Chronisch beleidigt
Eine Mimosengesellschaft führt zwangsweise in den Totalitarismus.
Heutzutage weiß niemand mehr so genau, was er eigentlich noch sagen darf. Ist es noch politisch korrekt, zu schreiben „was er sagen darf“? Oder hätte es nicht „er/sie/es/divers“ lauten müssen? Wie muss ich eigentlich Menschen nennen, die ihre Wurzeln nicht in Deutschland haben? Kann man Menschen mit abweichenden Ansichten überhaupt noch konfrontieren? Der Zwang zum politisch Korrekten oktroyiert dem Einzelnen Denkverbote und hemmt ihn in seiner Meinungsäußerung, ein Phänomen, das zu einer Meinungshomogenität führt, die mit missionarischem Eifer eingehalten und anderen übergestülpt wird. Es ist kein Wunder, dass ein solches Klima Totalitarismen gebiert.
Wenn in Großbritannien, der Türkei oder der Ukraine das Parlament tagt, dann geht es da bisweilen ordentlich zur Sache. Hin und wieder kommt es dazu, dass die Abgeordneten in heftige Streits geraten, die in Schlägereien münden. Man mag das barbarisch, gar rückständig finden. Ich persönlich komme aber nicht umhin, den Abgeordneten zu glauben, dass sie tatsächlich hinter dem stehen, wofür sie sich sogar in eine Schlägerei stürzen.
Im zivilisierten Deutschland kann man sich eine Schlägerei im Bundestag nicht vorstellen. Ebenso wenig jedoch kann man den Abgeordneten Glauben schenken. Zu oft schon haben sie in einem Moment das eine gesagt, um im nächsten das genaue Gegenteil zu beschließen. Corona hat die Wendehälse nur zu wahren Dönerspießen gemacht.
Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum es im Bundestag keine Schlägereien gibt: Die Abgeordneten stehen einfach nicht zu dem, was sie dort vertreten. Sie sagen, was sie glauben, sagen zu müssen und sobald sich der Wind dreht, hängt der Abgeordnete sein Fähnchen auch in diesen. Nein, die Deutschen benutzen keine Gewalt. Dafür sind sie viel zu zivilisiert. Ihr Mittel der Wahl ist die politische Korrektheit, das, was sie als „Vernunft“ bezeichnen, und das chronische Sich-beleidigt-Fühlen—und das auch laut zu artikulieren.
Als Beatrix von Storch, Abgeordnete der AfD, am Weltfrauentag im Bundestag eine Rede über die Genderideologie hielt und darin auch den Abgeordneten der Grünen Markus Ganserer, der über die Frauenquote in den Bundestag eingezogen ist, als Beispiel anführt, so erntete sie damit erwartungsgemäß heftige Reaktionen. Von einer Abgeordneten der Grünen, die selbst gar nicht betroffen war, wurde sie als homophob und menschenverachtend bezeichnet. Sie sei, wie sie mehrfach betonte, sehr erschüttert.
Nun ist es nicht wirklich relevant, was man von Beatrix von Storch und ihrer Partei hält, doch eine berechtigte Kritik an den Auswüchsen einer vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Ideologie, die dazu führt, dass Männer im Frauensport Medaillen gewinnen, in Frauengefängnissen ihre Mitinhaftierten missbrauchen oder eben über die Frauenquote in Positionen gelangen und so den Sinn der Frauenquote und des Feminismus vollkommen in ihr Gegenteil verkehren, sollte zumindest angehört und sachlich erörtert werden.
Das passiert heutzutage jedoch nicht mehr. Statt sich mit den Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen, werden diese als persönliche Angriffe gewertet, und man flüchtet sich in die Reaktion, beleidigt zu sein und dann ebenso zu reagieren.
Statt Argumente werden leere Kampfbegriffe wie „Homophobie“, „Antisemitismus“ oder „Rassismus“ angeführt, Totschlagargumente, die jede Auseinandersetzung mit den Inhalten des solchermaßen angegriffenen verhindern und verhindern sollen. Denn, so schwingt stets mit, man darf sich mit den Argumenten der solchermaßen Bezeichneten überhaupt nicht auseinandersetzen. Jeder, der das tut, ist selber homophob, Rassist oder Antisemit.
Das führt dazu, dass manche Tatsachen überhaupt nicht mehr zur Kenntnis genommen werden, einfach, weil die „Falschen“ darauf hinweisen. Die Erde darf nicht rund sein, wenn Abgeordnete der AfD darauf hinweisen, dass sie es ist. Wer sich auf Aussagen der solchermaßen als „böse“ Verschrienen einlässt, der gehört schon dazu. Ein Vermitteln zwischen zwei Positionen, ein Ausgleich und eine genaue Betrachtung sind dann nicht mehr möglich. Das Beleidigtsein ist das totalitäre Instrument der Diskursverweigerung.
Richtige Fakten, falsche Fakten
Als Konsequenz etablieren sich Meinungen und Ansichten, aber auch Fakten, welche „richtig“ sind, und solche, die „falsch“ sind. Richtig sind dabei immer diejenigen, welche die herrschende Meinung, oder — im Kleineren — die eigene untermauern, falsch immer diejenigen, die dem widersprechen. Der Coronafake hat diese Entwicklung nur auf die Spitze getrieben.
Es gab „Fakten“, die „richtig“ waren, so zum Beispiel: Wir leben in einer Pandemie, Masken und Lockdowns schützen, die Impfung ist der einzige Ausweg und sie ist wirksam und sicher. Alle Fakten, die das Gegenteil besagten, waren „falsch“.
Wer also behauptete, es gäbe keine Pandemie, Masken und Lockdowns haben keinerlei Nutzen und richten verheerende Schäden an, die Impfung schütze nicht, sondern schadet, und an all dem verdienen sich ein paar Menschen dumm und dämlich, der berief sich schlicht und ergreifend auf falsche Fakten, selbst wenn es haufenweise Studien gibt, die seine Aussagen belegen. Dann handelt es sich auch hier um die falsche Wissenschaft, die interessengeleitet Fake News produziert.
Hinzu kommt, dass jene, die derartige Häresie äußerten, auf persönlicher Ebene angegriffen werden. Ehe sie sich versehen, sind sie plötzlich Nazis, Rechte, Antisemiten, Verschwörungstheoretiker. Anstatt sich also sachlich mit den Argumenten auseinanderzusetzen, wird einfach die Person diffamiert. Das ist keine Wissenschaft, sondern Religion. Das geschieht zumeist aus einem Affekt heraus. Denn diejenigen, die sich auf der richtigen Seite wähnen, identifizieren sich selbst sehr stark mit ihrem Gutsein.
Stellt man als die Grundlage dieses Selbstverständnisses durch Fakten infrage, stellt man das Gute an sich infrage. Wer das Gute infrage stellt, ist böse. Und die Spitze des Bösen, das wissen wir alle, ist natürlich der Nazi. Also muss jeder, der nicht dieselbe Meinung vertritt, dieselben Aussagen tätigt, automatisch ein Nazi sein. Denn wir sind ja die Guten.
Dieses Phänomen gab es schon lange vor dem Coronafake. Das Ideal der Wissenschaft besagt, dass hier schlaue Köpfe Theorien entwickeln, darüber streiten und forschen, sich gegenseitig infrage stellen und auf diese Weise weiterentwickeln. Die Realität ist eine ganz andere. Es werden Dogmen aufgestellt, die auch nur anzuzweifeln jeden sofort als Wissenschaftler disqualifiziert.
Wer andere Theorien beispielsweise zu der Entstehung von Krankheiten hat, als die gängige Virentheorie, der gilt augenblicklich als Spinner, noch bevor er seine Argumente dafür vortragen kann. Denn wichtiger als Erkenntnisse sind den Wissenschaftlern heute ihr Ruf, ihre Posten und ihre Forschungsgelder.
Dazu gesellt sich bei vielen noch ein übertrieben aufgeblasenes Ego, das sich durch jeden Zweifel an seinen Theorien angegriffen wähnt. So werden homogene Einheitsmeinungen fabriziert, da aus Sorge um Geld, Posten und Ansehen es nur wenige wagen, abweichende Ansichten zu formulieren. Hinzu kommt natürlich eine einseitige Finanzierung bestimmter Forschungen durch die Industrie. Die Gleichschaltung großer Teile der Wissenschaft war damit bereits lange vor Corona vollzogen.
Ein neueres Unwesen, das über das akademische Feld in die Gesellschaft eingeführt wurde, ist der Genderwahn. Vorgeblich im Bemühen, Diskriminierungen abzubauen, wird die Sprache künstlich entstellt. Aus Studenten werden die StudentInnen, aus Schülern die SchülerInnen und so weiter. Was geschrieben beschissen aussieht, hört sich gesprochen wie ein Sprachfehler an. In einer Art „Kulturrevolution“ wird versucht, Sprache im Sinne des „Guten“ umzugestalten. Denn es dient doch einem guten Zweck. Dabei wird es jedoch gleichzeitig zur einzigen Möglichkeit erklärt, dieses gute Ziel zu erreichen und damit zu einer Ideologie erhoben.
Jeder, der dieser nun widerspricht, ist automatisch, Sie ahnen es, ein Nazi. Denn wer sich so rückschrittlich auf seine vertraute Sprache beruft, wer möchte, dass Deutsch doch gefälligst deutsch zu sein hat, der kann nur aus nostalgisch-nationalistischen Heimatgefühlen heraus denken und sprechen, und das machen natürlich nur Nazis. Wieder wird jedes Argument gegen diesen Wahnsinn als Angriff auf „das Gute“ an und für sich gesehen und damit jeder Andersdenkende „das Böse“ schlechthin.
Homogenität
Aus dem Kampf für Gleichberechtigung von Mann und Frau ist so schon lange eine komplette Gleichsetzung geworden. Denn schon seit vielen Jahren wird das Geschlecht von einigen Kreisen nur als gesellschaftlich konstruiert betrachtet. Demnach könne man sich sein Geschlecht aussuchen, alle Unterschiede, die es gibt, werden dabei vollkommen negiert. Denn im Gleichheitswahn darf es keine Unterschiede geben, und so werden letztlich selbst biologische Tatsachen vollkommen ignoriert.
Das führt dann dazu, dass eben jener Abgeordnete Markus Ganserer im bayerischen Landesparlament als Mann, im Bundestag aber über die Frauenquote der Grünen als Frau Tessa Ganserer sitzen darf, womit die Gleichberechtigung, die mit der Frauenquote ja einmal zu erreichen versucht wurde, ad absurdum geführt wird. Jeder soll stets so bezeichnet werden, wie er sich gerade fühlt, selbst wenn es stündlich wechselt. Von Frau zu Mann, von Mann zu Dosenbier, von Dosenbier zum Kaktus: Sei das, als was du dich fühlst.
Hier wird eine vollkommene Beliebigkeit propagiert, die zugleich zu einer homogenen Einheitsgesellschaft führt, da es ja keine determinierten Unterschiede mehr gibt, und jeder ständig alles sein kann.
Gleichzeitig wird, und das ist das Paradoxe, eine Gesellschaft der immer kleineren, diskriminierten Randgruppen erfunden. Unter dem Label von LGBTQ, der Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich und queer, und vielem mehr muss für jedes Lebensgefühl, für jede fixe Idee und für jede Abirrung menschlicher Logik eine neue Schublade aufgezogen, eine neue Unterkategorie erfunden werden, die dann zunächst einmal Diskriminierung erfahren soll, gegen diese man dann wiederum ins Feld ziehen muss.
Überhaupt findet Diskriminierung ständig und überall statt. So ist das Wort „Schwarzfahren“ mittlerweile eine Diskriminierung, weil es Schwarz als etwas Schlechtes darstellt. Dass damit natürlich nicht die Hautfarbe gemeint ist, tut dabei überhaupt nichts zur Sache. Schon der Begriff „Schwarz“ an sich wird zur Diskriminierung von Menschen entsprechender Hautfarbe, vollkommen egal, in welchem Kontext es verwendet wird. Dies, so die Vertreter dieser Auffassung, sei Rassismus, und der müsse konsequent bekämpft werden.
Der Wahn des politisch Korrekten wird damit zu einem inquisitorischen Feldzug. Denn für das „absolute Gute“ ist alles erlaubt. Mit missionarischem Eifer wird die Ideologie des Genderns, der Kampf gegen den Rassismus und andere Formen der Diskriminierung durchgesetzt. Wer widerspricht, wird grundsätzlich zum Unmenschen deklariert, zum homophoben, transphoben, rassistischen, fremdenfeindlichen Nazi, wie die Reaktion der Abgeordneten der Grünen auf die Rede von Beatrix von Storch so anschaulich darstellt.
Erkennbar an dieser Stelle ist auch ein anderer Trend: Die Dame, die Beatrix von Storch dort widerspricht, ist nicht die/der genannte Abgeordnete, die/der nun als Frau im Bundestag sitzt. Sie ist von dem, was gesagt wurde gar nicht persönlich betroffen, ergreift aber dennoch das Wort, denn stellvertretend für die/den Angesprochene/n, fühlt sie sich beleidigt. Das ist ein Schritt im missionarischen Wahn, der schon länger vollzogen wurde. So unterhalten sich weiße Europäer darüber, welche Begriffe, Bezeichnungen und Darstellungen für Schwarze beleidigend sein könnten, und setzen dann alles daran, sie zu verbieten und aus der Öffentlichkeit zu tilgen.
Das geht so weit, dass klassische Werke, wie die von Mark Twain oder Astrid Lindgren überarbeitet und die als mögliche Beleidigung empfundenen Begriffe daraus getilgt werden. Auch werden in den USA Statuen von bedeutenden, historischen Persönlichkeiten gestürzt, weil sie zum Beispiel Sklavenhalter waren, was in ihrer Zeit vollkommen gesellschaftskonform war, nur aus heutiger Perspektive eben nicht (mehr). Diese Form des Geschichtsrevisionismus, oder, wie die Akteure es nennen, „Rekontextualisierung“, erinnert schon sehr an das orwellsche Wahrheitsministerium, in dem Geschichte immer wieder an die Gegenwart angepasst wird.
Natürlich ist Sklaverei nichts Gutes, sie war ein brutales System der Ausbeutung von entrechteten Menschen und dennoch in der damaligen Zeit Normalität des Alltags, Teil der Gesellschaft. Aus unserer heutigen Perspektive können wir das verurteilen und uns dafür einsetzen, dass Menschen nie wieder so unterdrückt und ausgebeutet werden.
Ebenso gut könnten wir dem Römischen Reich seinen Imperialismus vorwerfen und konsequent alles aus unserer Gesellschaft und unserer Sprache verbannen, was diesem entstammt. Wir hätten dann kein Rechtssystem und einen großen Teil unserer Sprache nicht mehr, ebenso wenig wie Wein und viele andere Errungenschaften.
Natürlich wäre es vollkommener Unsinn, das zu tun, denn geschichtlich gab es das Römische Reich ebenso wie die Sklaverei, und nichts kann daran etwas ändern, selbst wenn aus unseren Geschichtsbüchern und Kunstwerken tilgen. Die Geschichte wird sich nicht verändern, sondern lediglich unsere Kenntnis davon ausgelöscht. Der Mensch wäre dann mit einer inkohärenten Vergangenheit, einer Entwurzelung konfrontiert, die letztlich dazu führt, dieselben Fehler mangels Kenntnis zu wiederholen.
Doch genau darauf zielen die Akteure offenbar ab und betätigen sich als eine Inquisition der politischen Korrektheit. So hat sich eine Cancel Culture, eine Kultur des Ablehnens, des Verbotes etabliert, die alle, die unliebsame Fakten verbreiten oder Meinungen äußern, boykottiert und aus der Öffentlichkeit zu verbannen sucht. Sie sorgen dafür, dass Rednern keine Räume zum Reden zur Verfügung gestellt, dass Wissenschaftler von den Universitäten verbannt und unliebsame Demonstrationen gestört werden.
Auf diese Weise wird die Öffentlichkeit von abweichenden Ansichten bereinigt, und eine homogene Einheitsmeinung verordnet und zudem suggeriert, dass jeder vernünftig denkende Mensch diese vertreten müsse, weil er ansonsten Nazi sei. Eine derart ideologische Gleichschaltung führt zwangsweise in den Totalitarismus. Das Mittel zur Durchsetzung ist auch hier, eigene Betroffenheit und Beleidigtsein zu simulieren, sich auf diese Weise mit Bedeutung aufblasen und „Menschlichkeit“ einzufordern von demjenigen, den man gerade kaltblütig aus der Öffentlichkeit verbannt. Unter dem Deckmantel des Humanismus wird so eine totalitäre Diskursbereinigung durchgeführt.
Stets fordert man einen humanistischen Umgang ein, fordert Rücksicht, Anerkennung auch für den größten Schwachsinn und schafft so eine Gesellschaft der chronisch Beleidigten, die noch während sie das alles fordert, kein Problem damit hat, das genaue Gegenteil zu leben. Andere Menschen ausgrenzen, diskriminieren, zensieren, löschen oder gleich körperlich angreifen, ist in Ordnung, so lange es nur „die Richtigen“ trifft. Doch wehe, die solchermaßen Handelnden erleben einen Schluck ihrer eigenen Medizin. Dann ist das Geheule groß.
Austeilen ist kein Problem, doch gleichzeitig ist eine Gesellschaft der Mimosen entstanden.
Da Abgeordnete nun stets gewohnt sind, ihre Fähnchen in den Wind zu hängen, nehmen sie auch diese Stimmung auf. Über staatliche Institutionen wird der Wahn institutionalisiert und zum Standard der Gesellschaft gemacht. So werden Ministerien und Posten für Genderidiotie und queeres Zeug geschaffen. Aber der Drang zur politischen Korrektheit drückt sich auch auf allen anderen Gebieten aus, wie zum Beispiel dem der Gesundheit, der Frage des Klimawandels, von rechts und links und so weiter. Eine Faustregel dabei lautet: Wer dem institutionalisierten Wahn widerspricht, ist per se rechts.
Einmal staatlich anerkannt, breitet sich die Ideologie in der Gesellschaft aus. So stellen Medienunternehmen wie Google kritische Inhalte in den „richtigen“ Kontext, wie es bei Covid-19 auf YouTube zu beobachten war. Jedes Video, das sich mit dem Thema auseinandersetzt, wird mit den entsprechenden, staatlichen Informationen versehen, die suggerieren, dass das, was der Abweichler in den Interviews dort erzählt, nicht stimmt.
Mittlerweile findet sich Ähnliches bei dem Thema Klimawandel. Auf diese Weise werden abweichende Meinungen auch digital diskreditiert, wenn sie nicht durch Löschung ohnehin gleich vollkommen zensiert werden. Künstler wie Theater- und Filmschaffende müssen mittlerweile sehr aufpassen, welches Thema sie auf welche Weise bearbeiten.
So ziehen selbst ernannte Aktivisten schon einmal gegen Theaterstücke ins Feld, die eigentlich voll und ganz im Geiste des Antirassismus stehen, nur, weil die Schauspieler nicht alle Schwarze sind. Klassische Theaterstücke werden boykottiert, weil die Schauspieler hier, wie es schon vor mehr als 2.000 Jahren bei den Griechen der Fall war, ihr Gesicht mit Bronze färben, um die zu dem klassischen Theater gehörenden Masken tragen zu können.
Wenn man jedoch denkt, als Schwarzer wäre man vor dieser Inquisition gefeit, dann hat man sich geirrt. Denn mittlerweile wird zum Beispiel für Filmproduktionen so manchem Schauspieler vorgeworfen, dass er „nicht schwarz genug“ sei, um eine bestimmte Rolle verkörpern zu dürfen. Noch weiter geht der Wahnsinn bei der Darstellung von Lesben oder Transsexuellen für die Leinwand. Hier werden wahre Kreuzzüge inszeniert, wenn der Transsexuelle von einem Heterosexuellen dargestellt wird. Diese Kreuzzüge gehen in der Regel von denjenigen, tatsächlich transsexuellen Schauspielern aus, die selber die Rolle nicht bekommen haben. Sie inszenieren sich dann als Opfer einer transfeindlichen Gesellschaft, um ihrem Frust ein Ventil zu verschaffen.
Dies ist die Wurzel all des politisch korrekten Aktivismus. Er geht von einer Generation der chronisch beleidigten, in ihrer Identität höchst unsicheren Menschen aus, die sich und andere auf ihr Opferdasein reduzieren um diese in einer verdrehten Heldenverehrung auf ein Podest zu stellen. Sie ziehen sich in Safe Spaces zurück, in denen sie sich nur unter ihresgleichen befinden, abgeschottet von allem, das diese fragilen Persönchen in irgendeiner Art und Weise irritieren könnte. Es entstehen homogene Blasen der Selbstüberhöhung, welche die eigene Wahrnehmung über alles stellen und von dieser Position aus alles attackieren, das dieser nicht entspricht, als falsch oder beleidigend wahrgenommen wird. Und die Schwelle dafür ist niedrig. Denn beleidigend ist stets jede noch so minimale Abweichung vom eigenen Dogma.
Ein echter Austausch, eine Argumentation, ja Wissenschaft sind auf diese Weise nicht mehr möglich. Einerseits wird eine Stimme, die nicht ins eigene Weltbild passt, schon nicht gehört. Andererseits wird wahrer Diskurs nicht mehr zugelassen, da er die Blasen der Safe Spaces, die sich beständig ausweiten, nicht mehr perforiert.
Sobald der Diskurs etwas an Heftigkeit gewinnt, fühlt man sich beleidigt, angegriffen, unmenschlich behandelt und bricht jede weitere Diskussion einfach ab. Schlägereien wie im türkischen, britischen oder ukrainischen Parlament sind gar nicht vorstellbar. Die inquisitorische Mimosengesellschaft ist somit ein guter Garant für einen gesellschaftlichen Totalitarismus, wie wir ihn derzeit in der sogenannten Coronakrise erleben. Diese Entwicklungen waren lange schon vorbereitet und sind nur eine weitere Ausprägung eines Prozesses der Homogenisierung von Gesellschaften.
Ob sich dieser Trend umkehren lässt, ob Diversität, Pluralismus, Streit und Argumentation wieder an die Stelle von Inquisition, Ideologie und Wahn treten, ist derzeit nicht abzusehen. Während die Coronaerzählung in sich zusammenbricht, verleugnen die Beteiligten noch immer ihre Mitwirkung an diesem Kult und halten sich an den Bruchstücken der Erzählung fest. Gleichzeitig werden die nächsten Ideologien in Stellung gebracht, um mit denselben Mitteln der Diskursunterdrückung durchgesetzt zu werden. Ein Beispiel dafür ist der Klimawandel, es lassen sich aber auch andere finden. Wir werden also sehen, wie sich diese Gesellschaft entwickelt.