Balladen aus dem Bahnhofsladen
Jens Fischer Rodrian räsoniert in einem Gedicht über seine Künstlerkollegen, die ihre intellektuellen Fähigkeiten in der Coronakrise ruhen ließen ― ebenso wie ihren Mut.
In den letzten drei Jahren haben wir viele neue Poeten und Dichterinnen kennenlernen dürfen, die mit lyrischer Kraft und Courage ihren Unmut über die politische und gesellschaftliche Entwicklung zum Ausdruck gebracht haben. Einige davon werden wir in dieser Reihe vorstellen. Es sind auch Schreiber dabei, die man aus anderen Tätigkeitsfeldern kennt, so wie Wolfgang Wodarg, Gunnar Kaiser oder Matthias Burchardt. In ihrer ganz eigenen Sprache thematisieren sie das Weltentreiben in ihren Gedichten und Elegien.
Bevor wir einige dieser Texte vorstellen, die sich unter anderem mit der C-Krise beschäftigen, möchte ich ein brandaktuelles Gedicht mit Euch teilen, das ich jüngst, auf der Fähre nach Pellworm, schrieb.
Beim Stöbern in der Bahnhofsbücherei entdeckte ich einen geschätzten Kollegen. Der erste Impuls war Stolz. Toll, dachte ich, da steht er jetzt, wo ihn jeder finden kann, auch wenn man ihn gar nicht sucht. An dem Ort, wo die Zeit mal inne hält, an dem Leute verweilen, auf den nächsten Zug warten und sich in einer spontanen Kauflaune auch mal für einen (noch) unbekannteren Dichter entscheiden ― einfach weil er da ist und, im besten Fall, neben Kaléko, Hesse oder Brecht steht.
Der zweite Gedanke war nicht mehr so freudig, denn in dem selben Laden stehen vor allem die angepassten, systemkonformen Schreiberlinge, die seichte Unterhaltung oder Infotainment anbieten, die nicht wirklich anecken wollen, die sich dem Zeitgeist unterordnen, um den Absatz ihrer Bücher nicht zu gefährden.
Heute stellt sich die Frage, ob Kaléko, Hesse oder Brecht es begrüßen würden, neben Stockowski, Hirschhausen und Precht zu stehen, die ihrerseits gern das Fähnlein nach dem Wind drehen, sodass der Sturm nie zu stark ins Gesicht bläst und die Frisur, und alles was darunter noch vorhanden sein mag, unbeschädigt durch die stürmischen Zeiten kommt.
Was man einigen dieser Autoren angeboten hat, sodass sie brav den Regierungskurs unterstützen, weiß man aus den Spendenlisten einiger Stiftungen. Es bleibt die Frage offen, ob sie die Thesen, die sie verbreiten, mittlerweile selber glauben, oder ob auch das ab einem gewissen Betrag keine Rolle mehr spielt.
So oder so gibt es gute Gründe, nicht in der Bahnhofsbücherei erhältlich zu sein. Aber, und das sei noch kurz erwähnt, an Kontaktschuld glaube ich auch hier nicht. Denn keiner kann im Voraus wissen, ob er neben Brecht oder Precht einsortiert wird.
Balladen aus dem Bahnhofsladen
Ein Freund, Poet, steht bei der Bahnhofspresse
Soll man sich wundern oder freuen?
Da steh ja auch der Hermann Hesse
Wenn der das wüsste, würd´ er´s bereuen?
Dort findet man sehr viel Konformes
Die Braven, die kaum hinterfragen
Zumindest seit in diesen Tagen
Demonstranten auf den Straßen lagen
Mit nebulösen, schönen Worten
Wollt Ihr uns schmeicheln und verzaubern
Doch Eure Haltung? Nicht zu orten!
Ist es verständlich, oder zum schaudern?
Ich bin noch immer sprachlos
Nach drei sehr langen Jahrn´
Fühlt Ihre Euch wirklich aufgehoben
Bei all dem andern´ Bahnhofskram?
Wenn Welten auseinanderbrechen
Der Zeiger kurz vor Zwölve steht
Ist auch mal Schluss mit Larifari
Da braucht es Mut und kein Gebet
So vielen Denkern fehlt der Mumm
Sich lauthals zu beschweren
Stattdessen laufen sie jetzt schweigend mit
Solln´ es die anderen für sie klären
Die Andern´ aber gibt es nicht
Man muss es selber richten
Kommt raus aus Euren Löchern - jetzt!
Man will das Menschsein schlicht vernichten
Wenn Ihr dies eine mal verpennt
Den Ernst der Lage nicht erkennt
Dann seid ihr wirklich nicht zu retten
Dann hängt Ihr fest in Euren Ketten
Nach all den Lügen über Viren
Folgen nun Lügen über Feinde
Die andere Seite seht Ihr nicht
Denn Ihr hängt fest an Ihrer Leine
Ihr habt geschwiegen, als Eures Gleichen
Mit Haß und Schmutz beworfen wurden
Ihr habt versucht uns auszuweichen
Wollt uns aus Eurem Leben streichen
Was schert es Euch, Ihr schreibt Geschichten
Und dreht Euch um den eigenen Nabel
Die Welt könnt´ bald in Trümmern liegen
Doch Ihr seit einfach ausgestiegen
All das was Euch gegeben ist
Man könnt´ es nutzen mit Verstand
Ziviler Ungehorsam - Euch ein Graus
Da geht Ihr lieber Hand in Hand
Mit all den Andern‘, die laut schweigen
Sich vor dem Gesslerhut verneigen
Nie war mir meine Zunft so fremd
Euch gab ich einst mein letztes Hemd
Ich kann mich trotz der vielen Wunden
An Abschied nur sehr schwer gewöhnen
Die Seele ist schon arg geschunden
Das Herz möchte sich gern versöhnen
Die Tür, sie ist noch angelehnt
Der Weg zurück steht offen
Ich will die Zuversicht umarmen
Denn was uns bleibt, ist still zu hoffen
Das Buch können Sie hier bestellen: als Taschenbuch, Hörbuch oder E-Book.
Stimmen zum Buch:
„Eine Medien-Armada ist gegen uns unterwegs. Sie will uns zu Narren machen. Ihre Schiffe tragen Namen wie ‚Nie wieder Tod‘, ‚Ewige Gesundheit‘ und ‚Spitzen-Spritze‘. Mit geblähten Segeln täuschen sie frischen Wind vor. Doch der Wind kommt aus dem Lügenland. Der Kurs geht zu den Inseln der Unterwerfung. Das Kommando haben die Kapitäne der Pharma-Industrie. Gebaut wurden sie in den Profit-Werften des großen Kapitals. Doch, welch Glück: Auch Freimeuterer sind unterwegs. Bewaffnet mit den Säbeln der Poesie, den Kanonen der Musik, den Enterhaken des freien Wortes. Es ist die Kunst, sind die Künstler, die der Armada den Weg versperren. Sie verdrängen die Leere verordneter Gedanken, lassen die Stürme der Veränderung los und bringen die Verhältnisse zum Tanzen. Ihre Fahne ist die der Freiheit und alle sind der Kapitän. Ahoi! Das gute Land der echten Menschen kommt endlich in Sicht.“
Uli Gellermann, Filmemacher
„Jens Fischer Rodrian verstand bereits im Frühjahr 2020, wie notwendig humanistisch- künstlerischer Widerstand werden würde. Umso stärker litt er, als die sonst so gesellschafts- und systemkritischen Kolleginnen und Kollegen partout nicht aufstehen und sich gegen das stattfindende Unrecht erheben wollten. Trotz der ernsten Lage blieb er großzügig, öffnete sein Herz und gemeinsam mit seiner Frau Alexa auch sein Haus für Suchende und Verzweifelte, um gemeinsam mit ihnen Mut und Zukunft zu kreieren. Diese Auseinandersetzungen fügen sich zu seinem neuen Werk. Ich habe ihm zu danken.“
Eva Schmidt, Journalistin
„Jens Fischer Rodrian zählt zu den wenigen Künstlern, die sich gegen die Corona-Agenda zur Wehr setzen und über ihre Hintergründe aufklären. Er weist damit die Richtung, wie Kunst diese dunkle Zeit zu überstehen vermag.“
Ernst Wolff, Autor
„Jens Fischer Rodrian ist nicht nur ein wunderbarer Mensch und Künstler, sondern auch ein sensibler Chronist der seltsamen Zeitläufte, die wir gerade durchschreiten. Stets prall-lebendig, mitsinnig, denkend und mitdenkend, anrührend menschlich und scharf beobachtend.“
Jochen Kirchhoff, Philosoph
„Jens Fischer Rodrian und sein Werk gibt es eigentlich nicht. So klarsichtig und zugleich positiv kann keiner sein. Ich danke ihm von Herzen, dass er auch diese Vorschrift genial ignoriert.“
Paul Brandenburg, Arzt
„Ohne Kunst werden wir der Möglichkeit beraubt, mit unseren tiefsten Emotionen in Kontakt zu kommen. Sie ist ein wichtiger Teil unseres Selbstwerdungsprozesses. Danke an Jens Fischer Rodrian für dieses Buch.“
Jens Lehrich, Moderator