Die nächste Revolution

Wie kann eine neue Revolution gelingen? Teil 2.

Im Verlauf der letzten Jahrhunderte wurde der Kapitalismus immer wieder von linken Gruppen verschiedenster Couleur kritisiert. Stets wurde eine Abschaffung des Kapitalismus, zumeist mittels einer großen Revolution, gefordert. Trotzdem ist mit Erschrecken festzustellen, dass heute, 50 Jahre nach dem, was einer Revolution vielleicht am ehesten nahekam (1), ein nachhaltiger Umsturz der Ordnung ausbleibt. Allein der Gedanke daran, das gegebene System zugunsten der Mehrheit der Bevölkerung zu verändern, stößt auch bei eben jener Mehrheit auf Unverständnis oder wird als realitätsferne Träumerei belächelt. Die Hegemonie des kapitalistischen Systems scheint gemeinhin akzeptiert, Veränderungen sind unerwünscht. Im Besonderen hinsichtlich der beständigen Gefahr eines großen Krieges, der zum Erschließen neuer Märkte immer notwendiger scheint, sowie der fortschreitenden Zerstörung der Umwelt erscheint eine neue Revolution zwingend notwendig. In diesen Zeiten, in denen die kapitalistische Expansion an ihre Grenzen stößt und das System nur noch durch einen Angriff auf die in ihm gefangenen Menschen aufrechterhalten werden kann, scheint die Revolution unabdingbar, um das Überleben der menschlichen Zivilisation sicherzustellen.

Im vorherigen Beitrag haben wir uns mit den Gründen der Notwendigkeit einer neuen Revolution befasst. Wir haben gesehen, dass das gegenwärtige System nicht nur den Menschen versklavt und seiner Dogmatik des Konsums und der Produktion unterwirft, sondern auch die Lebensgrundlage des Menschen, die Umwelt, fortschreitend zerstört. In gebotener Kürze habe ich dargelegt, aus welchen Gründen eine Revolution trotz all der offenkundigen Gründe bisher ausblieb. Im Folgenden werde ich nun darauf eingehen, welche Fehler alle bisherigen Revolutionsversuche begangen haben ‒ warum sie nie zu einem vollkommenen Umsturz der herrschenden Ordnung führen konnten. Hiernach werden wir zusammen ein Ausblick auf die Konditionen einer neuen Revolution wagen.

Das Versagen der Revolutionen

Nun ist es nicht so, dass eine Revolution etwas vollkommen Neues, etwas nie Dagewesenes darstellen würde. Die Geschichte weist im Gegenteil zahlreiche Beispiele auf. Die bekanntesten sind wohl die Französische Revolution sowie die bolschewistische Revolution in Russland. Auch nach dem zweiten Weltkrieg gab es mit der sogenannten 68er-Bewegung in den westlichen Staaten eine Strömung, die sich wohl als revolutionär bezeichnen lassen könnte, da sie sich hauptsächlich gegen verkrustete, autoritäre Strukturen und Hierarchien sowie die kriegerische Politik westlicher Staaten richtete und somit gängiges staatliches Handeln fundamental in Frage stellte. Keiner dieser revolutionären Bewegungen gelang es jedoch, das System grundlegend zu verändern. Natürlich hat die französische Revolution den feudalen Ständestaat beendet und den König entthront, ebenso wie die bolschewistische die Herrschaft der Zaren beendete.

Doch wurde dadurch nur eine mächtige Klasse durch eine andere ersetzt.

In Frankreich hat das Bürgertum nur den Adel abgelöst, um an seiner Stelle die Herrschaft über das Volk auszuüben. Es richtete eine Herrschaft des Terrors ein, um Andersdenkende zu unterdrücken und schreckte auch vor Waffengewalt gegenüber friedlichen Versammlungen nicht zurück (1, 2).

Die Bolschewisten hingegen propagierten die Diktatur des Proletariats, durch welche die Klassengesellschaft aufgelöst und die Produktionsgüter in die Hand des Volkes gelegt werden sollten. Doch wie in jeder Diktatur zeigt sich nach der Revolution ein Unwille, die Macht tatsächlich abzugeben oder auch nur zu teilen, sobald sie einmal in den eigenen Händen liegt.

Und so bildete sich eine kleine, herrschende Klasse heraus, die sich nun nicht mehr durch Adelstitel, sondern durch Waffengewalt „legitimierte“. Zwar unterstützten die Bolschewiki vor der Oktoberrevolution den Aufbau von Arbeiterräten, nach ihrer Machtergreifung wandten sie sich jedoch gegen diese.

Im Verlauf der Revolutionen löste sich immer ein Teil der revolutionären Klasse aus dieser heraus und wandte sich anschließend gegen die früheren Verbündeten, stellte sich über sie und versuchte, sie mit Macht und Gewalt von außen zu verwalten. Dabei verabschiedeten sie sich zumeist auch von ihren vorherigen Idealen und Zielen. Zwar formulierte die Französische Revolution erstmals Bürger- und Menschenrechte, die jedem Menschen Grundrechte und Freiheiten einräumten. Doch scheinen diese eher der Befriedung der herrschenden Verhältnisse und einer oberflächlichen Beilegung zumindest eines Teils der Revolutionsanliegen gedient zu haben als der Bestrebung, tatsächlich eine freie, gerechte und gleiche Gesellschaft aufzubauen.

Denn trotz allem wurde die grundlegende Problematik, die Ausübung von Macht schlechthin, nie tatsächlich in Frage gestellt. Einzig der Inhaber dieser Macht war Gegenstand der Revolution. Die Verhältnisse von Unterdrückung und Herrschaft, von der Macht des Eigentums über die Masse der Besitzlosen, lösten sich dadurch nicht auf, sondern wurden im Gegenteil durch eine mittels Tricks und Schauspiel erheischte Zustimmung des Volkes zementiert.

Auch die deutsche Novemberrevolution von 1918 entsprang keinem Verlangen der Beteiligten nach einer herrschaftsfreien, gleichberechtigen Welt. Es waren Matrosen, die sich in der Abenddämmerung des ersten Weltkrieges weigerten, ihr Leben für eine sinnlose Mission zu lassen, welche die Revolution begannen. Die nackte Furcht um das eigene Überleben war demnach Auslöser einer Revolution, der sich dann weite, vom langen Krieg ausgezehrte Teile der Bevölkerung anschlossen und die so schließlich die Monarchie durch die Weimarer Republik ersetzte. Eine Form der Demokratie, die nur zu bald den Weg zu einer faschistischen Diktatur ebnete.

Schuld am Scheitern der Revolution waren vor allem die Sozialdemokraten, die eine Räterepublik ablehnten und stattdessen die Demokratie als Fortsetzung der Monarchie mit anderen Mitteln betrachteten. So war es ihnen wenig später möglich, den Spartakusaufstand mit Gewalt und unter Zuhilfenahme aristokratischer Kräfte gewaltsam niederzuschlagen, ebenso wie die verschiedenen Versuche, Räterepubliken zu installieren, in denen die Herrschaft des Volkes möglich gewesen wäre.

Was daraus zu lernen ist

Die Geschichte der Französischen Revolution scheint sich zu wiederholen. Die einstigen Vertreter der revoltierenden Gruppe waren zu Vertretern der Macht geworden, die diese unbedingt erhalten wollten und sich daher gegen ihre ehemalige Klientel stellten ‒ so wie sie es auch heute, hundert Jahre später, immer noch tun. Dabei vertreten sie damals wie heute die mächtigen Eliten: damals aristokratische und feudale, heute allein kapitalistische.

Auch die 68er-Revolution, die kein Aufstand von unten war, sondern ein hierzulande hauptsächlich durch Studenten getragener Protest, vermochte es nicht, Herrschaft und Machtausübung grundsätzlich in Frage zu stellen. Sie richtete sich lediglich auf Korrekturen der Machtausübung, wie etwa die Beendigung des Vietnamkrieges, und solidarisierte sich vielfach mit der als kommunistisch bezeichneten Herrschaft jenseits des Eisernen Vorhangs. Zwar beriefen sich ihre Akteure auf große Vordenker wie Karl Marx oder Rosa Luxemburg, vermochten es aber nicht, deren Schriften in konkrete, zeitgemäße Forderungen zu übersetzen.

Stattdessen spalteten sie sich nach den Attentaten auf Martin Luther King in den USA und dem Anschlag auf Rudi Dutschke in Deutschland in mehrere, einander feindselig gegenüberstehende Bewegungen auf. Diese begannen, sich mit sich selbst zu befassen und sich auf griffige Teilprobleme zu fokussieren, anstatt das grundlegende System, das diese Teilsysteme produzierte, wirksam zu hinterfragen.

Es wurden soziale Rechte für Minderheiten sowie eine Liberalisierung der Sexualität erreicht, doch das System als Ganzes, das diese Forderungen erst notwendig machte, wurde auf diese Weise nicht angegangen, sondern im Gegenteil durch die scheinbar generösen Zugeständnisse in für das System nebensächlichen Angelegenheiten weiter zementiert. Das kapitalistische System gab sich einen menschlichen Anstrich, welcher die wahrhaft unmenschlichen Bedingungen, unter denen es wirkte, verschleierte. Es hat sich seitdem einzig in diese Richtung fortbewegt: indem es den Protest für marginale Verbesserungen in winzigen Teilbereichen erhört und die Forderungen erfüllt hat, ohne seinen inneren Kern zu ändern.

All diese historischen Revolutionen waren also nicht in der Lage, die Erfordernisse der Produktion in Frage zu stellen, die Arbeit der Menschen auf das für das Leben notwendige Maß zu reduzieren und sie gerecht zu verteilen, Machtverhältnisse grundlegend aufzubrechen sowie eine freie und gerechte Gesellschaft zu entwickeln. Eigentumsverhältnisse bestehen ungehindert fort, haben den Lauf der Geschichte überdauert und die Herrschaft einiger über viele fortgeschrieben. Auch die aus den Revolutionen hervorgegangenen Bewegungen und Parteien sind zu machtwahrenden Instrumenten der Herrschaft verkommen. Man denke nur an die hiesige Sozialdemokratie, welche sich, von ihrem sozialistischen Flügel befreit, längst mit der propagierten Alternativlosigkeit einer entfesselten Wirtschaftsordnung angefreundet und zu deren Vertreter aufgeschwungen hat.

Ebenso taten dies die aus den 68er-Bewegungen mittelbar hervorgegangenen Grünen, deren Hauptanliegen einmal Pazifismus und der Schutz der Umwelt gewesen sind. Heute dienen sie dem die Umwelt vernichtenden und Kriege in rohstoffreiche Länder tragenden System, anstatt es ernsthaft zu hinterfragen. Kritik am Kapitalismus wird höchstens noch als Partygespräch in Form der Zurschaustellung der eigenen Kenntnis marxistischer Zitate zelebriert.

Die neue Revolution

Dieses zerstörerisch-kapitalistische System zu beenden, muss das zentrale Anliegen der neuen Revolution sein. Die Macht über den Einzelnen muss diesem zurückgegeben werden, um ihm ein selbstbestimmtes, freies Leben zu ermöglichen und nicht in Abhängigkeitsverhältnissen verhaftet zu bleiben. Das System als Ganzes, in all seinen Facetten, muss radikal hinterfragt und schließlich überwunden werden. Was uns sonst droht, ist nichts Geringeres als der Untergang der Menschheit, auf den das kapitalistische System bei ungestörtem Fortgang zulaufen wird.

Dabei darf die neue Revolution jedoch nicht die Fehler ihrer Vorgängerinnen wiederholen. Es darf nicht das Ziel sein, eine herrschende Klasse durch eine andere zu ersetzen, die Produktion beizubehalten und erneut Unterdrückung, Ausbeutung und Abhängigkeit zu schaffen. Bei den Überlegungen dieser Revolution ist darüber nachzudenken, wer die Revolution ausführen kann, gegen wen oder was sie sich konkret zu richten hat und wie sie zu vollziehen ist.

Das revolutionäre Subjekt

Wenn von einer Revolution die Rede ist, so ist also zunächst danach zu fragen, wer diese ausführen soll. Alle linken Bewegungen der Vergangenheit hatten dazu eine klare Auffassung: der kleine, an den Rand der Gesellschaft gedrängte Arbeiter, bezeichnet als Proletarier. In den vergangenen historischen Epochen ergab diese Schlussfolgerung durchaus Sinn, war der Proletarier doch derjenige, der unter dem System am deutlichsten zu leiden hatte und von ihm ausgebeutet wurde, ohne jemals etwas im Gegenzug zu erhalten ‒ von den Mitteln für einen minimalen Lebenserhalt einmal abgesehen. Die Abschaffung dieses Unrechts war daher auch Sinn und Ziel der damaligen Revolutionsbewegungen.

Dass die Auffassung, der Arbeiter müsse Träger der Revolution sein, heute noch zutrifft, ist jedoch aus mehreren Gründen zu bezweifeln.

Zunächst ist festzuhalten, dass der einfache, ungelernte Arbeiter auch heute noch vom kapitalistischen System ausgebeutet wird. Gegen einen Hungerlohn ist er gezwungen, sein Leben und seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um an der überbordenden Produktion des Kapitalismus teilnehmen zu können. Acht Stunden oder mehr täglich muss er schwere Maschinen bedienen, an Hochöfen stehen oder im Schlachthaus durch Blutlachen waten. Sein Schicksal ist es dabei, im Bewusstsein der Ersetzbarkeit und mit der nächsten Wirtschaftskrise vor der Tür, beständig Gefahr zu laufen, seinen kümmerlichen Job zu verlieren und in die absolute Armut, das Nichts der Bedeutungslosigkeit herabzusinken. Der Arbeiter ist also nach wie vor Opfer kapitalistischer Ausbeutung.

Doch der Arbeiter heutiger Zeiten unterscheidet sich in so mancher Hinsicht von demjenigen der Vergangenheit. So ist es im langen Ringen auch und gerade linker Kräfte gelungen, den Arbeiter in ein soziales Sicherungssystem einzuhegen, bestehend aus Krankenversicherungen, Sozialversicherungen, Arbeitsunfähigkeitsversicherungen und so weiter, gepaart mit einem Versprechen auf eine – wenngleich minimalistische – Rente, mit der er die wenigen Jahre absichert, die ihm nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben noch bleiben. Zudem wurde das Fangnetz des Arbeitslosengeldes, in Deutschland heute unter Hartz IV bekannt, eingezogen. Es verspricht dem Arbeiter soziale Absicherung auch dann, wenn er seine Arbeit verliert.

Allerdings ist dessen Empfang mit allerlei Sanktionen und Zwängen verbunden und die Medien haben in den letzten Jahren hart daran gearbeitet, den Ruf eines jeden Empfängers dieser Leistung gründlich zu sabotieren.

Dieses Sicherungssystem, so wertvoll es für den Einzelnen auch ist, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als perfides Mittel zur Durchsetzung der Abhängigkeit vom bestehenden System. Es erscheint besser, wenigstens ein minimales Einkommen zu haben und sozial abgesichert zu sein, auch wenn all diese Leistungen nur ein Leben unterhalb der Armutsschwelle ermöglichen, als die Gefahr einzugehen, alles zu verlieren, sollte man aufbegehren und seinen Job verlieren oder gleich das versorgende System umwerfen.

Zu den als Bodensatz der Gesellschaft verrufenen Empfängern von Arbeitslosengeld möchte ohnehin niemand gehören, ist damit doch die totale soziale Ausgrenzung verbunden. Daher plagt sich der Arbeiter lieber in seinem kümmerlichen Job ab, fristet sein Dasein am unteren Rand der Gesellschaft und nimmt mit Freuden Überstunden auf sich, nur um seinen Job behalten zu dürfen. Der Arbeiter wird sich also gegen das System auch dann nicht wehren, wenn er allen Grund dazu hat. Von dem früheren Arbeiter unterscheidet er sich in dieser Hinsicht nur dadurch, dass er nach Verlust seiner Arbeit nicht unmittelbar auf der Straße landet, sondern zumindest noch ein Dach über den Kopf und eine minimalistische Grundversorgung hat. Die soziale Ächtung ist jedoch ähnlich.

Der Arbeiter als Konsument

Hinzu kommt, dass der Kapitalismus den Arbeiter längst als Konsumenten entdeckt hat. Durch die fortwährend billige Produktion, deren Billigkeit zum großen Teil darauf beruht, dass sie ins Ausland verlagert wurde, wo unter Ausbeutung noch ärmerer Menschen die Löhne weiter gedrückt werden konnten, können heute hiesige Arbeiter Produkte erwerben, die zuvor eher der Mittelschicht zugeschrieben waren.

Der Arbeiter, so schlecht er auch bezahlt sein wird, kann sich, indem er kräftig spart und sich in Haushaltung übt – oder im Idealfall einen Kredit aufnimmt, den er dann über viele Jahre abbezahlen darf – heute nicht nur ein Auto, sondern auch einen ansehnlichen Fernseher, ein Smartphone sowie all jene Produkte leisten, welche in der bürgerlichen Mittelschicht zur Normalität geworden sind. Auf diese Weise wird dem ehemaligen Proletarier suggeriert, er selbst sei ein Teil ebenjener Mittelschicht und nicht der Proletarier, als welchen ihn das Kapital benötigt.

Wer sich zum besseren Teil der Gesellschaft zählt, wird wenig Grund haben, gegen die bestehenden Verhältnisse aufzubegehren. Er selbst hat es ja geschafft. Durch das mediale Mantra der Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung wird dem Proletarier eingeredet, er könne mit genügend Selbstausbeutung weiter aufsteigen und es innerhalb des kapitalistischen Systems zu mehr bringen. Warum also sollte er gegen dieses System aufbegehren, das ihm über Jahrzehnte eingeredet hat, er selbst sei der Schmied seines eigenen Glücks?

Ungerechtigkeit und Unterdrückung werden so zur notwendigen Selbstoptimierung zum Erlangen der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten des Systems umdefiniert und somit nicht mehr als die Ausbeutung erkannt, die sie darstellen.

Hinzu kommt, dass das System mittlerweile zur weltweiten Norm geworden ist. Der sozialistische Ostblock ist zusammengebrochen, was in den Augen der Verteidiger des Kapitalismus nur die Unzulänglichkeiten des Sozialismus bestätigte und von ihnen seither auch kräftig propagiert wird. Die meisten Menschen, so auch der Proletarier, sind der Auffassung, der Kapitalismus sei die beste aller Welten ‒ scheint er doch das einzige System zu sein, das dauerhaft funktioniert. So blendet man auch gerne seine Unzulänglichkeiten aus und schiebt die Verantwortung für Elend, Armut und Arbeitslosigkeit auf die betroffenen Menschen selbst ab.

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, aus dem das Proletariat als revolutionäres Subjekt nicht geeignet scheint. Das Proletariat zu einer Revolution zu bewegen würde bedeuten, es mit einer in ihrem Schicksal und Bewusstsein geeinten Klasse zu tun zu haben. Dies ist aber längst nicht mehr der Fall.

Das kapitalistische System hat es in den letzten Jahrzehnten fertiggebracht, die Proletarier getreu dem Motto „Teile und herrsche“ in immer kleinere Einheiten zu teilen und zu beherrschen. So wurde, mit der Unterstützung der Medien, der „einheimische“ Arbeiter gegen den „ausländischen“ aufgehetzt, der Arbeiter an sich gegen den „faulen“ Arbeitslosen und, mittels des überall indoktrinierten Konkurrenzdenkens, schließlich auch jeder einzelne Arbeiter gegen jeden anderen. Dies geschieht nicht zuletzt über Scheinidentifikationsmerkmale wie die konsumierten Produkte oder den bevorzugten Fußballverein, vermittelt hauptsächlich durch die Medien.

Jeder andere ist nun ein potentieller Gegner im Spiel des ständigen Konkurrenzkampfes, vom dem das Überleben eines jeden Einzelnen abhängt. Eine geeinte Klasse ist somit nicht mehr gegeben. Das Proletariat eignet sich folglich nicht als revolutionäres Subjekt. So bleibt die Frage, wer sonst der neue Revolutionsträger sein könnte.

Eine Antwortsuche

Natürlich ist grundsätzlich jeder als solcher willkommen, der des herrschenden kapitalistischen Systems überdrüssig ist. So gibt es eine Vielzahl von Menschen, welche das Herrschaftsverhältnis längst durchschauen. Dies ist nicht auf eine bestimmte Klasse beschränkt, sondern zieht sich durch die ganze Gesellschaft. Jedoch finden sich diese Menschen oft als winzige, revolutionäre Atome in einem Umfeld, welches das System eher stützt als kritisiert. Ein geeintes Vorgehen erscheint daher schwierig. Es ist also nach einer größeren Gruppe zu suchen, die eine Revolution ins Rollen bringen könnte.

Eine Möglichkeit wäre es, jungen Leuten, der Generation der Schüler und Studenten, diese Bürde aufzulasten. Zwar treffen auch auf sie viele der Aussagen über den Proletarier zu, insbesondere was den systemischen Leistungsdruck und das Konkurrenzdenken angeht. Doch erscheint es einfacher, eine Klasse zu mobilisieren, die sich noch nicht in den Mühlen der Erwerbsarbeit abmühen muss und seine ganzen Kräfte darin erschöpft. Auch hat die Indoktrination bei diesen Menschen noch nicht so tiefgreifend wirken können wie bei den älteren Arbeitern, die sich einfach schon länger dem Druck des Systems ausgesetzt sehen.

Zudem ist auf die Klasse der Arbeitslosen zu verweisen. Diese von Teilen der Gesellschaft, aber vor allem von Boulevardmedien als „nutzlos“ ausgespienen Menschen haben im Grunde nichts weiter zu verlieren, jedoch eine ganze Menge an Freiheit und Selbstbestimmung zu gewinnen. Sie sind diejenigen, welche die besten Gründe für Unzufriedenheit und damit den größten Anreiz zur Revolution haben.

Beide Gruppen können und müssen von den freischaffenden Künstlern, Dichtern und Denkern unterstützt werden, die das System noch nicht für sich vereinnahmt hat. Über die Mittel der Kunst und unter Ausnutzung ihres Rufes können diese die Revolution anheizen und ihre gesellschaftliche Akzeptanz fördern.

Klar ist auch, dass sich die Revolution nicht allein auf diese Menschen beschränkt. Sie sind lediglich die Zündung für einen notwendigen, gesellschaftlichen Umbruch, der jedoch nach und nach die ganze Gesellschaft erfassen muss.

Es ist einzig notwendig, ein gemeinsames Bewusstsein bei diesen Menschen zu schaffen, das gemeinsame Interesse der Überwindung eines zerstörerischen Kapitalismus zu formulieren und in unbedingter Solidarität zusammenzustehen.

Das revolutionäre Objekt

Weiterhin ist danach zu fragen, gegen wen sich die Revolution zu richten hat. Auch diese Frage hat in der historischen Linken eine klar definierte Antwort: Da es das Ziel der Revolution war, den entrechteten und geknechteten Arbeiter von seinem Joch zu befreien, musste sich die Revolution zwangsweise gegen jene richten, die ihn unterdrücken. Dies waren die Kapitalisten, die Eigentümer von Land und Maschinen, für die sich der Proletarier zu Tode arbeiten musste.

Durch den gefühlten Aufstieg des Arbeiters in die Mittelschicht, durch die starke Identifikation der Arbeiter mit den sie beschäftigenden Betrieben und die Absicherung durch ein Minimum an sozialen Leistungen scheint der Kapitalist jedoch nicht mehr als Objekt der Revolution möglich. Durch das bereits beschriebene Abhängigkeitsverhältnis und die fortwährende Angst vor dem Verlust der Arbeit wird der Proletarier sich nicht gegen denjenigen wenden, der ihm das Minimum an sozialer Teilhabe ermöglicht.

Doch es sprechen noch viel gewichtigere Gründe dafür, dass die Kapitalisten nicht das Objekt der Revolution sein können. Dadurch, dass linke Bewegungen Kapitalisten zu ihren Feinden erklärt und ihnen mit Enteignung gedroht haben, erzeugten sie bei diesen nichts als Widerstand und Abneigung. Die Kapitalisten ihrerseits haben den Arbeiter als potentiellen Feind erkannt (was der Grund für die Umgarnung mit den Mitteln des Kapitalismus ist) und bekämpfen ihn ihrerseits. Sie fürchten den Verlust von Eigentum, Vermögen und Gewinnen. So entstanden Schützengräben, welche diese beiden Klassen einander gegenüberstellten, obgleich sie einander benötigten.

Diese Gräben sind jedoch heutzutage gefährlich für die Menschheit als Ganzes. War die Motivation früherer Revolutionen noch die Überwindung der Versklavung der Arbeiter, so stehen heute, wie schon gesehen, ganz andere Prioritäten im Vordergrund. Der Kapitalismus hat durch seine fortschreitende Produktion und Verwertung des Planeten schwerwiegende Eingriffe in das Ökosystem vorgenommen, die nach und nach auf die Menschheit zurückschlagen.

Diese Rückkopplungen bedrohen nun das Überleben der Spezies Mensch als Ganze: sei es durch Erosion und Verwüstung von Böden, auf denen immer weniger Nahrungsmittel angebaut werden können, sei es durch Klimawandel mit allen damit zusammenhängenden Folgen wie Massenmigration oder die Verlagerung tropischer Krankheiten in nicht-tropische Gebiete. Oder durch Hunger, die zunehmende Verschmutzung der Lebensgrundlagen Wasser, Luft und Boden und, damit verbunden, die existentielle Bedrohung von Pflanzen und Tieren. Hinzu kommen des Weiteren die beständigen Kriege, welche die Logik des Kapitalismus gebietet und die im schlimmsten Fall globale Ausmaße annehmen können, auch mit der Gefahr des Einsatzes nuklearer Massenvernichtungswaffen, welche ihrerseits das Potential besitzen, die gesamte Menschheit zu vernichten.

Kapitalisten als revolutionäres Objekt?

Für diese Zustände zeichnet sich zwar der Kapitalismus verantwortlich, nicht aber alleine der einzelne Kapitalist, der nur die Logik des ihm aufgetragenen Systems exekutiert. Auch der Kapitalist ist Opfer seiner Entscheidungen, ist vom System vollkommen abhängig und in diesem gefangen. Eine einzige falsche Entscheidung kann seine gesamte Existenz gefährden, andere Entscheidungen wiederum tragen zur fortschreitenden Vernichtung des Planeten bei.

Auch der Kapitalist sieht sich in beständiger Konkurrenz zu allen anderen Kapitalisten und kämpft eine fortwährende Schlacht um sein finanzielles Überleben, im Zuge derer Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und Umweltzerstörung als Kollateralschäden entstehen. Obwohl die Befreiung aller Menschen aus der Knechtschaft und der Armut weiterhin ein wichtiges Ziel ist, wird davon ausgegangen, dass dieses mit der Überwindung der Kapitalismus verwirklicht wird. Das Bestreben muss sich aber vorrangig darauf richten, einen lebensfähigen Planeten zu erhalten.
Denn auch der Kapitalist wird am Untergang der Menschheit teilnehmen.

Er mag später von ihm ereilt werden als der Großteil der restlichen Menschheit; doch alle Profite, alle Maschinen und Böden werden ihm auf einem verwüsteten Planeten keinerlei Nutzen bringen ‒ ebenso wie sie ihn nicht gegen nukleare Strahlung abschirmen werden. Der Kapitalist selber ist somit ebenfalls Opfer des Systems, auch wenn er sich selbst nicht als solches betrachten wird und zumindest noch materiell von diesem profitiert, was der Grund dafür ist, dass er an den althergebrachten Machtverhältnissen festhält.

Wenn aber der Kapitalist auch Opfer des Systems ist, so kann er nicht das Objekt der Revolution sein. Ganz im Gegenteil würde ein fortgesetzter Kampf gegen den Kapitalisten die Revolution nur verhindern. Er würde mit Gegenwehr reagieren, mit der Verteidigung seiner Privilegien. Diese haben jedoch im Kampf um das Überlebe der Menschheit keinerlei Bedeutung mehr. Die Revolution und die entsprechenden Reaktionen würden sich also auf Dinge fokussieren, die vollkommen bedeutungslos sind.

Vielmehr müssen Kapitalisten und Revolutionäre einsehen, dass sie im selben Boot sitzen. Sie beide sind von der fortschreitenden Vernichtung des Planeten gleichermaßen betroffen und müssen daher zusammen agieren, um dieser Einhalt zu gebieten. Einhalt geboten werden kann ihr aber nur durch die Überwindung des Kapitalismus. Dazu jedoch müssen alle Menschen gleichermaßen ihr Verhältnis untereinander und zu ihrer Umwelt vollkommen verändern, es vollkommen neu denken.

Veränderung beginnt mit Dir

Objekt der Revolution ist also das Individuum an sich.

Die Revolution muss sich gegen die überkommenen Werte, die Indoktrination durch das System und die künstlichen Bedürfnisse richten, die uns von unserer Menschlichkeit abgeschnitten und uns in verschiedene Lager aufgespaltet haben. Auch muss die Frage nach der Notwendigkeit von Macht, die sich heutzutage in Geld ausdrückt, gestellt werden. Die Revolution muss ein einheitliches Interesse am Erhalt der Lebensgrundlage der Menschheit formulieren und dieses konsequent in den Köpfen der Menschen verankern. Zudem muss sie dazu führen, dass Menschen sich gegenseitig wieder respektvoll als solche behandeln und sich nicht zu Objekten degradieren.

Wenn das Objekt der Revolution jeder einzelne Mensch ist, so muss auch das Subjekt der Revolution jeder Einzelne sein.

Dies ist auf lange Sicht das Ziel. Jeder einzelne Mensch muss die Revolution konsequent gegen sich selbst richten. Nun könnte man fragen: Wozu ist dann zuvor über das revolutionäre Subjekt gesprochen und dieses auf die Gruppe der Arbeitslosen, der Schüler und Studenten sowie der Künstler und Dichter eingegrenzt worden?

In jeder Revolution bedarf es einer Gruppe von Menschen, welche die Revolution beginnen. Eine Revolution entsteht nicht von alleine und ein Bewusstseinswandel lässt sich nicht über Nacht schaffen. Die benannten Gruppen sind diejenigen, welche am wenigsten in den Mühlen des Systems gefangen sind und sich daher am einfachsten aus diesen befreien können. Es ist daher an ihnen, den Anfang zu machen und die Revolution gegen sich selbst zu entfesseln.

Wenn dies gelungen ist, können sich andere Gruppen von Menschen inspirieren und mitreißen lassen, sodass die Revolution schließlich auch jene erreicht, in denen der Boden für die Revolution am wenigsten nahrhaft ist: die Kapitalisten. Diese zählen sich zu den Gewinnern des Systems und werden daher am schwierigsten zu der Einsicht gelangen, dass es überwunden werden muss. Doch wenn der Rest der Gesellschaft die Revolution gegen sich selbst vollbracht hat, werden auch sie zu einer Einsicht und zu Veränderungen gezwungen sein. Anderenfalls ist die Übermacht der Menschen groß genug, um Druck aufzubauen.

Wie soll die neue Revolution gestaltet werden?

Wenn hier nun also von einer Revolution die Rede ist, so ist danach zu fragen, wie genau diese aussehen soll.

Historisch betrachtet waren Revolutionen in der Regel durch Gewalt definiert. Sie bestanden darin, dass eine unterdrückte Klasse sich gewaltsam gegen die Unterdrücker auflehnte und diese bekämpfte. Wie bereits gesehen, führte das jedoch in der Regel dazu, dass die Revolutionäre selbst zu Funktionären des Systems wurden und einfach ihre eigene Herrschaft inthronisierten, die Verhältnisse jedoch nur unwesentlich änderten. Der Gegensatz zwischen Unterdrücker und Unterdrückten blieb bestehen.

Wie im vorhergehenden Absatz bereits beschrieben, richtet sich die neue Revolution jedoch nicht gegen eine herrschende Klasse. Obwohl es eine solche gibt, ist auch diese als Opfer des kapitalistischen Systems anzusehen, innerhalb dessen Grenzen sie herrscht. Die Revolution beginnt bei jedem Einzelnen und richtet sich auch gegen jeden Einzelnen. Sie erfordert ein Umdenken der Menschen bezüglich ihrer Werte, ihres Umgangs miteinander und mit der Umwelt. Sie muss das Menschliche unter den Schichten der entmenschlichten Arbeit, der Ideologie des Systems und der „Bildung“ genannten Indoktrination wieder hervorkehren.

Es ist also ein Wandel des Verhaltens hin zu Mitgefühl, Mitmenschlichkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zu vollziehen. Dabei muss jede eigene Art der Machtausübung konsequent aufgedeckt und eingedämmt werden. Auf keinen Fall darf sich ein Mensch über andere erheben und Macht und Herrschaft für sich beanspruchen ‒ weder durch Gewalt, noch durch die Mittel des Eigentums. Erforderliche Grundlage dafür ist es, dass der Mensch seine Liebe wiederentdeckt. Das, was heutzutage unter dem Begriff der Liebe verstanden wird, ist etwas völlig anderes.

Unbedingte Liebe

Liebe sollte die unbedingte Akzeptanz eines anderen Wesens sein, seine volle Erfassung, ein Gefühl, das in den Tiefen der Seele entspringt und die Seele des anderen berührt. Das, was heute oft unter Liebe verstanden wird, ist kaum mehr als ein körperlich empfundenes Surrogat, welches die Abgründe zu verdecken sucht, welche das kapitalistische System in jeden einzelnen Menschen gerissen hat. Es wird zumeist als reines Konsumgut verstanden, das für eine schnelle Bedürfnisbefriedigung herhalten muss.

Es ist hohles Füllmaterial, welches in der Hoffnung, dem Leben einen Sinn zu geben, in die innere Leere geworfen wird. Es ist zugleich eine beständige Suche nach Selbstbestätigung, die den menschlichen Narzissmus nährt. Sie schlägt um in Hass, wenn der Mensch das, was er im anderen sucht, von diesem nicht bekommt.

Die Liebe, die für die Revolution erforderlich ist, sucht nichts. Sie findet, ohne zu suchen, sie existiert ohne Erwartungen. Das wird wiedererkennen, wer einen geliebten Partner gefunden hat, ohne nach ihm Ausschau gehalten zu haben. Und gleichzeitig bewirkt sie ein kräftiges, persönliches und seelisches Wachstum. Sie stellt keine Forderungen, sondern wird einfach erlebt. Sie erfasst und bewundert jedes Wesen in seiner Einzigartigkeit, ohne Bestätigung und Narzissmus zu nähren. Sie erfasst jedes einzelne Wesen, ohne es beherrschen zu wollen und ohne die Saat für Hass in sich zu tragen, sondern sucht danach, nicht nur die persönliche Weiterentwicklung, sondern auch die aller Mitmenschen zu ermöglichen.

Diese Liebe wiederzuentdecken, ist die erste Aufgabe der Revolution. Dabei ist es notwendig, einander zu helfen, die Ratlosen anzuleiten und zu lehren, ohne sie zu belehren. Unbedingte Voraussetzung für die Liebe zu anderen ist die Liebe zu sich, ist die bedingungslose Akzeptanz eines jeden Menschen gegenüber sich selbst. Wer sich selbst als das einzigartige Wesen begreift, das er ist, kann dieses Verständnis auch auf jedes andere Wesen übertragen. Dann wird es dem Menschen unmöglich sein, einem anderen Wesen Gewalt anzutun, es zu unterdrücken und beherrschen zu wollen.

Hierarchien, Herrschaft, Ausbeutung und Umweltzerstörung sind auf diese Weise nicht mehr möglich. Ganz im Gegenteil wird jeder Mensch alles daransetzen, dass die ihn umgebenden Wesen sich frei entfalten und ihre Potentiale ausleben können. Auf diese Weise entsteht eine herrschaftsfreie, gleichberechtigte und ökologische Gesellschaft. Sobald eine ausreichende Anzahl an Menschen diesen Bewusstseinszustand erreicht hat, können diese sich vom herrschenden System abwenden und ein neues errichten. Stets verbunden mit der Einladung an alle anderen, sich ihnen anzuschließen.

Facetten des Wandels

Doch ein wirklicher Wandel kann sich nicht allein auf den Wandel des Inneren eines jeden Menschen beschränken. Eine tiefgreifende Veränderung des persönlichen Luststrebens und die Wiederentdeckung der Menschlichkeit können in einem System, welches auf dem völligen Gegenteil aufgebaut ist, schnell zu Frustration und Verdruss führen. Der Wandel im Inneren muss daher durch den Aufbau alternativer gesellschaftlicher Strukturen begleitet werden, die es den Menschen ermöglichen, nach den Werten der Mitmenschlichkeit und der Ökologie zu leben. Wenn dadurch eine ausreichende Sicherheit für die Menschen geschaffen ist, können sie sich vom bestehenden System abwenden und dieses daher gefahrlos zum Einsturz bringen.

Natürlich wird es am Anfang Widerstand reaktionärer Kräfte geben. Die Revolution wird zuerst ignoriert, dann verlacht und schließlich, bei fortschreitendem Erfolg, gewaltsam bekämpft werden. Dieser Gewalt ist jedoch nicht mit Gewalt zu begegnen. Das ist auch vollkommen unmöglich, haben die revolutionären Subjekte doch das Prinzip der Liebe längst schon verinnerlicht und sehen Gewalt daher nicht mehr als lösungsorientiertes Mittel an. Es ist wichtig und notwendig, der Reaktion mit Liebe, Mitgefühl und Verständnis zu begegnen.

Nur so wird sich der von Gewalt beherrschte Kapitalismus auf Dauer überwinden lassen, ohne dass sich eine neuerliche, wenn auch andersartige Gewaltdiktatur inthronisiert. Doch die Zeit dafür ist knapp bemessen. Die Revolution lässt schon zu lange auf sich warten, während der Kapitalismus sein zerstörerisches Werk ungehindert fortsetzt.

Es bleibt also zuletzt die Frage, wie diese Revolution konkret umzusetzen ist. Wie kann eine Welt aussehen, die nicht das herrschende System reproduziert? Die Konstitution einer solchen Gesellschaft zu beschreiben, ist Teil einer weiteren Artikelreihe von Felix Feistel, die unter dem Titel Die Welt von Morgen bei Rubikon erscheint.


Quellen und Anmerkungen:

(1) F., Felix: „Verschenktes Erbe“, unter: https://www.rubikon.news/artikel/verschenktes-erbe (abgerufen am 01. Juli 2018)