regierung oder anderer Drahtzieher und stürmen voran in Panikmache und Propaganda.
Schon gar nicht will ich im „neuen Normal“ — ein noch fürchterlicheres Wort! — geleitet werden, denn dies sehe ich als Diktatur, zunächst noch im Tarngewand der Gesundheitsfürsorge, ähnlich wie im Science-Fiction-Roman Corpus Delicti von Juli Zeh visionär beschrieben. Einen Großteil unserer Freiheitsrechte haben wir schon jetzt verloren. Sprachlich, ganz nach George Orwell, werden wir nun weiter „weich geklopft“ für diese Diktatur. Der bereits eingeführte zentrale Begriff dafür lautet „erdulden“.
Wir sollen Leid, Entbehrungen und Freudlosigkeit ertragen und als Untertanen gehorchen. Später, wenn wir diese Entwicklung zulassen, werden nicht mehr „Recht und Gesetz“ herrschen, sondern, wie schon vor 80 Jahren, nur noch „das Gesetz“.
Kennzeichen dieser Diktatur, die sich abzeichnet, sind dann: Verletzbarkeit der Wohnung, Überwachung der Privatsphäre, Maskenpflicht, Abstandsregeln, Kontaktverbote, Ausgangssperren, Verlust der Versammlungsfreiheit, Diffamierungen und Verhaftungen Andersdenkender, Berufsverbote, Einschränkungen der Gewerbefreiheit, Zensur, Umerziehung, beschränkte Reisefreiheit, Quarantäne, Sippenhaft, Inobhutnahme und Kindesentzug, Pflicht zu Medikation und Therapie sowie, nicht zuletzt, Impfzwang — mit ständigen „Auffrischungen“ versteht sich — „‚Widerstand ist zwecklos!“
So eine Perspektive will ich nicht und das wollen die vielen, die auf der Demo am 1. August 2020 das „Ende der Pandemie“ mit ausgerufen haben, ebenfalls auf keinem Fall. Ich möchte in eine wache Zukunft gelangen, in ein „gelobtes Land“, das getragen wird von kritischen und aufgeklärten Menschen. Ich glaube, noch können wir (Welt-)Bürgerinnen und Bürger es schaffen, Gesellschaften zu prägen, in denen gegenseitiger Respekt und gegenseitige Wertschätzung die obersten moralischen Prinzipien bilden. Die Menschenwürde und alle verbürgten Freiheitsrechte des Souveräns werden in solchen Gemeinwesen selbstverständlich wieder geachtet.
Für diese Umwälzungen zu humanitären Gesellschaften werden wir sehr viel Kraft, hohes Engagement und einen scharfen Verstand brauchen. Wir befinden uns, so erlebe ich es, augenblicklich an einem Scheideweg: lassen wir es zu, dass uns „Eliten“ und OligarchInnen immer tiefer in ihre Diktatur führen oder stehen wir für Demokratie und Menschenrechte auf. Dann heißt das Lernziel Solidarität. Dafür setze ich mich ein und dafür gehen auch viele andere auf die Straße oder engagieren sich in vielfältigen und teils neu entstandenen Initiativen und Vereinen, in denen sie den Protest aktiv unterstützen.
Lernziel Solidarität
Mit Solidarität meine ich selbstverständlich nicht das gemeinsam „erduldete“ beziehungsweise das durch staatliche Sanktionen und Ordnungsstrafen erzwungene Leid des Maskentragens, das zum Verlust der natürlichen Atmung und der einzigartigen menschlichen Mimik führt. Beides schwächt das Immunsystem und macht krank. Politisch-psychologisch lässt sich dieser Knebel vor Mund und Nase kaum anders deuten als ein Unterwerfungsritual. Das Maskentragen verletzt die mit Verfassungsrang verbürgte körperliche Unversehrtheit. Es ist, so sehe ich es, eine staatlich verordnete Folter.
Andere Regierungen und Länder gehen bereits wieder oder wie Schweden weiterhin besonnen und angepasst mit der „Pandemie“ um. Die Zahlen der positiv Getesteten gehen weltweit zurück. Rückläufig sind seit Wochen bereits auch die Zahlen der an Covid-19 Erkrankten. Bei uns stehen sogar schon seit Monaten viele Betten in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen leer. Medizinisches Personal ist in Kurzarbeit geschickt.
„Unsere“ Regierung scheint trotzdem entschlossen, Deutschland, neben Frankreich und Spanien, zu einem „Front-Staat“ im sinnentleerten „Krieg“ gegen „das“ Coronavirus aufzurüsten. Augenblicklich wird hier „auf Teufel komm raus“ getestet. Trotzdem gelingt es kaum, über eine Positiv-Rate von mehr als einem Prozent hinauszukommen. Mit diesem Ergebnis lässt sich realistisch kaum noch Angst und Bange machen. Dennoch beschwören „unsere“ PolitikerInnen —, unterstützt von den Mainstream-Medien — krampfhaft die „2. Welle“. Tatsächlich aber sind wir mit „unserem“ fehlerhaften Test — nicht validiert, Kreuzreaktionen, Ausschläge bei „falsch Positiven’ — beim Grundrauschen, bei der Fehlerquote angekommen. Wir befinden uns, so auch das Motto der Demo am 1. August; am „Ende der Pandemie“.
Solidarität bedeutet: Gerechtigkeit bei der Verteilung von Reichtum, Gütern und Bildungschancen.
Die Grundlagen dafür sind fairer Handel und Verträge, weltweit. Der Maßstab ist die für die Produktion und den Tausch von Waren und Dienstleistungen eingesetzte Lebenszeit der Beteiligten.
Noch sieht unsere Realität vollkommen anders aus: Tatsächlich besitzt der reichste Prozent der Weltbevölkerung mehr als die übrigen 99 Prozent zusammen. Und die „Umverteilung von unten nach oben schreitet immer weiter fort“, schreiben acht junge AutorInnen in ihrem 2019 beim Jugendrat der Generationen Stiftung herausgegebenen Buch Ihr habt keinen Plan — darum machen wir einen. 10 Bedingungen für die Rettung unserer Zukunft.
Derzeit hungern mehr als 800 Millionen Menschen. „Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Und das, obwohl mit der aktuellen Nahrungsmittelproduktion problemlos 12 Milliarden Menschen ernährt werden könnten“, zitieren die AutorInnen Mitteilungen der Welthungerhilfe und andere Quellen.
Mit ihrer Analyse und Lösungsbedingungen gehen sie auch hart ins Gericht mit uns, der älteren Generation, weil wir mitgewirkt und zugelassen haben, dass unser Planet und unsere Gesellschaften gegen die Wand gefahren wurden. Gleichzeitig laden sie alle ein, das Steuer noch einmal gemeinsam umzureißen, damit ihre Generation und die ihrer Kinder auf dieser Welt überhaupt noch eine Zukunft haben. Ihre klare Analyse und den daraus abgeleiteten Konsequenzen haben mich wieder wach gemacht und sie geben mir Mut. Insgesamt beleuchten die AutorInnen zehn Politikfelder. Zentral ist ihre „Bedingung 3 — Den entfesselten Markt wieder an die Leine legen“. Sie schreiben:
„Der Wohlstand für alle ist eine unverschämte Lüge. (...) Sprechen wir also offen aus, was viele zumindest ahnen: Der Turbokapitalismus, der Marktradikalismus (...) macht krank. Diagnose: Gescheitert. Warum sollten wir also brav weiter die Spielregeln dieses Wirtschaftssystems befolgen, die zudem noch nachweislich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet?“
Und folgern:
„Wer angesichts solcher Fakten darauf setzt, dass diejenigen die am meisten von unserer Wirtschaftsform profitieren, sich freiwillig zugunsten der Allgemeinheit und der Zukunft unseres Planeten einschränken werden, macht sich und anderen etwas vor. Die Fratze dieser ‚Weiter so’-Gesinnung ist hässlich, weil diese Haltung auf Verlogenheit und Wegschauen gründet.“
Der Plan dieser AutorInnen „für einen Paradigmenwechsel zu einer generationsgerechten Wirtschaft“, sei an dieser Stelle lediglich anhand ihrer Zwischenüberschriften zitiert:
- Die Politik muss endlich wieder den Kampf gegen die wirtschaftliche Übermacht aufnehmen und ihn gewinnen.
- Kriminelle Machenschaften von Unternehmen müssen justiziabel sein.
- Die Finanzwirtschaft muss radikal geändert werden.
- Spekulationsgeschäfte müssen verboten werden.
- Finanzierung von Unternehmen nach der Gemeinwohlbilanz.
- Aktien sind nicht Wege zum schnellen Geld, sondern Investitionen in die Zukunft.
- Es darf keine systemrelevanten Unternehmen mehr geben.
- Geistiges Eigentum von Tech-Unternehmen gilt nur noch für ein Jahr.
- Beendigung der Steuerflucht und -vermeidung.
- Steuergerechtigkeit zwischen Kapital und Arbeit.
- Nur noch Wettbewerb, der dem Gemeinwohl dient.
- Grundrecht auf Erfüllung der Grundbedürfnisse — Definition von commons.
„Die Demokratie ist in Gefahr“, überschreiben sie ein weiteres Kapitel (Bedingung 7). Sie postulieren:
„Was Demokratie braucht, ist eine lebendige Debatte der Überzeugungen, einen Wettstreit um die zukunftsweisendste Umsetzung dieser Ansichten.“
Und:
*„Es braucht DemokratInnen, die klarmachen, dass Menschenwürde und die Gleichwertigkeit einen jeden Menschen nicht verhandelbar ist.“
So muss gegen Angriffe auf grundlegende Werte unserer Gesellschaft „konsequent und mutig Stellung bezogen werden. Passiert das nicht, gerät unsere Demokratie in Gefahr. (...) Es ist Zeit, endlich für die Grundpfeiler unseres Zusammenlebens und ein demokratisches Miteinander aufzustehen.“*
Die Wiederkehr antidemokratischer Denkweisen machen sie unter anderem in der Abwehr von Fliehenden fest, die um das nackte Überleben kämpfen. Statt Menschenverachtung und Ignoranz fordern sie Solidarität und Hilfsbereitschaft ein. Nicht Einzuschreiten und nicht zu handeln erkennen sie als „gesellschaftliches Armutszeugnis“.
Gefährdet sehen sie die Demokratie auch durch den zunehmenden Trend des ‚Elitesektors’, der unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass das Personal zwischen Amt und Tätigkeiten für Unternehmen und Interessenverbänden hin und her wechselt. Mit diesem Hinweis stehen sie letztlich in der Tradition des in der Staatsphilosophie wohl wichtigsten Denkers. Denn auch Platon sah vor mehr als 2.000 Jahren die Gefahr von Korruption und Eigennutz, wo es um die Interessen der Allgemeinheit und um die bestmögliche Führung des Staates gehen sollte. Von der Elite forderte er deshalb konsequent, besitzlos zu sein.
Schließlich spannen die AutorInnen den Bogen zu den G7- und G20-Treffen, die sie „ersatzlos abschaffen“ wollen:
„Wenn sich die Reichsten über Armut unterhalten, kommt — so zeigt die bisherige Erfahrung — wenig dabei heraus. Die unbedingt notwendigen Strukturreformen für globale Gerechtigkeit werden nicht in die Wege geleitet. Deshalb müssen informale, undemokratische und illegitime Zusammenschlüsse wie die G7 oder die G20 abgeschafft werden.“
Für mich hat das Buch das Potenzial eines Parteiprogrammes. Vor allem empfehle ich es jedem kritischen Geist, dem an einer menschenwürdigen Zukunft gelegen ist. Für die AutorInnen ist konsequenterweise vor allem die Generationsgerechtigkeit ausschlaggebend. Mit den Entscheidungen „unserer“ Regierung hat die junge und kritische Generation gerade einen schwersten Tiefschlag erlebt. Dahinter könnte System stecken. Allein die finanzielle Last für den Schaden, die „die Politik“ durch ihr Corona-„Krisenmanagement“ innerhalb von drei Monaten angehäuft hat, beläuft sich auf weit über ein Billion Euro Steuergeld.
Das ist in etwa die Schuldensumme, die Vorgängerregierungen in der Bundesrepublik in insgesamt 70 Jahren aufbauten. Die gesamte Schuldenlast ist jetzt vor allem der jungen Generation aufgebürdet. Statt in die Zukunft, in Klima- und Küstenschutz, in politische Bildung sowie in Infrastruktur und in das Management der zu erwartenden Bevölkerungswanderungen zu investieren, versacken diese riesigen Steuermittel, von ‚unserer’ Regierung so gelenkt, jetzt in Big Pharma und in die durch ihre Corona-‚Maßnahmen’ bedingte Rettung von angeschlagenen Großkonzernen, Dienstleistungsunternehmen und wohl auch Banken, außerdem in Kurzarbeitergeld.
Eine lebendige Demokratie braucht Menschen, „die sich einmischen, die BürgerInnenbeteiligungen initiieren, die Petitionen starten und in ihrem Umfeld etwas verändern wollen“, reden die acht AutorInnen ihren LeserInnen ins Gewissen.
„Wir zählen auf Menschen, die auf Demonstrationen gehen, ihre Meinung kundtun und immer weiter für eine bessere Welt kämpfen — wenn nötig gegen alle Lethargie und gegen den größten Widerstand.“
Diesem Appell der „Jungen“ folge ich gerne. Auch am 29. August 2020 bin ich wieder auf der Straße und solidarisiere mich mit all denen aus der Mitte unserer Gesellschaft, die Sorgen um unsere Demokratie umtreibt und die ihre verbürgten Freiheitsrechte endlich wieder zurückerhalten wollen. Ist das geschafft, kann es aus meiner Sicht jetzt mit uns Menschen und unserem Planeten nur noch auf dem von den AutorInnen vorgezeichneten Weg weitergehen.
Zum Schluss noch ein Gedicht, das ich im April 2020 erstmals einem Freund bei unserem intensiven Mail-Kontakt vorstellte:
Menschen sterben
Es ist schrecklich: Menschen sterben
— das Leben ist ein Projekt mit Anfang und Ende —
am besten alt und lebenssatt.
Viele sterben grausam den Hungertod,
andere auf der Flucht im Mittelmeer,
und einige, bei uns, auch mit dem Corona-Virus.
Wir trauen euch nicht. Foto: © Falke
Lachen steckt an. Foto: © Falke
Schirm gegen DNA-Manipulation. Foto: © Falke
Politik spielt mit Zahlen. Foto: © Falke
Frei. Foto: © Falke