Bücherversenken
Bücherverbrennen? Das geht ja nun gar nicht! Aber Vernichten muss schon sein - entweder den Autor oder das Buch. Zwei Minuten Kulturkampf vor dem Altpapiercontainer.
Gut, ja, zugegeben, ich habe eins von den vierzig „neu“ oder „wie neu“-Büchern aus meinem Altpapier-Wäschekorb verschenkt, weil diese junge Kultivierte mich beim Entsorgen so schrecklich entrüstet angesehen hat. Aber nur eins. Das war Notwehr. Keine Überzeugung.
Denn gelesene Bücher gehören entweder ins Regal, wenn man zu viel Platz hat, oder in den Container. Sogar ungelesene Bücher, die man nicht mehr lesen will (weil man zum Beispiel zu alt ist, wie ich, um den großen „SUB“ überhaupt noch weglesen zu können). Aber keinesfalls gehören Bücher auf den Flohmarkt, zu Amazon oder zu Momox. Man verkauft ja auch kein Brötchen weiter, nachdem man es durch hat.
Das leuchtet natürlich keinem ein, schon gar nicht der Bücherfreundin vorm Container, weil: Ein Buch ist ja kein Brötchen. Sondern ein Kulturgut. Und ein Brötchen kann man nach dem Goutieren gar nicht weiterverkaufen (jedenfalls möchte ich mir das nicht vorstellen). Ein Buch: durchaus.
Ich kann aber auch Leute hauen. Oder erschießen. Aber man darf halt nicht alles, was man kann. Und verkauften alle Leute ihre gebrauchten Brötchen weiter, wären alle Bäcker pleite.
Wie? Eben, ja. Da alle Leute ihre gebrauchten Bücher weiterverkaufen, gehen die Autoren pleite, genau.
Weil die Leute das können, Bücher weiterverkaufen oder verleihen oder weiterverschenken. Ändert aber nix dran, dass man das nicht darf. Weil´s fies ist.
Deshalb: Altpapier.
Meine Kulturfreundin vorm Container hat das aber nicht eingesehen. Weil:
„Bücher darf man nicht wegwerfen.“
„Was denn sonst? Verbrennen?“
(Japslaut, entrüstet, das auf der Zungenspitze liegende „Nazi!“ bleibt zum Glück drin).
„Na, eben. Nicht verbrennen. Das wär ja auch gar nicht gut, so: wegen CO2, gell? Also: Altpapier.“
„Aber die sind doch noch gut! Die können Sie doch ... spenden!“
„Aber davon haben doch die Autoren nichts.“
„Hä?“
„Entweder ich vernichte die Bücher – oder die Autoren.“
„Ach, Unsinn.“
„Nein. Sie gehen auf den Flohmarkt und der Autor in die Grütze. Ich mag Autoren.“
(Nächstes Buch in den Container.)
Sie hat sogar genickt, einmal, kurz. Sehr kurz. Und vermutlich sogar verstanden, was ich sage.
Wenigstens akustisch.
Aber ich schwöre, sie wird weiter gelesene Bücher verleihen, ver-schenken und an Momox weiterreichen.
Weil Bücher etwas Schönes und Wertvolles sind. Kulturgüter.
Autoren? Ach, Autoren, Autoren. Er nun wieder! Nu nehmse sich mal nich so wichtig, Sie.