Brandstifter als Feuerwehrleute
Je mehr die Politik versagt, desto öfter versucht sie uns darüber zu belehren, wie wir uns zu verhalten hätten.
„Den Schaden des Volkes mehren, Nutzen von ihm wenden…“ Das ist zwar nicht der genaue Wortlaut des Amtseids, den Kanzler und Minister der Bundesrepublik Deutschland bei ihrem Amtsantritt zu schwören haben — sie benehmen sich aber so, als hätten sie genau das gelobt. Binnen zweieinhalb Jahren hat sich das einst so funktionstüchtige Deutschland dem Zustand eines Failed State gefährlich angenähert. Die Gesellschaft ist durch Corona gespalten, die Wirtschaft angeschlagen, die kollektive Psyche zerrüttet. Nun wird die Bevölkerung noch unnötig gegen „die Russen“ aufgehetzt und über sogenannte Sondervermögen transgenerational enteignet. Zudem sollen wir frieren, „um Putin zu ärgern“, infolge steigender Lebensmittelpreise darben und uns auf harte Blut-, Schweiß- und Tränenjahre einstellen. Von „kurz duschen“ bis „Außenbeleuchtung abschalten“ — die Politik versucht uns in alles hineinzuregieren. Die Meta-Botschaft lautet: Es gibt nichts, was so intim und so geringfügig wäre, dass es nicht zum Gegenstand hoheitlicher Vorschriften werden könnte. So haben wir es schon unter dem Coronaregime erlebt, das bereits jetzt sein großes Comeback für den Herbst plant. Die Methode heißt Crowdsourcing des Verantwortungsgefühls. Wir, die Politiker, haben’s verbockt, also müssen jetzt „alle“ den Gürtel enger schnallen. Leute mit einem Ministergehalt juckt eine Verdreifachung der Stromnachzahlung jedoch nicht. Es trifft — wie immer — vor allem die Ärmsten. Die Antwort der Herrschenden auf ihr eigenes Versagen ist: mehr Arroganz und Drohungen gegen noch gar nicht reale, sondern nur mögliche Proteste, die — Sie ahnen es schon — als „rechts“ abgekanzelt werden. Dieses Verhalten zeugt nicht von Stärke, sondern von Nervosität. Nutzen wir unsere Chance zur Gegenwehr!
„Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich diese Lage auf absehbare Zeit nicht ändern wird.“ Der Baden-Württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann assistiert:
„Das heißt, wir müssen uns darauf einstellen, dass es auch zu materiellen Wohlstandsverlusten kommt. Da müssen wir das auch akzeptieren, dass da drastische Änderungen in unserem Leben erfolgen. Also, das wird schon jeder auch spüren.“
Derartige Aussagen sind derzeit typisch für derzeitige Politikerreden. Meist erfolgen sie ohne das Aufzeigen einer Perspektive, ohne Absichtserklärung, was der Redner gegen diese offenbar schicksalhafte Abwärtsbewegung zu tun gedenkt. Scholz redet als Lösungsansatz vage von „Unterhaken“ und „Zusammenstehen“, Kretschmann hält „unser“ Wohlstandsniveau für so hoch, dass Abstriche verkraftbar seien — außer für die ganz Armen, für die hätten wir ja einen funktionierenden Sozialstaat. Schon das immer wieder ins Feld geführte Wörtlein „Wir“ ist in diesem Zusammenhang irreführend. Etablierte haben es schon immer bemüht, um Ausbeuter und Ausgebeutete, Privilegierte und Unterprivilegierte zu einer angeblichen Schicksalsgemeinschaft zusammenzuschweißen.
„Wir“, so sagte Joachim Gauck schon zu Beginn des Ukraine-Kriegs, „können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.“ Damit gab der Ex-Bundespräsident den Ton vor und der jetzt anbrechenden Epoche ein Motto: weniger Lebensglück für alle.
Der Tugendminister
Bei den jetzt in Afghanistan regierenden Taliban gibt es ja einen „Tugendminister“. In Deutschland träfe diese Bezeichnung wohl am ehesten auf Robert Habeck zu. Sein Rat an alle Deutschen, kürzer zu duschen, ist mittlerweile legendär.
Wenn Deutsche künftig nur flüchtig duschen, erledigt sich das „Social Distancing“ auch von selbst, denn eventuelle schlechte Körpergerüche kann man mit einer Zwei-Minuten-Wäsche nur schwer in den Griff bekommen.
Somit wäre zudem etwas für die Pandemie-Bekämpfung getan. Die Berliner Zeitung gibt Habecks Energiespartipps so wieder:
„Auch für kleine Beiträge einzelner Menschen wie das Wechseln des Duschkopfs und die Umstellung der Beleuchtung auf LED gelte: ‚Wenn viele das machen, bringt das in der Summe wirklich was.‘ Zusätzlich könnte man so ‚Putin eins auswischen‘.“
Ein paternalistischer, gereizter, manchmal fast beleidigender Tonfall gegenüber den Bürgern ist für den „beliebtesten Politiker“ des Landes typisch. Anstatt alles zu tun, um unsere Situation zu verbessern, unterstellt Habeck schlicht, wir hätten diese nur noch nicht richtig verstanden. So sagte er in einem Fernsehinterview:
„Also wenn jetzt irgendjemand überrascht ist und sagt ‚Oh, wir sind abhängig von russischem Gas und Putin könnte es einsetzen‘ — was haben denn die Leute das letzte halbe Jahr gemacht? Wir sind in einer ernsten Situation. Es wird auch Zeit, dass das alle verstehen, dass wir dieses Gefühl von ‚Naja, es ist Sommer, es wird schon nicht so schlimm kommen‘, endlich ablegen.“
Auch Habeck fordert die Deutschen auf, zusammenzustehen.
„Putin hat das Gas, aber wir haben die Kraft.“
Habeck, der Westentaschen-Churchill, predigt „Blut, Schweiß und Tränen“. Immer häufiger wird der Bürger auf desaströse Verschlechterungen seiner Lebenssituation „eingestimmt“, die abzuwenden Volksvertreter eigentlich geschworen hatten.
Wir müssen diese Politiker sogar noch dafür bezahlen, wenn sie den Karren gegen die Wand fahren und dieses Fahrverhalten dann auch noch wohlwollend selbst beurteilen, anstatt vor dem Crash umzulenken.
Geizhalstipps von der Regierung
Saskia Esken, SPD-Vorsitzende, bekannt geworden unter anderem für ihre Wortprägung „Covidioten“, hält inzwischen Fahrverbote, wie während der Ölkrise in den 1970er-Jahren, für denkbar. Wie so oft, würden damit Probleme, die ursprünglich auf dem Gesundheits- oder Umweltsektor auftraten, umgemünzt in Freiheitsabbau. Weniger Freiheit ist der Refrain auf all die Verse, die unsere Politiker in den letzten Jahren für uns gesungen haben.
Die Kommunikation der Regierung mit Bürgern nimmt in letzter Zeit immer mehr den Charakter von „Geizhalstipps“ an. Als ich einmal nach meinem Studium nicht so viel Geld hatte, kaufte ich mir das Buch „Wie werde ich ein echter Geizhals?“. Das war nicht Ausdruck einer spezifischen Lebensphilosophie, sondern eher der Not geschuldet.
Kostprobe: Der Autor riet, gebrauchte Teebeutel auf der Wäscheleine zu trocknen und wiederzuverwenden. Auch mit Blick auf die Gaskrise werden Ratschläge zunehmend kleinteiliger und schikanöser. Gewiss gibt es in der deutschen Gesellschaft Anzeichen von „Dekadenz“ als Ausdruck einer Anspruchshaltung, die mit Blick auf ärmere Weltregionen teilweise obszön wirkt.
Sicher sind eine Verschwendungs- und Wegwerfmentalität, ist mangelnde Achtung vor Gebrauchsgegenständen, speziell von Lebensmitteln, ein Problem. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Schampus schlürfenden Eliten, Normalverdienern — meist sind es ja Menschen, die ihr Einkommen im Gegensatz zu ihnen wirklich verdienen — Wasser zu predigen. Meist laufen politische Fastenpredigten darauf hinaus, an den guten Willen der „Kleinen“ zu appellieren und die „Großen“ laufen zu lassen, deren verschwenderische Lebensgewohnheiten also bloß nicht anzutasten.
Der Preis der Freiheit
Besonders alarmiert sollten wir sein, wenn etablierte Politiker im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen wie Krieg und Gaskrise die Freiheit ins Spiel bringen. Wir können dann sicher sein, dass wir demnächst weniger davon haben werden. So sieht der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine „massive Gefährdung der Demokratie“, nicht jedoch durch die von ihm repräsentierte Politikerkaste, die in Österreich eines der rigidesten Coronaregime Europas errichtet hatte, sondern durch ausländische Dunkelmächte, die sein schönes Land in eine historische Auseinandersetzung zwischen „Despotie und Freiheit“ reißen.
Der Standard gibt Van der Bellens Rede anlässlich der Eröffnung der Salzburger Festspiele so wieder:
„Das Leben könne und werde nicht so weitergehen wie bisher, ist Van der Bellen überzeugt. ‚Das ist der Preis der Freiheit. Und wenn wir nicht bereit sind, ihn zu erbringen, werden ihn unsere Kinder und Enkelkinder doppelt und dreifach bezahlen.‘ Deshalb seien nun ‚alle gefordert‘, nicht ‚nur unsere Regierung‘, wenn auch ‚die sowieso‘. Das Festspielpublikum forderte er auf, einen Beitrag zu leisten, Energie zu sparen, Überfluss zu reduzieren.“
Es klingt logisch: Freiheit hat ihren Preis. Wie alles, was wirklich von Wert ist, ist sie nicht umsonst zu haben. In den Coronajahren war vor allem Maßnahmengehorsam der „Preis der Freiheit“. So musste man zum Beispiel brav Maske tragen, Abstand halten und sich impfen lassen, um als Belohnung in naher Zukunft wieder mehr Freiheiten gewährt zu bekommen.
Vereinfacht: Freiheitsberaubung ist der Preis für die Freiheit. Derzeit wird suggeriert, unsere Freiheit werde vor allem in der Ukraine verteidigt, einem zutiefst von faschistischen Kräften unterwanderten Land. Wenn Putin jetzt nicht Einhalt geboten werde, stünde er mit seinen Armeen wohl demnächst am Rhein. Um dies zu verhindern, müsse man auf Gaslieferungen aus Russland verzichten, koste es, was es wolle. Und da andere preiswerte und umweltfreundliche Energieformen nun mal nicht so schnell zu besorgen seien, helfe nur Sparen, also Selbstkasteiung. Je schlechter es den Menschen in Deutschland gehe, desto schlechter für Putin, desto besser folglich für die Freiheit.
Wie Putin zum Aufgeben gezwungen wurde
Die Motivation der Menschen durch Hass, zum Beispiel auf Putin und Russland, erweist sich dabei offenbar als wirkungsvoller als eine Motivation durch Liebe. Man spart Energie nicht für das Ökosystem — zum Beispiel, weil man Pflanzen und Tiere mag —, sondern gegen Putin. Als würde sich dieser im Kreml über unter den Achseln müffelnde Kurzduscher schwarzärgern und angesichts des Selbstkasteiungs-Furors der Deutschen seine Politik ändern. „Du Sergej, ich fürchte, wir müssen aufgeben. Ich gebe gleich den Befehl, die Truppen aus der Ukraine abzuziehen. Die Deutschen duschen jetzt sogar kürzer — gegen ein solches Heldenvolk sind wir machtlos.“
Die Politik wird wohl im Herbst in einem Zweifrontenkrieg gegen Putin und „das Virus“ zerrieben werden und gar nicht mehr so richtig wissen, was sie uns nun eigentlich befehlen soll. Denn immer kürzere Säuberungsvorgänge mit immer kälterem Wasser erscheinen zwar alternativlos, für die Bekämpfung des Coronavirus sollte andererseits aber mittels Händewaschen eigentlich sogar mehr warmes Wasser verbraucht werden.
Vielleicht bestünde die Lösung in dem Motto „Hände ja, andere Körperteile nein“. Der ideale Staatsbürger hätte somit saubere, vom vielen Waschen schon rissig gewordene Hände, jedoch einen schmutzstarrenden Restkörper.
Und wie hält man es in Zeiten der Doppelkrise mit dem Abstandhalten? Die Menschen könnten sich natürlich in ihren kalten Wohnungen zu gegenseitiger Erwärmung wie Pinguine in der Antarktis eng zusammendrängen. Gleichzeitig riskieren sie dabei aber eine Coronaansteckung. Fazit: Was zur Bekämpfung Putins taugt — kalte Wohnungen —, ängstigt Lauterbach — kuschelnde Menschen. Es wird schwierig werden, zu entscheiden, wem wir gehorchen sollen. Zu tun, was man selbst für richtig hält, ist ohnehin in Zeiten betreuten Denkens und Lebens undenkbar geworden.
Corona: Täter ohne Reue
Die leichte Sommerstimmung, aus der uns Robert Habeck gern bedeutungsschwer aufscheuchen möchte, markiert ohnehin nicht das Finale, sondern eher eine neue Staffel der beliebten Horrorgroteske. In den Reaktionen von Politikern auf die Evaluierung des bisherigen Coronageschehens durch einen Sachverständigenrat wurden die vergangenen Coronamaßnahmen nur wegen ihrer mangelnden Wirkung kritisiert — nicht weil sie ethisch verwerflich und für die Gesellschaft als Ganzes destruktiv waren. Nehmen wir an, Homosexuelle wären, weil sie durch die Affenpocken stärker gefährdet seien als andere Gruppen, eine Zeit lang vom öffentlichen Leben ausgeschlossen gewesen.
Nach einiger Zeit wäre die Maßnahme dann aber ausgesetzt worden, weil die Affenpocken auf diese Weise nicht im gewünschten Ausmaß eingedämmt werden konnten. Niemand hätte aber auch nur einen Gedanken daran verschwendet, dass es grundsätzlich ein gemeines und abstoßendes Schauspiel ist, Homosexuelle auszugrenzen. Niemand hätte bemerkt, dass dies dem Geist des Grundgesetzes eklatant widerspricht und dass es einen Bruch mit einer über Jahrzehnte gepflegten Kultur des Umgangs darstellt, wonach eigentlich kein Mensch wegen persönlicher Eigenarten oder Entscheidungen diskriminiert werden sollte.
Ungeimpfte sind noch immer nicht wirklich rehabilitiert, obwohl längst sogar dem Mainstream bekannt ist, dass auch Geimpfte zur Ausbreitung des Virus beitragen können. Es ist, als hätte man Muslimen über zwei Jahre die Benutzung der Bürgersteige verboten und dieses Verbot auch rigide durchgesetzt. Dann, nach einiger Zeit, hätte man das Verbot aufgehoben, ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Menschenrechtsverstoß, ohne Entschuldigung, ohne Entschädigung, ohne ein Versprechen, dass dergleichen in diesem Land nicht mehr passieren werde. Man würde stattdessen öffentlich erwägen, das Bürgersteig-Verbot für Muslime im Herbst wieder in Kraft zu setzen. In einer vergleichbaren Situation befinden wir uns jetzt.
Jahreszeiten der Angst
Zu beobachten ist seit Anfang 2020 eine perfide Langzeitstrategie der Macht: Dabei wechseln zwar die Vorwände — Pandemie, Krieg, Gasmangel —, nicht aber die Methoden der Manipulation.
Die Strategie ist, Menschen unter Dauerstress zu setzen, ihnen keinen Raum zum Atmen und zum Nachdenken zu lassen, ihren Geist so sehr mit der Frage zu beschäftigen, was die Mächtigen als Nächstes wollen und tun könnten, dass die so Bombardierten im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr zu sich kommen.
Die Bürger dieses Landes sehen sich seit mehreren Jahren hilflos mit einem faktischen sozialen Abstieg konfrontiert, der in keinem Zusammenhang mit der eigenen Arbeitsleistung steht — begleitet von einem ebenso massiven Verlust an Freiheit und Würde.
Nachdem den Menschen ausnahmsweise im Sommer etwas Lebensfreude erlaubt wurde, dürfte in naher Zukunft der Verarmungstrend dazu führen, dass viele aus der früheren „Mittelschicht“ den Cafés, Restaurants, Kinos und Konzerten fernbleiben. Die Lebensweise wird eine ähnliche sein wie während der Lockdowns, nur der Grund dafür wird ein anderer sein. Es scheint, als ob es die Politiker neuen Typs nicht aushalten können, wenn es Bürgern einmal eine Zeit lang richtig gut geht. Es scheint, als beschäftigten sie sich den ganzen Tag damit, Verschlechterungen unserer Lebenssituation zu ersinnen — einschließlich der Narrative, um uns diese als unvermeidlich zu verkaufen.
Früher waren Herbst und Winter einfach Jahreszeiten — nicht die beliebtesten wegen des kühlen Wetters, aber doch in Ordnung und nicht ohne Reize. Sich färbende Blätter, Schneefall, Weihnachten, Silvesterfeuer, die ersten Schneeglöckchen — also nichts, wovor man wirklich Angst haben müsste. Seit dem Herbst 2020 versuchen Politiker, die kalte Jahreszeit jedoch als Höllentrip zu inszenieren. Das Starren auf täglich aktualisierte, desaströse Inzidenzwerte, verschärfte Ungeimpften-Diskriminierung, die Drohung mit volllaufenden Intensivstationen und jetzt gar frieren für die Freiheit bis hin zum Blackout und zum totalen sozialen Abstieg — auf eine solche kalte Jahreszeit sollen wir uns vorbereiten.
„Delegitimierung“? Aus gutem Grund!
Theoretisch könnte sich ein derart erfolgloser Staat grundlegend zu bessern und zu reformieren versuchen. Stattdessen versuchen die Regierenden nun die „Delegitimierung“ des Staates zum Popanz aufzubauen und zu kriminalisieren. Doch geht es nicht um die Verneinung jeglicher sinnvoller Verwaltungsstruktur, sondern um die Kritik am Staat in seiner jetzigen Erscheinungsform und mit seinem jetzigen Personal, das einerseits an vielen Stellen übergriffig agiert und sich in anderer Hinsicht vor der Verantwortung drückt, wo es präsent sein sollte.
Statt wegen der desaströsen Lage zurückzutreten, treten die verantwortlichen Politiker zunehmend arroganter und fordernder auf. Bedenken wir, welche „Büchse der Pandora“ sich in den letzten Jahren geöffnet hat! Eine schlimme Inflation um 9 Prozent; ruinöse Preise für Lebensmittel und Energie; Sanktionen gegen einen angeblichen Feind im Osten, die sich als Schuss ins eigene Knie erweisen; eine in Folge der Coronamaßnahmen tief gespaltete, psychisch und ökonomisch zerrüttete Gesellschaft; die Gefahr eines akuten Gasmangels, von Stromblackouts …
Schon ein einziger dieser Anlässe — verbunden mit dem offenen Eingeständnis, dem Geschehen nicht zeitnah Herr werden zu können — müsste genügen, um den sofortigen Rücktritt aller Verantwortlichen zu bewirken. Die Ereignisse sollten außerdem zur Gründung eines Untersuchungsausschusses führen, der die Taten der derzeitigen und der Vorgängerregierung verhandelt. Insbesondere wer noch bis vor Kurzem Finanzminister war, jetzt im Kanzleramt residiert und sich binnen Kurzem als Abrissbirne von Freiheit, Frieden und Wohlstand profilierte, hat auf der politischen Bühne nichts mehr zu suchen. Olaf Scholz sollte nicht länger die Gelegenheit bekommen, in einschläferndem Tonfall das Lebensglück der Bürger zu verspielen.
Probleme benennen, anstatt sie zu lösen
Ich habe ja immer noch manchmal die Hoffnung, dass alles gar nicht so schlimm kommen wird im Winter. Warum? Weil Politiker Angstmache als probates Machtmittel einsetzen und dies nicht immer auf eine tatsächlich existierende Bedrohung verweist. Zum Beispiel dürfte ich, wenn es nach Jens Spahn ginge, eigentlich gar nicht mehr leben.
Da ich weder geimpft noch genesen bin, müsste ich inzwischen seiner Meinung nach gestorben sein. Auch im Fall, dass es glimpflich abgeht, ist die Politik jedoch nicht entschuldigt. Sollten sich bestimmte Horrorszenarien als unrealistisch erweisen, war es unverantwortliche Panikmache, sie an die Wand zu malen; wenn sie sich dagegen bewahrheiten, sollten Politiker das Problem nicht nur beschreiben, sondern lösen.
Ich hatte unlängst das Unglück, zu einer Fahrt mit der Bahn genötigt zu sein. Abgesehen von den branchenüblichen Verspätungen, gab es während der ganzen Fahrt im ICE kein W-Lan. Ich hatte mich aber auf die Möglichkeit verlassen, im Zug beruflich zu arbeiten. Als ich den Schaffner dazu befragte, erwiderte er mit gelassener Ausstrahlung, das W-Lan sei ausgefallen. Ich fragte ihn: „Könnten Sie das Problem vielleicht nicht nur benennen, sondern auch lösen?“ Der Schaffner verneinte dies genervt. Erst abends, wenn der Zug in seinem Endbahnhof stünde, wäre eine Reparatur möglich. Diese Erfahrung empfinde ich als typisch für das Deutschland des Jahres 2022, denn wie bei der Bahn verhält es sich auch in der großen Politik:
Die einzige Art und Weise, wie sich Politiker zu einem Missstand verhalten, besteht darin, auf sein Vorhandensein hinzuweisen.
Politiker benehmen sich also wie Journalisten, die — selbst weitgehend machtlos — nichts tun können, als eine Katastrophe als solche zu benennen. Sie, die Politiker, sind aber gar nicht machtlos, sie vermögen eine Gesellschaft sogar binnen weniger Monate vollkommen umzugestalten, wenn sie nur wollen. Umgekehrt verhalten sich Journalisten derzeit wie Politiker, indem sie deren Narrative ungefiltert und unhinterfragt weitergeben und Bürgerdressur im Interesse der Macht betreiben. Es ist Journalismus im Interesse der Hundehalter, die die Hunde auch noch bezahlen sollen.
Politiker bereiten die Bürger rhetorisch auf das Schlimmste vor wie auf einen Kometen, der unabwendbar auf die Erde zurast. Falls das Schlimmste nicht eintritt, wollen sie offenbar als „Retter“ gelobt werden. Das heißt, falls an Weihnachten die Heizungen laufen sollten, man mit dem Auto noch die Eltern besuchen kann und Öl für den Salat zur Verfügung stellt, wird dies nicht mehr — wie in früheren Jahren — selbstverständlich sein, sondern als das Ergebnis der „begnadeten“ Politik eines Scholz oder Habeck gefeiert werden.
Die Einschüchterungs-Ministerin
Falls der schlimmste Fall eintritt — das Land geht im Herbst und Winter vor die Hunde — verbieten sich die Verantwortlichen jedes Gemecker. So äußerte ihre Ladyschaft Nancy Faeser, schon seit ihrem Amtsantritt bekannt durch ein gestörtes Verhältnis zu den Freiheitsrechten, im Handelsblatt:
„Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen.“
Der ehemalige BILD-Chef Julian Reichelt analysierte diese, jede abweichende Meinung verachtende Haltung der Innenministerin so:
„Sie kriminalisiert unbescholtene Menschen, die noch nicht mal ihre Meinung gesagt haben, aber ihre Meinung vielleicht noch sagen könnten. Und natürlich brüllen diese Menschen. Und natürlich Seite an Seite mit Rechtsextremen. (…) Wer seine Meinung herausbrüllt oder -schreit oder sagt, verachtet die Demokratie nicht, sondern er ist die Demokratie, die uns das Recht geschenkt hat, unsere Meinung zu sagen.“
Die Ministerin setzt auf die Bekämpfung möglicher Verbrechen in der Zukunft — ähnlich der Polizei in Steven Spielbergs dystopischem Film „Minority Report“, die sich der Hilfe von Wahrsagerinnen mit der Fähigkeit zur Präkognition bedient. Statt das Wahlversprechen ihres Herrn und Meisters Olaf Scholz — „Respekt“ — auch nur annäherungsweise umzusetzen, bedient sich Faeser der Machtmittel der Einschüchterung und der präventiven Diffamierung möglicher Kritiker.
Populisten und Extremisten nutzten jede Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen, so Faeser. „Sie wollen Krisen noch verschärfen, um daraus Profit zu schlagen.“ Die Sicherheitsbehörden hätten die extremistischen Szenen aber sehr genau im Blick. „Wir sind vorbereitet, auch auf mögliche neue Protestgeschehen“, betonte die Ministerin. Will sagen:
Die Bürger dürfen zwar zahlen, dulden und frieren, sie dürfen auch mit kältebedingt klammen Händen, in eine warme Decke eingewickelt, Dankesbriefe an die Verursacher ihrer Misere verfassen — sich öffentlich beschweren sollen sie aber keinesfalls.
Was sonst mit ihnen geschehen kann, zeigen Erfahrungen, die Grundrechtsdemonstranten hundertfach in der Coronazeit mit „ihrer“ Obrigkeit sammeln mussten.
Politik und Wirtschaft gegen Bürger
Da passt es ins Bild, dass Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger inzwischen auch die Brechung des Streikrechts in Zeiten eines „nationalen Notstands“ ins Spiel bringt. Damit wären gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Arbeitnehmer, die der Willkür von Unternehmern wehrlos ausgeliefert wären — und Bürger, faktisch ihrer Möglichkeit beraubt, auf der Straße Gegenmacht zu organisieren.
Großunternehmen und Politik bildeten schon immer ein funktionstüchtiges Tandem. Man verträgt sich, Schläge bekommen eher die Arbeitnehmer und Endverbraucher. So stieg der Bund Ende Juli mit 30 Prozent beim Gasriesen Uniper ein und stellte dem Energieversorger 7,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Das entspricht der Mentalität der „Bankenrettungen“.
Verluste werden teilsozialisiert; solange die Gewinne sprudelten, war jedoch von einer Ausschüttung an alle Bürger nicht die Rede.
Wir zahlen auf jeden Fall für die Fehler der Politik, etwa im Umgang mit Russland oder bei der Bereitstellung anderer Energieformen. Entweder geschieht dies über Kredite, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch die nächsten Generationen belasten, oder unmittelbar über gestiegene Gaspreise.
Man könnte meinen, nach der Teilübernahme von Uniper durch den Bund hätte letzterer seine Bürger „freigekauft“, und nur über den Steuertopf würden diese belastet. Doch weit gefehlt: Zusätzlich hat Scholz allen Gaslieferanten eine Lizenz zum beliebigen Erhöhen von Preisen gegeben. Gestiegene Kosten des Unternehmens können zeitnah auf die Verbraucher „umgelegt“ werden. Die aktuelle Reform des Energiesicherungsgesetzes beinhaltet außerdem das Recht von Vermietern, zentral eine Höchstheiztemperatur festzulegen. Schon jetzt gibt es in manchen Wohnanlagen auch „Warmwasser nur noch zu bestimmten Zeiten“.
Wenn zum Beispiel in einem Mietshaus, wie in Sachsen geschehen, warmes Wasser nur morgens von 4 bis 8 Uhr, mittags von 11 bis 13 Uhr und abends von 17 bis 21 Uhr, fließt, werden Menschen damit quasi zu einem „normalen“, eher biederen Lebenswandel gezwungen. Es wäre Freiberuflern nicht mehr möglich, bis 8 Uhr 30 auszuschlafen und sich dann gleich eine warme Dusche zu gönnen. Wieder gäben Wichtigtuer als frisch ernannte Autoritätspersonen die Befehle der Staatsmacht nach unten weiter, so wie Restaurantbesitzer die Einhaltung des Maskenpflicht an den Eingängen überwacht hatten. Vermieter und Hausverwaltungen nähmen in einer hierarchisch durchstrukturierten Gesellschaft die Unteroffiziersränge ein.
Kreative Zerstörung
Wie konnte dies alles geschehen?
Unbegreiflich ist diese Häufung negativer Vorfälle nur, wenn man von der Annahme ausgeht, Politiker wollten eigentlich, dass es uns gutgeht — dies sei ihnen im einen oder anderen Fall nur nicht gelungen.
Logisch nachvollziehbarer erscheinen all diese Vorgänge, wenn man von einem Programm „kreativer Zerstörung“ ausgeht.
- Menschen, die man dauerhaft in Angst und Not hält, sind erstens zu sehr mit ihrem persönlichen Überlebenskampf beschäftigt, um sich um große politische Fragen zu kümmern.
- Sie werden, zweitens, im fortgeschrittenen Stadium der „Behandlung“ depressiv und wie gelähmt und,
- drittens, dankbar selbst für Jobs unter miesesten Arbeitsbedingungen.
- Viertens bleibt der ökologische Fußabdruck von Verarmten überschaubar, da sich ihr Bewegungsradius oft auf den Radweg zum Supermarkt oder zur Tafel begrenzt.
- Fünftens lassen sich in einem zerstörten Land sehr gut Wiederaufbau-Dienstleistungen verkaufen. Sechstens sind Menschen unter Schock eher bereit, einer politischen Agenda zu folgen, die unter normalen Umständen nie die Chance hätte, sich durchzusetzen.
- Siebtens ist auch das Sterberisiko bei massiv von Armut und Stress Betroffenen größer, und Tote stellen weder Rentenansprüche, noch können sie bei einer Pandemie Viren übertragen.
Gibt es einen Ausweg? Normalerweise nehmen wir an, mit steigenden Zumutungen würde auch das „Rettende“ wachsen, würde sich Widerstand formieren. Je schlechter es den Menschen gehe, desto größer sei auch die revolutionäre Inbrunst, desto schneller werde es den Menschen nach erfolgreicher Revolution dann wieder besser gehen. Es ist aber keineswegs sicher, dass es so kommen wird. Denn Armut lähmt die Antriebs- und Widerstandskräfte. Umgekehrt können sich demoralisierte, jeder Hoffnung beraubte Menschen nur sehr schwer wieder aus der Armut herausarbeiten. Zumal unter dem Einfluss einer Führungsriege, die an einer finanziellen und psychosozialen Erholung ihrer Untertanen scheinbar gar nicht interessiert ist.
Deutschland im Herbst
Vielleicht wird alles noch viel schlimmer kommen. Im Herbst 2022 wird der Wirtschaftsminister lapidar verkünden, die Ernährungssicherheit sei ab jetzt nicht mehr gegeben, es könne nicht mehr garantiert werden, dass alle Deutschen ausreichend mit Essen und mit Wasser versorgt würden. Es werde auch Hungertote geben. Diese Phase werde ein paar Jahre andauern, die Politik sei da machtlos, und es sei besser, dass sich alle Bürger von vornherein auf diese Situation einstellten.
Wenn Habeck dies sagen würde, geschähe folgendes:
- Die Bevölkerung würde mehrheitlich ruhig bleiben, auch aus Angst, in die rechte Ecke gestellt zu werden.
- Jede Familie begrübe schicksalsergeben ihre Toten.
- Der Gesundheitsminister würde verfügen, dass beim Anstehen in der Brotschlange Maskenpflicht und Mindestabstand unbedingt einzuhalten sind.
- Vorsorglich würde Nancy Faeser bewaffnete Kräfte zu den Tafeln abstellen und ein „Sondervermögen“ für eine bessere Ausstattung der Polizei mit Gummiknüppeln, Pfefferspray und Wasserwerfern bereitstellen.
- Linksintellektuelle würden sich vom Sofa aus über die wenigen Reichskriegsflaggen echauffieren, die in den Fernsehberichten über die Hungerdemonstrationen zu sehen wären, und sich gegenseitig für ihre tapfere Protestabstinenz als Ausdruck eines gelebten Antifaschismus beglückwünschen.
- Die Medien würden tadeln, dass die Deutschen zu viel jammern, vor einer Neiddebatte warnen, das Schreckgespenst eines Hungerterrorismus an die Wand malen und das Volk zum Zusammenhalt auffordern.
Bei der Bundestagswahl 2025 würden die überlebenden Deutschen höchstwahrscheinlich dann mehrheitlich Grüne, SPD, FDP und Union wählen …