Biedermann und die Brandstifter
Große Empörung herrscht über die „Remigrations“-Vorschläge von Martin Sellner. Doch diese ähneln auffällig Planungen der Weltbank und sind daher keine „Wannsee-Konferenz 2.0“.
Eine Welle der Empörung geht durch Deutschland. Anscheinend sind gemeingefährliche Nazis gerade dabei, die Macht zu übernehmen. Heimlich hinter verschlossenen Türen haben demzufolge sinistre Gestalten den Plan ausgeheckt, wie man missliebige Ausländer aus Deutschland rausschmeißen kann. Die Recherchegruppe Correctiv hat die finsteren Erscheinungen überwacht und gefilmt (1). Correctiv ruft böse Assoziationen zu der verhängnisvollen Wannseekonferenz wach, wo 1942 der Beschluss gefasst wurde, Juden ab sofort in Vernichtungslager zu schicken, anstatt sie wie bisher in Arbeitslagern bis zum körperlichen Zusammenbruch für die Rüstung schuften zu lassen. Die Ähnlichkeit zwischen dem informellen Treffen in Potsdam und dem Genozidbefehl von 1942 besteht jedoch nur darin, dass die Wannseekonferenz in einem Haus etwa acht Kilometer vom jetzigen Tagungsort stattgefunden hat. Correctiv hat in diesem Punkt ja nur frei assoziiert. Die Macher des Recherchenetzwerks setzen aber hier vermutlich auf die oberflächliche Wahrnehmung, mit der die große Masse der Bevölkerung Klickzahlen erzeugende Reizwörter und Schlagzeilen aufsaugt. Entsprechend emotional überzogen fällt denn auch die Reaktion der Teilnehmer auf den diversen Demonstrationen „gegen rechts“ aus. Auf diesen Demos werden Transparente unter Geleitschutz der Polizei hochgehalten, die zur Tötung von AfD-Mitgliedern aufrufen (2). Da schänden im Windschatten dieser Demonstrationen gegen rechts sogenannte Antifas eine Gedenkstätte für die Opfer der alliierten Bombenangriffe auf Dresden im Jahre 1945 (3).
Wir unterstellen einmal, dass die überwältigende Mehrheit der Demonstranten guten Willens ist und sich berechtigte Sorgen um den Fortbestand von Toleranz und Freiheit macht. Ihr guter Wille wird allerdings von perfiden Strategen für ganz andere Zwecke missbraucht. Bewusst wird hier schwammig ein Kampf „gegen rechts“ proklamiert. Wir wissen nun seit über vier Jahren, dass der „Kampf gegen rechts“ immer dann aufgerufen wird, wenn irgendwelche Bevölkerungsgruppen den Zumutungen der Regierung zu widersprechen wagen. Es trifft meistens Gruppen, die zu den vom Aussterben bedrohten Arten auf der Roten Liste gehören: Menschen, die sich den Grundsätzen der Aufklärung und einer transparenten Demokratie verpflichtet fühlen, die aber von der Mainstream-Presse als „Querdenker“ eingetütet wurden.
Jetzt kommen die Bauern dazu. Die Auslöschung der familiengeführten bäuerlichen Betriebe ist unverkennbar Regierungsprogramm, angefeuert von der EU-Kommission. Dann kann man die konzertierte Hetze der Medien und der Politik auch gegen andere Gruppen wenden, zum Beispiel gegen Lokomotivführer, Fluglotsen, Rentner, Sozialhilfe-Empfänger — was immer man sich vorstellen kann. Sie alle sind „rechts“, sobald sie den Leidensdruck nicht mehr aushalten und lautstark zu protestieren beginnen.
Sie alle können bei Bedarf Opfer der Kampagnen „gegen rechts“ werden.
Zudem hat schon der Chefideologe des US-Kapitalismus, Walter Lippmann, in seinem Buch „Die Öffentliche Meinung“ festgestellt, dass man miteinander konkurrierende Bevölkerungsgruppen nur unter einen Hut bringen kann, wenn man sie auf einen möglichst nebulös formulierten Feind fokussiert (4).
Der Feind muss abstrakt und ungreifbar bleiben, aber trotzdem möglichst schaurig und ekelhaft erscheinen. Das lässt sich mit der unseligen Wannseekonferenz-Assoziation ganz hervorragend bewerkstelligen. Ansonsten gebildete und kultivierte Mitbürger beschimpfen vermeintliche „Rechte“ nur noch mit hysterischem Geschrei und Schaum vor dem Mund.
Ja, die Propagandisten dieser „gegen rechts“-Aufmärsche beherrschen das Einmaleins der Public Relations. Die jetzige Demo-Gegen-Rechts-Kampagne ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von Werbeagenturen ersonnen worden. Die Politiker haben ihre eigene Kreativität und eigenes Denken schon lange an von der Wirtschaft gegründete Stiftungen und Werbeagenturen outgesourced. Und so schaffen die „Gegen-rechts“-Demos in erster Linie nach einer längeren Phase des aufgestauten Zorns über die verordnete Verwahrlosung unseres Landes doch endlich wieder ein Wohlgefühl, nach wie vor einer starken Gemeinschaft von zutiefst anständigen Menschen anzugehören (5).
Man hat zwar nichts miteinander zu tun und motzt sich im täglichen Leben nur noch genervt gegenseitig an. Nun ist das bei den Demos für zwei Stunden mal ganz anders. Und wie sich nach einer gelungenen Fußballweltmeisterschaft Leute, die sich sonst mit dem Allerwertesten nicht anschauen, nach dem deutschen Finalsieg in die Arme fallen, so ist auch hier die reinigende Wirkung des gemeinsamen Hasses gegen einen imaginären Dritten bei diesen Wellness-Events, entsprungen aus den Hirnen der kreativen Werbeleute, wirksam.
Die kollektiv Wellness-Gebadeten wissen nicht, dass sie von den Strategen des Polit-Establishments zynisch an der Nase durch den Zirkus geführt werden. Denn bewusst wird fortlaufend wider besseres Wissen behauptet, die Alternative für Deutschland sei ein schauriger Wiedergänger der Nazis und ihrer schlimmen Genozid-Politik. Eine NSDAP 2.0 sozusagen. Nichts ist falscher als das.
Aber bevor wir uns um eine korrekte Einordnung der AfD und ihres Umfelds bemühen, schauen wir uns zunächst die Reaktion der Teilnehmer der informellen Konferenz in Potsdam an. Da wird gejammert, Correctiv habe ein privates Treffen heimlich belauscht.
Zunächst ganz klar gesagt: Im Rahmen der Privatisierung der Politik wird heutzutage kaum noch eine politische Grundsatzentscheidung wirklich in der Öffentlichkeit ausdiskutiert und entschieden. Politik wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht, in diskreten privaten Örtlichkeiten (6). Und wenn sich in dem Potsdamer Lokal Mandatsträger der AfD treffen, die wahrscheinlich nach den Wahlen im November in drei Bundesländern die Regierung stellen werden, dann ist das kein privater Stammtisch mehr. Hier werden möglicherweise die Grundsteine gelegt für eine Politik, die Millionen Bundesbürger betreffen wird.
Auch die Methode der heimlichen Beobachtung von diskreten Treffen ist immer integraler Bestandteil eines investigativen Journalismus gewesen, und man wünschte sich, eine Recherchegruppe würde mal in die abgeschirmten Konferenzräume von Klaus Schwab und seinen Freunden eindringen können. Als die Öffentlich-Rechtlichen Medien ihrem Versorgungsauftrag noch nachgekommen sind, haben ihre Recherchen mit versteckter Kamera immer wieder Waffenschieber und Bestechungen an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt.
Die Taktik der an das Licht der Öffentlichkeit gezerrten Akteure des Potsdam-Treffens erinnert an das Verhalten eines Menschen, der einen peinlichen, laut vernehmbaren Furz gelassen hat, und nun nach allen Seiten so tut, als sei nichts gewesen. Correctiv hat alle Beteiligten angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Das ist ein Akt der Fairness, die das seit Coronazeiten kompromittierte Team Correctiv den Kritikern der Coronapolitik gegenüber nie an den Tag gelegt hat. Es haben auf die Anfrage von Correctiv nur wenige Teilnehmer des Potsdam-Treffens geantwortet. Es gab aber bislang keine ernsthaften rechtlichen Schritte gegen die Correctiv-Veröffentlichungen. Anscheinend kann keiner bestreiten, dass die veröffentlichten Aussagen des Potsdam-Kreises tatsächlich so getätigt worden sind wie geschrieben.
Das Sympathisantenumfeld bedient sich zur Abwehr politischen Schadens der Framing-Methode: Correctiv wird von dem „linken“ Oligarchen George Soros finanziert. Also kann das nur böse sein (7). Andere Ausweichmethode: das Treffen zugeben, den Inhalt zugeben, aber nur über weniger brisante Aussagen sprechen. So lässt uns Werteunion-Begründer Hans Georg Maaßen wissen, er distanziere sich nicht von den Aussagen des Potsdam-Kreises. Er sieht sich von einer bösartigen Verschwörung umzingelt, deren letztendlicher Verursacher der sowjetische Ideologe Lenin sei (8). Als ehemaliger Geheimdienstchef wird er da wohl über siedend heiße Hintergrundinformationen verfügen …
Das ist denn doch gar zu billig.
Alles spricht dafür, dass die von Correctiv kolportierten Aussagen tatsächlich gemacht wurden. Statt selbstmitleidiges Gejammer zu produzieren, sollten sich die Betroffenen bitte offensiv zu ihren Äußerungen bekennen. In den sozialen Netzen wird mit der Verteidigung der Bürgerrechte für AfD-Mitglieder und deren Wähler auch gleich pauschal das Programm der AfD und ihres Umfeldes reflexartig mitverteidigt.
Doch die Aussagen des österreichischen Begründers der Identitären Bewegung, Martin Sellner, sind für eine Demokratiebewegung absolut untragbar. Sellner fordert nämlich bei dem informellen Treffen in Potsdam laut Correctiv, drei Gruppen der Bevölkerung aus Deutschland zu entfernen. Da sind zum einen Asylbewerber, dann zweitens Ausländer mit Bleiberecht in Deutschland. Und drittens Personen mit deutschem Pass, die einen Migrationshintergrund haben.
Das ist nun allerdings eine absolut steile Forderung. Denn irgendeinen Migrationshintergrund hat ja fast jeder Deutsche, auch der Autor dieser Zeilen. Diese Positionen sind eine glatte Unverschämtheit. Millionen von türkischen, russischen, italienischen und Einwanderern aus aller Herren Länder haben mit ihrem Fleiß und Enthusiasmus den Reichtum in Deutschland mit geschaffen.
Die AfD jedoch stellt in ihrem Programm unmissverständlich fest, dass Menschen mit deutschem Pass definitiv die vollen Bürgerrechte genießen sollen, egal welchen ethnischen Hintergrund sie haben. Ohne alle Abstriche. Das betont sogar Correctiv. Doch es gibt hier eine erhebliche Irritation. Denn bei dem Potsdamer Treffen war auch der wichtigste politische Berater der starken Frau der AfD, Alice Weidel, anwesend. Es handelt sich um Roland Hartwig, und der soll sich nach Darstellung von Correctiv sehr zustimmend zu den Thesen von Martin Sellner geäußert haben. Hier warten wir bis heute auf ein klares Dementi der AfD. Da dieses Dementi aber bislang nicht erfolgt ist, hat sogar die Vorsitzende der französischen Rechtsaußenpartei Rassemblé National, Marine Le Pen, angekündigt, ihre Zusammenarbeit mit der AfD zu überdenken (9).
Die Werbestrategen des „Gegen Rechts“-Marketings verorten Sellner und seine Freunde deswegen in der Neonazi-Ecke. Das ist eine böswillige Verkennung der Tatsachen. Denn was Martin Sellner in Potsdam vorgetragen hat, deckt sich sehr gut mit den Strategien der Weltbank und marktradikaler Ideologen. Sellner schlägt vor, in Nordafrika „Musterstaaten“ einzurichten, die nach europäischen Vorgaben endlich ordentliche Verhältnisse schaffen sollen. Dorthin könne man die in Deutschland lebenden unerwünschten Ausländer in die „Remigration“ schicken. Das ist nicht auf dem Mist von Sellner gewachsen.
Der ehemalige Chefökonom der Weltbank Paul Romer hat dafür die begleitende Theorie entwickelt (10). Nach seinen Plänen sollen in Ländern der Dritten Welt angloamerikanische Konsortien ganz neue Städte aus dem Boden stampfen. Diese Städte werden befreit von der gültigen Rechtsprechung in den jeweiligen Gastgeberländern. Die Investoren der Städte können sodann ihre eigenen Regeln autonom entwickeln und zudem ihnen verhasste Sozial- und Umweltstandards einfach ignorieren. Und es bleibt schon lange nicht mehr bei sporadischen Ansätzen.
Der Fachausdruck für diese neofeudalen Enklaven der Globalkonzerne lautet: Charter City. Paul Romer versuchte, eine solche Charterstadt zuerst 2008 in Madagaskar zu gründen. Zum Glück fand in Madagaskar ein Regierungswechsel statt, sodass das Projekt nicht weiter verfolgt wurde. Auch ein Versuch für eine Charter City in Honduras schlug fehl. 2018 versuchte der marktradikale Investor Tim Draper in Papua-Neuguinea eine synthetische Stadt aus dem Boden zu stampfen, die komplett mit Kryptowährung arbeiten sollte (11).
Und während das alles noch isolierte Versuche sind, nimmt die Charter City-Idee seit Januar 2023 richtig Fahrt auf. Ein nigerianischer Unternehmer stampft in der Nähe von Lagos die Charter City Itana aus dem Boden (12). Und in Ruanda gründete die Regierung extra für die Ansiedlung von Charter Cities das Rwanda Development Board (13). In einem sogenannten Memorandum of Understanding mit dem in Washington ansässigen Charter Cities Institute beschloss die ruandische Entwicklungsbehörde, langfristig an der Gründung von 50 Charterstädten in ganz Afrika mitzuwirken.
Diese Ereignisse stehen im Zusammenhang mit den immer intensiveren Bemühungen der globalen Konzerne und Finanzinstitute, die totale Kontrolle über diesen Globus zu erringen. Immer mehr öffentliches Eigentum wird privatisiert. Und nichts ist ihnen willkommener, statt alte Städte erst mühsam für die neue marktradikale Zielsetzung umzubauen, sondern gleich ganz neue Städte aus dem Boden schießen zu lassen. Das entspricht der Strategie der „leeren Tafel“ (tabula rasa), die die Marktradikalen schon seit Jahrzehnten verfolgen (14).
Und hier sind wir wieder bei den Betreibern der „Gegen Rechts“-Kampagne. Diese Neue Rechte hat wenig mit den Umtrieben der Nazis zu tun. Dafür aber umso mehr mit der Umsetzung der marktradikalen Agenda der Globalen Finanz-Konglomerate. Denn um diesen totalen Machtanspruch der Globalen Eliten gegen die demokratische Öffentlichkeit den Menschen draußen im Lande politisch schmackhaft zu machen, wird das Projekt mit einer synthetischen Bewegung garniert, die das Wort Freiheit vor sich her trägt.
Die Rede ist von der „libertären“ oder anarcho-kapitalistischen Richtung, die gerade in Argentinien mit dem bizarren Kettensägen-Demagogen Javier Milei in Regierungsverantwortung gelangt ist (15). Über Mileis Erfolg wird auch in AfD-nahen Kreisen gejubelt. Die sagenhaften „Gegen Rechts“-Demos führen ihre Anhänger bewusst in die Irre. Die Gefahr geht eben nicht aus von Knobelbecher-Nazis. Sondern von mehr oder minder feinen Herren, die libertäre Freiheiten versprechen und uns zurückschicken wollen in einen technologisch aufgeputzten neuen Feudalismus.
Feudalismus meint: Die Öffentlichkeit ist als Akteur und Gestalter ausgeschlossen. Reiche und Privilegierte bestimmen über das Schicksal rechtloser Untertanen. Genau das ist der feuchte Traum der Superreichen, die sich Jahr für Jahr in Davos zum World Economic Forum treffen. Und diese feuchten Träume bedient eben auch Martin Sellner. Sellner spricht vorsichtig noch von „Musterstaaten“, die der reiche Westen in Afrika errichten soll. Währenddessen werden schon die ersten „Musterstädte“ nach dem Gusto der westlichen Konzerne errichtet.
Ist es da ein Zufall, wenn sich der konservative britische Premierminister Rishi Sunak und die italienische Regierungsschefin Giorgia Meloni von der neofaschistischen Partei Fratelli d’Italia in Rom treffen, um über den zukünftigen Umgang mit Kriegs- und Elendsflüchtlingen zu reden (16)? Dabei betonte Sunak bei einer Rede vor der Nachwuchsorganisation der Fratelli d’Italia, böse Regierungen der Dritten Welt würden die reichen Länder durch gesteuerte Flüchtlingsströme erpressen wollen (17).
Vor den italienischen Nachwuchsfaschisten pries Sunak Signora Meloni und forderte die Regierungschefs der reichen Länder auf, sich den „Radikalismus und den Schwung“ der früheren britischen Regierungschefin Margaret Thatcher als Vorbild zu nehmen, um die Flüchtlingsströme abzuwürgen. Der albanische Regierungschef Edi Rama wurde herbeizitiert (18). Denn in Albanien könne man Flüchtlinge zwischenlagern, bis über ihr weiteres Schicksal entschieden wird. Und mit einem weiteren Land befinden sich Sunak und Meloni im Gespräch wegen der Abschiebung und Internierung von Flüchtlingen. Das Land heißt zufälligerweise: Ruanda. Warum sollte man nicht mit rechtlosen, entwurzelten Menschen auch eine Charter City aufbauen?
Die rassistische Kalkulation kann jeder unschwer erkennen: Die Flüchtlinge kommen zu uns, weil diese Afrikaner ihre Staaten nicht angemessen verwalten können. Also müssen angloamerikanische Investoren ihnen vormachen, wie man auf privatwirtschaftlicher Grundlage Musterstädte aus dem Boden stampft.
Wenn das funktioniert, kann man solche Charter Cities auf der ganzen Welt installieren und die verhassten Nationalstaaten einfach absterben lassen.
Die Sunak-Meloni-Initiative ergab sich, nachdem ein schmutziger Deal der Europäischen Kommission mit dem nordafrikanischen Staat Tunesien gescheitert war (19). An den Verhandlungen mit dem tunesischen Regierungschef Kais Saied nahmen damals neben der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auch noch der damalige niederländische Regierungschef Mark Rutte und die uns schon aus diesem Zusammenhang bekannte italienische Regierungschefin Giorgia Meloni teil. Tunesien sollte bis zu 900 Millionen Euro für die lahmende einheimische Wirtschaft erhalten, um im Gegenzug afrikanische Flüchtlinge festzuhalten und zu internieren. Dieser Deal führte zu Protesten von Menschenrechtlern, weil die tunesische Polizei bereits massenhaft afrikanische Flüchtlinge in die Wüste verschleppt hat, wo sie dem Tod durch Verdursten ausgeliefert sind (20).
Eine Verrohung und ein Verlust an Humanität, der beispiellos ist. Man rufe sich in Erinnerung, dass deutsche Kolonialtruppen in Namibia einheimische Nama-Stämme ohne Wissen der Reichsregierung ebenfalls in die Wüste deportiert hatten. Sie verdursteten in der Wüste. Die SPD hatte daraufhin die Reichsregierung durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Nach dem Skandal kam es zu Neuwahlen im Jahre 1907, den sogenannten „Hottentotten-Wahlen“. Die SPD gewann aufgrund der allgemeinen Empörung über diesen Genozid die Wahlen, verlor aber wegen des damals geltenden Mehrheitswahlrechts Sitze im Parlament. Das steht im krassen Gegensatz zur allgemeinen Gleichgültigkeit der Deutschen in der Jetztzeit gegenüber solchen extremen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Der Tunesien-Plan ist gescheitert. Umso heftiger verfolgen die europäischen Politiker jetzt die Ruanda-Option. Und wenn die Ampel-Koalition hier noch nicht „radikal und druckvoll“ genug wie Maggie Thatcher agiert, ist klar: Die nächste Regierung, die nach dem Debakel der nächsten drei Landtagswahlen kommen wird, ja, kommen muss, wird sich Sunaks und Melonis Schwung zu eigen machen. Und dann werden Martin Sellners Pläne zwangsläufig umgesetzt.
Die Demonstrationen „Gegen Rechts“ sind nur dann glaubwürdig, wenn sich die Teilnehmer mit den tatsächlichen Kräfteverschiebungen auf der globalen Bühne auseinandersetzen. Es ist aber gerade der Zweck dieser Demonstrationen, von den wirklichen Ursachen der Massenflucht abzulenken.
Wir haben immerhin eine Regierungskoalition, die selber aktiv Waffen und Geld nach Israel schickt, um damit den Völkermord in Palästina zu unterstützen (21). Und deren wichtigstes Geschäftsmodell im massenhaften weltweiten Export von Waffen in Krisengebiete besteht. Diese Regierung hat kein Anrecht, sich künstlich aufzuregen über besonders lautstarke Exponenten der politischen Konkurrenz, die ohne Regierungsverantwortung offen aussprechen können, was sowieso geplant ist. Diese Ampel-Regierung ist selber rechts. Sie unterscheidet sich von ihren Mitbewerbern aus dem ungeniert rechten Spektrum nur durch ihre extreme Heuchelei: als moralisierender Oberlehrer aufzutreten und dabei die übelsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit weltweit energisch zu unterstützen.
Um sich dagegen zur Wehr zu setzen, muss die Demokratiebewegung sich neu definieren und vernetzen. Eine immense Aufklärungsarbeit ist unerlässlich, um sich den neuen Herausforderungen zu stellen.