Apokalypse als Option

Anstatt Erleichterung über einen möglichen Rückzug von US-Militär aus Europa zu empfinden, zündeln deutsche Politiker mit der Idee einer „eigenen“ Atombombe.

Einige Deutsche trauen dem militärischen Schutz durch die USA nicht mehr. Deshalb glauben sie, es bleibe nichts anderes übrig, als selbst Atommacht zu werden. Oder sie fordern, die Europäische Union müsse sich einen Atomschutzschirm zulegen, unabhängig von den USA. Sie denken, Atomwaffen könnten zur Friedenssicherung, zur Verteidigung unserer Freiheit beitragen. Es wird Zeit, den Atom-Irrsinn zu stoppen.

Deutsche Soldaten üben den Abwurf von Atombomben

Bis heute hat sich Deutschland nur für die nukleare Teilhabe mit den USA und der NATO entschieden, nicht für eigene Atombomben (2). Mit 36 Tornado-Kampfflugzeugen stellt das Taktische Luftwaffengeschwader 33 seit 1984 das Trägersystem für die Atombomben des Typs B61 bereit.

Deutsche Piloten trainieren regelmäßig den Abwurf. Sie sind im Ernstfall verpflichtet, die Atombomben auf Befehl der NATO von deutschem Boden aus im Zielgebiet abzuwerfen. Das ist nur möglich, weil die Bundesregierung sich freiwillig an der sogenannten nuklearen Teilhabe der NATO beteiligt.

Demonstration der Friedensversammlung RheinRuhr in Kalkar, 3. Oktober 2023, Ausstieg aus der Eskalationsspirale! Bild: Arbeiterfotografie (1)



Auf dem „Fliegerhorst Büchel“ in der Eifel stehen 20 B61-Bomben für die Verwendung durch Bundeswehr-Soldaten bereit. Diese Nuklearwaffen lagern unter US-amerikanischer Kontrolle. Jede dieser Bomben in Büchel hat eine maximale Sprengkraft, die mit der von 13 Hiroshima-Bomben vergleichbar ist.

In Hiroshima sind am 6. August 1945 durch den Abwurf einer Atombombe binnen vier Monaten 140.000 Menschen getötet und unzählige zu langjährigen Leiden verurteilt worden.

Folgen eines begrenzten Atomkrieges: Nuklearer Winter

Im Kriegsfall können die Staaten, die an der nuklearen Teilhabe beteiligt sind, solche furchtbaren Bomben einsetzen. Die Yankees müssten dafür grünes Licht geben. In Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei stehen heute 150 US-Atombomben für den Einsatz bereit. Schon die Zündung von 100 Atombomben würde jedoch einen nuklearen Winter auslösen, gefolgt von weltweiten Hungersnöten (3).

Um die Effektivität der Atombomben zu steigern, arbeiten die USA momentan an der „Modernisierung“ der B61. Sie planen bis 2024 den Austausch der in Europa stationierten Atomwaffen gegen eine neue Version, die B61-12. Die behauptete Verbesserung der Sicherheit der Bombe ist jedoch zweitrangig. Die neue Bombe soll von einer „dummen“ frei fallenden Waffe zu einer „smarten“ Lenkwaffe umgebaut werden. Die Gefahr eines möglichen Einsatzes wird durch die deutlich größere Zielgenauigkeit erhöht, da der Glaube besteht, dass die neue Bombe weniger „Kollateralschaden“ verursacht. Damit wird die Hemmschwelle für den Einsatz gesenkt (4).

Deutschland unterschreibt Atomwaffenverbotsvertrag nicht

An dem Irrsinn der nuklearen Teilhabe will die deutsche Regierung festhalten, und sie weigerte sich auch, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterschreiben. In der Schweiz hat sich das Parlament für die Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrages ausgesprochen, aber der Bundesrat unterschreibt diesen Vertrag nicht, vermutlich aus Rücksicht auf die weitere Zusammenarbeit mit der NATO.

Auf der UN-Generalversammlung unterzeichneten im September 2017 zunächst 53 Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag. Bis heute haben 93 Staaten den Vertrag unterzeichnet und 70 Staaten haben ihn ratifiziert, auch Österreich (5).

Mehrere Male an einem Atomkrieg vorbeigeschlittert

Die Abschaffung aller Atomwaffen wäre sehr wichtig. In den letzten 60 Jahren sind wir mehrmals haarscharf an einem atomaren Holocaust vorbeigeschlittert. Wir Techniker erlebten es immer wieder, wie idiotensichere Systeme versagten; das wird auch bei Sicherungssystemen der Atommächte der Fall sein. Gar nicht zu reden von Verrückten, die auch in der politischen Arena anzutreffen sind (6).

Verantwortungslose Investitionen in Atomwaffen

ICAN, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, hat gerade den Bericht „Untenable investments“ (Unhaltbare Investitionen) veröffentlicht. ICAN dokumentiert in diesem Report, dass zwischen Januar 2021 und August 2023 287 Institutionen der Finanzbranche astronomische Summen in 24 Firmen investiert haben, die Atomwaffen produzieren. 477 Milliarden US-Dollar wurden in der Nuklearwaffenbranche angelegt. Dem Welternährungsprogramm standen 2022 34-mal weniger Geld zur Verfügung: 14,1 Milliarden US-Dollar. Banken und Institutionen Deutschlands platzierten zwischen Januar 2021 und August 2023 15,953 Milliarden US-Dollar in diesen Irrsinn, von der Schweiz wurden 4,023 Milliarden US-Dollar in diesen Schwachsinn angelegt, um den Frieden mit Atombomben zu sichern (7) (8).

Schweiz: direkte und indirekte Investitionen in Atomwaffen verboten

In der Schweiz wären direkte und indirekte Investitionen in verbotene Waffen nicht erlaubt. Seit dem 1. Februar 2013 ist das revidierte Kriegsmaterialgesetz (KMG) in Kraft. Die neuen Artikel 8b und 8c verbieten die direkte und die indirekte Finanzierung der Entwicklung, der Herstellung oder des Erwerbs von verbotenem Kriegsmaterial, das heißt von Streumunition und von ABC-Waffen oder von Antipersonenminen. Atomwaffen gehören in der Schweiz wie chemische und biologische Waffen, Streubomben und Antipersonenminen, zu den verbotenen Waffen (9).

Das Papier des Kriegsmaterialgesetzes wird nicht rot, wenn seine Bestimmungen von den Behörden nicht eingehalten werden. Trotz der klaren Verbotsbestimmungen floriert die Finanzierung von verbotenen Waffen, von Atomwaffen. Wie oben schon erwähnt investierten zwischen Januar 2021 und August 2023 Schweizer Finanzinstitute 4,023 Milliarden US-Dollar in Firmen, die Atombomben produzieren.

Beim Kriegsmaterialexport zeigt sich das gleiche:

Auf dem Papier der Kriegsmaterialverordnung sind Waffenexporte an kriegführende Staaten und an Regime, die Menschenrechte mit den Füssen treten, verboten. Aber in der Praxis wurden in den letzten Jahrzehnten von der Schweiz für Milliarden Franken Rüstungsgüter an Staaten verkauft, die Kriege führen und die krass Menschenrechte verletzten.

Herausgeredet hat man sich damit — und es auch in Paragrafen der Verordnung verankert —, bei der Bewilligung von Kriegsmaterialexporten müsse auch die Aufrechterhaltung der Kapazität der einheimischen Rüstungsindustrie berücksichtigt werden. Deshalb wurden an die immer wieder Kriege führenden USA und an andere Nato-Staaten, an Saudi-Arabien und so weiter von der Schweiz laufend Waffen verkauft.