Autoritären Überwachungsstaat entlarven

Mit dem Bevölkerungsschutzgesetz dekretieren die Herrschenden Unterwerfung und Gehorsam, um an der Macht zu bleiben und die totale Digitalisierung durchzudrücken.

Mit der Verabschiedung des „Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wurde das Infektionsschutzgesetz (IfSG) novelliert. Daran beteiligt waren an ein und demselben Tag, dem 18. November 2020, der Bundestag, der Bundesrat und der Bundespräsident. Deren hastige Zustimmung zum Gesetz bedeutet einen weitreichenden und ungeheuer gefährlichen Einschnitt in die Geschichte der Bonner Republik und ihrer Folgeinstitutionen im vereinigten Deutschland. An dem Tag demonstrierten Zehntausende in Berlin und in vielen Städten gegen diesen Putsch zur Formallegitimation des Ausnahmezustands. Auch auf dem Marktplatz von Bremen — beim Freiheitsdenkmal des Roland — trafen sich Menschen zu einer Kundgebung. Rubikon veröffentlicht die Rede, die der Politikwissenschaftler Rudolph Bauer dort gehalten hat.

Historischer Rückblick

Am 19. November 1918 stimmten die Bremer Arbeiter- und Soldatenräte über eine Resolution ab. In diesem Beschluss wurde die Einberufung einer Nationalversammlung aller Arbeiter- und Soldatenräte gefordert. Das war vor 102 Jahren.

Die von den revolutionären Arbeitern und Soldaten geforderte Nationalversammlung aller Arbeiter- und Soldatenräte kam nicht zustande. Die Mehrheitssozialdemokraten waren gegen eine Rätedemokratie. Stattdessen wurde die Weimarer Verfassung beschlossen. Die Weimarer Republik wurde ins Leben gerufen.

Sie endete mit Notverordnungen und dem Ermächtigungsgesetz in der Nazi-Diktatur. Der Nazifaschismus steht für Unfreiheit, Befehl und Gehorsam, für Millionen Ermordeter, Kriegstoter und Verwundeter, für Zivilopfer und zerstörte Länder, für Flucht und Vertreibung, Traumata und versteinerte Herzen.

Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident haben heute auf putschistische Weise ein Gesetz besiegelt, das uns erneut mit einer Situation wie am Ende der Weimarer Republik 1933 konfrontiert.

Erneut drohen uns Unfreiheit und Zerstörung, Millionen Tote, Verletzte, Ausgebombte, Menschen auf der Flucht, traumatisiert und entmenschlicht. Als massive Einschränkungen unserer Freiheit sind zu erwarten: ein allgemeiner Impfzwang oder der Verzicht auf Reisen, Zwangstestungen oder der Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe, der Verlust des Rechts auf körperliche Unversehrtheit, Versammlungs- und Kundgebungsverbote et cetera. Große Teile der Wirtschaft liegen schon am Boden und werden zerstört.

Gesundheitliche Impfschäden mit tödlichen Folgen sind abzusehen. Der Impfstoff-Investor Bill Gates rechnet damit, dass die erste „Impfwelle“ die Weltbevölkerung um 15 Prozent verringert. (1) Sozial und psychisch verletzte Menschen werden in großer Anzahl weltweit durch den Mangel an Kontakten, an sozialer Teilhabe und an Sauerstoff im Gehirn in den Tod oder Selbstmord getrieben. Infolge von Ernteausfällen werden Fluchtbewegungen beziehungsweise Millionen von Hungertoten in den armen Ländern der Welt erwartet.

Heute, am Vorabend des denkwürdigen Datums von vor mehr als einem Jahrhundert, beginnt erneut ein verschärfter Prozess des Niedergangs der Demokratie in Deutschland. Wir befinden uns wieder an der satanischen Höllenschwelle zum Inferno eines faschistischen Totalitarismus, zu Krieg und Überwachung, zu Expertokratie und Säuberungen, zu militärischem Größenwahn und technokratischer Weltordnungsphantasie.

Vordergründig geht es bei dem heutigen Gesetzesbeschluss um einschneidende Maßnahmen zur massiven Freiheitsbeschränkung für die Bürgerinnen und Bürger. Durch diese Maßnahmen soll die Exekutive pseudorechtlich in die Lage versetzt werden, auf demokratische Verfahren verzichten zu können.

Sobald eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch ein Virus angenommen wird, ist das Durchregieren per Dekret „rechtens“ und an der Tagesordnung. Diese Tagesordnung — so scheint es und wird beteuert — sei dem Coronavirus geschuldet. Das aber ist irreführende Propaganda.

Das Virus überblendet all die anderen Probleme und Widersprüche, die sich angesammelt haben und die ein Beweis dafür sind, dass die Regierenden versagt haben.

Das Virus lenkt von diesem Versagen ab. Man zeigt auf das Virus und kehrt die vielen anderen wichtigen Problemen unter den Teppich eines autoritären Medizinfundamentalismus. Das erkannte auch die Chefredakteurin des Weser-Kurier, Silke Hellwig. Im Kurier am Sonntag kommentiert sie vor wenigen Tagen (2):

„Bevor sich das Virus verbreitete, wuchs laut Umfragen das Unbehagen in der Bevölkerung angesichts sozialer Ungleichheit, Umweltzerstörung und Turbokapitalismus. Alles das scheint vor dem Virus zu verblassen.“

Ja, „alles das scheint vor dem Virus zu verblassen“. Zum Beispiel die sozialen Probleme. Da wir sie alle kennen, beschränke ich mich auf Stichworte. In nenne die Vernachlässigung des Sozialstaats, die Kinderarmut, die Wuchermieten, die Ghettos der Migranten, die Preisgabe der Einrichtungen für die öffentliche Daseinsvorsorge an Investoren. Diese schlagen aus Energie, Wasser, Nahrung, Verkehr, Bildung, Gesundheit und Pflege Profite. Profite sind das Maß aller Entscheidungen, nicht der Mensch.

Oder ich denke an die kaputten Schulen, die fehlenden Lehrer. Ich nenne Massenleiden wie den Krebs, die Erkrankung von Herz und Lunge als Folge von Umweltzerstörung und -verschmutzung; ferner Alzheimer und Diabetes sowie die Antibiotikaresistenzen als Folge der Massentierhaltung; die Verseuchung der Böden und des Trinkwassers, Wirbelstürme, Überschwemmungen, Flächenbrände.

Im Bereich von Wirtschaft und Finanzen sei erinnert an die Bankenkrise 2008, an die für viele schmerzhaften Verluste von Erspartem und der Rücklagen für die Alterssicherung, an Negativzinsen, an Betrug und Korruption, an Deutsche Bank, den Dieselskandal, Wirecard oder beim Verteidigungsministerium unter Frau von der Leyen. Man muss nur die jährlichen Berichte des Bundes der Steuerzahler aufblättern, um eine Ahnung zu bekommen, was alles schief läuft, wie Steuern verprasst werden — und wovon Corona ablenkt.

Oder nehmen wir die politischen Probleme: zum Beispiel den Rechtsruck in der Gesellschaft, verantwortet durch eine Politik der Volksverachtung, oder die sogenannte Politikverdrossenheit, das Zusammenspiel von Verfassungsschutz und Terroristen, die Militarisierung, die Aufrüstung, die gewissenlosen Waffenexporte und die schnöde Missachtung des Mehrheitswunsches in der Bevölkerung, keine Kriege zu führen.

Alle sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Probleme, die durch Corona an Bedeutung verloren zu haben scheinen, deuten auf ein fundamentales Versagen der Politik hin. Sie verweisen aber auch auf tiefere Ursachen: auf den Höhepunkt der krisenhaften Erschütterung des politisch-ökonomischen und ökologischen Systems. Und das global, im Weltmaßstab.

Von den Folgen dieser ökonomischen Zwangslage und den menschenfeindlichen Auswirkungen der kapitalistischen Methode, die Wirtschaft erneut zu sanieren, werden vor allem die Lohnabhängigen betroffen sein. Weltweit sind sie Armut, Hunger, Elend und Krankheiten ausgeliefert. Weltweit müssen sie sich um den Preis ihrer Pauperisierung in den Ländern unter kapitalistischer Oberherrschaft organisieren, Widerstand leisten und die Ketten der Unfreiheit abwerfen.

Auch in Deutschland wird die „marktkonforme Demokratie“, so Angela Merkel, durch eine Überproduktionskrise und sinkende Profitraten in Mitleidenschaft gezogen. Das bedeutet für die Lohnabhängigen, ihre Familien und die Rentner auf lange Sicht: stagnierende Einkommen, deren Wert inflationär verfällt, Arbeitslosigkeit, Verelendung, Not, hungernde Menschen, wohnungslose Menschen, physisch und psychisch kranke Menschen.

Deren Zahl droht weiter zu wachsen infolge der „Naturkatastrophe“, als welche Minister Jens Spahn das Coronavirus bezeichnet. Schon jetzt ergeben sich aus den Corona-Maßnahmen zusätzliche wirtschaftliche und soziale Probleme: zum Beispiel Kündigungen und Arbeitslosigkeit bei den Beschäftigten in der Gastronomie. Bei den Gaststättenbesitzern und im Kulturbereich stehen Ende dieses Jahres Insolvenzen an. Kulturschaffende, Künstler, Schriftsteller und Komponisten gehen vor die Hunde. Musiker haben keine Einkünfte, Schauspieler keine Engagements, Unterhaltungskünstler kein Publikum.

Eine Lawine von sozialen Problemen bricht herein: Studierende, die keine Jobs bekommen; Sportvereinsmitglieder ohne Training und Begegnungsmöglichkeit; leere Fitness-Studios, leere Säle, leere Konferenzräume, leere Stadien; leere Theater und Konzertsäle, leere Kirchen und Gebetshäuser, leere Werkstätten und Fabrikhallen und so weiter. Leere Flugzeuge, leere Bahnen, leere Schiffe …

Fassen wir zusammen:

  • Erstens: Corona stellt viele wichtige, schon vorher bestehende Probleme und Widersprüche in den Schatten.
  • Zweitens: Corona beziehungsweise die dagegen ergriffenen Maßnahmen schaffen zusätzliche neue Probleme.
  • Drittens: Die anlässlich von Corona beschlossenen Maßnahmen legitimieren milliardenschwere Hilfsprogramme, die beitragen zur totalen Digitalisierung, das heißt zur Einbindung in ein autoritäres Überwachungssystem aufgrund unserer persönlichen Daten, ferner zur Entwicklung neuer Energieträger wie Wasserstoff, zur Herstellung eines Impfserums für Massenimpfungen, zur Formalausstattung von Bildungseinrichtungen, ohne Bildungsanspruch und Befähigung zur Kritik, und so weiter.
  • Viertens: Die angeblich durch Corona „bedingten“ Maßnahmen zur Freiheitsbeschränkung beinhalten ein Disziplinierungsprogramm, das auf Befehl und Gehorsam rekurriert, bei Zuwiderhandlung Strafen!
  • Fünftens stellt das verfassungswidrige Bevölkerungsschutzgesetz ein staatliches Handlungsinventar zur Verfügung, das die Demokratie aushebelt und im Fall von sozialen Unruhen und Streiks zum Einsatz kommt, um politische Kontrolle auszuüben.
  • Sechstens: Das Bevölkerungsschutzgesetz schützt nicht die Bevölkerung, sondern in erster Linie die Regierenden, die sich offensichtlich verrannt haben. Vorerst ermöglicht es ihnen, ihr „Gesicht“ zu wahren, einerseits angesichts vieler, in der Bevölkerung inzwischen aufgekommener Zweifel an der Zweck- und Verhältnismäßigkeit der bisherigen Entscheidungen; andererseits angesichts der Tatsache, dass der Virus-Schock seitens der Hightech-Industrie, des pharmazeutisch-industriellen Komplexes, der Autobranche sowie der Fluglinien und Airports instrumentalisiert wurde, um milliardenschwere Subventionen zu ergattern, die von den Regierungen verantwortungslos verteilt wurden und unermessliche Schulden zur Folge haben.
  • Siebtens: Während Corona die politische Agenda bestimmt, werden unter der Hand Fakten geschaffen. Ein neuer Medienstaatsvertrag tritt in Kraft. Das Cyber-Abwehrzentrum der Bundeswehr wird ausgebaut. In unverfrorener Weise wird militärisch gerüstet, werden Waffen exportiert, werden Kriege vorbereitet. Noch in diesem Monat werden für 5,4 Milliarden Euro — Kostensteigerung nicht ausgeschlossen — 38 Eurofighter bestellt. Deutschland weigert sich, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen.
  • Achtens: Das Bevölkerungsschutzgesetz weist historische Parallelen zur Bevölkerungspolitik des Nazifaschismus auf. (3)

Es ist allerhöchste Zeit, sich die aufgezeigten Zusammenhänge bewusst zu machen und sich auf politische Auseinandersetzungen vorzubereiten, die aus folgenden Gründen erfolgreich sein können:

  • Erstens, weil sich das aktuelle Wirtschaftssystem in einer epochalen Krise und im Niedergang befindet;
  • zweitens, weil die Fortsetzung des aktuellen Wirtschaftssystems mit digitalen Mitteln die Unterdrückung, Ausbeutung und Unfreiheit der Menschen zwar auf eine technologisch neue Stufe heben würde, die Grundübel der profitbesessenen Wirtschaftsweise dadurch aber nicht beseitigt werden, sondern vielmehr dergestalt sich verschärfen, dass die qualifizierten Werktätigen und die künftigen Generationen massenhaft auf die Straße gehen und protestieren werden, statt in bewusstloser und willenloser Unfreiheit zu Untertanen eines retrofeudalen Geld- und Machtadels zu werden;
  • drittens werden die kommenden politischen Konflikte erfolgreich sein, weil sie in einem globalen Maßstab ausgetragen werden, das heißt, dass an unserer Seite nicht nur die Völker Europas kämpfen — und ein Europa von unten aufbauen werden —, sondern auch die Völker in Afrika, Asien, Nord- und Lateinamerika;
  • viertens wird unser Kampf erfolgreich sein, wenn es uns gelingt, sowohl Teile der Polizeikräfte und des Militärs, als auch die volksnahen, zum Beispiel befreiungstheologischen Teile der christlichen Kirchen und anderer Glaubensrichtungen wie des Islam sensibel zu machen für die Gefahren des Faschismus, und indem wir sie davon zu überzeugen, dass wir es ablehnen, in den alten Strukturen nur die Posten neu zu besetzen. Wir brauchen und schaffen neue Strukturen. Unsere Volksvertreter werden richtige Berufe gelernt haben und sind jederzeit abwählbar. Wir brauchen keine Pöstchenjäger wie bisher.

Bremerinnen und Bremer, Freundinnen und Freunde der Freiheit, der Bremer Freiheit: An diesem 18. November lasset uns die bedrückende Last der Gegenwart abschütteln!

Lasst uns gemeinsam den Blick in die Zukunft richten — in jene Zukunft, in der die Kranken geheilt und mit natürlichen Mitteln gestärkt werden, in der die Schwachen — Kinder, Alte und Behinderte –geschützt werden und die Gesunden Selbstverantwortung übernehmen, statt dass sie mit widersprüchlichen und unsinnigen Vorschriften entmündigt und reglementiert werden.

Wir wollen eine Zukunft ohne Befehl und Gehorsam, ohne Abstand-Halten und Masken-Tragen, eine Zukunft der gegenseitigen Anerkennung, der Freundlichkeit und Liebe, gesunder Lebens- und Arbeitsbedingungen, der Kooperation und der Mitmenschlichkeit. Wir wollen Gesicht zeigen und uns in Freiheit und Freundschaft umarmen.

Dem Hygiene-Regime die Stirne bieten
für Freiheit, Gleichheit und Völkerfrieden


Quellen und Anmerkungen:

Rudolph Bauer, geboren 1939, studierte Germanistik, Soziologie, Philosophie und Politikwissenschaft und promovierte 1967 in Politikwissenschaft. Er arbeitete viele Jahre an der Universität Bremen. In den 1980er und 1990er Jahren war Bauer während mehrerer Wahlperioden Dekan. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit sind die Soziologie gesellschaftlicher Minderheiten, die Analyse der Sozial- und Wohlfahrtspolitik sowie die Analyse Sozialer Bewegungen. Seit 2014 publiziert er vor allem zu Fragen der Militarisierung sowie der Antikriegs- und Friedensbewegung. Bauer ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac. Er ist weiter auf den Gebieten der Bildenden Kunst, der Literatur und der Sozialwissenschaften tätig.

(1) Bei einem TED-Talk im Jahr 2010 erklärte Bill Gates: „Auf der Welt leben heute 6,8 Milliarden Menschen. Das steigt auf etwa 9 Milliarden an. Wenn wir nun bei den neuen Impfstoffen, der Gesundheitsfürsorge und der Familienplanung wirklich gute Arbeit leisten, könnten wir diese Zahl vielleicht um 10 oder 15 Prozent senken.“
(2) weser-kurier.de
(3) Siehe die Beiträge in: Heidrun Kaupen-Haas (Hrsg.): Der Griff nach der Bevölkerung. Aktualität und Kontinuität nazistischer Bevölkerungspolitik. Nördlingen 1986