Aufrüstung aus dem Reagenzglas

Die von den USA in Kasachstan und Kirgisistan betriebenen Biowaffen-Labore lösen internationale Besorgnis aus.

Kasachstan und Kirgisistan sind Länder, die nur selten im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen. Umso besser eignen sie sich offenbar für Aktionen, die bestimmte Akteure nur allzu gern geheim halten wollen. Es gibt eine wachsende Präsenz von US-amerikanischen Forschungseinrichtungen in den beiden zentralasiatischen Staaten. Offiziell wird behauptet, dass diese ausschließlich der Forschung und Sicherheit dienen, doch eine Reihe von mysteriösen Vorfällen deutet darauf hin, dass dies nur die halbe Wahrheit sein könnte. Wird von den USA im Schatten der großen Medienereignisse an einer gefährlichen biologischen Waffe gebastelt?

US-Militär verstärkt Aktivitäten in Zentralasien

Der kasachische Aktivist und Beauftragte der Anti-Biowaffen-Koalition Ainur Kurmanow befürchtet, dass die USA ihre Forschungseinrichtungen in Kasachstan und Kirgisistan für aggressive Zwecke missbrauchen könnten.

Zur Jahreswende besuchten Vertreter der Defense Threat Reduction Agency (DTRA, deutsch: Agentur für die Reduzierung von Verteidigungsbedrohungen) in Kasachstan. Die DTRA ist eine Behörde des US-Verteidigungsministeriums, die offiziell „für die Reduktion und Prävention von Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen“ zuständig ist. Offizielle Absicht der Besucher war es, „den sicheren Betrieb des Referenzlabors und der Laboratorien des Forschungsinstituts für biologische Sicherheitsprobleme durch Schulung des Personals zu gewährleisten“ (1).

Weltweit zielen Referenzlaboratorien darauf ab, das Qualitätssystem für Labortests zu verbessern und deren analytische Zuverlässigkeit zu steigern. 2022 wurden Schulungen für das Personal des kasachischen Scientific and Practical Center for Sanitary and Epidemiological Expertise and Monitoring (SPC SEEM, deutsch: Wissenschaftliches und praktisches Zentrum für sanitäres und epidemiologisches Fachwissen) durchgeführt, darunter auch solche über „Sicherheitsmaßnahmen für den Transport gefährlicher Güter“. Diese Schulungen wurden von Richard E. Weller, dem Chefexperten des Pacific Northwest National Laboratory Research Centre (PNNLRC, Forschungseinrichtung des Energieministeriums der Vereinigten Staaten), geleitet. Dies geschah im Rahmen von Programmen des Pentagon und des britischen Verteidigungsministeriums.

Allerdings vermuten Ainur Kurmanow und andere Kritiker der US-Interventionen in der Region, dass die Absichten der DTRA keineswegs altruistischer Natur sind. Die US-Militärbiologen reisten wohl primär an, um ihre eigenen Einrichtungen zu inspizieren.

Es gibt mindestens fünf Zweigstellen des US-Referenzlabors in Kasachstan, in denen seit acht Jahren Spezialisten des Bundeswehr-Instituts für Mikrobiologie, des Porton Down Laboratory (britische Forschungseinrichtung) und des US Naval Medical Center (führende medizinische Einrichtung der United States Navy) forschen.

Unter dem Vorwand der Beseitigung von Massenvernichtungswaffen wurde im September 2016 in Almaty das zentrale Referenzlabor errichtet, eine Kooperation zwischen dem US-Verteidigungsministerium und dem kasachischen Ministerium für Energie und Bodenschätze. Für die Finanzierung dieser Einrichtung wurden rund 100 Millionen US-Dollar aus dem amerikanischen Militärbudget aufgewendet.

Ziel des Programms sind offiziell die Entwicklung nationaler Standards für die mikrobiologische Überwachung besonders gefährlicher Infektionen, die genetische Zertifizierung von Stämmen sowie der Aufbau von Sammlungen besonders gefährlicher Infektionen. Jedoch gibt es Bedenken, dass dies auch für die Entwicklung von biologischen Waffen missbraucht werden könnte.

Das Labor ist eine Einrichtung der biologischen Sicherheitsstufe 3 (BSL-3) und ist dazu ausgerüstet, Erregerstämme von Pest, Cholera, Anthrax, Brucellose und anderen brandgefährlichen Infektionen zu beherbergen. Eine solche Einrichtung birgt ein enormes Risiko, da sie ungewollt — oder auch gewollt — zur Verbreitung von Seuchen beitragen kann.

Der mangelnde Informationsaustausch mit dem US-Verteidigungsministerium über die Sammlung stellt den humanitären Charakter des Labors in Almaty infrage. Es ist schlichtweg nicht bekannt, was dort vor sich geht. Es gibt auch Hinweise, dass moderne Biotechnologien es ermöglichen können, die Eigenschaften bekannter Pathogene in Bezug auf genetische Marker bestimmter Bevölkerungsgruppen zu verändern (2).

Vor allem aber sind die Beamten gekommen, um sich für die Beschleunigung des Baus ihres neuen BSL-4-Labors (Biosafety Level 4) mit unterirdischer Lagerung gefährlichster Krankheitserreger im Süden Kasachstans einzusetzen, das unter Beteiligung des kasachischen Industrieministeriums errichtet wird (3).

Der Hauptunterschied zwischen BSL-3 und BSL-4 besteht in den Schutzmaßnahmen, die erforderlich sind, um in diesen Labors zu arbeiten.

BSL-3-Labors sind für die Arbeit mit Krankheitserregern ausgelegt, die über die Luft übertragen werden, wie zum Beispiel Tuberkulose, SARS-CoV-2 oder Gelbfieber. In diesen Labors müssen Mitarbeiter Schutzausrüstungen wie Masken, Handschuhe und Kittel tragen. Der Zugang ist beschränkt, und es gibt strenge Verfahren zur Reinigung und Sterilisation von Geräten und Proben.

BSL-4-Labors hingegen sind für die Arbeit mit noch tödlicheren Erregern, wie Ebola, Lassa-Fieber oder Marburg-Fieber, konzipiert. In diesen Labors müssen Mitarbeiter in speziellen Anzügen arbeiten, die sie vollständig von der Umgebung abschirmen. Der Zugang ist stark begrenzt. Es gibt eine strenge Kontrolle des Ein- und Ausgangs von Materialien und Personen.

Gemäß einer Erklärung der irischen Workers‘ Party durch Gary Granger, dem internationalen Sekretär der Partei, stellt der Bau eines BSL-4-Labors durch das Pentagon im Süden Kasachstans, mit einem unterirdischen Lager für die tödlichsten Krankheitserreger der Welt, eine große Bedrohung für Kasachstan, die Region und die gesamte Welt dar (4).

Militärische Subunternehmen in Kasachstan — Bedenken bezüglich biologischer Sicherheit

Um angeblich die biologische Unbedenklichkeit und Instandhaltung der Laborsysteme sicherzustellen, kommen Subunternehmen zum Einsatz, keine geringeren als CH2M Hill und Black & Veatch Special Projects Corp, die seit Jahren für das Pentagon tätig sind und schon in der Ukraine von sich reden machten. Wie praktisch, dass diese Erfahrung nun auch in Kasachstan eingesetzt werden kann. Fragt sich nur, welche Art von „Unbedenklichkeit“ hier gemeint ist (5).

In der Ukraine arbeiteten Black&Veatch zur gleichen Zeit wie die umstrittene Firma Metabiota an der Einrichtung von 36 Laboratorien. Metabiota steht in Verbindung mit dem Sohn von Joe Biden, Hunter Biden. Interessanterweise arbeiten das Gesundheitsministerium, die Nationale Akademie der Agrarwissenschaften und der Staatliche Veterinärdienst der Ukraine mit den US-Militärauftragnehmern zusammen. Und jetzt wird dieses ganze System auf Kasachstan übertragen. Man kann sich vorstellen, welche weitreichenden Konsequenzen dies haben kann. Amerikanische und britische Militärbiologen erforschen mit kasachischen Mitarbeitern unter anderem das Krim-Kongo-Fieber, das Omsker hämorrhagische Fieber und die Pest (6).

Besonderes Augenmerk dieser Forschungen liegt zum Beispiel auf „Populationsökologischen Varianten des Pesterregers in den natürlichen Wüstenherden der Pest in Zentralasien“ und „Dem Einfluss von Rickettsia spp. auf die Anpassungsfähigkeit und Entwicklung von Yersinia pestis in pestübertragenden Flöhen in der Republik Kasachstan“.

Pestausbruch in der Mongolei und amerikanische Pestforschung in Kirgisistan

Forschungsaktivitäten zur Pest erzeugen unmittelbare Auswirkungen auf das benachbarte Kirgisistan und können verheerende Konsequenzen für die lokale Bevölkerung haben. In den letzten Jahren haben amerikanische Regierungsbeamte aus dem Außenministerium, von United States Agency for International Development (USAID, deutsch: Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung) und dem Pentagon hart daran gearbeitet, ihr Labor zu eröffnen, obwohl es massive Proteste in der kirgisischen Bevölkerung gab. Trotzdem hat das US-Gesundheitsministerium im letzten Jahr angekündigt, erhebliche Mittel für die Forschung zu Milzbrand und Pest in Kirgisistan bereitzustellen, und auf Initiative des stellvertretenden Staatssekretärs für regionale Angelegenheiten, Donald Lu, ein Gebiet in der Provinz Naryn ausgewählt. Kritikern zufolge stellen diese Forschungsaktivitäten eine gravierende Bedrohung für die Sicherheit der lokalen Bevölkerung dar.

Im August 2016 wurde die Murmeltierpest in den mongolischen Gebiet von Bajan-Ölgii und Chowd nachgewiesen. Die Seuche breitete sich schnell auf das angrenzende russische Gebiet aus, was zur Erkrankung zahlreicher Menschen führte (7). Mongolische Experten stellten fest: Der Ausbruch der Pest wurde nicht durch die heimische Altai-Form verursacht, sondern durch eine viel gefährlichere Variante, die spezifisch für Kirgisistan ist. Wie konnte sich die Seuche über Hunderte von Kilometern von Kirgisistan bis in die Mongolei ausbreiten? Schließlich sind Murmeltiere nicht gerade dafür berüchtigt, große Entfernungen zurückzulegen.

Im Juli desselben Jahres befand sich eine Gruppe von US-Soldaten im mongolischen Bajan-Ölgii-Gebiet, um eine Übung durchzuführen. Angeführt wurde die Gruppe von Sergeant Sean Thompson, einem Experten für Biowissenschaften und leitenden Wissenschaftler an der Universität Texas.

Neben militärischer Ausrüstung hatte die Gruppe auch zwei verschlossene Container dabei, die an der Grenze nicht kontrolliert wurden. Vorher hatten US-Experten mit Kirgisistan über den Erwerb gefährlicher Zoonosen verhandelt, die zu Sowjetzeiten gesammelt wurden.

Was bei diesen Verhandlungen genau herauskam, bleibt der Öffentlichkeit jedoch verborgen (8).

In der Mongolei gab es kürzlich einen bizarren Vorfall, der als mutmaßliche Spionage betrachtet wird. Dabei wurden zwei kasachische Staatsbürger, die für die USA tätig waren, verhaftet. Das Außenministerium von Kasachstan setzte sich für ihre Freilassung ein. Einer der Verhafteten war Maksat Zhabagin, ein Biologe und Laborleiter am Nationalen Zentrum für Biotechnologie (NCB), das offiziell dem kasachischen Gesundheitsministerium untersteht, jedoch in Wirklichkeit seit 2021 Teil eines militärischen Forschungsnetzwerks ist, das von der Bundeswehr finanziert wird (9).

Es gibt den Verdacht, dass die Pest- und Milzbranderreger, die in Kasachstan und Kirgisistan gesammelt wurden, für das Pentagon von großer Bedeutung sind. Es wird vermutet, dass diese Erreger unter Laborbedingungen weiterentwickelt werden, um sie dann gezielt für Sabotageakte gegen Russland, China und andere Nachbarstaaten einzusetzen. Das geplante US-Labor in Kirgisistan kann somit auch dafür genutzt werden, einen biologischen Angriff gegen potenzielle Feinde vorzubereiten.

Möglicher biologischer Angriff

Es gibt Zeugenberichte, wonach im Jahr 2013 Erreger des Krim-Kongo-Fiebers von US-Botschaftsmitarbeitern von Kasachstan zum Lugar Center in Georgien gebracht wurden. Dies ist nicht das erste Mal, dass US-Beamte Krankheitserreger in andere Länder transportieren (10).

Grund zur Sorge besteht auch, was die Pläne der USA betrifft, weitere biologische Labore in Kirgisistan und Kasachstan zu errichten. Beunruhigend ist in diesem Zusammenhang, dass die USA in der Vergangenheit Krankheitserreger auf diese Weise transportiert haben und dass es 2014 zu einem schwerwiegenden Vorfall in einem ihrer Labors kam.

Wahrscheinlich werden diese Labors dann nicht allein zu Forschungszwecken genutzt; sie könnten auch für militärische Zwecke, womöglich zur Entwicklung von biologischen Waffen, missbraucht werden.

In Anbetracht dessen sollten sich Bischkek und Astana ernsthaft überlegen, ob es klug ist, den USA ihr Territorium als Testgelände zur Verfügung zu stellen und damit ihre eigenen Bürger einer Gefahr auszusetzen. Insbesondere für Kirgisistan, das sich bis vor Kurzem geweigert hat, solche Einrichtungen aufzunehmen, wäre es ratsam, diese Entscheidung zu überdenken. Das Wohl der eigenen Bevölkerung sollte für Regierungen immer Vorrang vor den Zielen ausländischer Mächte haben.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://kz.usembassy.gov/ru/ru-the-defense-threat-reduction-agency-partners-with-the-kazakhstan-ministry-of-health-to-conduct-biosafety-and-biosecurity-stakeholder-engagements/
(2) https://stopbioweapons.org/biobez/506-double-standards-of-reference-laboratories-in-kazakhstan.html
(3) https://www.inform.kz/en/kazakhstan-to-build-highly-dangerous-virus-strains-lab_a3865831
(4) https://stopbioweapons.org/bioor/510-statement-by-the-workers-party-of-ireland.html
(5) https://www.dtra.mil/Portals/61/Documents/Business%20Docs/DTRA-Acquisition-Forecast-as-of-20220711-FOR-PUBLIC-RELEASE.pdf
(6) https://edoc.ub.uni-muenchen.de/25119/7/Abdiyeva_Karlygash.pdf
(7) https://www.timesofisrael.com/mongolian-teen-said-to-have-died-of-bubonic-plague-caught-from-infected-marmot/
(8) https://stopbioweapons.org/labo/505-secret-biological-activity-of-the-usa-interim-results-of-the-struggle-for-the-closure-of-the-american-biological-laboratories.html
(9) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8381731/
(10) https://armswatch.com/us-diplomats-involved-in-trafficking-of-human-blood-and-pathogens-for-secret-military-program/