Alles für den Krieg
Die Blutorgie in der Ukraine war vor allem das Ergebnis von Geschäftsinteressen und westlichem Machtkalkül. Exklusivauszug aus „Lügen, Lügen, Lügen“.
Nach dem Eklat im Weißen Haus läuft die westliche Kriegspropaganda wieder auf Hochtouren. Wie eh und je ist sie russophob, verdrehend und gehässig. Wir können das Ausmaß der manipulativen Lügen nur richtig einschätzen, wenn wir uns mit der Vorgeschichte des Russland-Ukraine-Kriegs näher befassen. Zur Erinnerung, wie alles begann, hier ein Exklusivauszug aus Flo Osrainiks Bestseller der großen „Lügen, Lügen, Lügen“.
In seiner 1922 veröffentlichten Autobiografie „My Life and Work“ schrieb der US-amerikanische Automobilpionier und Unternehmer Henry Ford über die Mächtigen und den Krieg:
„Eine unvoreingenommene Untersuchung des letzten Krieges, der vorhergehenden Ereignisse und seiner Folgen ergibt den unantastbaren Beweis, dass es in der Welt eine gewaltige Gruppe von Machthabern gibt, die es vorziehen, im Dunkeln zu bleiben, die weder Ämter noch äußere Machtinsignien erstreben, die auch keiner bestimmten Nation angehören, sondern international sind.“
Es könne auch niemand leugnen, dass Kriege nicht nur „ein gutes Geschäft“ für diejenigen seien, die diese Art von Geld liebten, sondern auch eine Orgie. „Eine Orgie von Geld nicht minder als eine Orgie von Blut.“
So war es und so ist es. Ob im Irak, in Syrien oder in der Ukraine. Die Ukraine stand nämlich auch auf der Agenda der Transatlantiker zur Eroberung von Märkten, Menschen und Ressourcen. In diesem Fall auf dem Weg Richtung Osten. Bis nach Wladiwostok und Kamtschatka. Nur steht der Kreml da im Weg. Schon wieder oder immer noch. Denn: Der Ausverkauf, die stille Übernahme Russlands nach der Wende war ja irgendwie gescheitert.
Damals, als sich die USA mit ihren Beratern in die russische Politik einmischten und Boris Jelzins Wahlkampf organisierten. Oder seinen „Wahlfeldzug“, wie es der Spiegel im Juli 1996 nannte. „Erst nach seinem (Jelzins) Sieg präsentierte das US-Magazin Time alle Details des fremden Eingriffs in Russlands innere Angelegenheiten.“ Gelenkt worden sei das von einem gewissen Felix Braynin, einem Wirtschaftsberater, „der vor 17 Jahren aus der Sowjetunion nach San Francisco geflüchtet war“. Natürlich sei Geheimhaltung dabei das „oberste Gebot“ gewesen, wie Braynin später gemeint habe. Jedem sei klar gewesen, dass man „Jelzin als Werkzeug der Amerikaner brandmarken“ werde, käme seine US-Unterstützung schon vor der Wahl raus. Braynin habe für die Unternehmung ein paar „Experten angeheuert: Richard Dresner, einst Wahlhelfer von Jelzins US-Kollegen Bill Clinton, den PR-Mann Steven Moore aus Washington, dazu die Meinungsforscher Joe Shumate und George Gorton, die Kaliforniens Gouverneur Pete Wilson beraten hatten, und Braynins Sohn Alan“.
Für den Jelzin-Wahlkampf, so der Spiegel, gab das US-Team „schätzungsweise eine halbe Milliarde aus, wovon 100 Millionen (US-)Dollar private Sponsoren stifteten“. Mit einer Angstkampagne — die Angst vor einem Bürgerkrieg bei einem Wahlsieg der Kommunisten sei über die PR-Berater mit „Fernsehspots von Käuferschlangen, Warenmangel, drohender Wiederverstaatlichung“ geschürt worden — und der Diffamierung des Konkurrenten Gennadij Sjuganow durch „Wahrheitsschwadronen“ sei es mit verdeckter US-Manipulation gelungen, den in Russland unbeliebten Jelzin zum Sieg zu führen. Aber mit Jelzin, der bei öffentlichen Auftritten hin und wieder mal betrunken war, war nach achteinhalb Jahren Schluss. Übrigens gewährte ihm sein Nachfolger Wladimir Putin in einer seiner ersten Amtshandlungen Amnestie.
Nur: Was nun? Auf jeden Fall rückte der Westen bis an Russlands Grenzen vor. Allerdings stand für die Pentagon-Imperialisten noch die Frage im Raum, „ob man die Ukraine als eine Pufferzone zwischen Russland und dem Westen haben will“.
Oder – so hat es dann George Friedman, der Gründer und Ex-Chef des US-Informationsdienstes „Stratfor“, der diversen Rohstoffkonzernen und staatlichen Behörden geopolitische Berichte und Analysen liefert, bei einem Vortrag am 4. Februar 2015 ausgedrückt — ob der Westen so weit in die Ukraine vordringen werde, dass er mit seinem NATO-Militär „nur 100 Kilometer von Stalingrad und 500 Kilometer von Moskau entfernt“ stehe. Denn für Russland stelle „der Status der Ukraine eine existenzielle Frage dar“. Wenn Russland weiter an der Ukraine hinge, dann gelte für die USA: „Wir werden Russland stoppen.“
Deswegen würden die USA auch Maßnahmen ergreifen wie die militärische Einkesselung Russlands. Etwa über Eingreiftruppen in den postsowjetischen Staaten. „In Rumänien, Bulgarien, Polen und baltischen Staaten“, dem Zwischenmeerland oder auch Intermarum, also den Ländern zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee. Die große Unbekannte, so Friedman, sei Deutschland, wenn die USA ihren Sicherheitsgürtel, wie er es nannte, im zigtausend Kilometer von Washington entfernten Osteuropa aufbauen würde. Immerhin sei es seit einem Jahrhundert das Hauptziel der USA, zu verhindern, dass „deutsches Kapital und deutsche Technologien und die russischen Rohstoff-Ressourcen und die russische Arbeitskraft sich zu einer einzigartigen Kombination verbinden“. Und das militärische Vorrücken an Russlands Grenzen war ja noch längst nicht alles.
In einem Interview mit dem Sender CNN sagte Victoria Nuland — sie war die zuständige Abteilungsleiterin des US-Außenministeriums für Europa und Eurasien —, dass die USA nach der Auflösung der Sowjetunion fünf Milliarden US-Dollar in die Ukraine investiert hätten, um das Land auf US-Kurs zu bringen. Oder eben für „die Unterstützung des Strebens des ukrainischen Volkes nach einer stärkeren, demokratischen Regierung“, wie sie das nannte. Das gab Nuland im April 2014 zu. Nur ein paar Monate zuvor, im November 2013, hatte der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch das von ihm ausgehandelte Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt. Die Ukraine solle auch normale Handelsbeziehungen mit Russland und weiteren Ländern der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“, einem Zusammenschluss verschiedener Nachfolgestaaten der Sowjetunion, führen können. „Auch ich habe kein Recht, Menschen im Stich zu lassen, da Produktionen unter dem auf uns ausgeübten Druck stillgelegt und Millionen Beschäftigte auf die Straße geworfen werden können“, so Janukowitsch. Außerdem meinte er in einem Appell an die Nation: „Niemand wird unseren Traum von einer Ukraine gleicher Möglichkeiten, von einer europäischen Ukraine ruinieren.“
Janukowitsch setzte das Abkommen aus, da die EU der Ukraine darin die Möglichkeit verweigerte, ein Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion zu werden. Der Ukraine wären so Nachteile im Handel mit Russland sowie soziale Probleme durch die Auflagen der US-dominierten Finanzorganisationen Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IMF), beide mit Sitz in Washington, entstanden. Also setzte Brüssel Kiew die Pistole auf die Brust und forderte: Ost oder West. Beides würde nicht gehen. Nicht mit Brüssel, nicht mit der EU. Die Ukraine müsse sich folglich entscheiden. Und Janukowitsch entschied sich. Nur dass seine Entscheidung nicht so ganz nach dem Geschmack der US-EU-Transatlantiker war.
Und dann wurden die US-Investitionen der letzten Jahre aktiviert. Oder wohl eher mobilisiert. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew kam es unter führender Beteiligung nazistischer Kräfte zum sogenannten Euromaidan, zu Demonstrationen pro EU.
Anfangs friedlich, dann mit Gewalt. Der Begriff Maidan oder Majdan stammt übrigens aus dem Persischen und bedeutet so viel wie Versammlungs- oder Marktplatz. Im überwiegend russischen Osten der Ukraine fanden die Aufstände aber kaum bis keine Zustimmung. Unterstützung bekamen die Protestler in Kiew dafür von EU- und US-Politikern. Etwa von John McCain, dem US-Senator, ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten und Befürworter zahlreicher US-Angriffskriege. Und von westlichen Organisationen wie der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung, der International Renaissance Foundation des US-Oligarchen George Soros, den westlichen Medien oder den Fernsehsendern ukrainischer Oligarchen. Auch die ehrenwerte Victoria „Fuck the EU“ Nuland gab sich die Ehre. In einem privaten Gespräch mit dem US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt, kritisierte sie nicht nur die EU — „Weißt du, fuck the EU“ —, sondern auch den Zögling der konservativen Konrad-Adenauer-Stiftung, den ukrainischen Oppositionellen und Ex-Boxer Vitali Klitschko, der ja gezielt zu einem „neuen starken Mann in Kiew“ aufgebaut und gegen den Kreml in Stellung gebracht werden sollte.
Die Gewalt in Kiew eskalierte dann im Februar 2014. Scharfschützen schossen sowohl auf die Polizei als auch auf die Demonstranten, um die Lage außer Kontrolle zu bringen. Und das gelang ganz gut, denn es kam zu Toten. Zu vielen Toten, mehr als nur einer Handvoll. In einem abgehörten Telefonat sagte Urmas Paet, zu dieser Zeit in der Rolle des Außenministers von Estland, zur damaligen EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über die Todesschüsse auf dem Maidan: „Man kommt also immer stärker zu der Auffassung, dass hinter den (Scharf-)Schützen nicht Janukowitsch steht, sondern jemand aus der neuen Koalition.“ Und die hatte nicht nur US-Unterstützung, sondern bestand auch aus einem Bündnis mit radikalen Nationalisten wie der Partei Swoboda. Eine Aufklärung der Vorfälle, die zu den Toten des Euromaidans geführt hatten, wurde später vom verantwortlichen Staatsanwalt der neuen Putschregierung in Kiew, einem Swoboda-Mitglied, behindert. Und selbst die deutsche ARD oder die britische BBC legten den gezielten Einsatz von Scharfschützen durch Janukowitsch-Gegner nahe. Die BBC präsentierte der Öffentlichkeit sogar einen geständigen Scharfschützen der Oppositionellen.
Trotz einer zuvor unterzeichneten Vereinbarung über die Beilegung der Krise — vorgezogene Wahlen und die Bildung einer Übergangsregierung waren immerhin vorgesehen — musste Jankowitsch aus Kiew flüchten, um einer Verhaftung durch die Opposition zu entkommen. Die Vereinbarung wurde von Teilen der Aufständischen, besonders von den radikalen Nationalisten, abgelehnt. Nach der Flucht des ukrainischen Präsidenten verließen mehr als 70 Abgeordnete die bis dahin mit über 100 Abgeordneten größte Parlamentsfraktion von Janukowitsch. Dann erklärte das Parlament in einer Abstimmung den Präsidenten als abgesetzt. Der Putsch war geglückt. Allerdings, wie sogar der Spiegel schrieb:
„Nach der gültigen ukrainischen Verfassung (Artikel 108) kann die Amtsperiode des Präsidenten aber nur aus vier Gründen vorzeitig enden: wegen Rücktritts, aus gesundheitlichen Gründen, im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens oder wenn der Amtsinhaber verstirbt.“
Nun war davon ja nichts der Fall. Die Absetzung von Janukowitsch war verfassungswidrig. Und die Resolution der Rada, des ukrainischen Parlaments, beruhte auf Artikel 112.
„Dieser aber besagt lediglich, dass im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Präsidentschaft nach Gründen der Artikel 108 bis 111 (Tod, Rücktritt, Krankheit, Amtsenthebung) die Amtsbefugnisse bis zur Wahl eines neuen Präsidenten auf den Vorsitzenden des Parlaments übergehen. Der in der Resolution genannte Amtsenthebungsgrund, Janukowitsch zieht sich von der Ausübung der Macht selbst zurück, ist in den hier einschlägigen Artikeln 108 bis 111 der Verfassung nicht enthalten.“
Der von Nuland favorisierte Arsenij Jazenjuk, auch das kam bei ihrem Gespräch mit Geoffrey Pyatt heraus, wurde als Ministerpräsident der Übergangsregierung installiert. Zu Jazenjuks Unterstützern zählten aber nicht nur Nuland, sondern auch die US-Botschaft in Kiew, George Soros und der German Marshall Fund. Kaum auf seinen neuen Posten gesetzt, unterzeichnete Jazenjuk wie gewünscht und so wie alle anderen Regierungschefs der EU-Staaten, es war der 21. März 2014, das sogenannte Assoziierungsabkommen mit der EU. Auf Initiative der nationalistischen Partei Swoboda plante die Putschregierung in Kiew außerdem schon das Verbot eines Gesetzes, das die russische Sprache in über einem Dutzend Regionen im Süden und Osten des Landes als Regionalsprache verankert. Der Plan wurde zwar kurz darauf wieder verworfen, aber der antirussische Geist kroch trotzdem aus der Flasche.
Gegen das neue prowestliche oder eben antirussische Regime kam es im Osten und Süden des Landes schon bald zu Widerständen.
Nun fanden prorussische Kundgebungen unter Teilnahme russischer Politiker, etwa des Leiters des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Aleksej Puschkow, statt. Puschkow ist als Kritiker der willkürlichen und interventionistischen US- und EU-Außenpolitik übrigens kein Unbekannter. Auch er bezeichnete die dem Assad-Regime vorgeworfenen Giftgasangriffe in Syrien mit Verweis auf die Lüge von Massenvernichtungswaffen im Irak als vom Westen fabriziert.
In der ostukrainischen Stadt Charkow wurde dann eine Resolution verabschiedet, in der die russischsprachigen Regionen des Landes aufgefordert wurden, sich den Putschisten in Kiew nicht zu unterwerfen. Auch hier gingen Aktivisten auf die Straße und besetzten öffentliche Gebäude. In Simferopol, der Hauptstadt der Krim, wurde das Parlament blockiert und eine Volksabstimmung über den Status der Halbinsel gefordert. Noch im März 2014 fand ein umstrittenes Referendum, Soldaten ohne Hoheitszeichen sicherten die Wahl, mit einem deutlichen Ergebnis für einen Anschluss an Russland statt. Umstritten war das Referendum allerdings nur für die Politik des Westblocks samt seiner Medien, auch wenn der kein Problem damit hatte, den Kosovo ganz ohne Referendum, also dem Recht auf Selbstbestimmung eines jeden Volkes, aus Serbien zu bomben oder den systemkonform gewählten Janukowitsch verfassungswidrig aus dem Amt zu putschen, aber so ist das nun mal mit den Selbstgerechten.
Zu den Vorgängen auf der Krim meinte der deutsche Strafrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einem dem Kreml gewiss nicht nahe stehenden Blatt:
„Hat Russland die Krim annektiert? Nein. Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein. Waren sie also rechtens? Nein; sie verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des Völkerrechts). Hätte aber Russland wegen dieser Verfassungswidrigkeit den Beitritt der Krim nicht ablehnen müssen? Nein; die ukrainische Verfassung bindet Russland nicht. War dessen Handeln also völkerrechtsgemäß? Nein; jedenfalls seine militärische Präsenz auf der Krim außerhalb seiner Pachtgebiete dort war völkerrechtswidrig. Folgt daraus nicht, dass die von dieser Militärpräsenz erst möglich gemachte Abspaltung der Krim null und nichtig war und somit deren nachfolgender Beitritt zu Russland doch nichts anderes als eine maskierte Annexion? Nein.“
Im Völkerrecht ist eine Annexion die gewaltsame Aneignung von Land gegen den Willen des Staates, dem es zugehört, durch einen anderen Staat. Und das war auf der Krim ja nicht der Fall. Merkel also weiter:
„Was auf der Krim stattgefunden hat, war etwas anderes: eine Sezession, die Erklärung der staatlichen Unabhängigkeit, bestätigt von einem Referendum, das die Abspaltung von der Ukraine billigte. Ihm folgte der Antrag auf Beitritt zur Russischen Föderation, den Moskau annahm. Sezession, Referendum und Beitritt schließen eine Annexion aus, und zwar selbst dann, wenn alle drei völkerrechtswidrig gewesen sein sollten.“
Man möge die ganze Aktion für nichtig halten. „Das macht sie dennoch nicht zur Annexion.“ Nun ist zwar die, sagen wir, israelische Besatzung der syrischen Golanhöhen oder des Westjordanlands eine Annexion und Unrecht, eine Sezession ist aber das gute Selbstbestimmungsrecht einer Bevölkerung und demokratisch.
Die russische Militärpräsenz auf der Krim habe sich jedenfalls nicht auf die Erklärung der Unabhängigkeit oder das Referendum bezogen, sondern das Stattfinden der Ereignisse absichern sollen. Die Androhung von Gewalt habe sich nicht gegen das Parlament der Krim oder die Bürger gerichtet, sondern gegen die Soldaten der ukrainischen Armee. „Was so verhindert wurde, war ein militärisches Eingreifen des Zentralstaats zur Unterbindung der Sezession. Das ist der Grund, warum die russischen Streitkräfte die ukrainischen Kasernen blockiert und nicht etwa die Abstimmungslokale überwacht haben“, so Merkel. Der echte Wille eines großen Teils der Krim-Bevölkerung zum Anschluss an Russland stand ja auch im Westen außer Frage. Immerhin sind die überwiegende Mehrheit der Krim-Bewohner Russen und über drei Viertel russischsprachig.
Am 2. Mai 2014 kam es dann in der Innenstadt von Odessa zu Zusammenstößen. Sechs Menschen starben. Kurz darauf wurden 42 Anti-Maidan-Aktivisten, die sich in das Gewerkschaftshaus der Stadt zurückgezogen hatten, belagert. Und umgebracht. Dann wurde das Gebäude vom Mob in Brand gesetzt. Seitdem werfen prorussische Separatisten den ukrainischen Nationalisten Lynchmord vor. Für die andere Seite war es ein Unfall oder berechtigte Rache für angeblich vorausgegangene Provokationen. Moskau kritisierte den Westen später für das öffentliche Desinteresse an einer Aufklärung der Vorfälle von Odessa.
Auf jeden Fall kam es im Mai 2014, das Assoziierungsabkommen war unter Dach und Fach, auch noch zu Neuwahlen. Zu umstrittenen, weil sich die Separatisten im Osten und Süden der Ukraine erst gar nicht daran beteiligten. Die Wahl war für den Westen dagegen kein bisschen umstritten. Dieses Mal gewann ein anderer Oligarch. Nämlich Petro Poroschenko. Seine Wahlkampfkampagne soll über 40 Millionen Euro gekostet haben. Poroschenko wurde neuer Staatspräsident und — Überraschung — Jazenjuk blieb Ministerpräsident eines der, wenn nicht sogar des korruptesten Landes in Europa. Dann wurden noch drei Ausländer, etwa Natalie Jaresko, ehemalige Mitarbeiterin im US-Außenministerium, im Eilverfahren eingebürgert, um Mitglieder der neuen ukrainischen Regierung werden zu können.
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte ausgerechnet Ludger Volmer, der von 1998 bis 2002 Staatsminister im Auswärtigen Amt und mitverantwortlich für die Beteiligung Deutschlands am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Serbien war, dass der Regierungswechsel in der Ukraine, „in der Tat“ ein Putsch gewesen sei. Oder eben:
„Die gewählte Regierung war bestimmt schlecht, und es gab viele gute Gründe, sie loswerden zu wollen. Aber wenn eine Revolution von der Straße eine Regierung davonjagt, die vorher demokratisch gewählt worden war, was soll das sonst sein? (…) Wenn dann aber ein anderer Teil des ukrainischen Volkes, nämlich die Ostukraine, nicht mitmachen will und wiederum aus dem neuen ukrainischen Staatsverband austreten will, dann gilt das als illegitim, und das ist die Heuchelei und die Doppelmoral der westlichen Politik.“
Immerhin meinte Volmer auch, „dass starke Kräfte im Westen, insbesondere in den USA“, eine Partnerschaft mit Russland verhindern wollten. „Im Übergang von der Clinton- zur Bush-Regierung haben sich Kräfte durchgesetzt, die gesagt haben: Nachdem die Sowjetunion nun einmal gestürzt ist, werden wir Russland so stark schädigen, dass es sich nie mehr erholen kann. Und diese Kräfte sind leider heute immer noch wirksam in den USA.“
Und sonst?
Ach ja, das US-gestützte Regime in Kiew begann im Jahr 2014 noch einen Bürgerkrieg gegen die russischen Regionen im Osten und Süden der Ukraine, die sich von den Putschisten lösen und unabhängig oder auf in die Russische Föderation machen wollten. Einen Bürgerkrieg mit allem Drum und Dran: mit ukrainischen Nazi-Bataillonen und mit US-NATO-Militärberatern, um ukrainische Soldaten auszubilden und sogar auszuzeichnen.
Mit jeder Menge Waffen aus dem Westen, um die ukrainische Armee gegen die Separatisten aufzurüsten und sie zu einer der größten Armeen in Europa zu machen. Oder mit der jahrelangen Bombardierung von Städten, Infrastruktur und Zivilisten in der Ostukraine, was zu Tausenden von Toten führte. Aber eben nur im Donbass. Das hat dann niemanden mehr so richtig interessiert, das Maidan-Spektakel war ja schon vorbei. Zumindest in den Medien. Außerdem hat es die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen unter US-Präsident Donald Trump, Nikki Haley, in einem CBN-Interview Mitte 2018 für den kollektiven Westen noch einmal kurz und knapp zusammengefasst: „Wir vertrauen Russland nicht, wir vertrauen Putin nicht und werden es nie tun“, denn sie, die Russen, „werden niemals unsere Freunde sein. Das ist einfach eine Tatsache“.