Akademische Säuberungsaktion
Die Ludwig-Maximilians-Universität München mag keine Abweichler und schwärzt einen ihrer Professoren beim Geheimdienst an.
Das akademische Milieu schätzt konforme Mitläufer. Allen anderen droht dagegen ein Spießrutenlauf. Das erlebt nun auch der Medienwissenschaftler Michael Meyen. Nicht nur die Presse überzieht ihn wegen „falscher“ Kontakte und mutmaßlicher „Querdenkerei“ mit üblen Kampagnen. Auch seine Münchner Universität distanzierte sich öffentlich von ihm, wiegelte ein Grüppchen Studenten gegen ihn auf und schwärzte ihn sogar beim bayerischen Inlandsgeheimdienst an. Wird Professor Meyen das nächste Opfer politischer Säuberungen an deutschen Unis?
Simple Zirkelschlüsse
Corona ist noch nicht vorbei. Zielobjekt von Politik, Medien und akademischer „Elite“ bleiben jene, die frühzeitig vor den Folgen der autoritären Maßnahmen und der gentherapeutischen „Impfungen“ gewarnt hatten. Dass sie so falsch nicht lagen, stellt sich zwar immer mehr heraus. Egal, „Querdenker“ sollen raus aus dem deutschen Bildungswesen.
Die Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) in München hat es auf Michael Meyen abgesehen. Der Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft lehrt am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW). Er bringt den Studenten zum Beispiel kritisches Denken gegenüber medialen Inhalten bei: Wie erkennt man einseitige Quellen, mit Berichterstattung vermischte Meinung und Propaganda?
Corona verbannte kritischen Journalismus weitgehend aus den deutschen Leitmedien. Regierungspropaganda war angesagt, um das Volk auf Linie zu bringen. Meyen kritisierte das früh und setzte sich damit in seinem Blog „Medienrealität“ auseinander. Dort klärt er zum Beispiel über „Faktenchecker“ auf und warnt vor autoritärem Überwachungskapitalismus. In einem seiner Bücher beschreibt er eine „Propaganda-Matrix“.
Dass Meyen nicht wie die meisten seiner Kollegen auf Linie ist, kommt in den akademischen Zirkeln nicht gut an. Schon Mitte 2020 unterstellte ihm die Süddeutsche Zeitung „fragwürdige Ansichten“ und Kontakte zu einem angeblichen „Verschwörungstheoretiker“. Mit Letzterem war der Betreiber des Portals KenFM, heute apolut, gemeint, dem Meyen ein Interview gab.
Das Blatt spulte die vom Establishment etablierte, simple und inhaltsleere Gedankenschleife mit allerlei kuriosen Zirkelschlüssen ab: Wer Politik und Medien zu argwöhnisch beobachtet oder nur Kontakte zu Leuten pflegt, die dies mutmaßlich tun, macht sich verdächtig.
Meyen sei daher „umstritten“, verbreite „Verschwörungsmythen“, docke an antisemitische Kreise an und sei, kurzum, deswegen selbst ein Rechtsextremist.
Linker Professor in der Nazi-Ecke
Dass sich Meyen selbst politisch links sieht, sich vor einigen Jahren etwa sehr dafür einsetzte, dass der bekennende Kommunist Kerem Schamberger einen Job an seiner Uni bekam, spielt für die akademischen Meinungswächter und Gesinnungsdeuter dabei keine Rolle. Vor gut einem Jahr bezeichnete ihn die Zeit als „abgedrifteten Prof“ und warf ihn mit einem anderen Professor in einen Topf, der sich bei Twitter angeblich rassistisch geäußert haben soll. Meyen selbst hat mit Rassismus zwar niemals etwas am Hut gehabt — im Gegenteil. Doch die „Nazi-Ecke“ war für ihn bereitet. Die Zeit legte sogar seinen Rauswurf nahe.
So ging es weiter bis zum jüngsten Aufreger: seine Verbindung zur 2020 im Zuge der ersten Corona-Proteste gegründete Wochenzeitung Demokratischer Widerstand (DW). Das Blatt setzte sich von Anfang an gegen repressive Corona-Politik ein und bemüht sich um Aufklärung — eigentlich ein linkes Ansinnen. In zwei Ausgaben führte es Michael Meyen nun als Mitherausgeber. Der Professor schreibt dort jede Woche eine Kolumne. Darin kritisiert er zum Beispiel die geplante nächste Erhöhung der Rundfunkgebühren oder eine vom Staat über Ecken mitfinanzierte Presse.
Darauf war Jungautor Alexander Spöri gestoßen. Spöri schreibt für t-online, dem Portal des Werbekonzerns Ströer, das inzwischen für Hetzkampagnen gegen Einzelpersonen bekannt ist. Dort schwadronierte er leidenschaftlich über den „Querdenker-Professor“ und seine Kontakte. Am selben Tag legte er mit einem weiteren Artikel nach: Bayerns Wissenschaftsminister, wohl von Spöri angeschrieben, unterstellte Meyen mal eben „extremistisches Gedankengut“.
Andere Medien sprangen auf denselben Zug. Die Süddeutsche Zeitung katapultierte Meyen flugs in die „radikale Coronaleugner-Szene“. Auch t-online ließ nicht locker und streute wenig später die Schlagzeile: „Institutskollegen distanzieren sich von Münchner Professor“. Am selben Tag veröffentlichte Meyens Institut dazu eine moralingetränkte Stellungnahme als Pressemitteilung.
Diese liest sich wie eine ungeprüfte Zusammenfassung der Medienkampagne gegen den Professor. Die Wochenzeitung, mit der Meyen kooperiere, stehe der „Neuen Rechten“ nah. Mitherausgeber und Autoren hätten dort in der Vergangenheit „möglicherweise extremistische und verschwörungsideologische Positionen artikuliert sowie nachweisbar Fehlinformationen verbreitet“. Nun müsste an einer Uni eigentlich bekannt sein, wie man Fehlinformationen problemlos in der Sache benennen und widerlegen könnte. Das tut sie aber nicht, ganz so, als wären Meinungsartikel die neue Wissenschaft.
Im Visier des Geheimdienstes
Die Uni lieferte noch weiteren Kampagnenstoff für die Causa Meyen: Sie schwärzte ihren Professor nämlich beim bayerischen Verfassungsschutz an, also dem deutschen Inlandsgeheimdienst. Ob die Süddeutsche Zeitung oder das Redaktionsnetzwerk Deutschland, die taz oder der Bayerische Rundfunk: Die Medienmeute johlte dazu. Der DW sei ein „Hetzblatt“, wer dafür schreibe, müsse eben damit rechnen, so der Tenor. Die neue Überwachungskategorie in Deutschland lässt grüßen: „Delegitimierung des Staates“.
Im geheimdienstlichen Fokus steht der DW jedenfalls laut Berichterstattung schon länger. Die Zeitung war beim Staat noch nie beliebt. Sie entstand aus der allerersten maßnahmenkritischen Bewegung „Nicht ohne uns“ im März 2020 — noch vor den „Querdenkern“. Der DW habe Verbindungen in die rechtsextremistische Szene, munkelt die Leitpresse.
Das Körnchen Wahrheit daran: Tatsächlich publizierte der DW vor einer Weile eine bezahlte Anzeige des Magazins Compact, das tatsächlich stramm rechts zu verorten ist. In der Vergangenheit mimte Compact zum Beispiel den Wahlkampfhelfer der AfD und feierte schon mal Björn Höcke mit seinen real-rassistischen Ausschweifungen als Helden. Zwischen systemkritischen Artikeln hetzt es hier und da die Menschen am unteren Rand der Gesellschaft ethnisch und sozial gegeneinander auf.
DW: „Wir sind links“
Selbst verortet sich der DW kein bisschen rechts, sondern links. „Ich bin ein Linker, war immer ein Linker und bleibe das auch, genauso ist es mit unserer Zeitung“, sagte Mitherausgeber Anselm Lenz im Gespräch mit Manova. Was politisch mit Corona möglich gewesen sei, habe ihn erschreckt und an „dunkelste Zeiten erinnert“. „Für mich konnte es nur darum gehen, dieses autoritäre Regime wegzubekommen, das geht nur, wenn wir eine Masse erreichen“, so Lenz.
Auf die Linke hätten sich Lenz und seine Mitstreiter dabei nicht verlassen können. Bekanntlich mutierte ein Großteil selbsterklärter linker Organisationen plötzlich zu strammen Verfechtern autoritärer Unterdrückung durch den kapitalistischen Staat.
„Die wollten nichts mit uns zu tun haben und haben uns nicht unterstützt“, betonte Lenz.
Meyen sieht manches, wie diese Anzeige, durchaus kritisch. Er erläuterte: „Meine Idee hinter dem Einstieg in die Zeitung war deshalb auch, sie journalistisch und inhaltlich ein wenig zu beraten“, sagte Meyen. Es gebe eine fruchtbare Zusammenarbeit, seine Kritik sei beim DW erwünscht, resümierte er. Lenz bestätigte das: „Herr Meyen wird weiterhin seine Kolumne bei uns veröffentlichen.“
Allerdings setzte die Medienkampagne und weitere Vorgänge an der LMU dem Professor ziemlich zu. Er gab die Mitherausgeberschaft für die Zeitung nach zwei Ausgaben offiziell wieder auf. Der t-online-Schreiber Spöri begriff dies offensichtlich als sein persönliches Werk. Er frohlockte über den Rückzug und legte mit Kontaktschuld-Vorwürfen kräftig nach: Meyen habe zum Beispiel mit „umstrittenen“ Personen Interviews geführt. Vermutlich hat dem Autor niemand beigebracht, dass Journalisten genau dies tun müssen.
Aufgeregte Studenten
Die LMU-Mitteilung sorgte indes für Aufruhr im Studentengremium von Michael Meyens Institut, der sogenannten Fachschaft. Einen „querdenkenden“ Professor in ihren Reihen dürfe es nicht geben, wurde man sich dort offenbar schnell einig, schloss sich der Distanzierungsorgie an und startete eine Umfrage im Institut, die Manova vorliegt.
Das Gremium wollte wissen, wie die Studenten zu Meyens politischen Äußerungen und publizistischen Tätigkeiten stehen, wer von ihnen deshalb nicht an seinen Seminaren teilnehmen wolle, und wer denkt, Meyen schade damit dem Institut. Außerdem sollten sie mitteilen, ob sie das Einschalten des Geheimdienstes richtig oder falsch finden. Um welche Äußerungen Meyens es konkret geht, erfährt der Teilnehmer dabei nicht.
Der inhaltsleere Vorwurf der „Querdenkerei“ und die medial daran geknüpften Zirkelschlüsse reichten dann zumindest für ein erwartetes Ergebnis bei jenen, die nicht selbst ins Kreuzfeuer geraten wollen: Mehr als drei Viertel reagierten ablehnend gegenüber ihrem Professor.
Laut Bayerischem Rundfunk haben sich über 200 Studenten an der Umfrage der Fachschaft beteiligt. Was der BR nicht jedoch nicht schreibt: 700 Studenten, vier Fünftel also, nahmen gar nicht an der Umfrage teil. Denn am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW) sind insgesamt gut 930 Studenten eingeschrieben.
Was die Mehrheit über Meyen denkt, ist demnach nicht bekannt. Hatten viele vielleicht Angst davor, wie Meyen selbst unter den Radar der universitären Gesinnungswächter zu geraten? Könnte dies am Ende sogar ihr Studium negativ beeinflussen? Nach all dem Prozedere um Meyen ist es nicht weit hergeholt, darüber nachzudenken.
Regime gegen „Corona-Schwurbler“
Denn selbst Außenstehenden ist inzwischen nicht entgangen, dass die politische und akademische „Elite“ vor allem eines einfordert: Konformismus. Schließlich ist Meyen nicht der einzige gejagte Akademiker. Wer in der Causa Corona gegen den Strom schwamm, geriet ins Kreuzfeuer, oft sogar der eigenen Kollegen.
Der Lungenfacharzt Dr. Wolfang Wodarg bekam es schon zu „Pandemie“-Beginn mit den regierungstreuen „Faktencheckern“ zu tun, weil er der politischen Linie widersprach. Der Spiegel schrieb ihn zu einem Verbreiter „gefährlicher Falschinformationen“ und „Unsinn“ nieder. Im Herbst 2020 setzte die Bayerische Staatsregierung den Chef des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg, Friedrich Pürner, ab, weil er den repressiven Kurs der Bayernregierung kritisierte.
Viele andere Maßnahmen-Kritiker folgten den beiden aufs Abstellgleis: Ärzte, Wissenschaftler und sonstige Intellektuelle, so auch Meyen. Sie landeten in irgendwelchen „Nazi-Schwurbel-Ecken“, weil irgendwo ein Rechter Ähnliches geäußert hatte. Mit der Ukraine-Krise ging es nahtlos auf einem ähnlich simplen Niveau weiter. Aus „Corona-Schwurblern“ wurden „Putin-Freunde“.
Regime gegen „Putin-Freunde“
So entledigten sich die Kieler Universität und eine Berliner Hochschule des früheren NDR-Journalisten Patrik Baab, weil er in der umkämpften Ostukraine selbst recherchiert hatte. Wo Propaganda Meinung vorgibt, ist die Realitätsprobe unerwünscht. Ähnlich geschah es mit der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Auch sie widersprach den öffentlichen Erzählungen zu Corona und zur Ukraine — die Universität Bonn hat sie nun mit fadenscheiniger Begründung offensichtlich rausgeworfen.
Auch der Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser steht auf der Abschussliste der Meinungsführer von Tagesschau und Co. Das öffentlich-rechtliche Nachrichtenmagazin teilte dabei gleich noch gegen Guérot und Gabriele Krone-Schmalz aus. Letztere hatte früher viele Jahre als Russland-Korrespondentin für die ARD gearbeitet. Weil sie sich wie Ganser dafür einsetzt, die Vorgeschichte des Krieges zu betrachten und statt Kriegsrhetorik für eine Friedenslösung plädiert, erklärte die Tagesschau sie zur Persona non grata.
So weiche Krone-Schmalz „mit ihren Ansichten zum Teil stark vom wissenschaftlichen Konsens ab“.
Diesen „wissenschaftlichen Konsens“ kennt man zur Genüge aus der Coronazeit: Gemeint ist der erwünschte „Konsens“ von erwünschten „Experten“; der Rest wird ausgegrenzt und niedergeschrieben.
Ja, das Regime und seine treue akademische „Elite“ dulden keinen Widerspruch. Politische Abweichler und Kritiker werden zunehmend härter bekämpft. Wer seine Karriere im universitären oder Medienbetrieb noch vor sich hat, wird da wohl eher den Mund halten. Ein Schelm, wer diktatorische Verhältnisse im Anmarsch sieht?
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