Am Anfang war das Wort
Holen wir uns unsere Sprache zurück und formen eine neue Gesellschaft.
Seit Anfang 2020 prägt Corona nicht nur unsere Zeit, sondern auch unsere Sprache. Über 1.000 neue Begriffe leiten uns durch den Alltag und beeinflussen unser Verhalten. Sprache ist nicht nur Ausdruck einer Lebensweise, sondern auch Herrschaftsinstrument. Sie gestaltet Realitäten. Nur wer sich der schöpferischen Kraft der Worte bewusst ist, kann sich eine Welt nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.
Es ist nun der Herbst gekommen
Hat das schöne Sommerkleid
Von den Feldern weggenommen
Und die Blätter ausgestreut,
Vor dem bösen Winterwinde
Deckt er warm und sachte zu
Mit dem bunten Laub die Gründe,
Die schon müde gehn zur Ruh.
So wie Joseph Freiherr von Eichendorff, Dichter der deutschen Romantik, die Herbstzeit beschreibt, würden wir es heute nicht formulieren. „Sommerkleider“ und „böse Winterwinde“ gehören nicht mehr zu unserem Vokabular, ebenso wie die Adjektive „hold“, „liebreich“, „andächtig“, „ehrenwert“, „seelenfroh“, „herzinniglich“ oder „zartsinnig“. Sie klingen deplatziert in einer Epoche, in der von „Klopapierhysterie“ gesprochen wird, von „Distanzbesuch“ und „Homeclubbing“.
„Impfneid“ heißen die Begriffe der neuen Zeit, „Kitascham“, „Kreißsaalverbot“, „Lockdownkilos“, „Maskenakne“, „Netflixpartys“, „Onlinehappening“, „Präsenzpublikum“, „Quarantänekoller“, „Risikotouristen“, „Starvirologen“, „Virenbomber“. Hunderte von neuen Ausdrücken wurden erfunden, seit Corona in unser Leben trat. Eine Liste mit über 1000 Wörtern erstellte das Leibnitz-Institut für deutsche Sprache allein für das Jahr 2020 (1). Über 1.500 Neuschöpfungen sind inzwischen dokumentiert worden. Seit Juni 2021 hingegen gehe die Zahl neuer Vorschläge für das Corona-Wörterbuch deutlich zurück. Man vermutet, dass nur die Hälfte der gesammelten Begriffe überlebt.
Sprechen Sie Corona?
Die vielen neuen Worte sind keine leeren Hüllen, sondern inhaltsschwangere Überträger von Botschaften. Sie reflektieren, wie krank unsere Welt geworden ist, wie kaputt, wie absurd, wie entmenschlicht, wie seelenlos. Keine Schönheit spricht aus ihnen, keine Poesie, sondern Distanz und Berechnung. Auf einen Schlag waren die Begriffe in aller Munde. In rasendem Tempo haben auch die Älteren begriffen, was Lockdown bedeutet, AHA, Inzidenz oder 2G. Es ist, als hätten wir in kürzester Zeit eine neue Sprache gelernt, von deren schneller Beherrschung ich als Sprachlehrerin nur träumen kann.
Bis jemand 1.500 Vokabeln draufhat, vergeht oft eine Menge Zeit. Schon die paar hundert Wörter, die man braucht, um sich in einer fremden Sprache einigermaßen verständigen zu können, brauchen viel Engagement und Geduld. Von seiner Muttersprache hat man im Schnitt etwa 12.000 Begriffe in seinem Wortschatzspeicher. Ungefähr 750 Wörter machen die tägliche Sprache aus. Demnach haben viele von uns seit dem vergangenen Jahr doppelt so viele Wörter gelernt, wie sie täglich im Schnitt benutzen.
Ein solcher Wortschwall geht nicht spurlos an uns vorbei. Die vielen neuen Begriffe prägen nicht nur unsere Zeit, sondern auch unser Denken.
Die kleinen Informationseinheiten sitzen nicht brav in der Ecke und warten darauf, irgendwann abgerufen zu werden. In einem Gehirn geht es nicht zu wie in einer Arztpraxis. Während wir mit allem Möglichen beschäftigt sind — zum Beispiel damit, uns den nächsten Impftermin geben zu lassen, unsere Covidapp zu aktualisieren oder auf die Hust-Nies-Etikette zu achten —, formen die Meme unsere Gedanken und Ideen. Während wir glauben, sie entsprängen uns — niemand schraubt an unserem Gehirn herum —, wird ein großer Teil unserer Gesellschaft komplett ferngesteuert.
Alles unter Kontrolle
Gehirnwäsche braucht keine Mauern und körperliche Gewalt. Sie funktioniert auch unter freiem Himmel. Manipulation — die verdeckte Steuerung unseres Erlebens und Verhaltens — und Propaganda — der zielgerichtete Versuch, politische Meinungen und öffentliche Sichtweisen zu formen — haben überall dort eine Chance, wo die Menschen gewissermaßen aushäusig sind. Jemand, der einen gestörten Bezug zu sich selbst hat, bietet eine ideale Landebahn für alle möglichen Arten von Fremdenergien.
„Hotspot“, „Immunitätsnachweis“ und „Kollateralnutzen“ sind ihre Namen, „Lockerungsszenario“, „Lollitest“, „Microwedding“, „Mutationspuffer“ und „Nichtsemester“. In alle Lebensbereiche greifen sie ein, die kecken Meme, die so modern aussehen mit ihrem flotten englischen Touch, und gar nicht so, als könnten sie Unheil anrichten. Das Wort „Kollateralschaden“ etwa kommt nicht vor im Lexikon des Leibnitz-Instituts. Und es gilt: Wofür kein Wort existiert, das gibt es nicht.
Ebenso aufgepeppt kommt die alte Gehirnwäsche daher. Mind Control bedeutet das gezielte Umprogrammieren des Selbstvertrauens und der eigenen Urteilskraft. Die Grundeinstellungen und Realitätswahrnehmungen von Individuen und Gruppen werden gezielt destabilisiert und durch neue Einstellungen ersetzt. Sowas gibt es natürlich nicht bei uns im demokratischen Mitteleuropa. Das existiert nur in James-Bond-Filmen und Sekten, bei den Rechtsextremen oder in Russland und Syrien.
Bei uns ist alles normal. So wie Worte wie „Öffnungsdebatte“, „Onlinefrühstück“, „Pandemieverstärker“ und „Quarantänebrecher“ normal geworden sind, so ist es auch normal, Ungeimpfte nicht mehr zu begrüßen und ihnen überall den Zutritt zu verwehren.
So groß ist das Durcheinander in den Köpfen der Allgemeinheit, dass sie gar nicht realisiert, dass Impfungen eigentlich dazu da sind, vor Krankheitserregern zu schützen. Sie bildet sich ein, es sei normal, dass erst alle geimpft sein müssen, damit alle geschützt sind.
Glauben Sie nicht alles, was Sie denken
Heinz Ehrhard wusste, wie Propaganda, Manipulation und Gehirnwäsche funktionieren. Dem deutschen Humoristen waren die menschlichen Schwächen wohlvertraut. Er hatte eine Zeit miterlebt, in der jede Form von Kritik am System das Leben kosten konnte. Er hat erfahren, wie alle Gegenmeinungen diffamiert wurden, wie man Kritikern in Ermangelung sachlicher Argumente menschliche Schwächen und persönliche Rachemotive andichtete, um sie unglaubwürdig zu machen, und wie die Mehrheit immer Recht hatte.
Wie die Kritiker heute genannt werden, hören wir auf allen Kanälen. Gleich vier Ausdrücke hat das Leibnitz-Institut in sein Repertoire aufgenommen: „Verschwörungserzählung“, „Verschwörungsgläubiger“, „Verschwörungsmärchen“, „Verschwörungsmythos“. Das, wofür es ein Wort gibt, das existiert. Zunächst in unseren Köpfen, dann in unserer Realität. Worte wirken.
Wie eine Armee marschierten die Neologismen auf. Wie unsichtbare Kugeln drangen sie in unsere Köpfe, abgeschossen von den Soldaten aus Politik und Mainstream-Medien. Es tat nicht weh. Kein Blut floss. Gewalt bekommen nur diejenigen zu spüren, die sich dagegen wehren. Wer dafür ist, für den sieht es ganz normal aus, dass wir nach bald zwei Jahren unsere Freiheiten immer noch nicht zurückbekommen haben. Der wartet auch noch ein paar weitere Jahre, dass alles wieder so wird wie früher.
Er wird vergeblich warten. Schon steht das nächste Wortfeld in den Startlöchern. „Flugscham“ und „Klimaleugner“ heißt seine Avantgarde. Während der Begriff „Coronaleugner“ noch eine erkennbare Bedeutung hatte, ist das Wort „Klimaleuger“ komplett sinnlos. Aber darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist, uns den „Great Reset“ möglichst schmackhaft zu machen, damit wir unser Gehirn freiwillig für ein paar Updates zur Verfügung stellen.
Visionäre wie Elon Musk arbeiten hart daran, das menschliche Gehirn zu optimieren. Mit einer Brain-Computer-Interface (BCI)-Kappe brauchen wir nicht einmal mehr den Finger auf der Fernbedienung zu bewegen. Die Wahl des Programms erledigt eine Technik, die unsere Gedankenströme misst. Autos fahren in die Richtung, in die wir gucken, und Piloten steuern über Brainflight-Techniken die Flugzeuge vom Boden aus. Mit dem entsprechenden Chip im Gehirn können Gelähmte wieder gehen — ist das nicht der Beweis dafür, dass man es gut mit uns meint?
Machen Sie sich frei
In Zeiten, als Querdenken noch eine geschätzte Eigenschaft war, überließen wir nicht alles der Technik, sondern interessierten uns dafür, was wir selbst draufhaben. Das menschliche Gehirn ist hervorragend dazu in der Lage, Vorgänge im eigenen Körper zu steuern: Regulieren des Herzschlages, Besänftigen von Schmerzen, Erhöhen der Körpertemperatur. Yogis laufen über glühende Kohlen und durchstechen sich diverse Körperteile und tibetische Mönche sitzen bei minus 30 Grad halbnackt im Fluss oder trocknen per Gedankenkraft feuchte Decken.
Es sind keine Außerirdischen, die das können, sondern Menschen. Jeder von uns hat dieses Potenzial in sich und kann darauf zugreifen, wenn er es entsprechend trainiert. Hierfür ist es notwendig, sich möglichst frei zu machen von allem, was diese Vorgänge behindern kann. Damit haben wir alle Hände voll zu tun — halten wir uns doch selbst meistens für einigermaßen defekt und ohnmächtig. Vielen muss man sogar sagen, wie wir zu niesen und uns zu schnäuzen haben.
Wir schleppen Energien mit uns herum, die uns nach unten ziehen und uns klein halten. Wie Vampire zehren und saugen sie an uns herum. Sie stehlen uns unsere Lebenskraft, um sie für eigene Zwecke zu missbrauchen. Alle Macht versuchen die Parasiten uns zu nehmen, um uns davon abzuhalten, schöpferisch tätig zu werden. So ausgelaugt sind wir inzwischen, dass wir heute, ohne mit der Wimper zu zucken, unsere Identität hergeben und an unserer Immunität herumspielen lassen. Alles lassen wir uns gefallen, wenn uns nur werbewirksam weisgemacht wird, es sei zu unserem Besten.
Zu den Wurzeln
Deutsche Menschen zeigen sich hier besonders gefügig. Nachdem sie im Nationalsozialismus ihre Identität verloren und seitdem nicht wieder zurückerlangt haben, sind alle vom konkreten „Volk“ zur abstrakten „Nation“ geworden. Die politische Korrektheit gebietet uns, Begriffe wie „Heil“, „Reinheit“ oder „Führer“ nicht mehr zu benutzen. Doch wie sollen wir heil werden im Sinne von ganz und gesund? Wie sollen wir uns reinigen von dem, was uns von außen aufgezwungen wird, wenn wir die Worte hierfür nicht mehr haben? Wie sollen wir bei dem Beigeschmack des Grauens auf unsere innere Führung vertrauen?
So ist es gerade die deutsche Orientierungslosigkeit, die besonders zerstörerisch auf den Planeten wirkt. Doch wir müssen hier nicht stehenbleiben! Wir können es anders machen. Wir können uns unsere Worte zurückholen und mit ihnen unsere Identität.
Wir können den Schöngeist aus den Elfenbeintürmen und Kerkern befreien und in den Alltag zurückbringen. Mitten hinein in den Schlamm der aktuellen Umwälzungen können wir ihn tragen und in die Erde bringen wie eine kostbare Saat.
Wie Dichter können wir das, was uns schwer macht, in Leichtigkeit verwandeln. Nur wenn wir die Extreme zusammenführen, die uns heute zu zerreißen drohen, finden wir einen Weg aus dem Chaos. Wie eine Leine, die sich unsichtbar spannt, können wir uns an dieser Verbindung orientieren: oben wie unten, innen wie außen. Fürchten wir uns nicht davor, altmodisch zu wirken, wenn wir Reue zeigen für das, was wir getan haben, wenn wir um Verzeihung bitten und um Gnade. Wir haben uns geirrt. Fehler sind dazu da, aus ihnen zu lernen. Schlimm wird es nur, wenn wir daran festhalten: Wir werden mit ihnen untergehen.
Vom Neusprech zu einer Sprache der Liebe
Lassen wir sie los. Lassen wir das grauenhafte Neusprech hinter uns und besinnen wir uns auf eine Sprache voller Schönheit und Sinn. Auf dieser Basis kann sich eine neue Sprache der Wertschätzung, der Verbundenheit und des Friedens entwickeln. Geben wir unseren Ausdrücken erneut eine Seele und speisen wir unser Höchstes in das Feld ein. Reißen wir die Wurzeln des Übels aus und lassen es sein, an den Symptomen herumzudoktern. Was jetzt an die Oberfläche kommt, die Zwänge und die Zerstörung, sind nur Hinweise auf eine Krankheit, die viel tiefer liegt.
Ihr Name ist Angst. Angst vor Mangel, vor Entbehrung, Schwäche, Alleinsein, Leere. Angst vor dem Nichts. Der große Vernichter hat gewonnen, wenn wir an das Nichts glauben. Wenn wir das letzte Wort von seinem Sinn entleert haben, wenn wir denken, der Himmel sei leer und das Universum ein schwarzes Loch, dann ist er am Ziel. Doch wenn wir uns daran erinnern, dass am Anfang einer Welt ein Wort ist, dann muss er sich beugen. Aus der Angst vor dem Nichts wird Angst vor nichts. Das Vernichtende verpufft und vergeht mit einem lauten Knall, von dem es uns erzählt hat, es sei der Anfang gewesen.
In diesem Wissen pflanzen wir neue Worte. Bringen wir die Saat in den Boden und begießen wir das, was heilt. Wenn wir für die Bedingungen sorgen, die es reifen lassen, kann das Samenkorn zur Frucht werden und uns nähren.
Trennen wir uns von dem, was tot ist, und pflegen wir das Lebendige. So geht die Zeit der Herrschaft vorüber, der Verherrlichung des Männlichen und der Erniedrigung des Weiblichen.
In einer neuen Fruchtbarkeit kann die Frau wieder zum Weib werden. Sie ist mehr als eine Anrede. Sie gibt den Boden für eine Landschaft, in der sich das Lebendige neu entfalten kann.
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Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.owid.de/docs/neo/listen/corona.jsp