Austauschbare Identität
Die Identifikation mit einem anderen biologischen Geschlecht gilt nicht mehr als seelische Störung — für Gesundheit und Entwicklung der Kinder birgt dies auch Gefahren.
Wie könnte ein stimmiger Umgang mit transidentifizierten Teenagern aussehen? Der Trend ist klar: Transgeschlechtlichkeit wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht mehr als psychische Störung klassifiziert (1). Der Ausdruck der eigenen Geschlechtsidentität, auch von Kindern, wird zunehmend als Grundrecht angesehen. Entsprechend werden Gesetze und Leitlinien so gestaltet, dass Kinder leichten Zugang zu Hormonen, Operationen und geändertem Personenstand haben. Dieser Sichtweise widersprechen der Jugendpsychiater Alexander Korte und die Sexualmedizinerin Gisela Gille in einem Artikel der Zeitschrift für Sexualmedizin (2), indem sie deutliche Parallelen zwischen Magersucht und Transidentifizierung bei Jugendlichen aufzeigen. Sie sehen die explodierende Zahl pubertierender Mädchen, die sich als „Trans“ outen, als eine schlecht gewählte Strategie, um mit den seelischen Problemen des Heranwachsens zurechtzukommen. Entsprechend empfehlen sie für diese Kinder Therapie statt Hormone.
Auf die Frage „Wenn es eine gute Fee gäbe, worum würdest du sie bitten?“ antwortete etwa ein Drittel der befragten Siebtklässlerinnen, „dass ich ein Junge wäre“ — ein Wunsch, der früher so gut wie nie geäußert wurde. Mehr als achtzig Prozent der transidentifizierten Jugendlichen sind mittlerweile Mädchen. Laut WHO (3) und auch nach deutschen Leitlinien (4) soll jedes Kind in seinem Wunsch nach Transition bestätigt werden, was konkret die Verschreibung von Pubertätsblockern, Gegenhormonen (Östrogen für Jungen und Testosteron für Mädchen) und Operationen einschließt.
Interessant ist laut Korte und Gille, dass sich die Mehrheit dieser Mädchen keinen männlichen Körper wünscht, sie wollen gar keinen Penis oder Bartwuchs. Aber sie lehnen ihren eigenen sich entwickelnden Körper ab, und das massiv. Sie wollen keine Periode haben, sie wollen nicht kurvig werden, sie wollen keine Brüste — und vor allem wollen sie dünner sein, viel dünner.
Die Pubertät ist für Mädchen durch die Verbreitung von Handys und Social Media schwieriger geworden. Unrealistische Schönheitsideale finden weite Verbreitung; viele Studien zeigen, dass sich Mädchen zunehmend für hässlich und unattraktiv halten und sich für ihren Körper schämen. Auch die Allgegenwärtigkeit von Pornos, oft in sehr frauenverachtender Form, setzt ihnen zu. Vielen Mädchen graut es vor den sexuellen Erwartungen von Jungen; sie wissen auch nicht, wie sie zu einer erfüllten Beziehung kommen sollen.
Scheitern Mädchen darin, ihren weiblich werdenden Körper anzunehmen, kann dies sowohl in eine Magersucht führen als auch zum Wunsch, die Zeit mithilfe von Pubertätsblockern anzuhalten. Beide Phänomene treffen überwiegend weibliche Kinder und dies meist während der Pubertät. In beiden Fällen lehnen die Mädchen ihren Körper ab und wollen die Kurven weghungern oder weggeschnitten bekommen. Überproportional häufig betrifft es Kinder, die sexuell traumatisiert wurden und/oder ein negatives Selbstbild haben. Die Autoren sehen Transidentifikation ähnlich wie Magersucht als ein Zeichen für eine schwere Pubertätskrise.
Anders als eine Magersucht, die als Krankheit und seelische Störung wahrgenommen wird, ist eine Transidentifizierung gesellschaftlich akzeptiert. Mädchen werden in ihrem Wusch, das Geschlecht zu wechseln, mit lautem Beifall unterstützt.
Wer sich als trans bezeichnet, braucht sich fortan keinem weiblichen Schönheitsideal zu unterwerfen, entkommt dem gefühlten Zwang, sich als Sexualobjekt zur Verfügung zu stellen, Pubertätsblocker halten die ungeliebte Periode auf, und die Kurven werden durch Testosteron geglättet. Selbst vor Gemeinheiten, die unter weiblichen Teenagern an der Tagesordnung sind, bietet Transidentifizierung einen gewissen Schutz: Denn wer ein Transkind mobbt, bekommt es schnell mit den Lehrern zu tun.
Korte und Gille fordern in ihrem Artikel ein Umdenken bei der Therapie von transidentifizierten Mädchen. Zunächst erteilen sie der „transaffirmativen Therapie“, die den Transwunsch nicht hinterfragt, eine klare Absage.
„Eine das Kind beziehungsweise den Adoleszenten in seiner vermeintlichen ‚Transidentität‘ unkritisch bestärkende therapeutisch-pädagogische Haltung lässt entwicklungspsychologisches Grundwissen sowie basale Kenntnisse über Adoleszenzkrisen vermissen“ (5).
Vielmehr müsse man versuchen herauszufinden, was hinter dem Wunsch nach einem Geschlechterwechsel steht. Gibt es hier unrealistische Erwartungen? Selbsthass? Liegt eventuell eine unterdrückte Homosexualität vor? Gab es sexuelle Traumatisierungen? All diese Fragen müssen ihrer Meinung nach zuerst geklärt werden.
Ähnlich wie man magersüchtigen Mädchen keine Appetitzügler oder Abführmittel verschreiben würde, sollte man nach Ansicht der Autoren auf die Verschreibung von Pubertätsblockern oder Gegenhormonen verzichten, zumindest bis die psychosexuelle Entwicklung abgeschlossen ist. Diese Ansicht setzt sich weltweit zunehmend durch. Viele Länder, wie zum Beispiel England, Schweden, Frankreich und weitere, verbieten mittlerweile den Einsatz bei Minderjährigen. Die Begründung für das Verbot liegt dort aber nicht darin, dass Transsexualität als Pubertätskrise verstanden wird. Vielmehr weisen evidenzbasierten Studien darauf hin, dass sich transidentifizierte Kinder mit Pubertätsblockern oder Hormongaben keineswegs besser fühlen als ohne, gleichzeitig aber viele unerwünschte Nebenwirkungen, wie zum Beispiel den Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit, nach sich ziehen.
Politisch ist der Artikel interessant, da derzeit auf Bundesebene gleich zwei wegweisende Entscheidungen für den Umgang mit transidentifizierten Kindern anstehen.
Nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz könnten Kinder ab vierzehn Jahren ihr offizielles Geschlecht wechseln (6). Den Eltern bleibt nichts anderes übrig, als mitzuspielen, denn sonst „ersetzt das Familiengericht die Zustimmung“ (7) — entsprechend dem transbejahenden Ansatz ist dies das Grundrecht der Kinder.
Sie brauchen dazu keinerlei therapeutische Begleitung oder Beratung. Der Entwurf hat die erste Lesung im Bundestag durchlaufen. Es gibt wenig Zweifel daran, dass die Ampel ihn so auch verabschieden wird.
Die Leitlinien Transgesundheit (8) regeln medizinische Eingriffe, also zum Beispiel die Frage, ab wann Kindern Pubertätsblocker verschrieben werden dürfen, in welchem Alter sie über Hormongaben sterilisiert werden können, oder ab wann sie alt genug sind, Operationen wie der Entfernung ihrer Hoden oder Eierstöcke zustimmen können. Bislang gibt es für Hormongaben keine Altersgrenzen, Operationen werden etwa ab dem sechzehnten Lebensjahr vorgenommen (9). In der Leitlinienkommission scheint eine Mehrheit die weiterhin freie und undokumentierte Verschreibung von Pubertätsblockern und Gegenhormonen ohne Altersgrenzen für richtig zu halten, wie Alexander Korte, Mitglied der Leitlinienkommission und Mitautor der oben zitierten Studie, in einem Interview gegenüber der EMMA äußerte (10).
Beide Vorhaben finden mit nur minimaler öffentlicher Diskussion statt — es sei denn, man möchte Publikationen in der Fachzeitschrift Sexuologie als öffentliche Diskussion werten. Sollte der transaffirmative Ansatz der richtige sein, so handelt es sich bei all den Mädchen tatsächlich um Jungen, die im falschen Körper geboren wurden. Sie werden sich der Welt als männlich präsentieren können, freilich mit sehr eingeschränkter sexueller Funktionsfähigkeit.
Sollte es sich bei der Transidentifikation von Mädchen aber — wie es meistens der Fall ist — um eine Pubertätskrise handeln, so werden Selbstbestimmungsgesetz und Leitlinien dazu führen, dass sich diese Mädchen als Erwachsene ohne Eierstöcke oder Brüste, ohne Orgasmusfähigkeit, dafür aber mit tiefer Stimme, kantigem Gesicht und üblichen Komplikationen wie Inkontinenz wiederfinden.