Blutige Zahlen

Saudi-Arabiens Menschenrechtsbilanz könnte blutiger nicht sein.

Saudi-Arabien ist seit eineinhalb Jahren Mitglied im UN-Menschenrechtsrat. Und, wie passend: Der saudische Herrscher, Kronprinz Mohammed bin-Salman, wird als Shooting Star auf dem internationalen Parkett gefeiert. Ihm reichten unlängst die Mächtigen in Washington, London und Paris die Hand. Die Medien umschmeicheln ihn als Reformer, Frauenversteher und Antiterrorkämpfer. Seine Menschenrechtsbilanz spricht eine andere Sprache: Sie konstatiert 70 Prozent mehr Enthauptungen seit seinem Amtsantritt.

Blutige Zahlen

Enthauptungen um über 70 Prozent gestiegen — keine Grundfreiheiten für Frauen und Mädchen.
von Press TV

In ihrem neuesten Bericht sagte die Europäisch-Saudische Organisation für Menschenrechte (ESOHR) aus, dass die von der saudischen Regierung ausgeführten Enthauptungen im ersten Jahresviertel 2018 im Vergleich zum selben Zeitraum des letzten Jahres um 72 Prozent angestiegen sind. Der Bericht zeigte zudem, dass auch mehrere Ausländer in Saudi-Arabien der Todesstrafe entgegensehen.

ESOHR veröffentlichte ihren Bericht vor dem Hintergrund massiver Kritik an Saudi-Arabiens katastrophaler Menschenrechtsbilanz — unter anderem wegen der Unterdrückung freier Meinungsäußerung, der willkürlichen Inhaftierung von Bürgern ohne ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren und dem Fehlen grundlegender Freiheiten für Frauen und Mädchen.

Die saudi-arabische Regierung liefert keine offiziellen Statistiken für zum Tode Verurteilte, ESOHR jedoch bestätigte die unmittelbar bevorstehende Exekution von 42 Menschen, von denen acht zum Zeitpunkt ihres Vergehens minderjährig waren.

Reprieve, eine Menschenrechtsgruppe, die sich gegen die Todesstrafe einsetzt, sagte im März, dass die Exekutionsrate angestiegen war, nachdem Mohammed bin Salman 2017 zum Kronprinzen ernannt wurde. Laut der Gruppe wurden in den acht Monaten seit seiner Ernennung letzten Juni 133 Exekutionen ausgeführt — im Vergleich zu 67 in den davor liegenden Monaten.

Maya Foa, Leiterin der Menschenrechtsgruppe, dazu:

„Die Verdoppelung der Exekutionen unter dem neuen Kronprinzen zeigt, dass Mohammed bin Salman unter seinem glanzvollen öffentlichen Image einer der brutalsten Führer der neueren Geschichte des Königreiches ist.“

In ihrem Bericht verurteilte die ESOHR die Exekutionen von Menschen wegen angenommener Verbrechen, die nicht einmal gegen internationales Recht verstoßen, und sagte, dass die Verurteilten lediglich an friedlichen Demonstrationen teilgenommen, ihre Meinung frei geäußert oder religiöse Bräuche praktiziert hatten.

Das Regime in Riad lehnte seit 2008 alle Besuchsgesuche spezieller unabhängiger Berichterstatter der Vereinten Nationen ab, so der Bericht weiter.

Die Besorgnis über die wachsende Zahl der Exekutionen in Saudi-Arabien wächst. Saudische Autoritäten sagen, die Exekutionen seien Ausdruck des Einsatzes der saudischen Regierung für „die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Verwirklichung von Gerechtigkeit.“ Die Menschenrechtsgruppen kritisieren ganz besonders die Hinrichtungen wegen Verbrechen ohne Todesfolge.

Laut Amnesty International, einer in London ansässigen Menschenrechtsorganisation, hat Saudi-Arabien eine der höchsten Hinrichtungsraten der Welt. Human Rights Watch (HRW) in New York hat das saudische Regime aufgefordert, die „grauenvollen“ Hinrichtungen abzuschaffen.

In einem der spektakulärsten Fälle über Hinrichtungen im Jahr 2016 hat Saudi-Arabien am 2. Januar Scheich Nimr al-Nimr gemeinsam mit 46 anderen Menschen hingerichtet — ungeachtet der internationalen Forderungen, den berühmten Schia-Kleriker und andere inhaftierte politische Dissidenten im Königreich freizulassen.

Im Juli 2017 forderte Amnesty International Saudi-Arabien auf, die Hinrichtung von 14 Menschen zu unterbinden. Diese waren nach einem „eklatant unfairen Massengerichtsverfahren“ im Rahmen der „blutigen Hinrichtungsorgie“ des Königreichs zum Tode verurteilt worden.

„Indem sie diese Urteile bestätigten, offenbarten die saudi-arabischen Autoritäten ihr gnadenloses Bekenntnis zur Todesstrafe als Waffe, um Dissens niederzuschlagen und politische Gegner zu neutralisieren“, sagte Samah Hadid, Amnesty Internationals Kampagnendirektor für den Mittleren Osten.

Diese 14 Menschen wurden wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Herrscher“ angeklagt und verurteilt — weil sie, unter anderem, „an Schießereien gegen Sicherheitsbeamte und Sicherheitswagen teilgenommen“, „Molotow-Cocktails hergestellt und eingesetzt“ sowie „Chaos hervorgerufen, Aufstände organisiert und daran teilgenommen“ hatten.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Saudi Arabia’s Human Rights Record, Raises Number of Beheadings by 70%, Lack of Basic Freedoms for Women and Girls“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.